Abseits des Trubels - Punta di Ceresole und Il Roc


Publiziert von Werner_Ki , 7. August 2019 um 19:58.

Region: Welt » Italien » Aostatal
Tour Datum: 1 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 

Die zweite Tourenwoche in diesem Jahr sollte ins Paradisogebiet führen, wo wir abseits der ausgetretenen Pfade einige interessante Ziele ausgemacht hatten.
 
Montag - Aufstieg zum Bivacco Borghi - T5 (die letzten 50-100m vor der Schachtel)
Ursprünglich war geplant, gleich zum Bivacco Pol aufzusteigen, Nach 16-stündiger Fahrt über Nacht, konnte ich mich aber nur mit Müh und Not zum Bivacco Borghi schleppen. Dieser Umstand erwies sich für die Akklimatisierung und zum entspannten Eingehen aber als extrem vorteilhaft. Die Biwakschachtel ist zweckmäßig eingerichtet mit max. 9 Betten und ausreichend Decken. Wasser fand sich etwa 20m unterhalb des Biwaks in südlicher Richtung.
Dienstag - Übergang zum Bivacco Pol - T5+ L 
Am nächsten Morgen konnten wir über Gletscher und Schneefelder zum Aufstiegsweg der Biwakschachteln Pol und Grappein, gut erkennbar auf einem gegenüberliegenden steilen Grashang, hinüberqueren und hatten nur noch 700 m im Aufstieg zu bewältigen. Ein Verhauer führte uns kurzzeitig in schwierigeres Gelände (II - III), der Normalweg wurde aber schnell wieder erreicht.
Es folgte ein sehr entspannter Nachmittag, der meist mit in der Sonne liegen und die Umgebung bewundern verbracht wurde.
Mittwoch - Punta di Ceresole - WS+ III
Am folgenden Mittwochmorgen waren wir bereits kurz vor fünf auf dem Gletscher unterwegs in Richtung Punta di Ceresole, ein aufziehendes Gewitter zwang uns aber schnell wieder zurück ins Bett.
7:00 Uhr, zweiter Versuch. Die Bedingungen auf dem ghiacciaio della Tribolazione waren hervorragend, die Spalten gut eingeschneit, die Brücken fest, der Firn schön griffig. Wir stiegen erst von der Felsinsel aus rechts der beiden Gletscherbrüche auf, querten dann oberhalb der Brüche in weitem Bogen nach links bis unterhalb des Colle della Luna, überschritten dort eine breite Querspalte und querten dann wieder weit nach rechts aufwärts zum Col di Chamonin. Der Einstieg in den Grat erwies sich als extrem brüchig, besser war es deshalb, die zum Grat aufwärts führende Schneerinne aufzusteigen und erst kurz vor ihrem Ende nach rechts den Grat zu betreten. Hier legten wir die Steigeisen ab und kletterten frei. Der weitere Aufstieg ist durch Steinmänner gut markiert und bewegt sich meist im II. Grat. Ganz zu Ende leitet ein steiler IIIer Kamin in festem Fels zum Hauptgipfel, für uns heute die schönste Stelle.
Nach ausgiebiger Gipfelrast, Genießen und Fotoshooting, stiegen wir auf dem selben Wege wieder ab. Dabei kletterten wir noch kurz auf den etwas kleineren Nebengipfel. Die Bedingungen auf dem Gletscher waren weiterhin gut, der Abstieg bis zum Biwak problemlos.
Donnerstag - Il Roc - ZS IV
Start der großen Überschreitung war um 4:00 Uhr. Der Aufstiegsweg wurde identisch zum Vortag gewählt, die oben erwähnte bereite Querspalte unterhalb des Colle della Luna wurde aber nicht überschritten. Wir querten unterhalb dieser in westlicher Richtung auf die Ostwand des Gran Paradiso zu. Als ob wir es so getimed hätten, kamen wir pünktlich zum Sonnenaufgang am Frühstücksplatz, einer kleinen Erhebung unterhalb der Cresta Gastaldi an. Nachdem wir Kraft getankt hatten, stiegen wir in steilerem Firn bis zum sogenannten Spaltenlabyrinth auf, welches aber problemlos überschritten werden könnte. Wir peilten die Felsen des Ostgrates an. Wenn man Diesen direkt hinaufsteigt, hat man dabei kurze Passagen im III. Grat.
Die Angaben in AV-Führern bleiben für diesen Bereich relativ vage. Es war die Rede von einer Querung, die mit Steinmännern markiert wäre. Weiter beschrieben die Texte einen roten Kamin, der aufgestiegen werden soll. Da aber im Prinzip die gesamte Südostflanke des Roc aus rotem Schiefer besteht, lässt das Raum für Spekulationen.
Offensichtlich sind wir etwas zu weit nach Süden gequert und unser Ausstiegskamin befand sich südlich statt nördlich des Gipfelfelsens. Wir sind wohl in der Südwandroute "Via Vaccarone" gelandet. Dieser Kamin war sicher ein IVer in extrem brüchigem Fels, kurz unterhalb des Ausstieges befanden sich zwei alte Schlaghaken. Nun noch in kurzer Kraxelei zum Gipfel und GESCHAFFT!
Eine französische Seilschaft, die wir bereits am Vortag getroffen hatten, kam zeitgleich mit uns an. Sie hatten aber den besseren Riecher für den richtigen Weg. Nach großem Hallo und Glückwünschen, konnten wir gemütlich (der Windchill betrug etwa -10°) den Ansturm am Hauptgipfel des Gran Paradiso betrachten. Aufgrund der Bilder, die sich uns boten, entschlossen wir uns, direkt zur Chabodhütte abzusteigen. Ein Stück am Fels abwärts, entschieden wir, ein Steilstück in hartem Firn abzuseilen, unter Zurücklassung einer Bandschlinge.
Im Valsavarenche waren die Bedingungen nicht ansatzweise so gut wie im Valnontey. Die spaltenreiche Route zum Rifugio erforderte bis zum Schluss volle Konzentration.
 
Am Freitag wollten wir eigentlich noch über das Colle Bonney und die Becca di Montadayne ins Valnontey zurückkehren, die Bedingungen im Colle zwangen uns aber zu einer schnellen Rückkehr, dem Abstieg nach Valsavarenche und einer längeren Busfahrt zurück zu unserem Parkplatz in Valnontey.

Fazit:
So gute Bedingungen, wie wir sie hatten wird man wohl selten vorfinden. Eine traumhafte Woche mit eindrucksvollen, einsamen Gipfeln und einer HIKR-Erstbesteigung auf einen Quasi-4000er, wie geil ist das denn?

Tourengänger: Werner_Ki
Communities: 4000er auf Abwegen


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