Kurzbericht 

Über den wilden Pleisspitzengrat zum Etlerkopf (2693m)


Publiziert von Andy84 , 14. September 2018 um 08:08.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum: 5 September 2018
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Kartennummer:AV 3/3 Lechtaler Alpen - Parseierspitze

Der Pleisspitzengrat im hintersten Eck des Grießltals wird kaum jemanden bekannt sein. Führt er doch auf den Etlerkopf, welcher eh schon sehr selten bestiegen wird.
Es war dieses Foto www.hikr.org/gallery/photo2427974.html?post_id=122976 von quacamozza welches diesen Grat weit oben auf meine Wunschliste gesetzt hat.
Wild, unbekannt, kaum bestiegen, genau sowas gefällt mir. Im neuen AVF wird er nur kurz erwähnt, im alten AVF von Groth findet man immerhin eine Beschreibung. Und bei Alpic wurde er schon mal von Bene69 beschrieben.


So gehts am heutigen Tage mit dem Bike gemütlich von Bach hinein ins Madautal. Nach gut 2km zweigt rechts der Weg ab zur Baumgartlalpe. Diese wird nach gut 1h15min und 600hm doch recht kräftezehrend erreicht. (Und Ulf, nein, ein E-Bike kommt bei mir sicherlich nicht zum Einsatz :-) )
Da ist es gerade recht dass im Brunnen kalte Getränke bereitstehen (das kleine Sparschwein daneben wird natürlich gefüttert).

Von der Baumgartlalm nun ans hintere Ende des Grießltals, die Steilstufe hinauf zum Fallenbacher See wird an der rechten Seite durch einen steilen Pfad, welcher teilweise sogar Seilversichert ist, überwunden. Vom Fallenbacher See hat man nun erstmals einen tollen Blick auf den bevorstehenden Grat.

Pleisspitzengrat:
Auf die Schafscharte folgt nördlich der Etlerkopf (2693m), der nach Osten einen mit mehreren Türmen bestetzten scharfn Aptychenkalk-Grat entsendet. Dieser trägt die Pleisspitzen, für deren Überschreitung besondere Erfahrung im unzuverlässigen, grasdurchsetzten Fels nötig ist.

Nach einer kurzen Pause geht es auch gleich an diesen heran. Direkt vom See geht es zunächst noch auf schwachen Pfadspuren den ersten Grashang hinauf, danach weglos im hohen Kraut und schlechtem Untergrund dem Grat entgegen und hinauf. Weiter oben trifft man wieder auf eine schwache Pfadspur. Die Höhenmeter werden schnell hinter sich gebracht, das Gelände wird schnell steiler und ausgesetzter. Bald gelangt man ins felsige Gebiet, hier gilt es zunächst eine recht brüchige Verschneidung zu erklimmen (II). Felsiges Gelände wechselt sich im Anschluss mit Steilgraspassagen ab, trotz allem ist der Grat leichter wie erwartet zu besteigen.
Der felsige steile Riegel vor dem Ostgipfel ist klettertechnisch noch etwas schwerer (II), kann aber auch im Steilgras südseitig umgangen werden.

Und schon steht man vor dem Ostgipfel. Dieser kann nun ebenfalls umgangen werden, diesmal nordseitig. Aber es soll heute ja eine Gratüberschreitung sein, also gehts direkt hoch. Klettertechnisch nicht sonderlich schwer (II), allerdings sind sehr viele Moosflecken im Fels angesiedelt und die Griffe und Tritte etwas kleinerer Natur. So ist vorsichtiges Steigen angesagt. Am Grat entlang geht es dann teilweise sehr ausgesetzt und brüchig auf den höchsten Punkt, welcher von einem Steinmann geziert wird.  Sehr eindrücklich zeigt sich nun der weitere Gratverlauf, aber vorallem die sehr abweisende Nordwand der Holzgauer Wetterspitze zieht die Blicke auf sich.
Über den kurzen Westgrat geht es nun in die Scharte hinunter, der Abstieg ist etwas brüchig, klettertechnisch ein leichter II-er.

Der Mittelzacken schaut aus der Scharte schon sehr wild aus, und das ist er dann auch. Auch hier halten sich die Kletterschwierigkeiten zwar erstaunlich zurück (II/II+), jedoch ist der Fels recht brüchig und viel Gras eingelagert. Und dazu findet man hier eine wirklich geniale Ausgesetztheit vor. Es wirkt vom höchsten Punkt als fällt das Gelände in alle Richtung senkrecht ab, auch wird man kaum zu zweit am Gipfel Platz haben. Eine Überschreitung nach Westen wird auch nur mit Abseilen möglich sein.
So also vorsichtig wieder in die Scharte zwischen Ostgipfel und Mittelzacken zurück, es geht nun an die Umgehung des Mittelgipfels und des Westgipfels.

Es wird nach Süden durch eine Rinne abgestiegen, das Ganze schaut wilder aus wie es ist. Bei der südseitigen Umgehung wird auch der Westgipfel gleich mit gequert, dieser steilt aus der nächsten Scharte nämlich ebenfalls sehr steil auf und dürfte im oberen Bereich auch den oberen III-er erreichen.
Aber auch die Querung ist nicht ganz trivial, das Gelände ist sehr steil und bricht etwas unterhalb auch senkrecht ab, ein Ausrutschen ist hier tunlichst zu vermeiden. Sobald man den Westgipfel unterschritten hat steigt man nun die erste Rinne wieder hinauf, zunächst in leichtem Kraxelgelände, danach gelangt man an einen kurzen senkrechten Kamin, welcher in gutem Fels durchstiegen wird (II+). Im Anschluss weitet sich der Kamin zu einem Trichter, der Fels wird brüchiger aber es geht recht einfach zurück auf den Grat.
Und da der Westgipfel noch aussteht, geht es nun auf eben diesen in schöner steiler Kletterei hinauf (II). Auch dieser wird nur von einem kleinen Steinmann geziert.

