Alle zehn Klettersteige auf der Fränkischen Alb an einem Tag


Publiziert von Nik Brückner , 18. Juni 2018 um 21:50.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Fränkische Alb
Tour Datum:16 Juni 2018
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K4+ (S+)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 850 m
Abstieg: 850 m
Strecke:19km
Unterkunftmöglichkeiten:Ich hab' in Königstein übernachtet. Eine ÜN in der Nähe von Noris- und Höhenglücksteig war nötig, um dort in aller Frühe starten zu können.

Diese Tour ist die Fortsetzung meiner losen, etwas spinnerten Reihe, in der ich sämtliche Klettersteige einer Region an einem Tag begehe. 2014 hatte ich mit den Odenwälder Klettersteigen begonnen, 2016 ging es mit den Schwarzwälder Klettersteigen weiter. 2017 folgten alle Klettersteige am Mittelrhein und im Hunsrück, im Herbst dann sämtliche Klettersteige am Main. Im April 2018 konnte ich die Reihe mit allen acht Klettersteigen an der Mosel fortsetzen - alle jeweils an einem einzigen Tag. Nun, im Juni 2018, ging es nach Franken. Franggng. Franggng sächd mer. Nach Franggng fahren, um mal wieder die Weileszeit zu mähen.

Auf der Fränkischen Alb gibt es zehn Klettersteige. Wobei - so sicher war ich mir da gar nicht: Als ich aus den verschiedensten Quellen meine Liste aller Klettersteige auf der Fränkischen Alb zusammenstellte, stieß ich auf zwei Routen, die nur auf der Seite frankenjura.com verzeichnet, und sonst nirgends zu finden waren. Die eine war der Hanni-Treuheit-Pfad, offenbar eher eine Kletterroute, die andere wurde auf der Seite als "Sulzbacher Touristensteig" bezeichnet und als Klettersteig eingestuft. Nachfragen bei frankenjura.com blieben allerdings unbeantwortet, und die Dame vom Tourismusverband Sulzbach-Rosenberg war zwar äußerst freundlich und hilfsbereit, hatte vom Sulzbacher Touristensteig aber noch nie etwas gehört. In einer Wanderbeschreibung tauchte der Name dann noch auf, aber nicht als Bezeichnung eines Klettersteigs. Ich hatte also selbst nachgesehen, am Vorabend, und beide Steige besichtigt (zu diesem "Prolog" siehe hier). Keiner davon kann als Klettersteig gelten - es blieb also bei zehn!

Zum Glück. Denn darunter sind, anders als in anderen Mittelgebirgsgegenden, einige recht ernstzunehmende Routen. Vor allem der Höhenglücksteig hat es in sich - hier steigern sich die Schwierigkeiten bis E/K6. Er zählt damit zu den schwersten Klettersteigen Deutschlands.

Dafür muss man Zeit einkalkulieren. Die Klettersteige auf der Fränkischen Alb sind teils deutlich länger als die kurzen Routen, die man etwa im Odenwald oder im Schwarzwald findet. Auch liegen sie über ein viel größeres Gebiet verstreut. Da heißt es, die Gehzeiten gut kalkulieren, früh losgehen, und sich auf einen sehr langen Tag einstellen. Mein Wecker klingelte um 4 Uhr in der Früh - und um 18 Uhr war ich wieder in meinem Quartier.

Und es heißt klug kalkulieren. Die längsten und (teils deshalb) anspruchsvollsten Klettersteige liegen zum Glück nahe beieinander: Der etwa 4,5 Kilometer lange Norissteig, und der etwa 1,5 Kilometer lange Höhenglücksteig. Direkt neben diesem befinden sich auch noch die Via Ferrata Piccoli und die Via Ferrata Bambini, zwei relativ kurze Übungs- bzw. Kinderklettersteige. Diese vier konnte ich zu einer etwa neun Kilometer langen Route verknüpfen. Zudem setzte ich sie an den Anfang, es sind die bekanntesten Klettersteige der Gegend, und ich erwartete entsprechenden Ansturm ab neun, zehn Uhr. Zu dieser Zeit wollte ich dort schon weg sein.

Der Rest der Klettersteige ist weitaus kürzer. Zumeist fährt man einen Wanderparkplatz an, geht ein paar Minuten zu einem Fels, steigt dann den Klettersteig in wenigen Minuten durch und kehrt zurück zum Auto. Bei einigen kommt man, dabei auf lediglich 15, 20 Gehminuten.  Eine Ausnahme bildete lediglich der Eibgrat bei Spies, eigentlich kein richtiger Klettersteig, aber eine schöne, kraxelige Gratüberschreitung, die ich unbedingt machen wollte, und die nochmal eine Runde von etwa 3,5 Kilometern bildet.


