Kleine Höfats durch den südlichen Schärtelekamin und Höfats Zweiter Gipfel Nordostgrat


Publiziert von quacamozza , 27. Oktober 2018 um 09:05.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:10 Oktober 2018
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1600 m
Strecke:Oberstdorf P Oybele-Oytalhaus-Käseralpe-Rotes Loch-Schärtele-Kleine Höfats-Schärtele-Höfats-Falkenberg-Älpelesattel-Käseralpe-Oberstdorf
Kartennummer:AV-Karte Bayerische Alpen BY 4 1:25 000 Allgäuer Hochalpen Hochvogel, Krottenkopf

Wie schwer ist der südliche Schärtelekamin tatsächlich? Wie brüchig ist er? Kann man ihn absichern? Auf diese Fragen konnten oder wollten mir jahrelang nicht einmal Insider eine Antwort geben.

Der neue AV-Führer schreibt dazu unter der Rn. 1353:"...durch eine Rinne und einen engen Kamin (III) ins Schärtele..."

Im alten AV-Führer wird gleichfalls die Schwierigkeit mit III angegeben, allerdings wird der Kamin nicht erwähnt..."rechts durch eine Rinne bis unter das durch einen Zacken geteilte Schärtele; dieses selbst erfordert aus dem Roten Loch zuletzt kurze, schwierige (III) Kletterei."

Es gibt einen Eintrag im Gipfelstürmer-Forum (ich vermute mal, dass er von Bernd Urlaub stammt), wonach der Kamin eine III+, 30 Meter lang, schlecht absicherbar, brüchig und schrofig sein soll.

Der geschätzte Kollege Jens von festivaltour, gleichfalls eingefleischter Höfatsfan, hat im dortigen Forum ein sehr instruktives Bild vom Kamin eingestellt und die Durchsteigung ebenfalls als "deutlich außerhalb des Komfortbereichs" bezeichnet.

Okay, aber eine kurze III er-Kletterei kann doch eigentlich nicht so wild sein...

Stefan erzählte mir gestern Abend, dass er mit seiner Freundin vor einiger Zeit etwas neben dem Kamin hochgeklettert sei. Das wäre nicht so krass, aber oben sehr steil, und es ging eben nicht durch den Kamin. 

Es wird auf jeden Fall höchste Zeit, dass wir diesen Kamin mal auschecken. Stefan nimmt sogar ein paar Haken und einen Kletterhammer von anno dazumal mit. Ein solches Exemplar Marke heavy weight habe ich in meinem "Waffenschrank" auch noch gelagert, 30 Jahre alt und seitdem nicht mehr in Benutzung. 

Aber auch mein Rucksack ist voll. Ich trage ein neues 60 Meter-Seil herauf, das ich auf dem Gipfel der Kleinen Höfats belassen will. Außerdem soll die Uralt-Abseilstelle vom Gipfel Richtung Schärtele nun endlich erneuert werden. Da diese Abseilstelle nur aus einem Fixpunkt bestand, entsprach die Sicherheit beim Abseilmanöver nicht mehr den aktuellen Lehr-Ansprüchen. Stichwort: Redundanz. 

Nun zurück zum Kamin. Wie man auf dem Foto von Jens gut sehen kann, ist der Kamin im untersten Teil überhängend. Man braucht schon ordentlich Kraft und Technik, damit das Höherkommen noch souverän wirkt. Das ist jedenfalls keine III mehr, da sind wir uns schon nach den ersten Zügen einig. Unten ist das eine glatte IV, oben kann man mit einem bisschen guten Willen noch eine III+ vergeben, wobei es durch den brüchigen Fels und die heiklen Schrofen keineswegs einfacher zu klettern ist als unten. Auf jeden Fall ist der Kamin deutlich anspruchsvoller als gedacht. 
Schon beim Zustieg durch die überaus steile und sehr bröselige Geröllrinne (T 6-) sollte man einen Helm aufsetzen und eine gute Portion Trittsicherheit mitbringen. 
Am Einstieg steckt nun ein Normalhaken. Das Setzen weiterer Haken im oberen, schrofigen Teil war nicht möglich, ebenso wenig der Bau eines sicheren Standplatzes am Ausstieg. 
Das heißt konkret: Sowohl der Vor- als auch der Nachsteiger dürfen hier nicht stürzen. Wer nicht mindestens eine gute Fünf drauf hat, hat in diesem Kamin nichts verloren. 

Danach geht's weiter über den Südwestgrat der Kleinen Höfats. Der ist unten ohne größere Probleme zu begehen, also schon T 5 und ausgesetzt, aber im Vergleich zu allem, was davor und danach stattfindet, ein eher gutmütiger Abschnitt. Zum Schluss bleiben dann noch 30 Meter bis zum Gipfel. Die ersten 10 Meter sind senkrecht und übler Bruch. Schönes IV er Steilschrofen-Gelände zum Auspsychen. Das muss man sich wirklich nicht öfter antun. Unten fliegt gleich mal ohne großes Zutun ein Riesenblock ins Rote Loch, so dass ich mir den aufgewirbelten Staub aus den Augen wischen muss. Wenn ich mich hier nicht so gut auskennen würde, wäre ich spätestens auf der Kleinen Höfats völlig fertig mit den Nerven. Oben ist es dann grasig und weniger schwierig. 

