Sünser Spitze – ein Gipfel ist nicht genug


Publiziert von Nyn , 27. Juli 2019 um 10:59. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Bregenzerwald-Gebirge
Tour Datum:14 November 2011
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 

Noch ein einfühlsamer Gastbeitrag von Archie, dem Gipfelstürmer-Chi


Manchmal gehen Träume in Erfüllung, wenn man gar nicht damit rechnet.
Seit ich auf dem Portlerhorn war, wollte ich unbedingt die Sünser Spitze erstürmen. Warum, kann ich gar nicht so genau sagen. Als wir damals vom Portlerhorn abstiegen, blieb dieser grüne Gipfel immer an unserer Seite. Grün – vielleicht wie die Hoffnung? Zugleich herausfordernd. Noch höher als das Portlerhorn. Der Berg lockte mit Abenteuern, einer langen Tour und einer Aussicht, dessen Schönheit ich mir damals noch nicht vorstellen konnte.

Ja, manchmal werden Träume wahr – wir erstürmten die Sünser Spitze!

Der Tag begann wieder mit Nebel. Nebel, Nebel, Nebel. Als unser Wecker klingelte und ich meine Morgenrunde draußen drehte, war ich froh, dass wir dieser “Suppe” heute entfliehen würden. Denn dort, wo wir hinwollten, gab es keinen Nebel. Sollen die anderen Leute hier doch den ganzen Tag in der trüben Nebenwolke hocken, wir hatten “Größeres” vor.
Während meine Zweibeiner packten, stärkte ich mich ein wenig und wartete ungeduldig auf unsere Abfahrt. Mama und ich schauten nochmal kurz ins Internet nach dem Wetter: Es versprach ein schöner, sonniger Tag in den Bergen zu werden. Ideales Gipfelstürmer-Wetter!

Auf der Hinfahrt hätte ich es ja fast nicht geglaubt, denn bis Egg hingen wir in der Nebelsuppe fest. Trüb, kalt, bähh! Mama hatte sogar vorsichtshalber meine Jacke mitgenommen – sicher ist sicher. Ich befürchtete schon, dass ich sie wirklich anziehen müsste.
Doch dann: Erleichterung!
Als wir zum Furkajoch (Richtung Damüls) hinauf fuhren, schien uns die Sonne ins Gesicht. Ich schaute aus dem Fenster und konnte mich gar nicht satt sehen an der Bergwelt, die uns unter der Sonne entgegen funkelte. Doch hier hatte sich viel verändert seit unserem Besuch auf dem Portlerhorn im September: Die Berge sind braun geworden. Das saftige grüne Gras auf den Hängen war verschwunden. In den Senken lag Schnee.

Wir parkten wieder unterhalb der Alpe Portla. Im Gegensatz zu unserem Besuch im Sommer war der Parkplatz fast leer. Meine Zweibeiner und ich machten uns auf dem Weg. Wir stiegen zur Alpe hinauf, danach ging das Gipfelstürmen erst richtig los!
Gegenüber der Alpe Portla schauten wir uns auf der Übersichtskarte nochmal unsere Route an. Eine eigene Karte hatten wir nicht dabei, aber eigentlich konnten wir den Weg gar nicht verfehlen. Den Gipfel sowieso nicht! Also losgestürmt!
Wir begannen den Aufstieg von der Alpe, ein vertrauter Weg. Auch wenn das leuchtende Grün ebenfalls verschiedenen Brauntönen weichen musste, ich erkannte die zertretene Weide wieder: Hier war auch der Anfang unsere Portlerhorn-Tour gewesen. Wir erreichten schließlich einen Wegweiser – 1,5 Stunden bis zum Gipfel der Sünser Spitze. Was, nur? Ein Klacks! Aber wir planten ja noch den Besuch eines weiteren Gipfels auf unserer Route.