Los ging's also am Norissteig. Mein Plan war, mit ihm bei Sonnenaufgang zu starten, nach der Hälfte dann hinüber in das Tal zu wechseln, in dem sich die Via Ferrata Bambini und die Via Ferrata Piccoli befinden, wo auch der Höhenglücksteig beginnt. Ich würde diese drei Klettersteige gehen, dann wieder zum Norissteig wechseln, und auf diesem zum Parkplatz zurückkehren. Ich hoffte, auf diese Weise dem klettersteigtouristischen Ansturm zu entgehen. Alles, was danach kommen sollte, würde so oder so machbar sein.

Hat geklappt!



1a.
4:45 Uhr: Norissteig, erster Teil


Mein Wecker klingelte früh um vier in Königstein, ich stand auf, hopste ins Auto, legte Hakens "Vector" ein und fuhr auf den großen Parkplatz (372m) am westlichen Ortsausgang von Hirschbach (Unterhirschbach). Um Viertel vor fünf konnte ich dort losmarschieren.

Ich überquerte die Straße, hielt mich rechts, und folgte einem Forstweg talauswärts, an Fischweihern vorbei, und in den Wald hinein. Nach etwa einer Viertelstunde erreichte ich eine Infotafel zum Norissteig, bog scharf links hinauf, und folgte ab hier der grünen Markierung. Sie führt zum Einstieg des Norissteigs, und weiter durch den gesamten Klettersteig.

Der 1929 eingerichtete Norissteig ist einerseits ein richtiger Klettersteig, weil man aber alle Kletterstellen auch umgehen kann, gleichzeitig auch ein abenteuerlicher Wald- und Felsenweg mit optionalen Klettersteigeinlagen. Es geht durch Höhlen und Kamine, über Grate, man durchsteigt Felswände oder quert sie in halber Höhe.

Der Name "Noris" hat einen Bezug zu Nürnberg: Der Name der Stadt leitet sich zwar vom Wort "nor" für 'steiniger Fels' ab (was sich auf den Burgfelsen bezieht), die Nürnberger Humanisten flirteten aber mit der Nymphe Noris, und nannten die Stadt "noris amoena", liebliche Noris, in Anlehnung an den lateinischen Stadtnamen "Noricum" , "Norimberg". Seitdem gilt die Nymphe als allegorische Verkörperung der Stadt.  Die Sektion des des Deutschen Alpenvereins nannte sich später Noris - und so kam auch der Steig zu diesem Namen.


Des unglaub- wie unsterblichen Günter Noris eingedenk stieg ich in den gleichnamigen Steig ein. Die erste Station ist die Amtsknechtshöhle (500m): Am Seil links aufwärts, bis man vor einem Loch steht. Wie weiter? Yep, da geht's hinunter. Durch das Loch gelangt man in eine kleine Höhle. Drüben wieder hinaus und nahezu senkrecht nach oben. Danach geht es erst einmal durch den Wald, dann durch eine weitere Höhle bis zu einem kurzen Grat. Über diesen ungesichert (bis II) hinüber und weiter über mehrere Felspassagen hinauf zum Noristörl (480m). Dort geht's weiter, hinüber zum Norisbrett am Castellfelsen. Hier wird in halber Höhe eine Felswand gequert - sehr spektakulär, aber nicht schwierig. Dann dreht man sich unter einem Felsen und durch ein Loch hinaus. Am Sprungstein vorbei wanderte ich auf dem Weg hinunter zu einer Kreuzung.

Norissteig, erster Teil: 2,2km, 150Hm, T5, B und leichter, I-III- (am Noristörl), 1h


Geradeaus führt der Norissteig weiter. Ich wollte hier aber hinüber zum Höhenglücksteig und zu den beiden Kinderklettersteigen wechseln. Leider sind die hier nirgends angeschrieben, und so versuchte ich mein Glück mit dem Blauen Punkt. Ich folgte dem Weg, bald merkend, dass ich vermutlich einen unnötige Umweg, sowei unnötige Höhenmeter machte. Sobald möglich, wechselte ich zum Roten Punkt, und folgte diesem Weg, bis endlich der Höhenglücksteig angeschrieben ist. Nach 35 Minuten kam ich in der Felsenarena an, in der die drei unmittelbar benachbarten Klettersteige beginnen.

Einfacher und schneller wär's über die Route Gelbes P/Roter Punkt gewesen, das machte ich dann auf dem Rückweg.



2.
6:20 Uhr: Via Ferrata Bambini


Der Bambini-Steig befindet sich direkt rechts unterhalb des Höhenglücksteigs. Ein Topo gibt es hier.

