Kellenspitze (2238 m)


Publiziert von ju_wi , 20. Juli 2009 um 22:25.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:31 Mai 2009
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1340 m
Abstieg: 1340 m
Strecke:11,9 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto P Nesselwängle
Unterkunftmöglichkeiten:Hinterstein Privatzimmer
Kartennummer:BayLV Allgäuer Alpen

Die Kellenspitze (2238 m) - auch Köllenspitze genannt - ist der höchste Gipfel der felsigen Tannheimer Berge im Tiroler Ostallgäu. Für einen Gebirgshauptgipfel in dieser recht niedrigen Höhe ist sie nur durch einen verhältnismäßig anspruchsvollen Normalweg erschlossen, der den gemeinen Bergwanderer wohl an seine Grenzen bringt und etwas Bergsteigergeist benötigt.

Zitat des AV-Führers "Es ist irreführend und gefährlich, dass auf den meisten Karten der recht anspruchsvolle Normalanstieg als Weg eingetragen ist". Das mussten Margit und ich vor ca. 20 Jahren auch erfahren, als wir bei unserem allerersten Bergurlaub in Pfronten nach Besteigung des Aggensteins (unserem ersten Gipfel überhaupt !) uns gemäß Karte mal an der Kellenspitze versuchten. Kurz hinter der Nesselwängler Scharte - vor dem Abstieg in die erste Rinne - kehrten wir schnell wieder um. Allerdings ist das inzwischen auch auf den neuen Wanderkarten korrigiert und der Weg zum Einstieg ist sogar im Gelände etwas versteckt und nicht ausgeschildert. Jedenfalls hatten wir vor den schroffen Felsbergen der Tannheimer, in deren Gegend wir ja soviele Touren machen, bislang auch immer Respekt. Jetzt fühlten wir uns nach der schönen, gelungenen Tour zur Leilachspitze aber endlich der Kellenspitze gewachsen - und waren es definitiv auch.

3 Tage Pfingstwochenende in Hinterstein. Nach dem genialen Samstag an der Leilachspitze wollen wir am Pfingstsonntag auf die Kellenspitze, die nach einem "Kelle" genannten Hochkar, eingelagert zwischen den Nordpfeilern benannt ist. Es ist eines unserer lang ersehnten Traumziele. Das Sonntagswetter macht seinem Namen nur bedingt Ehre. Bis in die Früh hatte es noch leicht geregnet und nur langsam lichten sich die Wolken morgens etwas. Aber für unsere Tour ist es schon OK. Mit dem Auto fahren wir morgens hinüber nach Nesselwängle und starten gegen 9:20 Uhr vom Wanderparkplatz im W des Ortes (4€ glaub ich).

Vom P steigen wir auf dem uns schon bekannten, steilen Waldhang in vielen Serpentinen in sehr schnellem Schritt zum modernen Gimpelhaus (1659 m) empor. Vom Wetter ist es eher frisch und etwas bedeckt. Wir gönnen uns eine Tasse Kaffee drinnen und fragen nach Machbarkeit und Bedingungen an der Kellenspitze. Der von der Kellnerin herbeigerufene Hüttenwirt rät uns am Schneefeld aufzupassen - sonst sei die Tour gut machbar. Nach dem Regen der Nacht könne es etwas rutschig sein - was es aber nicht war, da es bis nachmittags trocken blieb und eher etwas aufging.

Aufgewärmt wandern wir durch Gras und ein paar Bäume vom Gimpelhaus rechts hinauf, bis zur Wegverzweigung Richtung Judenscharte, wo der Blick sich zu dem schönen Hochkar unter Gimpel und Roter Flüh öffnet. Bei dem inzwischen etwas blaueren Himmel strahlt der Kalkfels der Berge in genialer heller Farbe. Wir biegen hingegen rechts ab und sofort wieder links auf einen sehr schmalen Pfad, der nun steil und durch viel Geröll an die Felskante hinaufzieht, um dort nach O zu queren zur Nesselwängler Scharte (2007 m) mit Wegweiser. Wir verschnaufen nur kurz. Man kann hier entweder unterhalb der Kellenspitze weiter östlich zum Sabachjoch wandern oder über die Scharte Richtung Otto-Mayr-Hütte absteigen. Bei der zweiten Variante folgt nach ein paar Metern - direkt bei einer breiten 10 m hohen Felsspitze eine schlecht erkennbare Abzweigung, die etwas oberhalb des Pfades in eine schrofige Flanke quert. Dieser Abzweig ist nicht ausgeschildert !

In der steilen Flanke zieht die Trittspur über Gras und Schrofen (T3+) zunächst hinauf an den Felsfuß mit einer in den Fels gesetzten Gedenktafel. Dort wähnt man zunächst die Fortsetzung in der Felswand vor der man steht. Tatsächlich klettere ich ein paar Meter hinauf und erinnere mich, dass wir hier vor 20 Jahren umgekehrt sind. Allerdings sind keine Markierungen, Griffe oder sonstige Hinweise in dieser Kletterrichtung vorhanden und nach Umschauen merken wir, dass der Weg vielmehr nach links unten in eine schmale Rinne hinabführt, die man etwas abklettern muss (I+), was wenig Felserfahrenen sicher etwas Überwindung abverlangt.

In unserem Fall führt die Rinne direkt auf ein steiles Schneefeld, das sich hier noch festgesetzt hat. Es ist eine gute Trittspur vorhanden - dennoch ist Vorsicht geboten. Eine uns entgegenkommende Gruppe seilt sich auf dem Schneefeld gar gegenseitig an, was ich für eine sehr zweifelhafte Maßnahme halte, denn einen Sturz eines Seilpartners fängt hier sicher niemand ab. Aber die hatten auch den Gipfel nicht gefunden (was ich mir gar nicht erklären kann, denn die Fortsetzung ist leidlich mit Punkten markiert) und wollten uns auch zurückschicken. Merkwürdige Leute gibt es.

