Quirlwand (3121m) - Unbekannter Dreitausender mit einem spannenden Finale


Publiziert von BigE17 , 11. Juni 2019 um 08:53.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum: 5 Juni 2019
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT3 - Anspruchsvolle Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:15
Aufstieg: 1750 m
Abstieg: 1750 m
Strecke:18 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittersill über den Felbertauern oder von Lienz kommend nach Matrei in Osttirol. Nun ins Virgental hineinfahren und dabei immer auf der "Hauptstraße" bleiben. In Ströden endet diese Straße bei einem großen Parkplatz (eine kleine Parkgebühr)
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

Wegen des tollen Bergwetters Anfang Juni wollten ich und mein Tourenpartner eine Tour im Hochgebirge unternehmen. Nach einigem hin und her entschieden wir uns für einen vollkommen unbekannten Gipfel, nämlich die Quirlwand im hintersten Virgental. Sie ist 3121 Meter hoch und befindet sich im Ostgrat des Quirls - einer der schönsten Berge Osttirols. Vom Virgental aus gesehen, hebt sie sich nicht ab. Sieht man jedoch den Ostgrat des Quirls von Norden oder Süden, so erkennt man die Quirlwand eindeutig als eigenständigen Gipfel. Der Name "Quirlwand" wird in vielen Tourenberichten einer unbedeutenden Gratschulter viel weiter östlich zugeordnet. Laut anderen Quellen trägt der 3121 Meter hohe Gipfel ebenfalls den Namen Quirlwand, was ihn zu einem interessanten Tourenziel macht, da es im Internet noch keine Tourenbeschreibungen über den Gipfel gibt.

Für diese Tour verwendeten wir die Schneeschuhe und nicht die Ski, da auf der Aufstiegsroute erst ab 2500 Meter Schnee lag. Außerdem war das Gelände scheinbar bis zum Gipfel flach und unschwierig - dem war aber nicht so! Doch der Reihe nach: 

So fuhren wir am 5. Juni um 4 in der Früh in Lienz los und erreichten kurz vor 5 den Parkplatz in Ströden. Wir passierten die Islitzer Alm und den Wasserschaupfad Umbalfälle, danach war der Weg offiziell gesperrt. Das interessierte uns jedoch nicht und wir überwanden die nächste Steilstufe im Tal ohne Probleme. Nur kurz mussten wir einen Lawinenkegel betreten. Nach der Steilstufe waren hingegen doch einige Lawinenkegel zu queren, aber sie waren eher flach und problemlos. Von der Brücke über die Isel waren nur noch die Stahlträger übrig, über die es zu balancieren galt. Die Träger sind zum Teil jedoch beschädigt, also Vorsicht!

Beim Ochsnerhüttl folgten wir dem markierten Weg in Richtung Wiesbauerspitze. Der an einer Stelle gesicherte Steig gewinnt rasch an Höhe, auf Schneefelder trafen wir erst weiter oben. Schließlich traversiert der Steig die Südflanke der Ogasilspitze, hier wurden auch die Schneefelder immer häufiger. Östlich der Flanke traversierten wir steile Schneefelder und gelangten so auf ca. 2550 Meter Höhe ins flache Hochkar

Nun zogen wir die Schneeschuhe an. Wir gingen stets in Richtung Norden und nach kurzer Zeit konnten wir zum ersten Mal den Quirl und die Quirlwand sehen. Zum Teil konnten wir auch schon unsere angenehme Aufstiegsflanke erkennen. Doch zuvor mussten wir einen ca. 30° steilen Hang überwinden. Da die Bedingungen gut waren, war dies kein Problem. Nun befanden wir uns auf der Hochkarscharte, die schon fast auf 2900 Metern liegt.  Jetzt drehten wir in Richtung Westen, auf die Ostflanke der Quirlwand zu. Im unteren Teil brachen wir bei jeden Schritt mit den Schneeschuhen knöcheltief ein. Deshalb stiegen wir entlang der aperen südlichen Begrenzung der Flanke auf. Schon bald wurde der Schnee besser und so konnten wir scheinbar bis zum Gipfel gehen.

Doch als wir am Ende der Schneeflanke standen, merkten wir, dass sich der Gipfel ca. 50 Meter weiter westlich befindet. Dazwischen lag ein ausgesetzter Felsgrat, deshalb deponierten wir hier Schneeschuhe und Stöcke. Die ersten Meter waren noch einfach zu klettern (I), aber dann mussten wir sehr ausgesetzt in eine Scharte absteigen. Dabei stiegen wir eine steile Platte von rechts oben nach links unten ab (III, Schlüsselstelle). Bis hierher war der Fels fest, jetzt wurde es recht brüchig, dafür deutlich leichter (I-II). So gelangten wir ausgesetzt zum Gipfel der Quirlwand.