Der Einstieg befindet sich nicht am tiefsten Punkt, sondern ganz links, ein wenig weiter oben am Fels (590m). Über Stifte und Ketten geht's hinunter, dann quert man nach rechts, es geht eine Leiter hinauf, oben über eine Metallbrücke, und die nächste Leiter hinunter auf den Waldboden. Hier wandert man kurz nach rechts, wo es weiter oben weitergeht: Kurz über Fels, dann über eine Kettenbrücke, eine Seilbrücke, und weiter, die rechte der beiden Leitern oben passierend (kurz unangenehm) und über eine weitere Metallbrücke zum Ausstieg (600m).

Via Ferrata Bambini, 30Hm, B/C, 10 Minuten


3.
6:30 Uhr: Kinderklettersteig Via Ferrata Piccoli


Links unterhalb des Höhenglücksteiges befindet sich der kurze Kinderklettersteig Via Ferrata Piccoli. Auch den musste ich mitnehmen - schließlich wollte ich keinen auslassen! Ein Topo gibt es hier.

Der kurze Steig quert eine Felswand kaum einen Meter über dem Waldboden. Er ist weitaus weniger fantasievoll wie der Bambinisteig, man geht viel auf Stiften, für einen Erwachsenen ist das aber nicht ganz leicht, weil das Seil zu tief hängt... Dafür ist man in fünf Minuten durch.

Via Ferrata Piccoli: 5Hm, B, kurz B/C, 5 Minuten


4.
6:40 Uhr: Höhenglücksteig


Dann los! Der von 1932 bis 1937 errichtete Höhenglücksteig zählt zu den schwierigsten Klettersteigen in Deutschland - mit ihm würde die gesamte Tour stehen oder fallen...

War der Norissteig noch eher Günter Noris, ist der Höhenglücksteig eher Chuck Noris: In einer Zeit, in der sich die Schwierigkeit eines Klettersteigs danach bemisst, wieviel Newton der Bizeps halten muss, ist der Höhenglücksteig der ideale Steig: Er verbindet Kraft (Newton) und Weg (Schönheit der Route), indem er durchwegs hohe, senkrechte bis überhängende Wände quert, die man auf Stiftln überwindet. Das geht so lang, bis man nachts davon träumt - allerdings wartet der Steig eben auch mit schönen Aussichten auf, einem Gipfelchen auf halbem Weg, engen Durchschlupfen, ungesicherten Kletter- und schönen Wanderpassagen. Insgesamt klettert man aber die meiste Strecke der etwa eineinhalb Kilometer, die der Steig lang ist.

Der Höhenglücksteig ist in drei Abschnitte unterschiedlicher Schwierigkeit gegliedert, wobei die Schwierigkeiten nach hinten raus zunehmen. Ein Topo gibt es hier.


Am Einstieg (600m) geht es durch einen Kamin hinauf, der mit Stilftln gesichert ist. Oben nach links und nach einer ersten Querung steil hinunter. Es folgt die erste längere Wandquerung, die Echowand. Dann um ein scharfes Eck herum, über das Hollederer Brückl, und weiter durch die senkrechte Wand auf Stiftln zu einem steilen, aber leichten Abstieg.

Nun folgt die berühmte Wittmann-Schikane, der mit E bewertete schwierigste Abschnitt des Klettersteigs. Nach einem kurzem Aufstieg quert man nach links in eine senkrechte, trittarme Wand, ehe es kurz überhängend und weiterhin trittarm in die Tiefe geht. Hier heißt es schnell sein, sonst halten die Bizepse die Newtons nicht lange...

Dann geht's etwas leichter weiter, es werden zwei Wände gequert, auf Stiften, die unangenehm weit auseinander liegen. Dann ist Abschnitt eins geschafft und man wandert hinauf in einen Sattel, von dem aus man den Luginsland (572m) besteigen kann (T4/I), eine kleine Graterhebung mit Gipfelkreuz.

Abschnitt zwei führt dann - wen wundert's - hoch oben durch eine senkrechte Wand, das Petrusbrettl. Es ist nach einem Felspfeiler benannt, dem Petrus, der davor steht. Zwischen Wand und Petrus hindurch, über die Hirschbach-Kanzel, und hinunter auf den Waldboden.

Dort steigt man ein paar Meter hinunter zur Frankenkammer, einer Höhle, die nun, nur spärlich mit kleinen Metallklammern gesichert, abgeklettert wird. Ist man unten, hat man Abschnitt zwei geschafft.

