Hohe-Tauern-Durchquerung


Publiziert von muellerto , 20. August 2019 um 18:42.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen
Tour Datum:20 Juli 2019
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I   A 
Zeitbedarf: 19 Tage
Aufstieg: 13601 m
Abstieg: 13350 m
Strecke:218km

Wir wollten - wie immer - eine längere, eigenständige Tour machen, diesmal in den Hohen Tauern, also den Großglockner und den Großvenediger sehen. Dieses Gebiet ist bestens erschlossen und durch eine Vielzahl von publizierten Wegen und "Runden" bekannt (und entsprechend bevölkert).

Bei der Planung haben wir aufgrund der Erfahrungen aus der letztjährigen Dolomitentour versucht, die Etappen bewußt etwas kürzer zu halten und 2000 Höhenmeter in Summe pro Tag möglichst nicht zu überschreiten (es ist nicht immer ganz gelungen).

Überblick
Unsere Tour beginnt in Kaprun und endet in Mayrhofen im Zillertal. Sie geht dabei über Kals und Matrei i.O. Der erste Teil der Tour streift den westlichen Teil der Glocknerrunde, die zweite Hälfte den südlichen Teil des Venediger Höhenwegs. Dazwischen befinden sich einige verbindende Abschnitte, so daß wir insgesamt auf 19 Etappen kommen. Als höchster Punkt war die Kreuzspitze (3155m) vorgesehen, das ließ sich an dem Tag aber wegen schlechten Wetters nicht machen. Als höchster erreichter Punkt gilt deshalb der Ahrner Kopf (3051m).

Die Etappen
(Die Längenangaben sind mit zwei GPS-Uhren, die Höhenmeter barometrisch gemessen.)

Gesamtlänge: 218km, Höhenmeter auf: 13601m, ab: 13350m


Tag 1   Kaprun – Krefelder Hütte
Länge: 13.1km, auf: 1569m, ab: 107m, T3

Kaprun erreicht man leider nicht direkt mit der Bahn, der nächste Bahnhof ist in Zell am See. Von dort aus gibt es aber einen Bus, der den verkehrsreichen Pinzgau quert und uns nach Kaprun bringt. Dort nächtigen wir in einem kleinen Hotel. In Kaprun geben wir noch ein Paket bei der österreichischen Post auf, das mit frischen Klamotten und leichteren Schuhen am Zielort auf uns warten wird.

Am nächsten Morgen starten wir bei bestem Wetter auf dem Weg Nr.35, der über die Maiskogelalm (1544m) zur Jausenstation Glocknerblick (1670m) führt, wo man am Horizont einen ganz kleinen Glockner sehen kann. Die meisten Leute dort kommen mit der Seilbahn und wundern sich über unsere Rucksäcke. Weiter geht es auf dem Weg Nr.5, nun konsequent ohne schattenspendende Bäume über die Schoppachhöhe (2069m), wobei die Steigung zunehmend in einen nahezu horizontalen Höhenweg übergeht. Später dann, bei P.2212 und P.2203 gibt es ein paar Stellen auf dem Weg, die eng sind. Manchmal sind die Hände erforderlich. Nun begegnen wir auch Leuten, die mit der Seilbahn hochgefahren sind und uns entgegenkommen. Noch später erst quert man die ersten Bäche, bis hierhin ist der Weg vollkommen trocken. Die Krefelder Hütte ist aber schon von Weitem zu sehen und so hat man das Ziel vor Augen.


Die Krefelder Hütte (DAV) liegt etwas abseits der übrigen, sehr zahlreichen Anlagen auf diesem Plateau unterhalb des Kitzsteinhorns. Man kann von ihr aus gut das Kapruner Tal überblicken. Es gibt dort ein ausgezeichnetes dunkles Bier, moderne Sanitäranlagen und genügend Steckdosen. Jemand hat auch viele sehr schöne Bergfotos gemacht, die auf den Gängen zu bestaunen sind. Wir erhalten noch einige sehr kompetente Informationen über die morgige Etappe.
 


