Berlin, Berlin - Guferstock


Publiziert von Zoraya , 15. Juli 2018 um 21:35.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:15 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: 5b (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 5:00

Die Berliner Mauer. Seit 1989 existiert die Berliner Mauer nicht mehr. Zumindest in Deutschland. In der Schweiz jedoch lebt die legendäre Mauer weiter. Zum Glück nur in Form einer Kletterroute. Geschichte hat mich schon immer interessiert, deshalb ist es nicht verwunderlich, dass ich bei einer Route namens "Berlin Wall" hängen blieb. 

Es war ja wirklich eine Herausforderung am heutigen Sonntag eine Tour zu planen. Das Datum für eine Klettertour mit meiner Kollegin stand eigentlich schon lange fest, nur die Wettervoraussagen machten die Planung etwas schwierig. Unsichere Wetterentwicklung, Gewitter bereits am Morgen, nein Gewitter doch erst am Nachmittag...oder Abends? Im Süden vielleicht mit halbsicherer Wahrscheinlichkeit eher als im Norden...ja es war nicht leicht. Deshalb entschied ich eine MSL-Tour zu planen mit kurzem Zustieg und wenig Seillängen, welche aber trotzdem alpines Flair beinhalten. Und so, nebst dem geschichtlichen Aspekt, stiess ich auf die Route "Berlin Wall" am Guferstock.  

Der Zustieg ist sehr einfach. In der letzten Haarnadelkurve befinden sich wenige Parkplätze. In der Kurve die Strasse überqueren und man befindet sich bereits im unmarkierten Wanderweg zum Guferstock. Diesem Weg folgend erreicht man unschwer den Einstieg. Wobei ich hier sagen muss, dass wir den eigentlichen Einstieg, wieder einmal, verpasst haben. Die ersten 2 Seillängen haben wir unabsichtlich ausgelassen. Der Zustiegsweg ist mit Steinmandli sehr gut markiert. Gegen Osten quert man ein Felsband, welches mit einem Fixseil augestattet ist. Ganz ehrlich? Vertrauenswürdig wirkt dieses Seil definitiv nicht mehr. Nach dem Fixseil erreicht man einen Standplatz. Achtung, dieser gehört nicht zur "Berlin Wall". Wir haben das zum Glück gerade noch gemerkt und mussten noch weiter dieses abschüssige Felsband queren. Bei Nässe, wie es heute der Fall war, eher heikel (T5). Wir erreichten den Standplatz und bemerkten dann, dass wir die ersten zwei 3c-Seillängen ausgelassen hatten. Naja, ich schätze viel verpasst haben wir nicht. 

3. Seillänge (4c)
Meine Kollegin befand sich im Vorstieg und war schon mal überrascht über die doch sehr alpine Route. Eine kleine, leicht überhängende Verschneidung galt es zu überwinden, die allerdings gut abgesichert ist. Stand.

4. Seillänge (5b)
Puuuh! Ich stieg die Länge vor und fand die ersten paar Meter schwierig. Ein kleiner Überhang bereitete mir Mühe und ich musste pausieren. Diese Stelle ist auch die Schlüsselstelle der Tour. Die restlichen Meter dieser Seillänge kletterte ich mit grossem Vergnügen. Tolle Griffe! Stand.

5. Seillänge (4c)
Meine Kollegin wieder im Vorstieg. Man hat hier die Wahl zwischen 4c (links) und Variante 6a+. Wir wählten die einfache Variante. 6a+ im Fels ist für uns im Moment noch ausser Reichweite. Wobei auch die Variante 4c nicht ganz so einfach war. In einem Kamin erklettert man die schwierige Stelle, jedoch ebenfalls mit sehr guten Griffen ausgestattet. Aber sie benötigt Kraft. Stand. 

6. Seillänge (4b)
Kurzes Gehgelände und am Schluss eine plattige, kleine Wand, die ich, als nichtplattenfan, ausnahmsweise überhaupt nicht schwierig fand. Tja und dann befindet man sich bereits am Ausstieg. Den Gipfel kann in einfachem II Gelände erklettert werden. 