Abschnitt drei ist dann die Königsetappe des Höhenglücksteigs. Eine richtig fiese Wandquerung, in einem nicht unwesentlichen Teil überhängend. Schon der erste Schritt ist heftig: mit dem rechten Fuß um ein Eck und hinein in einen speckigen, abfallenden Tritt, dann mit großem Schritt den linken Fuß auf einen Stift. Nun kaum leichter weiter zu einem Notausstieg. Danach nochmal mit vollem Kraftaufwand weiter in den zweiten und letzten Teil: abgekletterte Tritte, spärlich gesetzte Stifte, überhängender Fels. Nur mit Gewalt kommt man hier durch und drüben hinaus. Dann ist es geschafft.

Um acht war ich am Ausstieg (560m) angelangt. Eine kurze Rast auf einer Bank, dann folgte ich mehr dem Instinkt als einer klaren Beschilderung zurück zum Ausgangspunkt.  Ich nutzte meinen Magnetsinn (und einige schwarze Pfeile) und kam am Bambini-Steig herunter. Perfekt!

Höhenglücksteig: 1,5km 200Hm, D (Varianten bis E), T4-5/II, 1:20h
Ein aufschlussreiches Video von Sacki zum Höhenglücksteig findet sich hier.

Zurück zum Norissteig nahm ich dann die Route über den Roten Punkt und das Gelbe P, die mir auf dem Hinweg schneller erschienen war. Tatsächlich benötigte ich für den Rückweg nur 20 Minuten.


1b.
8:20 Uhr: Norissteig, zweiter Teil


Ich erreichte den Norissteig an genau der Stelle, an der ich ihn verlassen hatte, unterhalb des Sprungsteins. Ich folgte nun wieder der grünen Beschilderung, in der Erwartung, bald an die nächste Kletterstelle zu kommen - an den Franckekamin. Doch der ließ auf sich warten. Lange wandert man durch den Wald hinunter, bis man endlich wieder klettern kann. Der Franckekamin (440m) ist mit Eisenstiften gesichert und führt spektakulär nahezu senkrecht in die Tiefe - das lange Wandern hat sich gelohnt.

Unten angekommen, geht es weiter nach rechts, zum vorletzten Höhepunkt: der 50 Meter hohen Mittelbergwand, die man schon vom Parkplatz aus sehen konnte. Eigentlich eine Kletterwand (Routen von 3 bis 10-) - der Norissteig nutzt eine Schwachstelle und führt auf einer Kante und weiter oben über eine Rampe ausgesetzt durch die Wand. Der Durchstieg durch diese Wand fordert nochmal Kraft, bis es leicht über Felsstufen zum Gipfelkreuz (440m) geht.

Von dort hat man ein bisschen Aussicht, dann geht's weiter zu einem letzten Kletterelement: Einen weiteren Kamin, durch den man spektakulär abklettert. Dann ist's geschafft, und vorbei am Klettergarten Schlaraffenland wanderte ich zurück zum Wanderparkplatz (372m), wo ich um Punkt neun ankam - genau die Uhrzeit, die ich angepeilt hatte!

Norissteig, zweiter Teil: 2,5km, 60Hm, C und leichter, I-II, 40 Minuten
Norissteig, beide Teile addiert: 4,7km, 210Hm, T5, C und leichter, I-III- (am Noristörl), 1:40

Die vier Klettersteige insgesamt: Runde: 9,8km, 430Hm, T4-5 meist leichter, bis E/III-, 4:15

 
Hier traf ich dann den ersten Menschen an diesem Tag: Einen Klettersteiggeher, der mich nach dem Einstieg zum Norissteig fragte, und ob man diesen gut mit dem Höhenglücksteig kombinieren könne. Man kann - ich hoffe, er hatte viel Spaß dabei.


5.
9:40 Uhr: Plecher Klettersteig


Nur noch kurze Klettersteige an diesem Tag! Ein entspannender Gedanke. Ich fuhr über winzigste Dörfer nach Plech, bog im Ort Richtung Hormersdorf ab, und parkte auf dem Wanderparkplatz bei einem Lagerhaus am Ende der Riegelsteiner Straße.

Vom Parkplatz aus folgte ich dem Fuhrweg südwestwärts hinauf zu den schon vom Ort aus sichtbaren Felsen. Eine von ihnen, ein markanter Turm, ist gekrönt von einem überdimensionalen Bühlerhaken (dazu gleich mehr). Am Felsen links davon befindet sich der Plecher Klettersteig. Bei einer Schautafel rechts, und durch Gestrüpp an den Felsen entlang zum Einstieg (477m).