Tag 2   Krefelder Hütte – Gasthof Enzingerboden
Länge: 18.4km, auf: 851m, ab: 1683m, T4

Diese Etappe ist die längste der ganzen Tour. Ursprünglich war statt ihrer der Weg Nr.726 zum Stausee Wasserfallboden und weiter zur Fürthermoaralm geplant, aber die Fürthermoaralm zeigte sich wenig kooperativ. Die westliche Route über die Schmiedingerscharte, das Kleetörl und den sog. Krefelder Weg war eine Notlösung, die den großen Nachteil aufweist, daß man am Ende weit hinunter und am nächsten Tag wieder ebenso weit hinauf muß. Es war allerdings auch die Etappe, auf der wir die meisten Tiere (darunter ungefähr 15 Schneehühner, Murmeltiere, Gemsen, zwei Bartgeier, Steinadler, Alpensalamander) gesehen haben. Wir haben zudem keinen einzigen Menschen getroffen.

Von der Krefelder Hütte aus geht es zunächst unterhalb der Anlagen auf dem Weg Nr.711 (den wir nun eine ganze Zeitlang gehen werden) nach Westen. Die Wegführung und Beschilderung ist dort ein wenig unübersichtlich, es genügt aber, wenn man die ungefähre Richtung hält. Hier läuft man auf von Pistenfahrzeugen u.ä. stark ramponiertem Boden, der durch großmaschige Netze gesichert werden muß, denn wachsen kann hier nichts mehr. Erstes Ziel ist die Schmiedingerscharte (2716m), die auf der Ostseite vergleichsweise einfach, auf der Westseite aber steil ist. Der Weg hinab ist stark verschüttet und ungesichert. Der Abstieg geht dabei mehr als 500m hinunter, das dauert eine ganze Weile. Dann durchschreitet man einen kleinen Kessel zum Hacklsee (2196m), wo der Weg einen sichtbaren Richtungswechsel macht und steil nach oben geht. Das Kleetörl (2372m) ist dann vergleichsweise schnell erreicht. Leider erwischt uns hier um 11 Uhr vormittags ein Gewitter, Blitze auf Kopfhöhe, nicht sehr beruhigend. Hinter dem Kleetörl geht es nur wenig hinab, der Weg verläuft dann weitgehend horizontal auf 2200m, allerdings ist er nur noch sehr schmal, zugewachsen und verschüttet. Die halbseitige Umrundung des Kessels um die Wurf Hochalm kostet sehr viel Zeit. Wir waren froh, als wir östlich des Rötenkogels (2164m) den Fahrweg erreicht hatten. Diesen gehen wir nun noch bis ins Tal, was sich noch einmal hinzieht. wir sind allerdings noch vor 17 Uhr unten im Gasthof Enzingerboden.


Im Alpengasthof Enzingerboden (1468m), wo man viele Gäste mit Hunden beherbergt, gibt es ein hervorragendes Schnitzel.
 


Tag 3   Gasthof Enzingerboden – Berghotel Rudolfshütte
Länge: 11.2km, auf: 965m, ab: 153m, lange T2, erst am Ende T3

Nach einem guten Frühstück verlassen wir den Gasthof und gehen südöstlich zum Tauernmoossee, so ist es angeschrieben. Der Weg geht durch einen sehr schönen, lichten Wald. Mehrere Alpensalamander sitzen auf dem Weg. An der Stelle, wo der Weg auf die Staumauer (und wieder auf den gestrigen 711) trifft, können wir einen großen Teil der gestrigen Etappe noch einmal überblicken. Wir gehen nun den 711 weiter am Ufer entlang, der Weg kommt aber nie bis zum Wasser hinab, er verläuft leider immer einige zig Meter oberhalb. Die gegenüberliegende Ostseite des Sees scheint gänzlich unerschlossen zu sein, wir sehen mit dem Fernglas mehrere Gemsen und viele schöne Bäche. An der Stelle, wo der Weg Nr.714 westlich abzweigt, stoßen wir zunehmend auf Leute, sie kommen von der Rudolfshütte und machen Tagestouren. Wir entscheiden uns, weiter dem See zu folgen. Der 711 ändert allerdings bald seinen Charakter, er ist nicht mehr befahrbar und bekommt später sogar ein paar Fixseile. Am Ende des Sees findet man einen einmündenden Gletscherfluß, der sich einen schönen Canyon gefräst hat. Wir folgen nun dem Weg weiter, der noch einen Bogen macht und dann steil zum Gipfel (Hint.Schafbichl, 2352m) hinaufgeht. Zur Rudolfshütte muß man wieder ein paar Meter absteigen.


