Schattenberggrat und Nebelhorn (2224 m) über Westgrat


Publiziert von DiAmanditi , 30. Juli 2018 um 16:22. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:14 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m

Will man von Oberstdorf aus das Nebelhorn erreichen, gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Die einfachste ist natürlich die Fahrt mit der Nebelhornbahn zum Gipfel. Die ungefähr selbe Strecke, allerdings zu Fuß, bietet der lange und relativ eintönige Zufahrtsstraßenanstieg durch das Faltenbachtal. Eine deutlich abwechslungsreichere Variante hingegen ist der Aufstieg über Gaisalphorn, Geißfuß und Gundkopf über den Westgrat zum Gipfel. Und dann wäre da noch die unmarkierte Überschreitung des Schattenberggrates, der steil über Oberstdorf aufragend beginnt und sich bis zum Zeigersattel nahe des Edmund-Probst-Hauses enlangzieht. Dies ist die anspruchsvollste, einsamste und wohl schönste Aufstiegroute ins Nebelhorngebiet. Noch dazu kann man diese sehr gut mit dem oberen Teil des Nebelhorn-Westgrats kombinieren, was uns zusammen diese sehr lohnende und schöne Tour bereitete.

Nach langer Zeit endlich mal wieder im Allgäu, war unser Plan, am Parkplatz Oybelehalle das Auto abzustellen, an diesem Tag Schattenberggrat und Nebelhorn zu überschreiten, im Edmund-Probst-Haus zu übernachten und am darauffolgenden Tag via Laufbacher-Eck-Grat ins Oytal abzusteigen. Die erste Etappe beginnt am Schattenberggrat. Um zum Einstieg des Schattenbergsteigs zu gelangen, steigt man vom Parkplatz auf breitem Weg in Kehren zunächst zum Gasthaus Kühberg auf, wo der Anstieg zum ersten Ziel des Tages, dem hoch über Oberstdorf stehenden Schattenbergkreuz, beginnt. Es gibt keinerlei Wegweiser oder Markierungen, die auf den Schattenbergsteig hindeuten, also hier eine kleine Beschreibung des Einstiegs: Vom Kühberg geradewegs die bergseitige Wiese hoch, bis man auf ein Sträßchen mit Bank trifft (Alternativ ein paar Meter der Oytalstraße folgen und dann scharf links auf ebendieses Sträßchen abbiegen). Dort führen Pfadspuren zunächst zu einer Baumgruppe hinauf, machen dort dann aber eine Rechtskurve und leiten den Hang querend zum Waldrand, wo die Wegführung eindeutig wird.

Im Wald geht es nun auf recht deutlichem Steig die Schattenbergflanke nach rechts, später nach links querend durch die Bäume aufwärts. Nach einiger Zeit und einem schon relativ langen Aufstieg erreicht man eine fantastische, felsige Aussichtskanzel über einem Steilabbruch oberhalb von Oberstdorf. Ab dort folgt der Weg wieder direkt der Falllinie des Hanges und wir gelangen bald in die Latschenzone. Die Aussicht wird immer besser und wir steigen weiter aufwärts, doch das Schattenbergkreuz lässt sich zunächst nicht blicken. Erst wenige Meter davor kommt das Kreuz schließlich zum Vorschein und wir sind an einem der besten Aussichtspunkte über Oberstdorf angekommen.

Es ist schön nach der langen Zeit, die wir nicht im Allgäu waren, endlich wieder all die vertrauten Gipfel zu erblicken. Wir legen am Kreuz erstmal eine Pause ein, dann machen wir uns auf den Weiterweg zum eigentlichen Schattenberg. Das Schattenbergkreuz steht nämlich nicht auf dem Gipfel des Schattenbergs, sondern lediglich auf der höchsten von Oberstdorf aus sichtbaren Schulter. Um zum wirklichen Schattenberg zu gelangen, folgen wir weiter dem Schattenbergsteig, der nun tief ins Latschendickicht eintaucht, aber stets gut erkennbar bleibt und uns schnell auf den ersten Gratkopf führt. Man erkennt bald, dass es keinen richtigen Schattenberggipfel gibt, sondern der Schattenberg nur eine Ansammlung von mehr oder weniger markanten Latschenköpfen ist, die Bezeichnungen Östlicher und Westlicher Schattenbergkopf, die häufig verwendet werden, sind dabei nicht ganz einfach zuzuordnen. Bei der folgenden Gratwanderung über die Schattenbergköpfe geht es meist rechts der Kante den Kamm hinauf, gelegentlich gibt es leichte Kraxelstellen. Die einzigen erwähnenswerten sind dabei eine kleine abzukletternde Felsstufe, die nur durch eine verkrüppelte Latsche vom Nordabbruch des Schattenbergs getrennt ist, eine schrofige, etwas ausgesetzte Querung (wahrscheinlich kann man diese aber auch direkt über den Grat umgehen, wir haben vermutlich eine alternative Pfadspur gewählt) sowie eine Scharte mit unangenehm bröslig schmierigem Untergrund.