Die Menschen drei, vier und fünf an diesem Tag waren hier zugange: Zwei Kletterer, die mich ein wenig verwundert ansahen, und eine einsame Wand'rerin, offenbar auf der Suche nach der richtigen Inspiration. Für normale Menschen brach offenbar jetzt der Tag an - die Spinner waren fünf Stunden zuvor schon losgelaufen... ;o}

Der Plecher Klettersteig ist recht enttäuschend: Von hier aus sind nämlich bereits 90% des Steigs zu sehen. Man kann über eine Leiter oder rechts davon zu einem waagrecht verlaufenden Seil aufsteigen. Dort finden sich einige Stifte, auf denen man nun nach rechts quert. Um eine Kante herum - das war's. Ein Sprung auf steil abfallenden Waldboden, und man ist durch.

Fad. 10 Meter hoch, drei, vier Minuten Kletterzeit - das ist gar nichts. Ich suchte die Felswände weiter oben nach einer Fortsetzung ab - Fehlanzeige.  Der Plecher Klettersteig ist ein Winzling. Schade, denn er wird immerhin mit C bewertet, und das Gelände würde eine Fortsetzung durchaus hergeben.

Ein bisschen frustriert sah ich mich nach einem anderen Betätigungsfeld um. Der Oskar-Bühler-Turm, nur ein paar Schritte weiter, sah schön aus: Eine schlanke Felsnadel, die von der Bergseite aus durchaus zu besteigen schien.

Oskar Bühler war ein deutscher Bergsteiger, Kletterer, Kletterführerautor - und Erfinder des Bühlerhakens: Mit diesem Bohrhaken aus rostfreiem Stahl hat Bühler zu Beginn der 1960er Jahre wesentlich zur Sicherheit im Sport- und Freiklettern beigetragen. Den ersten zementierten Haken setzte er am 8. Mai 1960 am Albrecht-Dürer-Fels im nördlichen Frankenjura. Form und Größe ergaben sich aus dem Wunsch, sowohl einem Karabiner als auch zwei Fingern Platz zu bieten. Heute finden sich über 30.000 Bühlerhaken in 95% aller Kletterrouten im Frankenjura.

Auf dem Oskar-Bühler-Turm (490m) befindet sich zu Ehren des Erfinders ein überdimensionaler Bühlerhaken, der schon von weitem zu sehen ist. An diesem angekommen, steckte ich zwei Finger hindurch - und meinen Kopf, dann stieg ich den moosigen IIer wieder ab. Das hat Spaß gemacht!

Dann ging's in wenigen Minuten zurück zum Auto.

Plecher Klettersteig: 20Hm, C, 5 Minuten
Oskar-Bühler-Turm: 15 Hm, II-, 5 Minuten

Hin und zurück insgesamt 1,3km, 70Hm, 20 Minuten



6.
10:20 Uhr: Eibgrat Spies


Von Plech aus fuhr ich südwestwärts über Riegelstein in wenigen Minten nach Spies. Nun in nördlicher Richtung aus dem Ort hinaus und in einer Linkskurve geradeaus von der Straße ab, und noch ca. 400m zum Wanderparkplatz am Waldrand.

Ich wusste: Der Eibgrat ist kein klassischer Klettersteig, aber ein sehr abenteuerlicher Wander- und Kraxelweg auf einem etwa eineinhalb Kilometer langen Felsgrat. Den wollte ich keinesfalls auslassen.


Die Route ist vom Wanderparkplatz (541m) aus markiert, und deshalb leicht zu finden. Man folgt einfach der Markierung Roter Strich. Es geht hinauf zum Wald, dann links zum westlichen Beginn des Grats (595m). Hier nach rechts, auch weiterhin dem Roten Strich folgend.

Der felsige und oft schmale Eibgrat erstreckt sich über einen langen Kamm, ist teils ausgesetzt und bietet zahlreiche Kraxel- und Kletterpassagen im ersten und zweiten Schwierigkeitsgrad. Er ist kein Klettersteig, also nicht mit einem Drahtseil versichert, aber auch keine Kletteroute, sondern einer jener abenteuerlichen Wanderwege im spürbaren T-Bereich, von denen man sich viel mehr wünscht.

Es geht nun abenteuerlich, immer ungesichert am Grat entlang. Die genaue Route kann man selbst wählen, ich hab's an verschiedenen Stellen bis T6 geschafft, und keine IIer-Stelle ausgelassen. Erst im letzten Drittel gelangt man dann mal an eine Holzstiege und eine steile Metalltreppe. Danach geht's noch ein gutes Stück weiter, am Schluss durch ein Felsenloch, bevor der Grat im Osten ausläuft (ca. 550m).

Meist wird empfohlen, auf der Nordseite zum Wanderparkplatz zurückzukehren, den Markierungen Grüner Kreis und Blauer Strich folgend. Ich wollte es kürzer haben, und bin im Süden über unmarkierte Waldwege zum Auto zurückgeirrt. Das Wegenetz ist ziemlich labyrinthisch, nicht jeder Weg ist auf Karten eingezeichnet - ich kann's nicht empfehlen.