Dann noch ein Wort zur Querung der Nordflanke der Kleinen Höfats vom und zum Schärtele: Sie ist zwar mit Steigeisen passabel zu begehen, es bleibt aber vor allem in Richtung Schärtele eine heikle Angelegenheit. Von oben kommend kann man wenigstens den ersten Teil, also den steilen 10-15 Meter langen Abstieg bis zum Beginn der Querung sichern. Wenn man vom Schärtele kommt, sind die Sicherungsmöglichkeiten eher bescheiden. Unser interner Vorschlag vor Ort: Man müsste da mal eine Spur auspickeln. 

Da die Kleine Höfats bei Benutzung der Querung aber ohnehin nicht überschritten wird, finde ich es nicht nur sicherer, sondern auch logischer, vom Gipfel der Kleinen Höfats Richtung Schärtele abzuseilen.
Geplant hatte ich, mein Seil lediglich drei oder vier Tage oben hängen zu lassen, aber nachdem feststand, dass ich mit Matze nicht über die Kleine Höfats gehen würde, ließ ich es erstmal oben in der Hoffnung, dass es keiner mitnimmt. 
Am Samstag unserer Höfatstour versuchten dann tatsächlich zwei Bergsteiger von der Bergwacht Sonthofen, mein Seil von oben abzuziehen, doch wir hatten vorgesorgt und das Seil unten an einer Felsschuppe fixiert. Von den Höfatsgipfeln konnte man die leuchtend blauen Seilstränge gut erkennen. Wär ja auch noch schöner gewesen, wenn wir von oben gesehen hätten, wie andere das Seil abziehen.

Im Anschluss an die Kleine Höfats ging's nun mit leichtem Rucksack abseilend hinunter ins Schärtele, über den Schärtelezacken mit sehr anspruchsvollem Abstieg in die dahinter liegende Lücke (leichter ist die tiefe Umgehung des Schärtelezackens) und weiter über den Nordostgrat auf den Zweiten Gipfel, also wieder auf vertrautes Terrain. Dabei präge ich mir die einzelnen Abschnitte gut ein. Am Nordostgrat gibt es oben am Grat zwei Varianten: Während Stefan den felsigen, aber brüchigen Zackengrat bevorzugt, halte ich mich meist etwas unterhalb des Grates und quere, wenn nötig, eher etwas tiefer als zu hoch oben. So geht's dann recht flott auf den Zweiten Gipfel. Den Westgipfel lassen wir heute aus und klettern sofort zum Ostgipfel, wo wir auf bekannte Gesichter treffen. Hallo M und M: Da Ihr diesen Bericht wahrscheinlich lesen werdet, schicken wir Euch auf diesem Wege einen Gruß.


Tourengänger: Stefan, Ulf






Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (5)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 27. Oktober 2018 um 09:17
Interessante Variante. Mir allerdings zu "gach". Klingt ja vogelwild. Die Höfats scheint ja mittlerweile dein zweites Wohnzimmer zu sein. ;-)

VG Nico

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. Oktober 2018 um 10:09
Hallo Nico,

das war wirklich anspruchsvoller als gedacht.

Höfatstouren sind einfach das Geilste im Allgäu. Das landschaftliche Ambiente ist nicht zu toppen.
Zumindest die Travers solltest Du Dir nächstes Jahr gönnen. Ich bin auf jeden Fall wieder dabei.

Lieben Gruß
Ulf

Nic hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. Oktober 2018 um 11:08
Bin ich auf jeden Fall dabei! Freu mich schon drauf! Dieses Jahr ging es sich zeitlich leider nicht aus. Vielleicht gehen noch paar mildere Sachen zam dieses Jahr. Bis dahin!

frmat hat gesagt:
Gesendet am 27. Oktober 2018 um 10:01
Was für eine coole Tour, wenn man einmal dort war will man einfach wieder hin!
Ich hätte mich übrigens schlappgelacht, wenn wir vom SO-Grat der Höfats gesehen hätten, wie die Jungs dein Seil an der Kleinen abbauen...
Also, Gratulation zur schönen Tour. Ich freu mich schon auf die Grassaison 2019!

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. Oktober 2018 um 10:16
Hallo Matze,

vielen Dank.

Ich gehe mal fest davon aus, dass wir den schönsten Gipfel des Allgäus auch nächstes Jahr besteigen werden.

Auch zu unserer Tour kann man nur sagen: Ober-Knaller.

Hehe, das Seil konnte man ja nicht abziehen. Aber trotzdem ein schöner Aussichtsbalkon.


Lieben Gruß
Ulf


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