Wir schossen Fotos und kletterten gleich danach zum Depot zurück, wo wir eine längere Pause einlegten. Obwohl es erst 10:30 war, war es bereits ziemlich heiß und der Schnee wurde immer weicher, also mussten wir dann doch mit dem Abstieg beginnen. Bis zur Hochkarscharte war der Abstieg noch relativ angenehm, der darauffolgende Hang konnte auch noch problemlos überwunden werden. Aber als wir uns auf ca. 2700 Meter im Hochkar befanden, wurde der Schnee plötzlich sehr weich. Obwohl das Gelände nicht allzu steil war, ließ es sich nicht vermeiden, die eine oder andere Mini-Nassschneelawine loszutreten. Gefährlich wurde es aber nie! Auf 2550 Meter zogen wir die Schneeschuhe wieder aus und folgten dem Aufstiegsweg bis ins Tal. Um 1 erreichten wir die sehr empfehlenswerte Islitzer Alm, wo wir einkehrten. Nachher wanderten wir zurück zum Auto.

Erwähnenswertes:
1. Bis kurz vor den Gipfel ist diese Tour vollkommen unschwierig, die Hochtourenschwierigkeit beträgt bis hierhin L.

2. Der Weg bis ins Hochkar sollte schon so gut wie aper sein, ansonsten ist der Anstieg wegen Lawinengefahr nicht begehbar.

3. Bei dieser Tour ist es von Vorteil, wenn es nicht allzu heiß ist.

4. Wegen des langen Zustiegs ist eine Skitour auf diesen Gipfel nicht zu empfehlen. 

5. Im Sommer ist der Aufstieg vermutlich mühsamer, dafür kann die Quirlwand dann sehr gut mit der Ogasilspitze und der Wiesbauerspitze kombiniert werden. 

6. Der Gratübergang zum Quirl ist - so unglaublich das auch klingt - lediglich ein 3. Schwierigkeitsgrad.

7. Es ist anzuraten, sehr früh am Morgen zu starten.

8. Die Quirlwand ist ein Geheimtipp für eine schöne Bergtour im Frühjahr. Vorausgesetzt sind gute Bedingungen und eine sichere Verhaltensweise.

Tourengänger: BigE17


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Kommentare (2)


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tauernfux hat gesagt:
Gesendet am 3. Oktober 2020 um 17:51
Hallo,
gerade bin ich sehr überrascht, hier erstmals etwas über die Besteigung der "echten" Quirlwand zu lesen.
Vor genau dreißig Jahren habe ich diesen Gipfel nämlich überschritten. Eure IIIer Abstiegsstelle hab ich damals mithilfe einer Reepschnur über ein Köpfl ausgeführt und dann den Gipfel erreicht. Auf Grund dieses komplizierten Manövers und nachdem ich keinerlei Spuren vorgefunden habe, könnte ich mir sogar "einbilden", diesen Gipfel erstmals betreten zu haben. Aber so was weiß man ja nie...
Ich bin damals über den leichteren Westgrat Richtung Quirl Ostgrat abgestiegen, hab dort einen Gratzacken umgangen und bin dann anschließend den Ostgrat zum Quirl weiter geklettert.
Dieser ist tatsächlich nicht mehr als III und - erstaunlicherweise - eine schöne Kletterei! Dabei hält man sich immer ganz knapp nördlich unter der Schneide, teils sogar diese als Griff. Der Fels ist dort sehr gut, man benützt feste Leisten, die ein perfektes Steigen ermöglichen. Nur ganz selten muss man kurz auf den Grat und dort ist es sofort sehr brüchig.
Ein letztes Geheimnis verbirgt sich noch im SO-Grat das Quirl, der sicherlich noch nicht - wie im alten Führer fälschlich steht - begangen wurde.
Fein, dass ihr so seltene, tolle Ziele wählt, spannende Abenteuer, wünsche euch noch viel mehr davon!
LG Manfred

BigE17 hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. Oktober 2020 um 19:22
Hallo.
Vielen Dank für deine Information. Dass dieser Grat so einfach ist, hätte ich ja nie gedacht. Vielleicht werde ich in Zukunft sogar versuchen, diesen zu begehen. Würde mich auf jeden Fall sehr reizen.
Dein Abstiegsmanöver klingt aber auch sehr spannend.
LG


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