Eibgrat Spies: 3,3km, 100Hm, je nach Routenwahl bis T6/II, 1:15h, davon auf dem Grat: 45 Minuten
 

7.
12:15 Uhr: Signalstein (Signalfels) Sorg


Von Spies aus ging's über Strahlenfels und Wildenfels weiter Richtung Obertrubach. Kurz davor zweigte ich links ab, und fuhr hinter Wolfsberg rechts hinauf nach Dörfles und Sorg. Am nördlichen Ortsausgang befindet sich ein Wanderparkplatz, dort stellte ich mein Auto ab.

Vom Parkplatz  (550m) aus folgte ich dem Wegweiser zum Signalstein. Vorbei an der berühmten Kletterwand "Klagemauer" geht's in wenigen Minuten zu dem Felsen.

Wie erwartet: Am Signalstein befindet sich kein Klettersteig. Eine metallene Treppe mit 40 Stufen führt zum Gipfel des Felsturms (564m). Hier oben hätte man eine tolle Aussicht - wenn die Bäume nicht höher wären als der Fels. Unverrichteter Dinge stieg ich wieder hinunter und wanderte zurück zum Auto.

Der Signalstein trägt seinen Namen, weil er, schon zur Zeit des Frankenreichs, als Signalstelle diente: Mit Feuer- und Rauchsignalen erfolgte die Übermittlung von Botschaften. Später hatte der Fels dieselbe Funktion für die umliegenden Burgen Egloffstein, Leienfels und Bärnfels.

Signalstein Sorg: 400m, 50Hm, T1, 10 Minuten


8.
12:40 Uhr: Fahnenstein-Steig Tüchersfeld


Von Sorg aus ging's Richtung Norden, Wichsenstein links liegenlassend durch Gößweinstein und hinunter nach Tüchersfeld.

Tüchersfeld. In diesem Ort schlägt das Herz der Fränggischn Schweiz, umgeben von wilden Felstürmen ist er DAS Postkartenmotiv der Gegend. 2014 war ich mit Judith7 schon einmal hiergewesen, bei einer unserer Vorbereitungstouren für die Ost-West-Durchquerung der Alpen. Nun kamen schöne Erinnerungen an den damaligen Zweitager auf.

Direkt am Parkplatz am nördlichen Ortsausgang (355m) beginnt der Steig auf den Fahnenstein. Man folgt vom Parkplatz aus dem ausgewiesenen Wanderweg hinauf auf den Mittelberg (461m). Es geht vor dem Fahnenstein ein paar Meter hinunter , dann über eine Metalltreppe hinauf zu einem Felsenloch. Durch dieses hindurch helfen alte Treppen und ein dickes Seil - dann steht man auf einer Aussichtsplattform am Fahnenstein (455m). Ein Klettersteig ist's zwar nicht, aber es lohnt sich, diesen kleinen Exkurs ins Programm zu nehmen. Ich bin hier gern - und man hat von dort oben eine herrliche Aussicht auf Tüchersfeld.

Hier oben stand mal eine Burg namens Oberntüchersfeld. Sie war eine von zwei Burgen im Ort. Durch Tüchersfeld verlief eine mittelalterliche Straße, zu deren Kontrolle die Burgen wohl gebaut wurden. 1348 wurde erstmals zwischen Oberntüchersfeld, hier auf dem Fahnenstein, und Niederntüchersfeld unterschieden. Oberntüchersfeld ist seit dem Jahr 1445 zerstört, erhalten ist nur sehr wenig: die Durchgangshöhle mit der Felsentreppe, und einige Grundmauerreste auf dem Aussichtsplateau.

Von Niederntüchersfeld ist ebenfalls wenig erhalten, die heutigen Gebäude beherbergen sein 1985 das Fränkische Schweiz-Museum.


Durch das Felsenloch wieder hinunter, und nach einem nicht ganz regelkonformen Abstieg schaute ich noch beim Fränkische-Schweiz-Museum vorbei.

Auf dessen Gelände stehen Felstürme, an denen Drahtseilsicherungen zu erkennen sind, und ich wollte wissen, was es damit auf sich hat. Die Auskunft: Klettersteige sind's leider keine - die Türme werden immer mal wieder inspiziert, dazu dienen die Sicherungen. Schade...

Durch das schnuckelige Örtchen wanderte ich hinaus zum Wanderparkplatz (355m).