Etlerkopf

Zurück in die Scharte und weiter über den restlichen Ostgrat mit etwas Kletterei hinauf zum Etlerkopf.
Dieser wird von einem kleinen einfachen Holzkreuz geziert, das in einem Plastikeimer verpackte Gipfelbuch weist nur sehr wenige Einträge auf. Das Highlight jedoch ist der deponierte Gipfelschnaps, ein leckeren Marillenbrand.
Der Etlerkopf ist eine wunderbare Aussichtsloge, und das nächste Highlight ist nicht weit entfernt. Gemeint ist der eigenwillige Pleiskopf, welcher auch Elefantenrücken genannt wird. Eine riesige fast ebene Fläche zeichnet ihn aus.

Pleiskopf
Der Abstieg vom Etlerkopf zu diesem ist nochmals leichte Kletterei (II), er ist sogar mit roten Punkten markiert.
Auf dem Pleiskopf befindet sich ein großer Steinmann, dieser wartet sogar gleich mit 2 Gipfelschnäpsen auf. Welche schöne Tour das doch ist. Man könnte ewig über das flache Plateau wandern und die Aussicht geniessen, ich möchte allerdings noch einen weiteren Gipfel im Bunde besuchen.

Muttlerkopf

So steht nun der Übergang zum Muttlerkopf an, also weiter nach Norden, in eine Scharte wird in leichter Kraxelei (I) abgestiegen. Auf dem Muttlerkopf steht etwas unterhalb des höchsten Punktes ein recht neues Alu-Kreuz mit Gipfelbuch, in welches ich mich gerne eintrage.

Nun steht die letzte Entscheidung des Tages an, entweder zurück zum Etlerkopf, in die Schafscharte absteigen und über den Fallenbacher See zurück wandern, oder die direkte Abstiegsvariante über den Nordostgrat des Muttlerkopfs hinunter zur Baumgartlalpe versuchen.
Immerhin wird dieser im alten AVF wie folgt beschrieben:

Muttlerkopf Nordostgrat:
Der Nord-Grat verlangt absolute Beherrschung steilsten Grases und Geländes, besonders im Abstieg über den Nord-Ostkamm.


Hört sich doch interessant an, also los gehts. Direkt dem Grat folgend werden 2 kleine Felsstufen abgeklettert (I-II), der letzte Felsabbruch dann rechterhan im sehr steilen Gras-Schrofengelände umgangen und zurück auf den Grat gequert. Hier kann man nun ein Stück dem sehr steilen Grashang folgen, dieser bricht jedoch bald senkrecht ab weswegen man schauen sollte an geeigneter Stelle den sehr steilen (bis 65-70°) Hang nach Norden zu queren. Das Gelände ist immerhin recht gut gestuft, ausrutschen sollte man trotzdem nicht, das könnte hier nicht mehr abgefangen werden.
Hat man die Querung geschafft geht es einfach direkt am Kamm weiter hinunter. Die kleine Hochebene wird von einem steilen Felsriegel abgegrenzt, an geeigneter Stelle kann man jedoch wieder im sehr steilen Gras-Schrofen-Gelände durchsteigen, allerdings wird hier der Untergrund schnell deutlich schlechter gestuft und man muss gut aufpassen.
Der Rest ist dann nur noch nerviges Absteigen in schlecht gestuftem Untergrund in teilweise hohem Kraut. Den direkten Weg zur Baumgartlalpe lasse ich aus da ich sonst direkt durch die große Herde Hochlandrinder hindurch müsste. Also kleinen Umweg auf den Wanderweg zum Fallenbacher See und gemütlich und sicher zurück  zur Baumgartlalpe.
Hier gönne ich mir zur Belohnung noch ein kühles Bier aus dem Brunnen und mache mich im Anschluss an die schöne Abfahrt hinunter ins Tal.



Zeiten und Schwierigkeiten:

Bach Baumgartlalpe 75 min WS-
Baumgartlalpe Fallenbacher See 45 min T3
Fallenbacher See Pleisspitze Ostgipfel 85 min T6-, II
Pleisspitze Ostgipfel Pleisspitze Mittelzacken 10min T6, II+
Pleisspitze Mittelzacken Pleisspitze Westgipfel 30 min T6, II+
Pleisspitze Westgipfel Etlerkopf 10 min T5, II
Etlerkopf Pleiskopf 10 min T5, II
Pleiskopf Muttlerkopf 15 min T4, I
Muttlerkopf Baumgartlalpe 105 min T6, II
direkter Nordostgrat
Baumgartlalpe Bach 20 min WS-


Fazit:

Spontane Touren sind doch meistens die besten. Bei der morgentlichen Fahrt ins Lechtal schwirrten mir mehrere Touren durch den Kopf, die Unbekanntheit dieser Runde hat für mich den heutigen Ausschlag gegeben.
Eine wunderschöne Tour die wirklich alles bietet. Steiles Gras, nette Kletterstellen, eine tolle Ausgesetztheit, geniale Ausblicke und das wichtigste, absolute Einsamkeit. Hier jemanden zu treffen ist schon ein großer Zufall.
Mir ist die Tour erstaunlich einfach gefallen, ich war dieses Jahr aber auch schon oft in solchem Gelände unterwegs. Die Fotos mögen teilweise täuschen, an vielen Stellen ist ein Ausrutscher nicht mehr abzufangen, der Ernsthaftigkeit dieser Tour sollte man sich bewusst sein.

Tourengänger: Andy84


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