Merbspitze 3090m - Bockramml und fast eine herbe Enttäuschung


Publiziert von georgb , 15. Juli 2018 um 20:49.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:14 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I   A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1750 m
Abstieg: 1750 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Ahrntal-Prettau
Kartennummer:tabacco Ahrntal

Endlich findet sich ein passender Termin, an dem Manuel und georgb ihre erste gemeinsame Tour zustande bringen könnten. Nur die Zielfindung gestaltet sich etwas zäh, denn unser Konditionszustand ist leicht unterschiedlich. Während Manuel am liebsten mehrere Gipfel am Tag abklappert und das Wort Müdigkeit nicht kennt, bin ich bescheidener und genussfreudiger geworden ;-)
Wir werfen einen Vorschlag nach dem anderen in die Runde und in allerletzter Sekunde findet sich ein Kompromiss, der für uns beide stimmig scheint, die Merbspitze!? Nicht wirklich eine Genusstour, eher ein wilder Rammel, aber noch überschaubar vom Aufwand und für uns beide schon länger auf der Wunschliste. Es gibt nicht viele Informationen über diesen mystischen Berg, es ist von mürbem Fels und ausgesetzten Passagen die Rede, doch eine detaillierte Wegbeschreibung sucht man vergeblich, das ist genau unser Ding! Wir packen Pickel und Steigeisen ein und als Überraschungsgast hat Manuel Lucia dabei, eine leichtfüßige und furchtlose Bergfreundin, das Team steht.
Natürlich haben wir den Wetterbericht und Informationen gesammelt, aber beides ist manchmal wenig zuverlässig und über der Merbalm erwischen wir schon den ersten Nieselregen. Manuel beginnt zu fluchen und checkt sofort die Webcams. "In ganz Südtirol ist Schönwetter, nur hier regnets, i kriag die Loade!" Doch so schnell sind wir nicht aufzuhalten und guten Mutes steigen wir weiter der Merbspitze entgegen, vielleicht sind wir nur zu früh gestartet!?
Es gibt unzählige Varianten, denn nach Spuren oder Markierungen brauchen wir heute nicht gehen, so kämpfen wir uns intuitiv durch die Merbwildnis, immer mit dem Gipfel im Visier. Erster Anhaltspunkt ist eine Scharte im Westgrat, dort sollten wir auf die "Normalroute" treffen!? Wir queren zunächst durch sanfte Wiesen, bevor das Bockgerammel beginnt. Ein wilder Geröllhang steht im Weg und wir mühen uns durch das haltlose Gelände. Halb so wild, Manuel und Lucia kommen gut voran und der ältere Herr mit Respektabstand hinterher ;-) Über einen trittfesten Gletscherrest steigen wir dem Grat entgegen, Steigeisen und Pickel bleiben im Sack und dienen nur dem ballaststoffreichen Trainingseffekt.
Noch ein wenig Schuttgerammel und wir stehen am Westgrat, mit dem Gipfel schon in Sichtweite. Respektvoll tasten wir uns weiter und das Herz sinkt in die Hose. Die scharfe Schneide sieht furchteinflößend aus und mehr als einmal sind wir schon am Aufgeben. "So eine merbe Enttäuschung!" fällt uns dazu nur ein. Unter einem haarsträubenden Abbruch geben wir auf und ziehen uns enttäuscht zurück, das wars mit der ersten gemeinsamen Tour, die Mienen versteinern.
Im Abstieg sichtet Manuel eine scheinbar unpassierbare Schneide und wirft einen letzten verzweifelten Blick darüber. Sein Gesicht hellt sich auf  "Hier könnte es gehen!" Und tatsächlich findet sich in der Südflanke ein deutlich angenehmeres Gelände und sogar angedeutete Trittspuren. Eine etwas heikle, ausgesetzte Querung und der Rest ist Gehgelände, in wenigen Minuten stehen wir am Gipfelkreuz.
Statt herber Enttäuschung Freudestrahlen, das Grinsen geht nicht mehr aus dem Gesicht, wir haben den Bockramml trotzdem noch geschafft! Manuel ist nicht mehr zu halten, packt die Kamera aus und hält das Ereignis hundertfach fest ;-) Wir staunen in die Runde, der Himmel zieht dazu auf und nach und nach befreien sich die Gipfel, herrlich.
Aber der Ramml ist noch nicht gebockt, beim Abstieg braucht es volle Konzentration und die schottrige Querung ist abwärts eine psychologische Schlüsselstelle. Griffe existieren nicht und wer hier rutscht, landet weit unten im Arvental! Glücklich zurück auf der Nordseite kann uns nichts mehr aufhalten, kein Geröll, kein Schnee und keine Killerschafe ;-) Locker ziehen wir zurück zur Merbalm. Von hier sieht man zwar die Merbspitze nicht, dafür findet sich zum Abschluss ein netter, markierter Steig. Beim Bäck in St. Jakob stoßen wir an auf die erste erfolgreiche Tour und hoffentlich noch viele weitere Bockramml!


Tourengänger: Manuel, georgb


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Kommentare (2)


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Manuel hat gesagt:
Gesendet am 16. Juli 2018 um 20:20
ganz toll geschrieben georg; es war mir eine ehre mit einer lebenden hikr-legende unterwegs gewesen zu sein.

georgb hat gesagt:
Gesendet am 16. Juli 2018 um 21:02
Das von einem echten Puschtra zu lesen, bedeutet mir was!!! Danke Manuel, auch du bist jetzt schon eine Legende ;-)


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