Das Berghotel Rudolfshütte (2311m) ist privat durch ein Hotelunternehmen aus Zell am See geführt. Es hat (abgesehen vom Hüttenstempel) mit einer Berghütte nichts zu tun. Die Bergschuhe werden mit aufs Zimmer genommen, diese haben eigene Duschen, TV usw. Das Berghotel ist auch dementsprechend stark frequentiert. Das Essen findet in zwei Schichten statt, wobei beide Male einiges Gedränge am Büffet auftritt. Morgens ist es weit ruhiger. Wir erlebten dort leider eine sehr laute Nacht, wobei der Lärm vorwiegend von den Angestellten ausging, die eine Party feierten.
 


Tag 4   Tagestour
Länge: 8.5km, auf/ab: 530m, T3

Wir haben im Berghotel zwei Nächte verbracht, vor allem um den schönen Weißsee umrunden zu können. Die Hohe Fürlegg (2943m) ist machbar und andere gehen sogar zum Sonnblick (3088m) und zur Granatspitze (3086m), die allerdings stark vergletschert sind. Wir machen den sog. Gletscher Panoramaweg und gelangen unterhalb der Fürlegg bis auf über 2700m. Der Klettersteig auf dem H.-Gruber-Weg ist harmlos. Das Schönste an diesem Tag war das viele Wasser, das aus dem vielen noch liegenden Schnee kommt und in den Weißsee hinunterstürzt. Einer der schönsten Tage auf dieser Tour.


Tag 5   Berghotel Rudolfshütte – Kalser Tauernhaus
Länge: 11.2km, auf: 541m, ab: 1077m, T3

Diese Etappe liegt großteils auf dem Silesia Höhenweg. Es geht zunächst auf den Paß Kalser Tauern (2515m), wobei wir noch unterhalb als erstes unsere Flaschen füllen. Von der Paßhöhe aus können wir noch einen Blick zurück bis zum Weißsee werfen, sehen aber auch weit ins Dorfer Tal hinab. Hinter Kalser Tauern geht es zunächst über ein paar Schneefelder, dann steil 300m hinab. Wir hätten dies wahrscheinlich bequemer im Schnee machen können, haben jedoch den Weg, der noch immer 711 heißt, genommen, der hier manchmal rutschig ist. Unten Im Grund muß man einen schönen Fluß überqueren, wo sich dann auch der Weg teilt: der 711, der hier auch auf der Glocknerrunde liegt, verläuft im Tal, wir nehmen jedoch den Silesia Höhenweg (Nr.517), der gleich wieder zu steigen beginnt. Dieser Weg zieht sich lange, weit oberhalb des Tales dahin und ist darin auf Dauer auch etwas monoton. Später dann kommen ein paar Schneefelder, die aufgrund ihrer Schrägheit von Leuten, die ohne Stöcke laufen, als gefährlich bezeichnet werden. Uns machen sie nichts aus. Am Spinewitrol (2483m) ist alles vorbei. Einige gehen nun den 517 weiter zur Sudentendeutschen Hütte und fragen, wie weit das wohl noch sein könnte und ob es bei den vielen Schneefeldern bleiben wird. Genau wissen wir das nicht. Wir jedenfalls gehen nun den Weg Nr.514A, später 514 ins Tal, Richtung Kalser Tauernhaus, etwa 700m Abstieg, die aber gut zu bewältigen sind. Die Hintere Ochsenalm ist eine recht hübsche Hochebene.


Das Kalser Tauernhaus (DAV) liegt im Talboden auf 1755m. Wir fanden dort den besten Apfelstrudel dieser Tour. Den mache die Oma, wie man uns sagt, und die könne das ganz sicher, sie sei ja schließlich die Oma. Die Zimmer sind rustikal, die Sanitäranlagen aber sehr modern. Um die Hütte herum gibt es viele freilaufende Kühe. Der Fluß, der offenbar Seebach heißt, lädt zum Baden ein, man darf allerdings kein Weichei sein.
 


