Spurensuche mit Siegfriedkarte


Publiziert von Henrik , 17. Mai 2009 um 20:40.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:17 Mai 2009
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 170 m
Abstieg: 170 m
Strecke:Pollegio Paese
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV
Kartennummer:ivs online

 
Schon wieder am Gotthard....heute das Südende des Durchstichs für 2017, in Pollegio: Spurensuche! Was für ein frühmorgendlicher Genuss im Panoramawagen ins Tessin zu fahren. Basel SBB, um 6 Uhr, die Putzequipen fahren und wischen den Abfall zusammen, die Tauben schlagen Pirouetten, im COOP Rail-City wird bereits wieder nach Alkohol gefragt, die Zugsbegleiter tauschen sich aus, die Perrons sind noch öde. Nach Olten gleitet der IR, wieder bunt gemischt, durch das taufrische Mittelland, gen Süden und Südwesten beinahe glasklar die grossen Namen der Berner Alpen und auch zackenscharf der Pilatus. Und später die Rigi. In Arth-Goldau ist in der Ansage die Rede von einem Entlastungs-CIS, ich bleibe im IR. Die Mythen bauen sich auf, spitz und fordernd. Und am Urnersee spiegeln sich die immer noch schneebedeckten Spitzen des Nieder- und Oberbauenstocks. Zum Gotthard hin erste Wolken und in Göschenen die Ahnung, im Tessin könnte es regnen – in Airolo die ersten Tropfen. Der Zugsbegleiter fragt mich, ob ich schon gedenke umzukehren...ob der Schirm obligat....ja sicher, und dann ich frage ihn, ob er mir über die Leitstelle Luzern herausfinden kann, ob heute Güterzüge zu Gesicht zu bekommen seien, was er dann bejaht. In Biasca ist es merklich kühler als erwartet – mit dem Postbus lasse ich mich zur Bushaltestelle bei Ponte (Biasca) bringen, und schon schüttet es kräftig als ich die alte Brücke über den Brenno nach Pollegio vor mir habe...ja keinen Rückzieher. Hier queren auf engstem Raum gleich sechs Brücken die Brenno, die hier in den Ticino mündet: die alte Strassenbrücke, die neue Bogenbrücke, die aktuelle Bahnlinie, ein Autobahnzubringer, das NEAT-Trassee und die Autobahn. Ich habe einen Ausdruck der alten Siegfried-Karte dieser Umgebung von Pollegio – Pasquerio dabei, und suche die alten Flussarme des Ticino, doch es finden sich lediglich der korsettierte Ticino sowie Entwässerungsgräben, im Rahmen der NEAT-Baustelle sowie das Tunnelende, die orografisch links des Ticino die Ebene total umgepflügt haben. Um quasi die Natur zu trösten, haben die Tunnelbauer hier ein Biotop hinterlassen, wo Frösche quaken und doch einige bunte Wiesen mit vielerlei Blumen das Auge verwöhnen! Ein Pärchen ist gerade am Stretchen, ein Hund bellt laut, ein Töfflifahrer mit jaulendem Motor knattert vorbei und das Rasseln eines Güterzuges am nahen Trassee macht mich hellhörig – deswegen bin ja auch hier. Die Höhenangaben auf der Siegfried-Karte korrelieren mit den heutigen Präzisionsangaben – was mich immer wieder erstaunt. Ich finde einen Zustieg zum SBB-Trassee und setze mich, immer noch mit Regenschirm bestückt, auf das Fundament eines Kandelabers und warte auf vorbeirauschende IRs, CIS und ICN sowie Güterzüge. Mein Shooting-Point ist allerdings schlecht gewählt, sodass die Ausbeute beinahe schon mickrig mir erscheint. Aber ich spüre die Vibrationen – und Bahnvibrationen gefallen mir. Als krönenden Abschluss kriecht ein Güterzug mit drei RAILIONS-Loks vorbei, eine „schwere“ Schlange zieht da nach Norden. Der Regen hat sich verzogen.
 
Zurück zur Kantonsstrasse, am Ristorante Gotthardbahn vorbei – hinüber zum Waldrand und zum Fuss des Ausläufers, der im Matro gipfelt. Auf seinen Terrassen liegen Sobrio, weiter unten Bidré, Diganengo und Corecco: http://www.schwarzabbet.ch/tst/teil5/25.htm#abstieg.
Da es tageszeitlich aber schon Mittag geworden ist, belasse ich meine Unternehmungslust lediglich in einem kleinen Aufstieg bis zur ersten Kapelle auf diesem Weg nach Corecco – unten die Grossbaustelle Südangriff NEAT Bodio und gen Süden im Dunst die Berg-Rippen rechts der Leventina.
 
Da sich nach Norden hin die Wolken verdichten, beschliesse ich jetzt die Rückfahrt – im ICN ab Bellinzona. Während mir der ICN auf der Strecke Basel – Genf notorisch Übelkeit verpasst, tut er das am Gotthard nicht – und so freue ich mich auf die Non-Stop-Fahrt nach Arth-Goldau: mit dem GA 1. Klasse. Ich bin vom Range Rover Enthusiasten mutiert zum Bahn-Enthusiasten. Nachfolgend noch ein Thema zum ICN.
 
Neigezüge bringen Bahnpassagiere zwar schneller ans Ziel, so manchem vergällt aber die Übelkeit den Zeitgewinn. Statt bloss Tüten zu verteilen, geht die SBB dem Phänomen jetzt mit einer Studie auf den Grund. Nur wenige Passagiere beklagen sich direkt bei der Bahn. Von ihren Kondukteuren wissen die SBB aber, dass immer wieder Reisende in den SBB-Neigezügen ICN mit Übelkeit zu kämpften haben, wie SBB-Sprecher Jean-Louis Scherz gegenüber der Nachrichtenagentur sda eine Meldung der «Tribune de Genève» bestätigte. Im Flug- oder Schiffsverkehr hat man genaue Kenntnisse über die Reisekrankheit. Warum es aber manchen Passagieren fast hochkommt, wenn sich ein Pendolino elegant in die Kurve legt, ist bisher weitgehend unerforscht - ebenso mögliche Massnahmen dagegen. Weil die SBB laut Scherz weiter in die Neigetechnik investieren will, lässt sie das Phänomen nun von einem Marktforschungsinstitut untersuchen. Mit Zeitungsinseraten wurden Passagiere gesucht, welchen die neuen Züge mehr Leid als Freud verursachen. In rund 50 Interviews soll geklärt werden, ob eher Männer, Frauen oder Kinder davon betroffen sind und welche technischen Massnahmen Abhilfe schaffen könnten. «Wir wissen etwa, dass Grösse und Form der Fenster einen Einfluss haben», sagte Scherz. Eine wichtige Rolle spiele auch der Höhenunterschied auf der Strecke. Arbeiten muss die SBB zudem an der Software, welche die Neigebewegung der Züge steuert: Winkel, Dauer oder Geschwindigkeit der Neigebewegung können einen entscheidenden Einfluss auf den Komfort der Reisenden haben. Die Bundesbahnen betreiben derzeit 35 Neigezüge insbesondere auf der Juralinie zwischen Genf und St. Gallen oder Basel. 9 weitere Fahrzeuge des Typs werden demnächst ausgeliefert. Pendolinos verkehren seit Jahren auf der Simplon-Route, aber auch in Italien, Frankreich, Slowenien und Schweden.

Tourengänger: Henrik


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