Wir gingen den gleichen Weg, welchen wir das letzte Mal nach dem Abstieg gewählt hatten – natürlich diesmal in der anderen Richtung, nicht von den Bergen weg, sondern zu ihnen hin. Unterhalb unseres Weges sah ich zwei Wanderer. Und was lief da von ihnen? Ein kleiner Hund! Ich konnte die Rasse nicht erkennen, aber auf jeden Fall war es kleiner Gipfelstürmer, genau wie ich! Wie gerne hätte ich mich mit ihm über das Bergsteigen ausgetauscht und seine Gipfelabenteuer gehört, doch leider trafen wir uns während der gesamten Tour nicht. Aber ich weiß nun, dass es noch andere Gipfelstürmer in meiner Größenordnung gibt… und irgendwann wird man sich schon über dem Weg laufen, ganz sicher!
Die Sünser Spitze immer zu unserer Linken, gingen wir bis zum Blauen See. Dort machten wir eine kleine Pause, meine Zweibeiner stärkten sich mit Käse- und Salamibrot. Ich bekam auch eine Kleinigkeit, dann schaute ich mich etwas um. Der Blaue See hatte sich ganz schön verändert! Im Sommer bin ich noch in das Wasser gerannt, jetzt glitzerte eine dicke Eisschicht auf dem See. Mir war das ja irgendwie suspekt, aber trotzdem wollte ich mir das näher ansehen. Also richtig nah! Aber meine Zweibeiner ließen mich nicht, sie kontrollierten erstmal die Dicke des Eises. Alles ok? Super! Ich stürmte los, rutschte ein Stück und war dann doch etwas überrascht. Ehrlich, Eis ist ganz schön kalt unter den Pfoten. Da war mir das Wasser im Sommer wesentlich lieber.
Eigentlich hatten wir ja auch gar keine Zeit zum Eislaufen, denn unser Gipfel wartete. Ich sprang wieder auf den Weg und weiter ging es. Wir näherten uns der Sünser Spitze, bald erreichten wir den Aufstieg zu ihrem Bergrücken. Über den Grat sollte uns der Weg zum Gipfel führen.
An der Seite seht ihr unseren Weg auf dem Foto. Da wo ich stehe, sind wir hinauf gegangen und dann immer oben auf dem Bergrücken entlang. Der Gipfel der Sünser Spitze ist die höchste Erhebung am Ende der Kette. Schon ein Stückchen, oder? Aber so ein echter Gipfelstürmer wie ich kommt da noch nicht mal aus der Puste.

Während des Aufstiegs spielte ich immer wieder im Schnee, welcher noch in den Senken lag. Das machte vielleicht Spaß! Mama schimpfte ein bisschen mit mir, denn der Schnee durchnässte mein Fell. Doch je weiter wir aufstiegen, desto stärker wehte der Wind. Mama meinte, dass ich mich dann vielleicht erkälten würde. Also gut, dachte ich mir, dann nehme ich mich etwas zurück. Ich ließ den Schnee links liegen und konzentrierte mich auf den Aufstieg.
Natürlich hätte ich gerne weiter getobt, aber dann hätte Mama mir vielleicht meine doofe Jacke angezogen… bloß nicht! Ich wollte KEIN Gipfelbild mit Jacke!

Bald schon hatte ich den Schnee ganz vergessen, denn wir standen vor unserem ersten Gipfel: Den Sünser Kopf. Auch bekannt als Hübscher Bühl. Es ging kein direkter Weg hinauf, also stiegen wir über die Wiese zum höchsten Punkt.
Dort oben bot sich uns eine atemberaubende Aussicht! Wir konnten in der Ferne das Nebelmeer im Rheintal und Oberschwaben sehen. Das war wirklich verrückt! Dichter Nebel, wie Wolken, bis zu einem bestimmten Punkt. Doch wir waren viel höher und konnten darüber hinweg sehen. Mir fehlen wirklich die Worte für diese Aussicht. Auf der anderen Seite bot sich uns ein Bergpanorama, welches wie gemalt wirkte. Ich ließe meine Blick schweifen und träumte davon, auf jeden dieser Gipfel eines Tages zu stehen. Dann würde ich von dort hinüber auf den Sünser Kopf blicken und daran denke, dass ich dort an einem wunderschönen Tag auch gestanden hatte.
Na ja, gestanden hatte… eigentlich war ich noch gar nicht da. Genug der schönen Aussicht, weiter ging es. Wir machten noch ein paar Fotos, dann stiegen wir wieder auf den Weg unterhalb des Sünser Kopfs ab.
Jetzt hieß es: Durchhalten! Der Wind am Bergrücken wehte uns kalt ins Gesicht, aber wir näherten uns unbeirrt der Sünser Spitze. Direkt neben uns ging es steil bergab. Unter den Klippen, die sich teilweise sehr tief in den Berg gefressen hatten, klaffte tiefe Leere. Mir war ganz mulmig und ich wagte nur einen kurz Blick nach unten. Wenn ich da runter falle, war es das mit dem Bergsteigen! Jetzt verstand ich auch, warum ich an der Leine laufen musste und das Geschirr mit den Sicherheitsschnallen trug. Ein falscher Schritt, ein Abrutschen mit der Pfote… ich mag es mir nicht ausmalen, wuff!