Tag 6   Kalser Tauernhaus – Stüdlhütte
Länge: 16.8km, auf: 1298m, ab: 284m, anfangs T2, später T3

Die heutige Etappe geht zunächst auf dem Fahrweg (noch immer 711) im Tal hinab. Der Fluß hat unten, wo das Tal zu Ende geht, eine sehenswerte Schlucht, die sog. Daberklamm. Leider war der Weg über dem Wasser gesperrt (und bewacht), so dass der schönste Abschnitt entlang der Schlucht in einem finsteren Tunnel (schwärzestes Schwarz) zurückgelegt werden muß. Wenn wir das vorher gewußt hätten, hätten wir weiter oben den Weg über die Moaalm genommen. Das Tal endet in einer Art Dorf mit einem großen Hotel (Taurerwirt), wo die Wegführung ein bißchen unübersichtlich ist und gesucht werden muß. Wir wenden uns jetzt nach links (Osten), um den Aufstieg Richtung Stüdlhütte zu machen. Dieser geht zunächst über einen Fahrweg (712), der insgesamt 20 Kehren aufweist. Erst nach der 14.Kehre kommt einer kleiner Wasserlauf. Weiter oben dann wird es flacher, der Weg geht durch einen Canyon, den der Teischnitzbach gemacht hat. Weiter hinten kann man die Pifanghütte erkennen. Wir gehen aber weiter hinauf. Der nun folgende Abschnitt ist lang und zieht sich. Aber man hat erstmalig einen Blick auf den Großglockner. Leider kommt nun von Westen her ein Gewitter, wir dürfen nicht trödeln und sind froh, daß wir genau fünf Minuten vor dem ersten Blitz in der Stüdlhütte sind.


Die Stüdlhütte (DAV, 2802m) ist ein Ausgangspunkt für Glocknerbesteigungen, obwohl es noch immer rund 1000 Höhenmeter bis zum Gipfel sind. Sie ist auch gut belegt. Dementsprechend unruhig wird es deshalb morgens ab 4 Uhr.
 


Tag 7   Stüdlhütte – Salmhütte – Glorer Hütte
Länge: 10.8km, auf: 544m, ab: 698m, T3

Diese Etappe geht unter dem Großglockner-Gipfel hindurch, der hoch über uns thront. Da wir morgens um halb 8 Uhr die ersten auf dem Weg Nr.713B sind, kommen uns ein paar Steinböcke entgegen, die nicht sehr scheu sind und uns genau beobachten. Einer rutscht auf dem Bauch über ein Schneefeld. Ein paar Schnappschüsse gelingen. Während wir den Talkessel umrunden, können wir einen Blick auf den Anstieg zur Pfortscharte (2825m) werfen. Dieser ist sehr steil und verläuft in einer Geröllhalde, läßt sich aber gut machen. Die Scharte ist oben sehr schmal, man hat aber einen schönen Ausblick in das dahinter liegende Tal mit der Salmhütte. Nun steigen wir heute zum zweiten Mal von 2800m ab, es ist aber auf der Ostseite nicht mehr so steil. Das Tal unten hat einen sehr schönen Fluß, der vom Glockner herabkommt. Von hier aus sieht man auch die Erzherzog-Johann-Hütte (3454m). Wir gehen zur Salmhütte (2644m) und weiter auf dem Weg Nr.45 über eine schöne Hochebene (mit Bademöglichkeit in einem Bach) zur Glorer Hütte.


Die Glorer Hütte (DAV, 2651m) hinterließ einen ambivalenten Eindruck. Es handelt sich dem Bau nach um eine "ordentliche", auch gemütliche Berghütte mit allem, was dazu gehört. Es gibt dort aber ein für den Gast spürbares Problem im Service, auch in der Sauberkeit, man reißt sich dort kein Bein aus, ehrlich. (Merkwürdigerweise hat man uns einen Tag später unten im Tourismusbüro in Kals genau danach gefragt, wie wir diese Hütte empfunden hätten.)
 


Tag 8   Glorer Hütte – Kals
Länge: 9.7km, auf: 3m, ab: 1254m, T2

Diese Etappe ist ein Mysterium: die zur Tourenplanung benutzte Webseite hat über fünf Stunden berechnet, wir waren allerdings bereits in zweieinhalb Stunden unten in Kals. Der Weg Nr.714, später 702B geht ziemlich direkt, zunächst ist es ein Bergweg, später wird es ein breiter Fahrweg. Ein letztes Mal wird der Glockner sichtbar, nämlich wo rechterhand das Tal mit Lucknerhaus (1918m) und Lucknerhütte (2241m) liegt. Wir werden den Gipfel nicht mehr wiedersehen, vor allem aber auch, weil sich von nun an das Wetter verschlechtert und tiefhängende Wolken zum Regelfall werden. In Kals unten bleiben wir eine Nacht in einer sehr guten Frühstückspension.


