Der Hampeissiwäg (6b+ und A0) bietet einen klassisch-schönen, etwas voralpin-abenteuerlichen Aufstieg durch die 300m hohe Westwand des Gross Mythen. Von dessen Ausstieg auf der Mythenmatt erreicht man in etwa 20 Minuten über das Rot Grätli den Gipfel, P.1898.
Nachdem ich auf dieser Webseite schon eine ganze Weile mitlese, folgt hier nun mein erster Tourenbericht. Von der Aktivität her (Klettern) passt er zwar nur bedingt. Es handelt sich aber mehr um ein selten begangenes, voralpines Abenteuer inklusive Gipfelerlebnis, das die hier vorherrschende Steilgras- und Legföhrenfraktion mehr ansprechen dürfte als den typischen Plaisirkletterer...
Start um 8.10 Uhr im Brunni und zügig nach Zwüschet Mythen P.1438. Von dort steigt man dem Wanderweg entlang SW-seitig etwa 30hm bis in die erste Wegkehre ab. Dort weisen (aktuell) zwei Steinmannli auf die schwach sichtbaren Pfadspuren hin, welche Richtung SE in den Wald hineinführen.
Man folgt diesen Spuren, meist horizontal oder leicht fallend. Sobald man den Wald verlässt, sind bis zum Einstieg stets aufgesprayte, pink-orange Markierungspunkte sichtbar, die jedoch alle mehr oder weniger stark verblasst sind. Nach einigen schuttigen und exponierten Querungen erreicht man zuletzt eine Rinne, in welcher man hochsteigt, um einen Sattel am Fuss der Westwand zu gewinnen, Schwierigkeit T5.
[Anmerkung des Verfassers: mit der T-Skala kenne ich mich so gut wie gar nicht aus. Auf vielen Kletterzustiegen bin ich aber mit Sicherheit schon ausgiebig im T6-Gelände herumgekraxelt. Anyway, wenn das Rot Grätli T5 ist, so ist es dieser Zustieg sicher auch.]
Der Einstieg in den Hampeissiwäg befindet sich etwa 20m vom Sattel entfernt am tiefsten Punkt der Wand, rechts neben dem Vorbau mit Erinnerungsplakette. Zwei farbige Punkte, ein Normalhaken mit Schlinge sowie eine dort ansetzende Bohrhakenreihe markieren ihn. Um etwa 9.45 Uhr sind wir schliesslich eingestiegen.
SL 1: Gleich mal ein Verhauer zu Beginn: da sonst rein gar nichts sichtbar war, bin ich der nach links ziehenden, verlockenden Bohrhakenreihe gefolgt. Schöne Kletterei in gutem Fels, 45m, 5c/6a.
SL 2: Erst mal 2 Felder (d.h. BH) zurück und von dort 15m ungesicherte Querung zum ersten Stand des Hampeissiwägs. Die 2. SL dann gleich angehängt. Zuerst noch 2 BH, dann nur noch schlechtes, antikes NH-Material. Zum selberlegen gibt es nur wenige Möglichkeiten, daher etwas heikel. Steil und fester Fels, 45m, 5b.
SL 3: Hier wurde bei der Sanierung ein schöner Direktstart mit 2 BH eingebohrt, 6b, kräftig und tricky, A0 vermutlich möglich. Kurze Rechtsquerung und dem athletischen, steilen Riss (6a+) entlang. Zuerst 2 weitere BH, dann noch einige schlechte NH, zusätzliche Absicherung mit Friends jedoch gut möglich. Der Stand danach leicht links in den Legföhren. 30m, 6b.
SL 4: Vom Stand gerade zwischen den Föhren hoch und in schöner, gemütlicher Kletterei gerade bzw. ganz leicht linkshaltend hoch (2 BH, 1 NH), 40m, 4b.
SL 5: Horizontaler, witziger und schöner Quergang nach rechts, vorbei an 2 BH. Vor allem für den Nachsteiger empfiehlt es sich, noch 2-3 Friends zu legen, was hier gut möglich ist. Der Stand befindet sich schlecht sichtbar unter einem kleinen Überhänglein, 20m, 5a.