Doch beim Gipfelstürmen sollte man nicht ständig nach unten gucken, sondern lieber nach vorne – da baute sich auch schon langsam das Gipfelkreuz vor uns auf. Schritt für Schritt stiegen wir zum Gipfel der Sünser Spitze hinauf. Und da standen wir. Es war kalt, der Wind wehte schrecklich stark, aber es war so wunderschön! Aussicht, Bergwelt, Panorama. Mit 2.061 Meter mein höchster Gipfel bisher! Ich war so unglaublich stolz auf mich und meine Zweibeiner. Und wieder hatte ich den Berg mit meinen eigenen Pfoten erstürmt, mit meiner eigenen Kraft. Chihuahuastärke!
Wir rasteten unterhalb des Gipfels in einer windgeschützten Senke, vorher trugen wir uns natürlich noch in das Gipfelbuch ein. Der Wind hatte uns ganz schön durcheinander geweht, mein Fell war sehr zerzaust. Aber ich bin da ja nicht so – ihr kennt mich, ich bin kein Modepüppi. Mama ist da immer viel schlimmer mit ihren Haaren im Wind, der angeblich die Frisur zerstört.
Kaum hatten wir verschnauft, begann auch schon der Abstieg. Natürlich machten wir vorher noch ganz viele Fotos! Da musste ich wieder herhalten: Ich auf dem Gras, ich vor dem Panorama, ich mit Blick nach links, ich mit Blick nach rechts. Manchmal ist mir die Knipserei etwas peinlich, aber hinterher winkt eine leckere Belohnung. Die lasse ich mir nicht entgehen und ich spiele gern den “Fotokasper” für die Zweibeiner. Sie freuen sich ja auch immer so, wenn ich fein brav sitze und gucke.

Der erste Schein von abendlichem Licht erfüllt die Bergwelt zu unseren Füßen. Wir stiegen zum Sünser See ab. Der Weg dahin war teilweise richtig schwer und führte uns über unbefestigtes Gelände mit wenigen Absätzen. Hier merkte ich aber ganz deutlich, dass ich nach so vielen Gipfeln schon über alpine Erfahrung verfügte. Das schaffte ich alles problemlos.
Am See machten wir nochmal kurz Pause. Auch hier überzog eine Eisschicht die Seite des Wassers, die im Schatten lag. Allerdings reichte sie nicht mal bis zur Hälfe des Sees. Ich durfte daher nicht auf das Eis gehen, die Gefahr einzubrechen war zu groß. Mich störte das aber nicht, die Aussicht war sowieso viel interessanter als das Wasser.
Weiter ging es, immer Richtung Sünser Alpe. Uns gegenüber lag das Portlerhorn. Einige Wanderer waren auch dort noch unterwegs. Unser Weg führte uns immer am Berg entlang bis wir an den kleinen Fluss stießen, der das Tal durchzog. Wir mussten auf die andere Seite. Meine Zweibeiner machten einen großen Schritt über das Wasser, ich hopste von Stein zu Stein. Mir wurde bewusst, dass sich unsere Tour langsam dem Ende neigte. Es war nicht mehr weit bis zu dem Wegweiser, dessen Pfeil uns vor ca. 4 Stunden auf den richtigen Weg gebracht hatte. Ich schaute zurück und wunderte mich, wie fern doch die Sünser Spitze plötzlich war. Sie schien so unheimlich weit weg, der Weg über den Rücken unsagbar lang. Dabei kam es mir vor, als wären nur 5 Minuten seit dem Gipfel vergangen. Ja, fast spürte ich noch den Fels am Grat unter meinen Pfoten. Den scharfen Wind, der die Klippen hinauf wehte, in meinem Fell. Und doch war alles schon wieder ganz weit weg.
Wir gingen weiter, erreichten den Wegweiser und stiegen schließlich zur Alpe Portla ab. Von dort aus war es nur noch ein Katzensprung bis zu unserem Auto. Und damit endete unser Bergsteigertag. Wir fuhren nach Hause, ich noch völlig verzaubert von der Bergwelt. Was für ein schöner Tag! Ich bin sehr glücklich, dass wir diese Chance nutzen konnten und mein Traum, die Sünser Spitze zu erstürmen, doch noch dieses Jahr wahr wurde!

Zum Schluss noch ein ganz besonderes Foto von mir. Manchmal gibt es Momente, an denen selbst der größte Gipfelstürmer ein wenig schwächelt am Berg…

Euer Archie

Tourengänger: Nyn, Lynnox


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»