Glissando und Staccato am Pizzo di Vogorno


Publiziert von lorenzo , 15. Juni 2019 um 09:50.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:13 Februar 2019
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Ski Schwierigkeit: ZS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Cima dell'Uomo 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1950 m
Abstieg: 1950 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Vogorno, Sant'Antonio
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Ristorante Al Lago
Kartennummer:LK 1313 Bellinzona; M. Gabuzzi, G. Cavallero, Skitouren Tessin/Misox/Calanca, SAC 2011; Die Alpen Nr. 2/2019

Die Wetterprognosen waren gut, aber im Norden warnte das SLF vor erheblicher Lawinengefahr, und nur im mittleren und südlichen Tessin, wo jedoch noch kaum Schnee lag, wurde diese als mässig eingestuft. Da war guter Rat erst einmal teuer, bis mir die letzte Nummer der "Alpen", die kürzlich in den Briefkasten geflattert war, und die ich aufmerksam durchgeblättert hatte, wieder in den Sinn kam. Ich las nochmals den verführerischen Artikel "Pizzo di Vogorno - Juwel über den Wolken" von Jean Heitz, verglich diesen mit den Angaben im Skitourenführer und entschied mich dann für einen Aufstieg zuerst auf den Hauptgipfel, den ich bei günstigen Verhältnissen in einem zweiten Schritt mit dem S Vorgipfel P. 2243 und einer Abfahrt über die Alp Stavascio kombinieren wollte.

Als ich am nächsten Tag in Tenero auf das Postauto ins Verzascatal wartete, wärmte die Februarsonne fast schon wie im Frühling und Schnee war weit und breit auch nicht in Sicht, so dass ich mir mit meiner Skitourensaurüstung ein wenig ausgestellt vorkam...Wenigstens lag Vorgorno dann noch im Schatten, und nach dem Aufstieg durch das Dorf, wo mir einige verwundert blickende Einheimische entgegen kamen, begann es im unteren Val della Porta endlich weisslich zu schimmern. Nach der Brücke über den ersten Bach konnte ich zwischendurch die Ski anschnallen und tauchte, nur wenige Zugstunden von zuhause entfernt, auf dem steilen, durch Mischwald führenden und teilweise mit Steintreppen angelegten Weg, der von vereinzelten Cascine und Weilern aufgelockert wird, immer tiefer in die ursprüngliche und wilde Landschaft des Val della Porta ein.

Bereits stand die Sonne im Zenit, als ich 
von Rienza durch den Wald auf dem aufgeweichten Schnee weiter stieg, und meine anfänglichen Zweifel am wohl etwas zu optimistichen Zeitplan flammten wieder auf. Endlich auf der Alp Lòcia angelangt, zeigte meine Uhr schon ein Viertel vor Eins: bis zum Gipfel und zurück nach Vogorno, wo das Postauto schon kurz nach fünf Uhr abfahren würde, blieben mir nur noch knapp viereinhalb Stunden, zudem würde ich vom bisher zurück gelegten Weg den grössten Teil wieder absteigen müssen. Zum Glück lag von hier bis zum Gipfel eine tragende Schneedecke, so dass ich die restlichen rund 650Hm inklusive E-Couloir zügig bewältigen konnte. Auf dem Gipfel angelangt - die Uhr zeigte ein Viertel nach Zwei - genoss ich das vertraute Panorama über das Locarnese und Verzascese und den wunderbaren Tiefblick zum Lago Maggiore, in dem sich jedoch die bereits tief liegende Sonne spiegelte, die zu einem baldigen Aufbruch mahnte.

Nach einem schwebend leichten Survolando über die Gipfelflanke und der Abfahrt durch das E-Couloir, wo ich bei der Schlüsselpassage kurz zwischen Gras und Felsen abschritt und -rutschte, verzichtete ich angesichts der geringen Schneemenge und der fortgeschrittenen Zeit wohlweislich auf den zweiten Streich über den S Vorgipfel und die Alpe Stavascio und machte, dass ich so schnell wie möglich wieder hinunter kam. Nach schwungvollem Glissando über Pianca - erstaunlicherweise ohne jegliche Steinkontakte - landete ich wieder sicher auf der Alpe Lòcia. In mehr oder weniger federndem 
Staccato und Portato, unterbrochen von kurzen Gleiteinlagen zwischen Rienza und Mosciöi und zuletzt im Laufschritt die Dorfstrasse hinunter gelangte ich mit zehn Minuten Reserve noch rechtzeitig zur Haltestelle, die wie am Vormittag schon wieder im kühlen Schatten lag. Hier kam ich kurz ins Gespräch mit einigen, ebenfalls auf das von Sonogno kommende Postauto wartenden Deutschschweizern, von denen einer am Vortag offenbar den Weg bis Rienza mit seinen Schneeschuhen gespurt hatte. Ich bedankte mich, beschrieb die Verhältnisse oberhalb, und schon bald ging es in kurvenreicher Fahrt durch das untere Verzascatal zurück nach Tenero.

