Salbit Westgrat Turm 2: GKG (7a)


Publiziert von mde , 3. Juli 2009 um 13:18.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:13 Juni 2009
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: 7a (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 

Ein Traumweekend ist angesagt, und uns gelüstet es nach alpiner Sportkletterei im Granit. Was liegt da näher als ein Besuch am Salbitschijen. Dieser bietet eine schier unerschöpfliche Auswahl an Routen in allen Graden und Längen. Zudem bietet die Salbithütte ein formidables Quartier mit bester Bewirtung.

Anreise
Um zwei volle Klettertage zu geniessen, reisen wir bereits am Freitag Abend auf die Hütte an. Wir starten um 17.00 Uhr bei Ulmi P.1195 und machen, um den innovativen Locals einen finanziellen Zustupf zu gewähren, vom Service des Rucksacktransports bis auf den Regliberg P.1680 Gebrauch. Ein Zeitgewinn resultiert daraus allerdings nicht, da wir bei Abholung der Säcke vom Älpler mit mindestens 20 Minuten (zugegebenermassen sehr spannenden) lokalen Räubergeschichten eingedeckt werden. Es reicht dann gerade noch rechtzeitig auf den Znacht um 18.45 Uhr in die Hütte...

Am nächsten Morgen gibt es erst ab 7.00 Uhr Zmorge und dementsprechend starten wir um 7.45 Uhr mit dem Ziel Turm 2 am Westgrat. Die Wegspur Richtung Südgrat ist teilweise (ca. 25%) noch unter Schnee, der aber kompakt und problemlos begehbar ist. Nach rund 45 Minuten erreichen wir das Mittwaldcouloir, welches über den Kettenweg begangen wird.

Kettenweg
Beim Kettenweg handelt es sich um einen ziemlich rudimentär eingerichteten Klettersteig: es sind einige wenige Trittstifte und fast durchgehend eine Kette vorhanden. Letztere ist allerdings recht selten verankert (in beinahe senkrechtem Gelände bei vertikalem Verlauf ca. alle 15m), so dass auch grosse Stürze möglich sind. Somit handelt es sich mehr um eine Anlage für Alpinisten als für Klettersteigtouristen. Weiter schwierig ist die Begehung aber nicht, sofern man bei einem Klettersteig überhaupt von "Schwierigkeiten" sprechen kann.

Salbitbrücke
Der Kettenweg wird möglicherweise auch bald obsolet: schon Ende des Sommers 2009 kann das Mittwaldcouloir möglicherweise über eine 90m lange Hängebrücke überquert werden, siehe www. salbitbruecke.ch. Diese vereinfacht und verkürzt den Zustieg an die Westgrattürme um ca. eine halbe Stunde und ist aus dieser Sicht für den Kletterer mit Sicherheit ein Gewinn. Andererseits geht mit der Brücke schon auch ein Teil der Wildheit, der Einsamkeit und des alpinen Abenteuers flöten. Zudem wird die jetzt schon sehr gut frequentierte Salbithütte nach Inbetriebnahme der Brücke vermutlich vermehrt von Weitwanderern benützt, so dass es an schönen Tagen noch schwieriger wird, dort einen Platz zu ergattern. Ein gewisser Zwiespalt dem Projekt gegenüber bleibt von meiner Seite aus.

Zum Einstieg
Nach dem Mittwaldcouloir geht es praktisch durchgehend auf hartem Firnschnee hinauf zum Einstieg am Turm 2, zuletzt ca. 40 Grad steil. Ein Pickel war hilfreich, die Steigeisen beliessen wir hingegen im Rucksack. Bei einer früheren Begehung der Via Hammerbruch zur gleichen Jahreszeit (Juni 1999) hatten wir allerdings schwer mit der Randkluft zu kämpfen. Heute war allerdings keine solche vorhanden, der Schnee lag am Wandfuss des Turm 2 noch kompakt auf den Platten auf. Der korrekte Einstieg zur GKG war bald ausgemacht und der etwa 1m über dem Schnee sitzende 3. BH der Route ermöglichte einen bequemen Wechsel von der Alpin- zur Kletterausrüstung. Der Zustieg nahm total gut 1.5 Stunden in Anspruch. Um ca. 9.45 Uhr konnte es also losgehen mit der GKG, und zwar wie folgt:

SL 1, 20m, 5c+: die ersten Meter bieten gleich anspruchsvolle, plattige Kletterei. Die Kletterfinken sind vom Schnee noch nass und der Fels zu Beginn vom Abschmelzen des Schnees dreckig. So komme ich immerhin rasch auf Betriebstemperatur und bald ist auch schon der Stand erreicht. Eher schwieriger als 5c+!

