Spontan vom Nebelhorn über den Gundkopfgrat nach Oberstdorf


Publiziert von Kris , 24. Juli 2018 um 00:25.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 2 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 500 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:Nebelhorn Bergstation - Nebelhorn - Nebelhorn Westgipfel - Gundkopf - Geißfußsattel - Geißfuß - Niedereck - Rubihorn - retour zum Niedereck - vorbei an der Mittelstation - Faltenbachtobel - Oberstdorf
Kartennummer:DAV Westliche Allgäuer Alpen

Leider habe ich was das Wetter anbelangt sehr oft einfach Pech im Allgäu. Das sollte sich auch dieses Jahr nicht ändern - und daher mussten mal wieder Notlösungen herhalten. Notlösungen, die mehrere Kriterien erfüllen - möglichst viele Hm (Auf oder Abstieg), Gipfel, Rückzugsmöglichkeiten und eine Halbtagstour - denn für die nächsten Tage war jeweils ab Mittag Gewitter vorhergesagt.. 

Ich hatte überlegt, daher einfach mal zum Schneck hinüberzulaufen und darauf zu hoffen, dass das Wetter stabil bleibt. So richtig passte das aber nicht zu den oben genannten Kriterien. Daher entschied ich mich noch innerhalb der Nebelhornbahn um und schwenkte auf den Grat, der vom Nebelhorn nach Westen abwärts zieht - über den Westgipfel, Gundkopf, Geißfuß, Gaisalphorn, bis hinüber zum Rubihorn - je nachdem wie das Wetter eben halten sollte. Normalerweise ist es nicht mein Ding "unvorbereitet" spontan auf eine andere Tour zu wechseln, gerade weil ich eigentlich nichts über den Part zwischen Nebelhorn, Gundkopf bis in den Geißfußsattel wusste. Aber hey, da ist doch eine Pfadspur auf meiner Karte verzeichnet, also einfach mal probieren...

Bis zum Nebelhorn fuhren viele mit mir nach oben in der zweiten Bahn des Tages. Genau so viele blieben dann aber auch am Nebelhorn-Gipfel, als wäre es verboten, einen Fuß in die Landschaft zu setzen. Nur einige - meiner Meinung nach recht unvernünftige - versuchten sich am langen(!) Hindelanger Klettersteig. Bei angesagter Gewittergefahr gibt es sicherlich bessere Ideen.. Ich war auf dem Wanderweg in Richtung Geißfußsattel schlagartig allein und steuerte die doch recht abweisend aussehenden ersten Zacken an, wovon der zweite bereits der Westgipfel des Nebelhorns ist. Über ein paar Schrofen geht es bergab, kurz auch versichert. Bald zweigt der "normale" Wanderweg in Richtung Geißfußsattel nach links unten ab und ich folge den leichten Pfadspuren in Richtung der beiden Zacken. Hier wird es schon etwas ausgesetzter und irgendwie habe ich einen schlechten Tag erwischt - ich fühle mich unsicher beim Gehen und gehe sehr bedächtig vor. 

Der erste Zacken wird leicht brüchig auf den Pfadspuren überschritten, aber nie direkt an der Abbruchkante. Danach leicht abkraxelnd in Richtung einer kleinen Scharte zwischen die Zacken. Danach geht es logisch folgend über den grasigen Part der Flanke teils steil auf den Westgipfel des Nebelhorns (T4). Hier treffe ich dann eine - deutlich schnellere - Geherin an. Sie war aber auch die einzige, die ich bis zum Geißfußsattel traf. Insgesamt eine recht ruhige Route über den Gundkopf. Nun geht es steil(!) bergab über die erdig gestufte Grasflanke. Spätestens hier ist dann Vorsicht angesagt, weil es links zum Wanderweg und v.a. rechts in Richtung der Gaisalpseen ganz schon runterpfeift. Eine der Schlüsselstellen wartet dann auch bald, eine Kletterstelle (I+ bis II-) die über eine kleine Einschartung führt. Doch recht ausgesetzt geht es das Mini-Wandl nach unten und erfordert einen beherzten Schritt auf einen gegenüberliegenden Felsen - dabei relativ ausgesetzt (T5-). Danach entspannt sich die Lage wieder etwas und folgt geht es oft in der Ostflanke, teils in der Westflanke entlang. Sobald sich der Grat verschmälert, weicht man dahin aus sodass es nie zu ausgesetzt wird. Die Hände braucht es doch immer wieder und Trittsicherheit ist unerlässlich! Nach einigem Auf- und Ab erreicht man den recht unscheinbaren Gundkopf. Da der Weg vorher wenig bequeme Stellen bot, ist hier eine gute Pausenposition erreicht, da es sich quasi um ein kleines Grasplateau handelt.