Tag 9   Kals – Matrei i.O.
Länge: 14.8km, auf: 891m, ab: 1189m, T2

Auf dieser Etappe wechseln wir hinüber nach Matrei. Der Aufstieg auf dem Weg Nr.502B verläuft im Wald, wobei dieser Wald dort im Herbst 2018 erheblich durch einen Sturm in Mitleidenschaft gezogen wurde, wie man uns sagt. Bei Erreichen der Baumgrenze beginnen für uns die Wolken. Das Kals-Matreier Törl-Haus (2207m) erreichen wir in totalem Nebel. Von den umliegenden Gipfeln (Kendl-Spitze, 3085m, o.ä.) oder auch dem Glockner ist nichts zu sehen. Der Abstieg (Nr.515) geht sehr bald wieder serpentinenreich durch Wald, erst auf einem Bergweg, später dann auf einem Fahrweg, zuletzt auf einer geteerten Straße über einige Höfe. Der Abstieg zieht sich und wir werden ordentlich naß. In Matrei haben wir zwei Nächte in einem Hotel, da ein Pausentag ansteht.


Tag 10   Pausentag Matrei i.O.

Halbzeit. Den Pausentag nutzen wir, um unsere Lebensmittel- und Getränkevorräte aufzufrischen, das Nationalparkhaus zu besuchen und mit dem Bus das Virgental bis Prägraten zu erkunden. Es regnet ausnahmsweise einmal nicht.


Tag 11   Matrei i.O. – Bonn-Matreier Hütte
Länge: 11.5km (ohne Busfahrt), auf: 1501m, ab: 40m, T3

Eigentlich wäre gemäß unserer Philosophie ein Marsch durch das Virgental mit anschließendem Aufstieg nötig gewesen. Wir entschieden uns aber, da der Busfahrschein noch galt, dafür, bis Obermauern (ein Ortsteil von Virgen) mit dem Bus zu fahren. Dies ersparte und mehrere horizontale km durch zivilisiertes Gebiet. Die verbleibende Etappe hat noch genügend Höhenmeter. Bis zur Gottschaunalm (1946m) geht es auf dem Weg Nr.34 mit moderater Steigung in großen Serpentinen durch Wald, der weiter oben immer lichter und schöner wird. Dahinter dann kommt unter den neugierigen Blicken einiger Kühe ein Aufstieg von rund 700m auf dem Weg Nr.923, der es in sich hat. Von der kleinen Scharte unter dem Stotzkopf (2669m) kann man bereits die Bonn-Matreier Hütte erahnen, sie versteckt sich aber hinter Felsen. Es sind noch weitere 100m Höhe erforderlich, wobei von rechts der Venediger Höhenweg einmündet, auf dem mehr los ist als auf unserem.


Die Bonn-Matreier Hütte (DAV, 2750m) hat für uns ein Sechserzimmer. Sie ist, wie alle Hütten auf dem Höhenweg, recht voll, vor allem durch Holländer. In irgendeinem niederländischen "Boek van de bergen" muß jemand geschrieben haben, daß man einmal im Leben diesen Höhenweg gemacht haben muß ...
 


Tag 12   Bonn-Matreier Hütte – Eisseehütte
Länge: 3.8km, auf/ab: 230m, T3

Um 7 Uhr ist es klar und die Sicht so gut, daß man am südlichen Horizont die Dolomiten und sogar den Triglav sehen kann. Dabei wird es aber nicht bleiben.

Die heutige, nicht sehr weite Etappe liegt vollständig auf dem Venediger Höhenweg (Nr.923). Wir ordnen uns irgendwo zwischen verschiedenen holländischen Gruppen ein. Unten im Tal sind Prägraten und Hinterbichl zu sehen. Der Höhenweg hält, was er verspricht, und macht es uns heute nicht allzu schwer. Mittags sind wir in der Eisseehütte. Einige gehen nun gleich weiter zur Johannishütte, wir bleiben aber, um am Nachmittag noch eine Tour zum Eissee zu machen. Dort (oberhalb des Sees) finden wir einen Platz mit sicher 200 Edelweißen.


Die Eisseehütte (2520m) ist nicht sehr groß und privat betrieben, aber sehr herzlich. Wir haben ein kleines Zweierzimmer mit großem Fenster, vor dem sich ein Murmeltierbau befindet. Wir können vom Bett aus das Treiben beobachten. Eine der besten Hütten auf dieser Tour.
 