Hinter dem Schneefeld folgt eine leichte Kletterpassage (I) mit einer etwas ausgesetzten Querung auf schmalem Sims in eine breite Geröllrinne. Die Rinne bietet etwas rutschiges Gehgelände und man verlässt sie oben nach links auf eine Felsstufe, steigt hier wieder in leichter Kletterei im Bogen rechts hinüber über eine Rippe. Es folgt erneut eine ausgesetzte Felsquerung zur langen Rinne zum Gipfelsattel. Diese Querung ist technisch nicht anspruchsvoll (I), aber wohl dennoch (neben dem Schneefeld) die objektiv gefährlichste Stelle der Route. Ein Bohrhaken zum Sichern ist vorhanden.

In der wirklich steinschlaggefährdeten steilen Rinne steigt man nun sicher noch 50 Hm auf. Hier ist mit einem Klemmblock auch die einzige IIer-Stelle der Route. Ein Drahtseil unterstützt diese Stelle. Es folgt wieder ein sehr geröllig, steiniges Steilstück mit ein paar einfachen Kletterstellen und bald gelangen wir zu einem Sattel zwischen N-Pfeiler und der großen S-Flanke - etwa 40 Hm unterhalb des Gipfel. Die Route führt nach rechts durch steilen Fels (erstes Stück I+) Richtung Gipfelkreuz. Zur Gipfelkuppe wird es dann zunehmend flacher, die Kletterei einfacher. Die letzten Meter zum Kreuz sind Gehgelände. Leider stehen wir oben in den Wolken. Wir sind zunächst alleine am Gipfel der Kellenspitze (2238 m) - bald folgt ein Pärchen. Auch nach 20 Minuten Gipfelrast ist es nicht aufgegangen und so machen wir uns an den Abstieg.

Schnell sind wir die Rinne wieder hinab. Nach den Kletterei-Abschnitten queren wir diesmal leicht aufwärts erneut das Schneefeld und erklettern durch die schmale Rinne wieder den Einstieg mit Gedenktafel am Felsfuß. Durch die Schrofenflanke steigen wir wieder ab zur Nesselwängler Scharte und weiter auf unserem Aufstiegsweg bis zum Abzweig Tannheimer Hütte (1713 m), wo wir uns nun auch hinwenden. Diese ist von hier nach 5 Minuten durch Gras und Baumbestand erreicht. Wir gönnen uns ein Bier bzw. Wein und ich mir ein Stück Kuchen.

Als Fortsetzung wandern wir weiter nach O auf Weg 417, der in etwas Auf und Ab in einem recht steilen Grashang quert. Bei einer kleinen Hütte östlich vom Talschluss des Gräbenbach beginnt ein meist sehr steiler und steiniger Abstieg (Weg 416 a) nach Nesselwängle. Zu recht steht ein Warnschild "Sehr rutschig bei Regen" hier, der auch prompt 5 Minuten später einsetzt und zunehmend stärker wird. So rutschen wir auf dem wirklich verd... schmierigen Gelände durch Stock und Stein talwärts. Irgendwann stoßen wir auf einen breiten Teerweg, mit dem wir ein paar Schleifen weiter absteigen müssen (nicht sehr idyllisch hier). Am Ortsrand wenden wir uns nochmals rechts etwas ansteigend gen Wald und queren so oberhalb des Ortes bleibend nach W, bis wir auf unseren Anstiegsweg zum Gimpelhaus stoßen, der uns zum Auto zurückführt.

Eine sehr schöne Tour bei der uns nur leider mal wieder die sicher geniale Aussicht verwehrt blieb.

Gehzeiten im Überblick:

1. P Nesselwängle - Gimpelhaus: 0:57 h - +550 Hm (T2 - T3) - hier haben wir uns richtig beeilt ...
2. Gimpelhaus - Nesselwängler Scharte - Querung Schneefeld: 1:15 h - +450 Hm (T3)
3. Schneefeld - Gipfel (Felsbereich): 0:28 h - +150 Hm (T4+ / II)
4. Kellenspitze - Tannheimer Hütte: 1:30 h -  -550 Hm ( T4+ / II  dann T3)
5. Tannheimer Hütte - Gräbenbach - P Nesselwängle: 1:30 h - +160 / -700 Hm (bis T3)

Gesamt-Gehzeit: ca. 5:45 h - +1340/ -1340 Hm

Tourengänger: ju_wi


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Geodaten
 894.gpx Kellenspitze

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Kommentare (2)


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Tef hat gesagt: 1 Monat zuvor..
Gesendet am 22. Juli 2009 um 20:18
... und so goße Unterschiede! Ich habe mal die Fotos von der Abstiegsrinne verglichen: das waren am Rand ja mindestens noch 2 Meter bei euch! Zudem ist die Querung bei Schnee noch um einiges kniffliger
Gratuliere zur Bezwingung eures "2.Gipfels" nach dem Aggenstein
viel Erfolg im Kaukasus!
Tef

ju_wi hat gesagt: RE:1 Monat zuvor..
Gesendet am 22. Juli 2009 um 22:30
danke schön! Die Kellenspitze hat echt Spaß gemacht und war für uns gut machbar. Etwas schade, dass uns die Aussicht fehlte. Den Gimpel habt ihr ja gleich mitbestiegen. Da werden wir sicher auch noch mal rauf - und zur Gehrenspitze - beides schöne Berge, die wir oft bewundert haben.

Ja, auf den Elbrus freuen wir uns jetzt sehr. Nächsten Freitag brechen wir für insgesamt 2 Wochen auf.

Beste Grüße, Jürgen


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