SL 6: Da schöner und direkter, haben wir hier eine Seillänge der "Abendsonne" mitgenommen (3 BH, 6a+) und dann gleich noch die Rechtsquerung angehängt. Hier einige alte NH, um diese Passage für den Nachsteiger vernünftig abzusichern empfiehlt sich Halbseiltechnik und das Vorhängen des 1. BH von SL 7. Die Schlusspassage zum Stand ist sehr technisch und fein. Schwierigkeit wohl etwas grossenabhängig im Bereich 6b/6c, A0 aber gut möglich und wohl meist praktiziert. Prima Fels, 30m, 6b+.
SL 7: Die Techno-Länge: die erste Hälfte lässt sich problemlos freiklettern (6a+), aber auch A0 wäre hier wohl recht gut möglich. Nach einigen obligatorischen Freikletterzügen folgt die erste richtig schwierige Stelle: sie ist nur mit 2 alten NH abgesichert, der letzte solide BH liegt doch schon etwa 4-5m weiter unten. Da erschien es mir vernünftiger, in den A0-Stil zu wechseln und die Schrotthaken (inkl. Trittschlinge) höchstens sanft zu belasten. Es folgen erneut einige obligatorische Freikletterzüge, dann eine 10m lange Hakenleiter (Wechsel zwischen NH, Sticht-BH und soliden BH). Zuletzt wieder in freier Kletterei aufs Föhrenband und auf diesem etwas nach links zu Stand, 45m, 6a+ und A0.
SL 8: Die Originalroute folgt vom Stand leicht rechtshaltend einer etwas grasigen Rampe (5a). Bis zur Föhre nach etwa 15m keine Sicherungsmöglichkeiten, heikel. Dann nach links und in schönem Fels, 3 BH der "Abendsonne" benützend gerade hoch, zuletzt etwas nach links an den Stand, 40m, 6a+. Hier macht es sicher mehr Freude, die ganze SL über die Abendsonne zu klettern.
SL 9: Hier haben wir auf die heute gebräuchliche Ausstiegsvariante gewechselt und den Original-Hampeissiwäg rechts liegenlassen. In schöner, bestens mit BH abgesicherter Kletterei leicht linkshaltend hoch bis zu Stand mit BH. Der Vorsteiger wird etwa 10m abgelassen und quert/pendelt dann etwa 10-12m nach links in eine Verschneidung. In dieser etwa 15m hochklettern zu Stand an Legföhre. 45m, 6a+ und A0 (Pendelquergang, dieser liesse sich bei vorhandener Absicherung gut freiklettern, ca. 6b).
[Einige Bemerkungen zum Seilhandling: Halbseiltechnik anwenden. Das eine Seil schon etwa 3-4 Haken unter dem Pendelstand nicht mehr einhängen. Das andere Seil im Pendelstand durchfädeln (Ring vorhanden) und beim Ablassen die Sicherungen in den darunter liegenden Haken entfernen. Nach dem Pendler am besten KEINE Sicherungen einhängen (heikel). Der Nachsteiger folgt bis zur Stelle, wo er Pendeln möchte. Dort löst er das Seil, welches durch den Ring im Pendelstand führt und steigt den Rest der Seillänge am anderen Halbseil nach.]
SL 10: Zuerst etwas nach links, dann etwas nach rechts, dem Legföhren-Dickicht ausweichend nach oben. Nach etwa 35m wird das Gelände weniger steil, und mit 50m Seil erreicht man gerade die flache Schulter auf der Mythenmatt. 50m, 4b/T6, eine Legföhrenbewertung oder was auch immer.
Den Ausstieg um etwa 15.45 Uhr erreicht. Nach gemütlicher Rast Aufstieg zum Gipfel über das Rot Grätli. Auf die (etwas zu üppig) blau markierten Wegspuren trifft man etwa 40m oberhalb der Schulter. In ziemlich kurzen Abständen stecken sogar BH, so dass durchgehend gesichert werden könnte. Das Gelände ist wohl exponiert und luftig, Schwierigkeiten trifft man jedoch keine nennenswerten an. Meist Wegspuren und gute Tritte, nur an wenigen Stellen müssen überhaupt die Hände zu Hilfe genommen werden. Trotz seiner Banalität ist das Rot Grätli aber ein Aufstieg von wunderbarer Eleganz und Schönheit.
Der Gipfel war um 16.30 Uhr schon fast leergefegt. Danach rascher Abstieg über den Normalweg zur Holzegg und retour nach Brunni.
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