Tag 13   Eisseehütte – Johannishütte
Länge: 6.7km, auf: 452m, ab: 854m, T4

Diese Etappe sollte einen Gipfel und den höchsten Punkt der Tour enthalten, die Kreuzspitze (3155m). Daraus wurde leider nichts, das Wetter war zu schlecht. Dicke Wolken drückten um den Gipfel und ein eisiger Wind pfiff, so daß an diesem Tag nur die Zopetscharte (2958m) drinlag. Der Aufstieg bis dorthin (Nr.929) war auf der Ostseite nicht ganz einfach, der Weg lag im oberen Bereich teilweise unter dicken (und sehr steilen) Schneefeldern, teilweise war er auch abgerutscht. Oben, auf den letzten 100m unterhalb der Scharte hängen mehrere Fixseile, wovon das unterste einen mutigen Schritt über eine sehr schräge Felsplatte erfordert. Die Westseite ist weit einfacher und die Johannishütte ist schon von weit oben zu sehen.


Die Johannishütte (DAV, 2121m), ist stark frequentiert, auch von Personen, die weiter zum Defreggerhaus (Großvenediger) wollen oder von diesem kommen, aber nicht ungemütlich. Gutes Essen.
 


Tag 14   Johannishütte – Essen-Rostocker Hütte
Länge: 8.4km, auf/ab: 580m, T3

Auch diese Etappe verläuft in Dauerregen (Weg Nr.913). Ein Blick auf das Großvenediger-Massiv war schlicht nicht möglich. Das Türml-Joch (2790m) erweist sich als harmlos. Die noch von gestern nassen Schuhe sind jetzt allerdings komplett durchgeweicht. Im Abstieg finden wir einige Murmeltiere, die uns aufmerksam beobachten, aber nicht pfeifen. Von oben ist an der gegenüberliegenden Talseite der Simonysee zu erkennen. Außerdem kommt bald unten im Tal die Essen-Rostocker Hütte in Sicht, der Weg macht aber noch einen beträchtlichen Boden rechts (nördlich) durch das Tal, wo auf einer Brücke ein Fluß überquert werden muß. Das letzte Stück des Weges geht durch ein wasserreiches Gletschertal mit glattgehobelten Platten, während der Fluß laut neben einem rauscht.


Die Essen-Rostocker Hütte (DAV, 2208m) ist vergleichsweise groß. Sie ist allerdings nicht voll belegt. Sie hat sehr gute Sanitäranlagen und eine ganze Reihe kleinerer Zimmer. Sie ist auf dieser Tour die letzte, die auf dem Venediger Höhenweg liegt, also auch die letzte mit holländischem Publikum. (Wir fanden dort sogar holländische Berg-Zeitschriften.)
 

Der Wind pfeift abends dermaßen kalt das Tal hinab, daß die umherstehenden Kühe hinter der Hütte den Windschatten suchen.
 


Tag 15   Essen-Rostocker Hütte – Clarahütte
Länge: 15.4km, auf: 618m, ab: 817m, T2

Zunächst sah es gut aus, beim Aufwachen war fast blauer Himmel. Während des Frühstücks allerdings zog es sich zu und als wir das Haus verließen, regnete es wieder, und zwar horizontal. Der eigentlich geplante Weg Nr.919 über die Hochkarscharte (2887m) wäre wahrscheinlich machbar, aber nicht klug gewesen. Später erzählte man uns, es habe oben sogar geschneit. Wir gingen statt dessen durchs Tal (Nr.912), was auch noch eine ordentliche Etappe ergab. Eine junge Kuh, die sich am Hinterbein verletzt hatte, wurde auf dem Weg ins Tal geführt - sie mußte auf drei Beinen über 700m absteigen. Unten am tiefsten Punkt hat man kurz die Gelegenheit, eine Funkverbindung zustande zu kriegen und kurz die Wetteraussichten zu checken. In dem sich dann anschließenden Umbaltal (Nr.911) hat es wegen der Umbalfälle (Kaskaden) ziemlich viel Publikum. Der Fluß, der den Namen Isel trägt, rauscht so laut, daß es einen mit der Zeit nerven kann. Im Prinzip hält das an, bis die Clarahütte erreicht ist. Noch immer pfeift ein eiskalter Wind, wir machen uns Sorgen um die morgige Etappe.


