Graupener Bergreviere I


Publiziert von lainari , 1. Dezember 2018 um 19:44.

Region: Welt » Tschechien » Krušné hory
Tour Datum:26 November 2017
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 2:30
Aufstieg: 270 m
Abstieg: 270 m
Strecke:5,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Kaple sv. Wolfganga oder Sessellift Bohosudov - Komáři vížka
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 6 Krušné hory - Teplicko

Günther und Preisselberg

Wer am Mückenberg (Komáří hůrka) im Böhmischen Erzgebirge unterwegs ist und sich für Bergbau interessiert, hat ein Problem. Der Arzt würde wahrscheinlich Reizüberflutung oder Dichtestress diagnostizieren. Zu den Hochzeiten des Bergbaues waren hier bis zu 70 Stollen und 100 Schächte gleichzeitig in Betrieb. Entsprechend mannigfaltig sind die historischen Spuren in diesem Bereich. Die Bergschadenskarte der Region beginnt mit dem Objekt 1 und die höchste lesbare Zahl ist die 164. Durch das dichte Zusammenliegen der Markierungen kann die tatsächliche Anzahl durchaus höher sein. Zudem enthält die Karte nur Objekte im Zentralbereich.

Ausgegangen war der Bergbau am Südfuße des Erzgebirges auf dem Gebiet des 1330 erstmals urkundlich erwähnten Ortes Graupen (Krupka). Hier wurde bereits seit dem 12. Jh. in den Bächen Zinn geseift. Die dabei gefunden Zinnkörner nannte man Graupen. So müsste eigentlich der Ausspruch „die Graupen dicke haben“ nicht für etwas Negatives stehen, sondern für eine gewisse Wohlhabenheit. Bereits im 13. Jh. ging man dazu über, Zinn in Primärlagerstätten durch Schürfmulden und Tagebaue im Festgestein zu gewinnen. Für das 15. Jh. wurde dann der Beginn des Tiefbaues mit Stollen und Schächten nachgewiesen. So blickt die Region wohl auf eine 800-jährige Bergbaugeschichte zurück. Die örtlichen Bergreviere wurden wie folgt eingeteilt:

  •          Mückenberg
  •          Klösenberg
  •          Steinknochen
  •          Knötel/Knödel
  •          Rosenthal (Vrchoslav)
  •          Günther
  •          Preisselberg

Bei der Erkundung des Geländes hilft eine Internetseite mit einem virtuellen Bergbaulehrpfad (VNS Krupským hornictvím). Mit einer realen Auszeichnung im Gelände wurde begonnen. Der Lehrpfad hat eine Länge von etwa 12 km mit je 800 hm Auf- und Abstieg. Für das Gewinnen eines Überblickes kann man somit eine Gesamtbegehung durchführen. Die Menge der heute noch sichtbaren Bergbauspuren lässt eine Zerlegung in mehrere Abschnitte sinnvoll erscheinen. Auf Grund der kurzen Tage im Winter und zugunsten einer genaueren Nachschau zerlegte ich das Projekt dann auch in mehrere Teile.

Den Erstbesuch startete ich an einem kalten Novembernachmittag an der Passhöhe der Straße, die von Krupka heraufkommt, bei der Kaple sv. Wolfganga (St. Wolfgangskapelle). Hier wandte ich mich auf dem Kammweg in westliche Richtung. Das Areal rechts des Weges bildet auf etwa 500 m Länge und 150 m Breite das Revier Günther. Das Zinnerz war in diesem Gebiet als Zwitter oberflächennah fein im Umgebungsgestein eingelagert, so dass hier flache Mulden und Tagebaue dominierten. Einzeln angelegte Schächte sollten nicht tiefer wie 10 m gewesen sein. Das Bergrevier wurde bereits im Mittelalter ausgebeutet. Nach den letzten Häusern bog ich links ab und lief auf einem Waldweg am Erzgebirgsabhang talwärts. Kurz darauf erreichte ich die Preisselberská pinka (Pinge Preisselberg) die durch mittelalterlichen Bergbau im Bergrevier Preisselberg entstand. Später wurde über diverse Schächte eine Wiederaufnahme der Gewinnung angestrebt. Erst mit einer nochmaligen Reviererkundung durch die Stollen Preisselberg I-III, die nach dem II. Weltkrieg begann, wurden weitere abbauwürdige Erzvorkommen entdeckt. Die Stollen unterfuhren das Gebiet Preisselberg etagenartig auf unterschiedlichen Höhenniveaus. Der oberste und älteste Stollen war dabei Preisselberg I (1944-Ende 1960er Jahre). Nach Förderende wurde der Stollen mit einer massiven Mauer verwahrt. Vor einiger Zeit wurde diese vermutlich für Inspektionszwecke zur Kontrolle der Wasserführung mit einigen Kernbohrungen wieder durchbrochen. Nun ging ich weiter hinunter zum Stollen Preisselberg II (1954-Ende 1960er Jahre). Hier wurde das Stollenmundloch verfüllt und für den hohen Wasserandrang stand nur ein kleines Plastikrohr zu Ableitung zu Verfügung. Auf der großen Stollenhalde fanden sich auch die Reste eines Unterkunftsgebäudes der Bergarbeiter/Huthauses. Durch einen weglosen Abstieg in Falllinie kam ich nun zum Areal des Stollens Preisselberg III (1954-Ende 1960er Jahre). Auch hier wurde der Stollen nach Förderende mit einer massiven Mauer verwahrt, die in jüngerer Zeit wieder durchbohrt worden ist. Der Stollen zeigte sich stark wasserführend. Nach einer Erkundung des Areals lief ich auf dem Weg wieder bergwärts. Einen unterwegs angetroffenen, nach rechts quer zum Hang Richtung Horní Krupka (Obergraupen) führenden Weg nutzte ich zur weiteren Nachschau im Gebiet. Nach einer Weile kehrte ich um, absolvierte den Restaufstieg, inspizierte den nördlichen Teil des Revires Günther und kam zum Sonnenuntergang wieder zur Kaple sv. Wolfganga.

Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 2 h 30 min.

Die Weglospassagen im Wald sind mit T3 zu bewerten, die restliche Strecke auf vorhandenen Wegen mit T1. Ich weise ausdrücklich auf die besonderen Gefahren des Altbergbaues hin, selbst außerhalb von markierten Bereichen sind durch Vegetation verdeckte offene Schächte und Verbruchstellen anzutreffen!


Tourengänger: lainari


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