SL 2, 30m, 6a: erst sehr schön strukturierter Granit, dann eine Piaz-Verschneidung, welche zuletzt gegen links verlassen wird. Die SL ist bestens abgesichert, ich habe sie subjektiv als deutlich einfacher wie SL 1 empfunden.

SL 3, 50m, 6b: lange SL mit eher plattiger Wandkletterei. Hie und da muss nach der besten Sequenz etwas gesucht werden. Ist diese gefunden geht es aber sehr gut, subjektiv empfand ich diese SL eher einfacher als 6b. Prima abgesichert.

SL 4, 30m, 6a: hier ist am Anfang etwas Vorsicht nötig, damit man nicht in die unmittelbar rechts verlaufende Mephisto gelangt. Einfach gerade hoch klettern, der 1. BH ist vom Stand nicht sichtbar. Es folgt super Wandkletterei an Knobs und zum Schluss dann 2 Piazschuppen zum äusserst unbequemen Stand... was zur Hölle hat die Erstbegeher bloss bewogen, an dieser Stelle einen Stand zu bohren und diesen bei der Sanierung dann auch noch zu belassen?

SL 5, 30m, 6b: diese SL verläuft auf der ganzen Länge einer schönen Verschneidung entlang. Gleich nach dem Stand folgt eine schwierige Stelle, die zweite Hälfte ist dann recht anhaltend. Piazend und stemmend gewinnt man hier an Höhe. Die Bewertung von 6b dünkt mich auch nicht überaus hart hier.

SL 6, 45m, 5c+: vom Stand weg rechts über die schöne Platte anstatt dem zu Beginn grasigen Riss entlang. Bald muss man aber doch in den (nun sauberen) Riss, über welchen der Aufschwung anspruchsvoll bewältigt wird. Es folgt dann noch eine etwas schwierigere Reibungsstelle, bevor man in gemütlicherer Riss- und Verschneidungskletterei den Stand erreicht. Im Vergleich zu den anderen SL hätte diese auch eine Bewertung von 6a/6a+ verdient.

SL 7, 45m, 6a+: erneut vom Stand nach rechts über eine feingriffige Wandstelle zu 20m sehr schöner Plattenkletterei, welche vor dem nächsten Band noch eine Knacknuss bietet. Dann in prima griffigem Gelände einfacher zum nächsten Stand.

SL 8, 30m, 7a: wieder mal vom Stand nach rechts, um den Aufschwung zu bewältigen. Dieser ist deutlich schwieriger, als es erst den Anschein macht. Um Seilzug zu vermeiden, empfiehlt es sich, nach dem Einhängen des 2. BH nochmals etwas abzuklettern und den 1. BH auszuhängen. Dann geht es bald los mit den Boulder-Knacknüssen, von welchen diese SL drei Stück bietet: bei der ersten gilt es, feine Leisten haltend, mit den Füssen auf Gegendruck auf einer fatzeglatten Platte anzulaufen. Dann kurzes Verschnaufen und zum Dächli, wo die Crux darin besteht, unter der Verwendung von abschüssigen Leisten die Füsse über der Kante zu plazieren. Nun sehr feingriffig und -trittig, mehr psychisch anspruchsvoll als schwierig, weiter. Hier befindet man sich bereits über dem letzten BH, daher 6b obligatorisch, die Stelle ist aber total ungefährlich. Endlich ist der nächste BH geklinkt und man realisiert auch gleich, warum der so hoch oben steckt... nämlich damit die dritte und letzte Knacknuss dieser Länge optimal gesichert ist! Hier muss an feinen Leisten wiederum hoch auf schlechten Tritten angetreten werden, um dann einen weiten Strecker mit verdrehter Hand in einen Untergriff zu vollbringen. Danach sind die rettenden Henkel da und leichter, wenn auch erst noch kräftig, geht's zum Stand.

