Scherenkopf, von Thusis nach Lohn auf altem Viamala Saumpfad


Publiziert von Kik , 26. Juni 2019 um 23:29.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Hinterrhein
Tour Datum:25 Juni 2019
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1450 m
Abstieg: 550 m

Der alte Saumpfad von Thusis nach Acla Sut ist vermutlich Teil der frühgeschichtlichen linksseitigen Via Mala Umgehung. Er wurde bis in die neuste Zeit regelmässig als direkter Zugang zu den Schamser Alpen benutzt. (Quelle: Armon Planta, s.u.) Während eines Praktikums 1971 in Thusis hatte ich ihn schon einmal mit einer Kollegin begangen. Spez  ist im Frühling vor zwei Jahren bei seiner Gewaltstour auf den Beverin mit aufgebundenen Skiern dort durchgekommen. Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass er immer noch begehbar ist. 
 
Von Thusis gehe ich auf dem Wanderweg zu Punkt 1096, wo das Forststrässchen in den Kirchwald beginnt. Der Anfang des Saumpfades ist auf der LK des Jahres 1979 nach der ersten Kurve eingezeichnet. Dieser Zugang ist aber schon in der 70er Jahren im Aclatobel zerstört worden. Jetzt führt ein neu abgestochenes Weglein direkt von der ersten Kurve über den Bach zu zwei Wasserfassungen. Über der zweiten geht die Spur gerade den Hang hoch, bis das alte, schlecht erkennbare Trassee erreicht ist. Es ist an vielen Orten schmal geworden, aber immer noch recht gut begehbar. Der Weg nach Osten nützt natürliche Bänder aus, unterbrochen von Runsen. Ich bin wieder beeindruckt von der luftigen Sicht auf Rongellen und über die Via Mala. Die Bergseite ist stellenweise ausgemeisselt. An manchen heiklen Stellen hat es Sicherungen verschiedenen Alters, sie sind von zweifelhafter Zuverlässigkeit. Gegen die Schlüsselstelle zu, den Ausstieg nach Acla Sut, werden sie besser. In meiner Erinnerung wurde das letzte Felsband mit einer maultierbreiten Rampe unter einer Halbgalerie problemlos überwunden. Ein Stück der Rampe muss kurz nachher weggebrochen sein. Bereits 1980 publiziert Armon Planta in seinem Buch über die alten Verkehrswege in Graubünden ein Foto, das eine Art Leiter an jener Stelle zeigt. Diese war offenbar vom Bauern von Acla Sut montiert worden. Von jener breiten Leiter ist nur noch ein Rundholz übrig. Die Lücke wird jetzt mit vier Trittsteinen und einem zuverlässigen Handlauf entschärft. Beim Starkstrommasten endet die interessante Strecke.
 
Es ist mir zu heiss, den früheren steilen Weg nach Valloja  zu suchen, ich laufe dem bequemen Wanderweg nach. Seine 14 Kurven machen mir heute genug zu schaffen, obwohl meist im Schatten. Bei seiner Einmündung ins Alpsträsschen zweigt der noch gut sichtbare alte Alpweg nach Summapunt  ab, der das Strässchen weiter oben wieder trifft. Noch vor Summapunt könnte man mit einer Abkürzung direkt zum Scherenkopf oder Crapschalvakopf aufsteigen. Wegen dem Brunnen in Summapunt mache ich gerne einen Umweg. Erfrischt nehme ich die letzten 200 Höhenmeter unter die Füsse. Es lohnt sich, die in der LK eingetragene Wegspur zu suchen, da der Hang mit etwas mühsamen Sträuchlein überwuchert ist.
 
Auf dem Gipfel des Scherenkopf  steht man direkt über dem Domleschg. Star der Aussicht ist aber der Piz Beverin, kühl mit seinen Schneeflecken. Wegen der Hitze ist die Sicht diesig. Auch an der Kante gegen den Crapschalvakopf sehe ich nicht richtig ins Kaltbrunnertobel. Es hat viel mehr Bäume und Sträucher als früher und ich kann die Stelle, wo man aus dem Tobel heraus muss, nicht erkennen. Ob es überhaupt noch möglich ist, dort durchzukommen? Die Tobel sind in diesem brüchigen Schiefer generell tiefer geworden. Sowieso habe ich nicht mehr genug Energie für diese Abstiegsroute. So geniesse ich noch etwas länger das leichte Lüftlein und laufe dann in einer knappen Stunde nach Lohn  hinunter.

Die Informationen zum Verlauf der vielen Wegvarianten im Bereich Via Mala (und auch zum Splügenpass und Bernardino) finden sich bei Armon Planta, Verkehrswege im alten Rätien, Band 4, Verlag Bündner Monatsblatt, 1980. Das Buch kann beim Verlag Desertina, Disentis bestellt werden.
 

Tourengänger: Kik


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Kommentare (4)


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kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 27. Juni 2019 um 09:31
Wieder mal was neues. Auch wenn ich mich leider nicht so oft in diese Gegend "verirre".

Die Leiter bist du nicht rauf? Oder gibts die gar nicht mehr?

Auf dem Layer IVS-Lokal (und der IVS-Geländekarte) ist der Saumweg übrigens auch eingezeichnet. Wobei leicht nördlicher als auf der Zeitreisenkarte.

Kik hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. Juni 2019 um 20:44
Ich bin nicht über den Crapteig, sondern dem direkten WW nach (mit einer kleinen Abkürzung zuunterst und zuoberst). Jene Leiter gehört zum Jägersteig am Crapteig, dazu gibts auch mindestens einen Hikr-Bericht.
Die grüne Linie im IVS lokal ist sehr ungenau und entspricht nicht dem früheren Saumweg. Den Saumweg sieht man auch heute noch im Kirchwald unterhalb des Forststrässchens, ist von diesem unterbrochen und kreuzt ihn über der Kurve wieder, verläuft genau so wie er in den LKs bis 1979 angegeben war. Wir konnten ihn 1971 noch so begehen, wobei der zu querende Rutschhang unterhalb einer Felsstufe bis zum Aclatobelbach mir als die heikelste Stelle der ganzen Tour in Erinnerung geblieben ist. Danach hat ein Unwetter das Aclatobel "geräumt" bzw. den Weg zerstört. Planta beschreibt 1980 einen Zugang direkt von Rongellen, von dem ich jetzt nichts mehr gesehen habe.
Jedenfalls eine spannende Gegend.

Krokus hat gesagt:
Gesendet am 27. Juni 2019 um 20:44
Hallo Kik, ein schöner Beschrieb des alten Saumpfades. Hoffen wir, dass er jetzt wieder vermehrt begangen wird. H.G.Krokus

Kik hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. Juni 2019 um 22:52
Das täte ihm gut. Es heisst doch: Saumpfade -Traumpfade.
Viele Grüsse, Kik


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