Die Clarahütte (DAV, 2036m) ist von außen klein und unscheinbar. Von innen staunt man aber über die Zimmer, die teilweise in den Berg hineingebaut sind. Etwas zweifelhaft ist, daß es Zimmer mit eigenem Waschbecken bzw. sogar Dusche gibt, jedoch offensichtlich alle zum gleichen Preis angeboten werden.
 

Der wollige Hüttenhund schnupperte abends an einer Pappkiste mit zusammengeknülltem Zeitungspapier, das zuvor zum Ausstopfen von Schuhen gebraucht worden war. Und weil ihm das Schnuppern nicht ausreichend erschien, fraß er noch vor aller Augen so eine Zeitungsknolle.


Tag 16   Clarahütte – Lenkjöchlhütte
Länge: 10.8km, auf: 1112m, ab: 580m, T4

Eine der schönsten Etappen dieser Tour. Das Wetter ist fabelhaft, die Wolken wie weggeblasen und es wird sogar bis zum übernächsten Abend halten. Es geht zunächst moderat weiter auf dem 911 durch das schöne Tal der Isel bis zur Kleinen Philipp-Reuter-Hütte (2677m), die heute ein Biwak ist. Im hinteren Teil des Tales sind verhältnismäßig große Gletscher zu sehen, die den Fluß speisen. Von nun ab geht es über bequeme große Blocksteine weiter hinauf zum Vorderen Umbaltörl (2926m). Hinter dem Törl, das auch die Grenze zu Südtirol darstellt, fehlen ein paar horizontale Meter des Weges, die offensichtlich abgerutscht sind. Man muß dort ein paar mutige Schritte machen, aber der Weg kommt bald wieder und führt zunächst moderat hinab. Er heißt nun 12A. Die Südtiroler markieren hier nicht wie sonst meist üblich rot-weiß, sondern gleich rot-weiß-rot. Wir haben uns hier kurzfristig entschieden, den Ahrner Kopf (3051m) zu besteigen, der sich nur 100m über uns aufrichtet, um wenigstens einen Dreitausender mitzunehmen. Von dort hat man ein schönes 360°-Panorama. Dann geht es steil hinab. Die Lenkjöchlhütte ist schon von weitem zu sehen, wir müssen aber noch durch den Kessel hinunter und drüben wieder ein Stück hinauf, aber nicht mehr viel. Links über uns knackt ein Gletscher ziemlich munter und wirft sogar ab und zu einen Stein, den man sekundenlang kullern hört.


Die Lenkjöchlhütte (2590m) gehört dem Italienischen Alpenclub (CAI). Sie ist (wie sehr viele italienische Hütten) nachmittags vollkommen durch Tagesgäste vereinnahmt. Man kann vor 16 Uhr auch keine Schlafplätze beziehen. Wir warten deshalb an einem ruhigen Plätzchen eine Stunde, bis sich die Lage klärt. Diese Hütte ist durchaus eng, viel Platz hat man in den Zimmern nicht, um sich auszubreiten, und die Zähne putzt man auf dem Gang. Abends gibt's jedoch einen Schnaps gratis.
 


Tag 17   Lenkjöchlhütte – Birnlückenhütte
Länge: 15km, auf: 794m, ab: 950m, T2, T3

Wir durchschreiten heute das Ahrntal. Dies erfordert zunächst einen Abstieg auf dem Weg Nr.12 durch ein schönes Seitental. Viele Kühe begrüßen uns. Leider ist, bevor wir die Talsohle erreichen, der Weg Nr.12B gesperrt. Wir müssen einen Umweg bis hinab zur Talschlußhütte (1620m) machen. Von dort an läuft man auf dem Weg Nr.13 im Publikum, und dieses läßt auch tatsächlich nicht viel nach. Selbstverständlich ist auch die Birnlückenhütte nachmittags total überlaufen. Wir warten deshalb unterhalb in einer schönen Hochebene auf den Nachmittag. Damit uns dabei nicht der Hunger kommt, haben wir zuvor auf der Lahneralm den dort selbstgemachten Apfelstrudel getestet. Der Aufstieg zur Birnlückenhütte zieht sich dann überraschend.


Die Birnlückenhütte (Rifugio Brigata Tridentina, 2441m) gehört der Autonomen Provinz Südtirol. Sie ist an diesem Abend überbelegt und das sei auch gestern schon so gewesen, sagt der Wirt. Das Essen wird zeitlich versetzt ausgeteilt, da offenbar Geschirr knapp ist.
 