SL 9, 45m, 5c+: Schöne SL, die einfach beginnt und mit einer Reibungsstelle in eine Verschneidung das erste Mal fordert. In der Verschneidung wartet dann ein schönes und elegant lösbares Bewegungsproblem, zuletzt wird sie athletisch nach links verlassen. Wohl auch eher 6a, diese SL.

SL 10: 45m, 5c+: Erst geht es gemütlich los, doch die SL steilt sich noch ganz ordentlich auf und bietet zuletzt fantastisch steile Risskletterei, die Crux ist der Mantle aufs Ausstiegsband. Das Topo im SAC-Führer Urner Alpen 2 veranschlagt hier 6a+, was bestimmt auch zutreffen dürfte.

Abseilen und Rückweg
Es ist nun 15.00 Uhr, auf dem bequemen Band geniessen wir unseren Zmittag und können erst noch eine perfekte onsight-Begehung feiern - es ist immer schön, wenn eine Route ohne Griff an Metall/Textil oder einem Ruher im Seil gelingt. Der Abstieg erfolgt schnell und bequem mit 8x Abseilen über die Route (die SL 4/5 und 1/2 können je in 1x abgeseilt werden), danach geht es in 1.5 Stunden (inklusive Material verräumen nach dem Kettenweg) retour in die Salbithütte.

Fazit zur GKG
Die GKG ist eine sehr schöne Granitroute, welche den Vergleich zur Via Hammerbruch nicht zu scheuen braucht. Der Anspruch der beiden Routen ist in etwa vergleichbar, trotz höheren Maximalschwierigkeiten in der GKG. Die Linienführung der GKG ist moderner, somit ist sie für mein Empfinden fast eher weniger anstrengend. Die Absicherung ist durchgehend gut bis sehr gut mit Inox-BH, die Vorstiegscrux (6b obl.) ist oben im Text erwähnt. Zusätzliche Sicherungsmittel könnten zwar punktuell eingesetzt werden, sind aber dank der guten Behakung nicht notwendig. Wer trotzdem etwas mitnehmen will, dem würde ich ein Set an kleinen und mittleren Friends (Camalot 0.3-1) empfehlen.

Epilog: Villigerpfeiler (10 SL, 6b, 6a+ obl.)
Nach einer weiteren gemütlichen Nacht in der Salbithütte ging es am Sonntag in den Villigerpfeiler (10 SL, 6b, 6a+ obl.) in der Zwillingsturm SE-Wand am Salbit Südgrat. Dieser folgt in einer für die Zeit der Erstbegehung (1959) äussert steil-imposanten Riss- und Verschneidungslinie. Die Route galt lange Zeit als anspruchsvollste Granitkletterei der Schweiz. Da der Fotoapparat in der Hütte zurückblieb und mich die Route im Gegensatz zu vielen anderen nicht begeisterte, begnüge ich mich hier mit einem Kurzbericht.

Von der Hütte zum Einstieg in 1h 15min, zuletzt musste ein steiles und hart gefrorenes Schneefeld gequert werden: Pickel obligatorisch, Steigeisen leisteten gute Dienste. Die Randkluft war teilweise gross und tief, liess sich aber mit Seilsicherung dennoch recht gut überwinden (kann wohl gut/bald auch anders sein). Es lagen wohl noch 15-20m Schnee am Einstieg.

Die Route bietet dann vorwiegend sehr anstrengende Piaz- und Verschneidungskletterei. Häufig ein bisschen ein Gwürg, selten besonders elegant. Die Bewertung empfand ich (im Vergleich zur GKG) als hart. Der Villigerpfeiler wurde 1992 mit Inox-BH saniert, wobei der alte Schrott (Holzkeile und Normalhaken) fast komplett ausgeräumt wurde. Bei zT nur 3-4 BH in anhaltenden 50m-Seillängen muss viel aus anstrengender Position selbst abgesichert werden. Ein volles Rack mit Keilen und Camalots 0.3-3, sowie sicherer Umgang damit, ist Pflicht!

Obwohl ich am Schluss arg auf die Zähne beissen musste, gelang die Begehung auch hier bis zum Top. Ich finde den Villigerpfeiler für den Vorsteiger deutlich anspruchsvoller als z.B. die GKG. Zum Glück ging's danach, zuerst über die bequeme Abseilpiste "Berner Blitz" und dann über den Hüttenweg, nur noch runter bis ins Tal...



Tourengänger: mde


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