Kovářský vrch (Schmiedeberg)


Publiziert von lainari , 9. März 2019 um 22:09.

Region: Welt » Tschechien » Zákupská pahorkatina
Tour Datum:24 Februar 2019
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 200 m
Abstieg: 200 m
Strecke:10 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Kunratice u Cvikova, parken an der alten Fabrik am unteren Ortsende
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 14 Lužické hory

Eisen und Sand nährten einst das Land
 
Meine Erkundung der Umgebung des Velenické údolí (Wellnitztal) fand heute ihre Fortsetzung. Die gewählte Unterüberschrift für den Tourenbericht bedarf einer näheren Erläuterung. Im Betrachtungsgebiet wurde im 18. Jh. ggf. auch schon früher in bescheidenem Umfang Eisenerz aus Ablagerungen im Sandstein sowie aus Kontaktvererzungen im Randbereich der vulkanisch entstandenen Berge gewonnen. Immerhin muss es so viel gewesen sein, dass man zur Verarbeitung in Lindava (Lindenau) eigens einen Hammer errichtete. Viel bedeutender war jedoch die Glasindustrie des Tales, die zur Spiegelherstellung größere Mengen Schleifsand benötigte. Über den genauen Ablauf des Produktionsverfahrens habe ich noch keine Details herausfinden können, gehe jedoch davon aus, dass das damals erzeugte Flachglas nicht die für Spiegel erforderliche Ebenheit aufwies, so dass dieses plangeschliffen werden musste. Den Schleifsand gewann man in einer bestimmten Sandsteinschicht an den Talrändern. Die heute absolvierte Runde suchte die Spuren dieser Eisen- und Sandgewinnung auf.
 
Ich fuhr durch Kunratice u Cvikova (Kunnersdorf) talwärts und parkte das Auto nach dem unteren Ortsende an einer alten Fabrik. Wenige Meter an der Straße Richtung Ort zurückgelaufen, orientierte ich mich am Wanderwegweiser Svitavka (říčka) (Zwittebach Flüsschen) nach einer grünen Wanderwegmarkierung. Im Areal zwischen dem Bach und dem felsigen Talhang befanden sich laut Kaiserpflichtexemplar früher hölzerne Wirtschaftsgebäude und Speicher. Heute sind nur noch die dazugehörigen Felsenkeller auszumachen. Die hiesige Schattenlage wies noch ansehnliche Schneereste und eine Vereisung des Weges auf. Einige mehr oder weniger formvollendete Pirouetten später verließ ich die Tallage und arbeitete mich bergwärts. Unterwegs waren noch die Reste von zwei aufgegebenen Einzelgebäuden zu sehen. Nach einer Weile befand ich mich nordöstlich des Kovářský vrch, wo sich einst die zu Kunnersdorf gehörende Streusiedlung Kugsloch befand. Eines der Anwesen war dabei das beliebte Gasthaus „Zum Nordpol“ (hostinec „U severního pólu“). Die Siedlung bestand gemäß Kaiserpflichtexemplar von 1843 zunächst aus einer, auf einer entfernteren Waldlichtung liegenden Ansammlung von vier hölzernen Wirtschaftsgebäuden. Auf der von 1826-1956 verwendeten Nachführung der Katasterkarte waren Richtung Bergfuß hin zwischenzeitlich neun steinerne Wohngebäude ausgewiesen. Die Generalstabskarte S 1952 weist auf dem Blatt 1:10.000 der Drucklegung von 1964 noch zwei Gebäude aus, die anderen sind als Ruinen markiert. Heute sind alle Gebäude verschwunden. Der Name Kugsloch wird als sprachliche Ableitung von Kuxloch angesehen, weist also auf einen früheren Bergbau im bergrechtlichen Sinne hin (Kux = Anteil an einem Bergwerk). Hinter dem Fundamentrest des letzten Hauses befand sich quer zum Berghang eine Art Schürfgraben. Weiter oben am Berg schloss sich ein flacher Tagebau, vermutlich zur Eisenerzgewinnung an. Einige tiefere, in den verkieselten harten Sandstein getriebene Abbaue könnte einer mit Zeitversatz erfolgten Werksteingewinnung zuzurechnen sein. Ich suchte mir einen Weg aus dem Tagebau und erklomm die nur wenig höher gelegene flache Phonolithkuppe des bewaldeten Kovářský vrch (Schmiedsberg/Schmiedeberg), dessen Name deutlich auf die Eisengewinnung hinweist. Ich stieg über die Südseite des Berges ab und besichtigte dort einen Tagebau/Steinbruch der sich über zwei Ebenen erstreckte. Die obere lag dabei auf Kunnersdorfer Gemeindegebiet, die untere schon auf Lindenauer Fluren. Über einen verbuschten Weg kämpfte ich mich zur Waldkante vor und bog dort auf einen Wiesenweg nach Westen ein. Als Markante zeigte sich dabei voraus der Kegel des Ortel (Urteilsberg).
 
Nach einer Weile erstreckte sich links des Weges ein bewaldeter Abhang. Bereits an seinem Beginn traf ich auf den ersten Schleifsandhöhlenkomplex. Mit entsprechender Vorsicht erkundete ich die allesamt frei zugänglichen Räumlichkeiten. Ich folgte dem Waldstück und besuchte dort im Verlauf drei weitere Schleifsandhöhlenkomplexe, einer davon sogar doppelstöckig angelegt, sowie eine Einzelhöhle. Danach begab ich mich in die Ortslage Lindava (Lindenau) und lief dort, zunächst auf einer Anliegerstraße dann auf der Hauptstraße, talwärts bis zur Post. Dort bog ich nach rechts ab, passierte einen Sportplatz und überquerte auf einer Brücke die Svitavka. Dahinter befanden sich im Talhang die Lindavské štoly. Dabei handelte es sich um zwei, durch Gitter unzugängliche Stollen und ein verbrochenes Objekt an der höher gelegenen Talkante. Welchem Zwecke sie genau dienten, konnte ich dadurch nicht feststellen. Das obere Objekt wies jedoch eine größere Haldenschüttung auf, was für eine Schleifsandgewinnung untypisch wäre, da dort jeweils das gesamte gewonnene Material genutzt wurde. Ich blieb an der Talkante und querte später ein Seitental, in welchem sich die Baustelle eines neuen Teichdammes befand. Zurück im Ort, besuchte ich den deutschböhmischen Teil des Friedhofes. Abschließend lief ich an der Straße zurück zum abgestellten Auto nahe des Wanderwegabzweiges Svitavka (říčka).
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 4 h. Die begangene Route ist nur teilweise als Wanderweg markiert, die Schwierigkeit ist auf weiten Strecken als T1 zu bewerten, die weglose Überquerung des Kovářský vrch als T2.

Tourengänger: lainari


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T3
11 Okt 15
Šišák, Ortel a Skála smrti · lainari

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