Vom Gundkopf aus wird es etwas leichter, wieder geht es schrofig und grasig bergab. Immer wieder kleine Kraxeleinlagen lockern den Gang auf. Von Weitem sieht man bereits, dass sich gegen Ende des Grats kurz vor dem Geißfußsattel ein Hindernis in Form eines Zackengrats aufstellt. Ich glaube am Anfang noch dass dies quasi - wie vorher - umgangen wird, werde aber bald Lügen gestraft. Bevor man auf den Grat trifft, kommt man an 2 Höhlen vorbei, die scheinbar tiefer in den Berg führen. Ausprobiert habe ich das nicht ;-) 
Am Geißfußsattel warten bereits Normalwegbegeher die dann meinen Übergang über den Zackengrat fasziniert beobachten. Dieser ist wirklich ziemlich ausgesetzt obwohl so nah am Sattel und fordert noch einmal den Bergsteiger. Mehrere Stellen hier I+ und T5-. Ab dem Geißfußsattel entspannt sich die Lage deutlich und es geht eine gegenüberliegende, gut sichtbare Spur den Geißfuß hinauf. Hier entspanne ich mich nochmal bei einem Rückblick zum Gundkopfgrat. Danach überschreite ich den Geißfuß in Richtung des Gaisalphorns - das Wetter schaut besser aus als erwartet und dreht tendenziell in die richtige Richtung.

Das Gaisalphorn stellt sich dann steil auf und es geht teils exponiert an den Lawinenverbauungen des Geißfuß vorbei zur steilen Flanke. Diese geht es erdig hinauf bis zu einer luftigen Querung kurz vor dem Gipfel, die leicht abdrängend ist (T4). Am Gipfelkreuz dann erneut kurze Pause, ein Hund war auch oben! :-) Dann bin ich gespannt wie der Abstieg auf der anderen Seite funktioniert, nachdem ich den Übergang vor 4 Jahren bei strömenden Regen abbrach (war eine gute Idee!) Am Anfang stehen Latschen, die teils steil den Weg säumen. Highlights im Abstieg sind u.a. die schräge Leiter sowie ein kleines Wandl, welches zwar seilgesichert ist, aber eben nur zum Teil. Im Abstieg helfen die losen (Tritt)Schlaufen nur zum Teil. Ist man etwas kleiner ist diese Stelle schwerer, da man den Boden nicht umgehend erreicht. Danach folgt die Schlüsselstelle, eine ungesicherte Gratpassage, die erodiert ist und nach links und rechts pfeift es ordentlich hinab. Hier sollte man wirklich aufpassen, da die Stelle durch die Erosion eine gewisse Unberechenbarkeit birgt. (T4(+))

Danach wird es viel einfacher - bald erreicht man die Abzweigung zum Rubihorn. Nach kurzer Überlegung nehme ich den Gipfel, den ich schon 2014 bestiegen hatte - wie gesagt, strömender Regen - noch einmal mit. Der Aufstieg macht bei Sonne gleich viel mehr Spaß. Natürlich ist man hier nicht mehr wirklich einsam unterwegs.. es gibt einige gesicherte Passagen die aber nie schwierig oder besonders exponiert sind (T3+) - am Gipfel erreicht man etwas Einsamkeit in dem nicht zum GK steigt sondern den eigentlich höchsten Punkt unschwer besteigt (je nach Routenwahl T3, I oder auf Wahl auch schwerer). Dann geht es an den Abstieg - zurück zur Abzweigung in Richtung Gaisalphorn dann rechts nach unten in die Flanke gen Mittelstation Nebelhornbahn. Hier kommen mir immer wieder noch - schlecht ausgerüstete! - Berggänger entgegen. Am Himmel ist das Wetter immer noch nicht stabil, Wolkentürme tun sich auf. Ich weise sie zwar darauf hin, dass ein Aufstieg um 14 Uhr ohne Jacken, teils scheinbar sogar ohne Getränke nicht die beste Idee ist - natürlich ohne auf großes Verständnis zu stoßen. Ich wähle ab der Mittelstation dann den Abstiegsweg über den Faltenbachtobel, der schön ins Tal leitet (Stellen T3). 

Eine wirklich schöne, abwechslungreiche Variante am Nebelhorn! Da die Tour beliebig erweiterbar ist (für starke Geher zB noch der Entschenkopf als Anhang!) ist es auch für unsichere Wetterlagen insofern empfehlenswert, dass das Wetter am Anfang halten muss (auf dem Gundkopfgrat!) Da gibt es keinerlei Rückzugsmöglichkeiten. Mit dieser Routenwahl schafft man sich im touristisch überlaufenen Nebelhorngebiet ein Stück Einsamkeit! - wenn auch nicht am Rubihorn und fortfolgend.


KONDITION 2.5/5
ORIENTIERUNG 2.5/5
TECHNIK 3.5/5
EXPONIERTHEIT 3.5/5



Tourengänger: Kris


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