Kurz nachdem wir angekommen sind, beginnt es wieder zu regnen und das wird leider auch morgen noch den ganzen Tag anhalten.


Tag 18   Birnlückenhütte – Plauener Hütte
Länge: 16km, auf: 790m, ab: 876m, T3

Es geht wieder nach Österreich und es wird anspruchsvoll, nur wenige nehmen mit uns diesen Weg. Die meisten gehen lieber einen Umweg. Zunächst gehen wir über die Teufelsstiege (hihi, Nr.13) zur ehemaligen Neugersdorfer Hütte, die wir schon gestern auf der anderen Talseite gesehen haben. Diese Hütte, die mal ein Zollhaus war, ist geschlossen. Von dort ist es nun auf dem 540 nicht mehr weit zu einem Paß namens Krimmler Tauern (2634m). Dahinter liegt Österreich, aber noch nicht das Zillertal. Dieses erreichen wir erst hinter der Zillerplattenscharte, zu der wir einen Kessel durchschreiten müssen. Wir gehen jetzt eine ganze Zeitlang im Nebel, aber der Weg ist bestens markiert. Der Eissee (2569m) hat noch große Eisschollen. Spätestens ab jetzt geht über große Blocksteine zur Zillerplattenscharte (2874m) hinauf, die letzten Meter fast senkrecht. Hinter der Scharte geht es noch steiler und sehr rutschig hinunter, der "Weg" hat dort keine gute Qualität. Bis der Weg Nr.502 in die Horizontale übergeht, dauert es deshalb mehr als eine Stunde. Dieser Höhenweg geht dann ohne großen Höhenverlust bis zur Plauener Hütte, ist aber dennoch heute nicht ganz einfach. Auf den vielen großen Blocksteinen gibt es eine hellgrüne Flechte, die wegen der Nässe sehr rutschig ist. Man muß durchaus konzentriert laufen. Einige Birnlücken-Leute, die nicht über die Scharte gegangen sind, treffen wir wieder.


Die energieautarke, mit viel Engagement geführte Plauener Hütte (DAV, 2364m) ist gemütlich und serviert ein ausgezeichnetes Essen. Außerdem gab's hier den besten Zirbenschnaps dieser Tour, was erwähnt werden darf. Die Hütte ist modern, die Zimmer jedoch rustikal, was einen interessanten Kontrast ergibt. Wir haben einen schönen Abend.
 

Unmittelbar nach unserer Ankunft reißt der Himmel plötzlich auf und zeigt sich blau. Wir fühlen uns beträchtlich veräppelt. Es hält allerdings nicht lange.


Tag 19   Plauener Hütte – Mayrhofen
Länge: 7.4km, auf: 34m, ab: 951m, T2

Letzter Tag. Diese Etappe geht bis zum unteren Ende der Staumauer des Zillergrund-Stausees. Ein paar freche Alpensalamander verabschieden uns, wie immer mitten auf dem Weg sitzend, wir sehen gleich fünf oder sechs. Entlang des Sees geht es dann durch einen langen, jedoch immerhin beleuchteten Tunnel. Der Bus würde nun bereits hier oben fahren, wir machen aber noch ein paar Höhenmeter. Weiter unten kommen uns frisch gekleidete Personen mit sehr kleinen Rucksäcken entgegen, wir sind wieder in der Zivilisation.

Wir fahren ab der Bärenbadalm mit dem Bus bis Mayrhofen, der dafür noch rund 40 Minuten braucht. Zu Fuß wären das noch zwei Tagesetappen gewesen, aber unten im Tal und neben der Straße. Unterkünfte sind hier übrigens auch nicht ganz einfach, es geht oft erst "ab vier Nächte".


Fazit

Die Tour war durchwachsen. Leider, denn landschaftlich ist sie zweifellos prima. Aber das anhaltend schlechte Wetter, das uns dieses Jahr erwischte und in einem Fall auch die Umplanung einer Etappe erforderte, trug dazu bei, daß der Erfolg kein hundertprozentiger war.

Was bleibt, sind viele schöne Erinnerungen, vor allem an die vielen Tiere und die schönen Blumen, sowie ein noch immer lädiertes Knie (durch Treppensturz in einem Hotel, da sieht man mal, wo es wirklich gefährlich ist ...)

Mehr und bessere Bilder hier.

Tourengänger: muellerto


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