Den Gipfel genossen wir wieder einmal für uns alleine. Morgens noch sehr wolkenverhangen und eher kühl, genossen wir auf dem Gipfel perfektes Sommerwetter. Erst nach 1.5 Stunden konnten wir uns losreissen. Abgeseilt wird über die Route "Canto di mala vita". Die erste Abseilstelle befindet sich etwas unterhalb vom Ausstieg der "Berlin Wall". Der letzte Standplatz der Route "Berlin Wall" bietet ebenfalls einen eingerichtete Abseilstelle über die mala vita, allerdings reicht von dort aus ein 60 Meter Seil nicht! Wir beide sind dem Abseilen gegenüber nach wie vor sehr skeptisch eingestellt. Seilverhänger! Wir befürchten ständig, dass unser Seil hängen bleibt. Es hat zwar alles wunderbar funktioniert, jedoch nervte uns ein ganz anderer Faktor. Der Mensch! Eine 2er Seilschaft stieg gerade aus der mala vita aus. Wir warteten währenddessen und stiegen danach zum Standplatz, bzw. Abseilstelle ab (3 Meter gut sichtbar unterhalb). Alles eingerichtet, meine Kollegin seilte ab, da kam bereits der erste Herr von dieser 2er Seilschaft wieder hinunter. Gut ok. Ich seilte dann ebenfalls ab, mit dem Gedanken, dass diese zwei Herren, nicht 5 Minuten hätten warten können. Kaum den Standplatz erreicht, schreite der eine Herr "Achtung Seil" hinunter. Genervt bat ich die Herren um 5 Minuten Geduld. Weder wollten wir ihr Seil im Weg haben, noch davon getroffen werden und schon gar nicht, von ihnen gestresst werden. Sie warteten, wir seilten in Ruhe ab, die Herren kamen nach. 

Warum ich diese Geschichte hier schreibe? Ich fand es einfach unnötig. Wir waren relativ zügig beim Abseilen und trotzdem konnte eine Seillschaft es kaum erwarten, den Berg hinunter zu kommen und warf uns zwei Mal das Seil entgegen. Hätten sie nur wenige Minuten gewartet, wären wir uns nie in die Quere gekommen. Abstand und Respekt gehört am Berg, genau so wie beim Autofahren, dazu. Scheinbar nicht für jedermann-/frau. 

Noch ein kleiner Hinweis: Ein 60 Meter Seil reicht aus, wenn auch sehr knapp. Wir seilten mit unserem 60 Meter Einfachseil ab, wie im Führer beschrieben und erreichten den Boden ohne abklettern. 

Fazit: Im wundervollen Sustengebiet befinden sich viele tolle Kletterrouten im besten Fels. Die kurzen Routen am Guferstock bieten alpines Flair vom Feinsten, grandioser Ausblick und Einsamkeit. Der lohnenswerte Gipfel wird, so denke ich, sicher nie überrannt. Wir waren die einzigen in der "Berlin Wall" und die einzigen am Gipfel. Eine, für uns, sehr gelungene und abenteuerliche Tour an die wir uns sehr gerne zurück erinnern werden. 





Tourengänger: Zoraya


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Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

maenzgi hat gesagt: Top
Gesendet am 15. Juli 2018 um 22:41
Toll das es bei euch geklappt hat mit einer guten Klettertour;)

Finde ich gut, dass du es geschrieben hast mit dem Anstand. Der geht leider wirklich verloren. Letzte Woche an den Galtigentürmen liess uns eine Seilschaft vor. Wir stiegen dann hoch und konnten ihnen von der Seite zuschauen. Hinterher kam eine 3e Seilschaft. Diese hatte es so presant, dass der Vorsteiger nur 2-3m hinter dem Nachsteiger her kletterte. Wäre ich das gewesen, ich hätte ihm wohl alle Schande gesagt, weil ich mich noch nicht sehr sicher fühle beim klettern und niemand brauche der mich stresst.

Alpin_Rise hat gesagt: Schnellere Seilschaft vor
Gesendet am 16. Juli 2018 um 09:09
Salut Zoraya,

die Situation kommt mir bekannt vor, oft erlebt, als ich noch oft in beliebten MSL-Touren unterwegs war. Die Geschwindigkeitsunterschiede sind dort riesig.
Die einzige allgemein gültige Lösung scheint mir, als gemütliche Seilschaft eine schnellere (oder gehetztere ,-) Seilschaft am Stand vorzulassen. Sonst bleibt es für alle bis Routenende stressig.
Analog beim Autofahren: wenn mir jemand aufhockt (gefährlich und sinnlos), lasse ich überholen und hab meine Ruhe.

G und gute MSL-Touren,
Rise


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