Fahnenstein-Steig Tüchersfeld: 1km, 50Hm, T3 (A), 20Minuten


9.
14:00 Uhr: Kemitzen(stein)steig in Kümmersreuth


Ich fuhr von Tüchersfeld Richtung Norden, über Waischenfeld, Plankenfels und Hollfeld, dann die A70 querend über Stadelhofen nach Wattendorf und von dort weiter nach Kümmersreuth. Kurz vor dem Ortsausgang geht's halbrechts durch ein Wohngebiet auf dem Kemitzenweg hinauf zum kleinen Wanderparkplatz am Waldrand direkt unterhalb des Kemitzensteins (Hinweis Kemitzenstein im Ort).

Der Kemitzenstein ist vom Parkplatz (550m) aus schon zu sehen. Man betritt eine schöne, grüne Felsarena.

Auf dem Kemitzenstein fanden sich einige Tongefäße, vermutlich germanisch. Der Ort ist zur Besiedlung nicht geeignet, deshalb wird vermutet, dass er in früher Zeit als Kultstätte genutzt wurde.

Der Klettersteig ist nicht ausgeschildert, und daher nicht ganz leicht zu finden. Er befindet sich ganz links, am westlichen Ende der Felsen, gewissermaßen auf deren Rückseite (560m).

Der Klettersteig führt zunächst eine Felsenrampe hinauf, dann quert man eine plattige Wand, es geht um ein Eck und dahinter über einen kurzen Holzsteg. Danach rechts steil nach oben zum Ausstieg (580m).

Von hier aus bin ich links weglos zwischen Felsen hindurch zum Ausgangspunkt zurück.

Kemitzen(stein)steig in Kümmersreuth: 100m, 15Hm, B, 15Minuten, davon 4 Minuten Kletterzeit


10.
15:45 Uhr: Klettersteig Augsburger Felsen am Hackelstein bei Fuchsmühl


Über die A70 und die gute alte B303 fuhr ich nach Marktredwitz und von dort aus weiter nach Fuchsmühl. In der Ortsmitte zweigt rechts die Waldstraße ab. Auf dieser fuhr ich bis zum westlichen Ortsende, rechtste ab auf die Hackelsteinstraße und stellte mein Auto auf dem Wanderparkplatz am Waldrand ab.

Der Weg zum Hackelstein ist vom Wanderparkplatz (638m) aus gut ausgeschildert. Es geht halblinks in den Wald, dann folgt man dem falschrumen "Play"-Symbol. Nach knapp 20 Minuten ist dann der Hackelstein erreicht.

Der Hackelstein ist ein beliebter Aussichtsfelsen (wenn auch ohne Aussicht). Hier steht auch ein Hüttl, zwei Infotafeln (ohne Infos) und einige Hinweisschilder. Eins davon weist den Weg zum Klettersteig am Augsburger Felsen, dem Nachbarfels des Hackelsteins. Man muss ein bissl Spürsinn haben, es gibt keine weitere Wegmarkierung.

Die Felsen hier sind aus Granit, es hat also weniger Griffe und Tritte als an den anderen Klettersteigen. Zunächst muss man ohne Steighilfen auf einen Absatz hinauf und auf diesem nach rechts zum Anfang des Stahlseils. Dies verläuft nun durchgängig bis zum Ende des Klettersteigs. Zunächst mit Hilfe von Klammern leicht hinauf, auf etwa halber Höhe dann kurz nach rechts zu einem etwas schwierigeren und kraftfordernden kleinen Überhang, der kleineren Personen Schwierigkeiten bereiten dürfte. Darüber dann wieder leichter eine steile Rampe hinauf zum Gipfelgrat, dem man nach rechts, wieder etwas absteigend, zum Gipfelkreuz (715m) folgt. Zurück geht's auf dem Aufstiegsweg.

Klettersteig Augsburger Felsen: 30Hm, B/C, 10 Minuten

Ich habe dann noch den Hackelstein drangehängt. Die Besteigung des 723m hohen Aussichtsfelsens dauert nur ein paar Minuten, ist recht schön - nur leider sind die Bäume höher als der Fels, so dass man nichts sieht. Aber das war ich ja schon gewohnt.

Hin und zurück: 2,3km, 90Hm, 1h



Geschafft! Ich hatte alle Klettersteige auf der Fränkischen Alb an einem Tag begangen. Oder genauer:

Wander- und Kletterstrecke: 19km
Höhenunterschied: 820Hm

Gehzeit einschl. Kletterzeit: 7:55
Fahrzeit: 5:15
Zeit insgesamt: 13:40h (von 4:20 bis 18 Uhr)

Gegen 16:45 Uhr machte ich mich dann auf den Rückweg. Ziemlich genau um 18 Uhr kam ich in meiner Unterkunft an. Reichlich platt. War ein langer Tag - und die anspruchsvollste Klettersteigreihe, die ich je an einem einzigen Tag gemacht habe.