Nachdem wir all diese Stellen überwunden haben, lichten sich langsam die Latschen und nach ein paar weiteren Köpfen steigen wir schließlich in gemütlichem Grasgelände hinauf zum Seeköpfle, dem ersten wirklich gut erkennbaren, bekreuzten Gipfel der Tour. Dort angekommen wird endlich der Blick auf das Nebelhorngebiet, die letzte Erhebung des Schattenberggrats, den Hüttenkopf, die Seeköpfe, den Schneck und den wunderschönen Seealpsee frei, weshalb wir hier unsere nächste Pause einlegen. Vom Kreuz aus erkennt man außerdem einen kleinen namenlosen Grasgipfel, der nicht weit weg vom Seeköpfle hoch über dem Oytal steht, P. 1893. Ein Abstecher über den kurzen Verbindungsgrat lohnt: Man befindet sich an einem exklusiven Aussichtspunkt direkt über Seealpsee und Oytal. Dabei ist der Sporn jedoch schwieriger, als er von weitem aussschaut: Anfangs geht man noch über einen einfachen Rücken, zum Schluss schnürt sich der Grat jedoch für einige Meter zu einem äußerst schmalen Grasgrat zusammen. Wenn man diesen dann geschafft hat, kann man sich ins üppige Gras am Gipfel setzen und den Tiefblick ins Oytal und auf den Seealpsee genießen.

Wieder am Seeköpfle, geht es mit der eigentlichen Gratroute weiter. Zunächst steigen wir vom Seeköpfle in die Fischerrinne ab, wo sich eine einfache Abstiegsmöglichkeit zum Seealpsee anbietet. Wer sich dem letzten Gratabschnitt nicht gewachsen fühlt, sollte jetzt absteigen, denn nun wechselt am Grat das Gestein vom Hauptdolomit in Fleckenmergel, was nicht nur für einen Vegetationswechsel von Latschen zu Steilgras, sondern auch für den messerscharfen Hüttenkopfgrat sorgt. Bevor wir diesen erreichen, müssen wir allerdings erst unterhalb des noch latschenbestandenen, hier kaum begehbaren Grates weglos einen Grashang queren und daraufhin über eine Wanne wieder zum Kamm hinaufsteigen, wo dann der Hüttenkopfgrat beginnt.

Schon in den ersten Metern steilt dieser ordentlich auf, nach dem Überwinden dieser Stufe geht es aber bald wieder etwas entspannter rechts der nordseitigen Abbruchkante entlang. Dann wird es jedoch ernst: Die vorher im Gegensatz zur Nordflanke noch sanfte Südflanke wird äußerst steil und die Pfadspuren suchen sich das einzig Waagrechte im Gelände - Die Gratschneide. Nach wenigen ausgesetzten Metern von hier stehen wir aber auch schon auf dem Hüttenkopf - beziehungsweise sitzen, viel Platz gibt es allerdings auf dem Gipfelkopf nicht.. Der folgende Abstieg zum Zeigersattel ist noch einmal etwas luftiger als der Aufstieg, besonders eine kurze Ier-Stelle, die es abzuklettern gilt. Konzentriert auf den schmalen Grat steigen wir über die letzten kleinen Schultern und Köpfe des Grates abwärts, dann wird die Schneide breiter und kurz darauf haben wir den Zeigersattel mit seinem vielbegangenen Wanderweg erreicht.

Während es auf dem Schattenberggrat ziemlich ruhig und meist einsam zugeht, trifft man auf dem Hüttenkopf gelegentlich aus dem Nebelhorngebiet kommende Wanderer und am Zeigersattel ist man schließlich wieder mit vielen Ausflüglern von der Nebelhornbahn unterwegs. Die Station Höfatsblick ist nun nämlich nicht mehr weit entfernt, in knappen 10 Minuten vom Zeigersattel sind wir schon an der Seilbahn nebst der Schutzhütte des Edmund-Probst-Hauses angekommen. Dort kehren wir sogleich auf der Terrasse mit schönem Blick auf den steilen Hüttenkopf und die Schattenbergköpfe ein und ruhen uns bei einer ausgiebigen Mittagspause aus. Da wir sowieso im Edmund-Probst-Haus übernachten, aber nach unserer Pause noch drei Stunden Zeit bis zum Abendessen haben, überlegen wir uns schließlich, noch eine kleine Nachmittagstour zu unternehemen. Die Entscheidung ist dabei schnell gefallen: Die Überschreitung des Nebelhorns über Westgrat und Südflanke.