Vogorno-Val della Porta-SSE-Flanke-Pizzo di Vogorno
Aufstieg: von Sant'Antonio (492m) weiss-roten Markierungen Richtung Capanna Borgna folgend zu Fuss auf der Dorfstrasse bis Pinel, dann auf dem Bergweg z.T. durch Buchen- und Birkenwald über Colletta (671m), P. 641 (Zugang zur Brücke ev. vereist und heikel) nach Mosciöi (ca. 1160m) und spätestens ab hier mit Ski über Rienza (1353m) zur Alpe Lòcia (1779m), 2h 45min-3h 30min. Nach N bis ca. 1900m, dann über Pianca E ausholend in einem weiten Linksbogen und zuletzt nach W zum Beginn des E-Couloirs auf ca. 2250m. Durch dieses soweit wie möglich mit Ski, dann die letzten 60Hm (ca. 45 Grad) zu Fuss hinauf zur S- bzw. Gipfelflanke und über diese (30 Grad) auf den Gipfel (2442m), 1h 30min-2h, WS+.

Abfahrt: entlang der gleichen Route - im E-Couloir ev. abrutschen oder absteigen - bei günstigen Verhältnissen bis Rienza (1553m) oder Mosciöi (ca. 1160m), dann spätestens ab dort wieder zu Fuss zurück, 2h 30min-3h, ZS+.

Variante: bei genügend Schnee kann nach dem E-Couloir entlang den Felsen des S-Grats bis ca. 2120m abgefahren, durch eine Rinne nach W auf den S-Rücken und über diesen zum S Vorgipfel P. 2243 aufgestiegen werden.  Abfahrt über den S-Rücken, am W Rand der folgenden S-Flanke (bis 30 Grad) zur Alpe Stavascio (1610m), und von dieser entweder dem eingezeichneten Weg folgend nach Rienza (13391m) oder weiter W direkt zwischen Felsen um 1400m hindurch zum Bergweg zwischen Rienza (1353m) und Mosciöi (1160m) hinunter, zusätzlich ca. 30min, ZS.

Insgesamt 7-9h.

Verhältnisse: sonnig und mild. Schnee ab Brücke bei P. 641, durchgehend ab Rienza: bis ca. 50cm ohne Unterlage, z.T. verblasener Pulver, hart oder aufgeweicht, im E-Couloir Trittschnee. Schneeschuhspuren bis Rienza, unterhalb der Alpe Lòcia mehrere Tragpassagen, Abfahrt bis dort und z.T. auf dem flachen Teil zwischen Rienza und Mosciöi.

Material: zusätzlich Leichtpickel und -steigeisen (für ev. vereisten Weg und das E-Couloir), im Frühjahr ev. leichte Trailrunning- oder Trekkingschuhe für den unteren Teil.

Fahrplan: 10 Uhr Start, 12 Uhr Rienza, 12.45 Alpe Lòcia, 14.15 Pizzo di Vogorno, 15 Uhr Alpe Lòcia, 17 Uhr retour.

Bemerkung: besser später im Jahr unternehmen, wenn der untere Teil bis Rienza schon aper, und der obere noch genügend Schnee bei guter Unterlage aufweist.

Tourengänger: lorenzo


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Kommentare (3)


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2bd hat gesagt: puh!
Gesendet am 16. Juni 2019 um 12:42
ja, streng, aber gute Idee, jetzt,wo die Bahn im Sommer nicht mehr öffentlich fährt und folglich den ganzen Weg rauf und runter zu tschumpeln, das Ganze als Skitour zu machen. Gern bei den von dir empfohlenen Verhältnissen.

lorenzo hat gesagt: RE:puh!
Gesendet am 16. Juni 2019 um 22:14
Hallo 2bd

Bist Du sicher, dass die Bahn nicht mehr fährt? Sonst halt villeicht nächstes Jahr im März oder April, am Besten mit einer Übernachtung vor Ort.

Viel Vergnügen!

lorenzo

2bd hat gesagt: Bahn Richtung Vogorno
Gesendet am 8. Juli 2019 um 17:45
Ja, leider, Lorenzo. Ich habs mehrmals versucht und stets einen abschlägigen Bescheid erhalten (‘nicht mehr zugelassen’). Dass zufällig eine Ausnahme möglich ist, weil grad das Alp-Personal rauffährt, ist möglich. :(


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