Ausrüstung:

Klettersteigtaugliche Mittelgebirgshalbschuhe sind ausreichend, gute halt. Es gibt welche mit B-Sohle. Helm! Ein Klettersteigset ist auf den meisten Klettersteigen erforderlich oder doch zumindest anzuraten (also nicht auf dem Eibgrat, nicht in Sorg und nicht in Tüchersfeld). Ich habe es lediglich am Höhenglücksteig benutzt.


Fazit:
Oder besser: gleich mehrere Fazitte:

Die klettersteigigsten Klettersteige sind der Norissteig, die Via Ferrata Bambini, der Höhenglücksteig, und die kurzen Steige in Plech, am Kemitzenstein und am Augsburger Felsen.

Überhaupt keine Klettersteige sind der Eibgrat, der Anstieg auf den Signalstein und der Fahnenstein-Steig in Tüchersfeld. Ich hab sie trotzdem dazugezählt, "zehn" klingt mehr als "sieben".

Die landschaftlich schönsten Routen sind der Norissteig, der Höhenglücksteig, der Fahnenstein-Steig, die Steige am Kemitzenstein und am Augsburger Felsen - und dazu der Eibgrat.

Klasse ist, dass die meisten der Klettersteige richtige Klettersteige sind. Auch unter den kurzen sind einige richtig knackig. Eine echte Überraschung war der Eibgrat, der zwar kein richtiger Klettersteig ist, aber eine lange, vergnügliche Gratkraxelei bis hinauf in den IIten Grad bietet.

Die Klettersteige sind gut, teils hervorragend markiert. Nur vom Norissteig zum Höhenglücksteig zu finden, war schwierig. Der Wald ist durchzogen von breiten und schmalen Wegen, die nur teilweise markiert sind, und die Klettersteige sind jeweils nur im nächsten Umfeld ausgewiesen.

An den vielbegangenen Klettersteigen (Norissteig, Höhenglücksteig, Bambini, Piccoli) stehen Infotafeln, an einigen kleineren auch (Plech, Augsburger Felsen), leider nicht an allen: Der Kemitzenstein-Klettersteig ist überhaupt nicht kenntlich gemacht.


P. S.:

Sorry wegen der vielen Bilder - das kommt zusammen, weil ich jeden Klettersteig mit wenigstens ein paar Fotos fietschern wollte. Immerhin sind die wenigsten von ihnen bisher auf diesen Seiten vertreten.


Und die Fortführung meiner Reihe? Weiterführen konnte ich sie mit der Begehung sämtlicher Klettersteige im Urdonautal, mit allen Klettersteigen an der Saarallen Klettersteigen auf der Schwäbischen Alb sowie mit allen Klettersteigen in Thüringen. Und mit allen Klettersteigen in den Vogesen!

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (4)


Kommentar hinzufügen

klemi74 hat gesagt:
Gesendet am 23. Juni 2018 um 13:48
Hallo Nik,

Ich will Dir ja Deine Illusion von zehn Klettersteigen in der Fränkischen Alb nicht nehmen, aber der Hacklstein liegt im Steinwald und wäre hier dem Fichtelgebirge zuzuordnen.

Ansonsten aber tolle Idee und gute Umsetzung, sowohl läuferisch als auch schriftlich...

Gruß,
Karsten

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. Juni 2018 um 10:18
Hi Karsten!

Damn! Einen zu viel gegangen....

Was soll ich sagen! Weiß ich! Ich komme ja aus der Gegend. Das Problem liegt in der Formulierung, nicht in der Tour selbst. "Alle Klettersteige in Franken" geht nicht, weil's zwei am Untermain gibt, die man am gleichen Tag nicht mehr hätte unterbringen können (oder doch?!?). "Alle Klettersteige in der Fränkischen Schweiz" geht auch nicht, weil nicht alle in der Fränkischen Schweiz sind. Der Name "Fränkische Alb" war also einfach der, der das meiste abdeckt.

Grüßle,

Nik

viaferrata hat gesagt: A good plan
Gesendet am 22. September 2020 um 21:11
Schöne Idee und tolle Umsetzung - die Klettersteige in der fränkischen Schweiz sind aber auch wirklich lohnenswert (und lassen sich auch schön mit den benachbarten Felskletterrouten kombinieren)

Nik Brückner hat gesagt: RE:A good plan
Gesendet am 28. September 2020 um 10:34
Danke Dir! Ja, das war ein schöner, langer Tag. Kletterer haben da sicher weniger Fahrerei.

Herzlichen Gruß,

Nik


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