Der Westgrat des Nebelhorns beginnt genau genommen schon hoch über Oberstdorf am Rubihorn. Von dort bildet der Kamm vor dem Nebelhorn noch zwei weitere deutliche Gipfel aus, Gaisalphorn und Geißfuß, die wir *schon einmal besucht hatten. Erst nach dem Geißfuß, am Geißfußsattel, fängt dann der eigentliche Westgrat an, den wir heute begehen wollen. Um zum Geißfußsattel hinzugelangen, folgen wir dem markierten Wanderweg durch den Großen Gund, der jenes Kar zwischen 1800 und 1900 Metern Höhe quert. Gelegentlich trifft man hier auf seil- und klammerngesicherte Passagen, die jedoch angesichts des begangenen Schattenberggrats nicht wirklich schwer sind. Nach einer halben Stunde erreichen wir schließlich den Geißfußsattel, wo wir schon einmal bei unserer erwähnten Gaisalprunde waren. Bevor wir uns jedoch an den Westgrat machen, statten wir noch kurz dem grasigen Gipfelchen des Geißfuß einen Besuch ab.

In knappen fünf Minuten ist dieser leicht erreichbar, wir bleiben diesmal jedoch nur kurz, da wir den Geißfuß ja schon kennen und auf den Nebelhorn-Westgrat gespannt sind. Wieder am Sattel, folgen wir dem mit "Nebelhorn" ausgeschilderten Steig, der geradewegs zum Beginn des Grates und zur ersten kleinen Schwierigkeit hinleitet: Ein kleiner und nicht allzu ausgesetzter, aber scharf gezackter Felsgrat, den man entweder direkt überklettert oder weiträumig umgeht. Wir überklettern ihn und gelangen bald zum ersten richtigen Aufschwung. Hier bleiben wir weiterhin konsequent an der Kante, der Steig umgeht aber mit geschickter Wegführung alle Kletterstellen. Nach der ersten Steilstufe folgen weitere Gratköpfe und Aufschwünge, schwerer als T4 und II- wird es dabei jedoch nie und der normale Wanderweg sollte etwa T3 sein. Der markanteste Kopf auf ca. 2050 Metern Höhe ist der unscheinbare Gundkopf, welcher ebenfalls direkt überschritten wird.

Hinter dem Gundkopf gibt es noch mal ein paar tolle Kletterstellen, dann geht es über einen steilen Rücken hinauf zum formschönen Nebelhorn-Westgipfel. Wenn man auf diesem angekommen ist, sind es nur noch wenige Schritte bis zum Hauptgipfel des Nebelhorns. Nur noch in die letzte Scharte hinunter und den letzten kleinen Gegenanstieg hinauf und wir haben endlich den höchsten Punkt des Tages erreicht - Wir stehen auf dem abends beinahe menschenleeren Gipfel des Nebelhorns. Es herrscht eine wunderbare Abendstimmung, als wir zum letzten Mal für heute eine Gipfelaussicht genießen. Gerne würden wir noch länger verweilen und den Sonnenuntergang hier oben erleben, doch in der Hütte wartet schon das Abendessen, weshalb wir schließlich dem breiten Fahrweg durch die Südflanke wieder hinunter zum Edmund-Probst-Haus folgen.

Doch an jener Stelle ist auch nur diese Tour zu Ende, die nächste folgte für uns sogleich am darauffolgenden Tag! - Der Laufbacher-Eck-Grat mit dem Schneck-Südgipfel!

Schwierigkeiten:
Zum Schattenbergkreuz: T3-
Überschreitung der Schattenbergköpfe: T4-, I, mit der Querung vielleicht T4, I+
Aufstieg zum Seeköpfle: T3
Abstecher zu P. 1893: T4+
Abstieg vom Seeköpfle und Aufstieg durch die Wanne: T3
Überschreitung des Hüttenkopfs: T4+, I
Querung zum Geißfußsattel: T3-
Nebelhorn - Westgrat: T4+, II- (direkt an der Kante), T3 (Wanderweg)

Tourengänger: DiAmanditi


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Kommentare (3)


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Nik Brückner hat gesagt:
Gesendet am 30. Juli 2018 um 18:20
Heyho! Schöne Tour, die du da gemacht hast!

DiAmanditi hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. Juli 2018 um 23:01
Vielen Dank! War wirklich sehr schön!

Dass ich die Tour gemacht habe, ist aber auch unter anderem dir zu verdanken, dein Bericht und eine Empfehlung von dir haben mich auf den Schattenberggrat aufmerksam gemacht.

Übrigens auch Glückwunsch meinerseits zu deiner kürzlich absolvierten Höfats-Überschreitung, schön dass es nun endlich damit geklappt hat, die Tour hattest du ja schon seit längerem vor.

Viele Grüße und auf weitere tolle Bergtouren,
Arne

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 31. Juli 2018 um 09:22
Ist ein echt schöner Grat, freut mich!

Danke für die Gratulation zur Höfats. Ich wollte allein dieses Jahr schon zwei Mal, und dann ging's aus Gründen nicht, jetzt musste es einfach sein. Hin, rauf, rüber, jetzt ist es mal gemacht, und ich kann mich neuen Regionen widmen.

Dir viel Spaß bei deinen zukünftigen Touren,

Nik


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