Cima di Visghed und Val Drosina, von Prosito nach Lodrino


Publiziert von Kik , 13. Juni 2018 um 15:44.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum: 9 Juni 2018
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Poncione Rosso   CH-TI 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m

Das Val Lodrino war schon Tummelplatz einer Reihe von geländetüchtigen Hikrn, deren begeisterte Berichte über die abgeschiedene Landschaft uns neugierig gemacht haben. Bulbiferum hat das ganze Tal bis zu den Alpen Drosina und über die Gipfel Sbordan und Visghed in einem einzigen Tag  erwandert. Das liegt weit über unseren konditionellen Möglichkeiten. Dafür erhielten wir gute Auskunft über das Rifugio Scengio di Vacche vom Patriziato di Lodrino, so planten wir eine gemütliche zweitägige Tour.
 
Wie Donalpi laufen wir zwischen Kirche und Friedhof von Prosito los, queren das Brücklein und gelangen auf den guten Weg nach Bergnauri. Bei allen möglichen Abzweigungen geben Blechschilder die Ziele an. An einer gewaltigen Kastanie beim Haus in Mairengo hängt sogar ein gelbes Wanderwegzeichen. Auf der grossen Terrasse von Bergnauri geht ein angenehmer Wind. Vor dem gepflegten untersten Haus gibt’s ein Bänklein im Schatten, einen Brunnen und prächtige Sicht auf den Pizzo Claro gegenüber, der ideale Platz für unser Zmittag.  Der obere Teil von Bergnauri ist am Zerfallen. Der Weg ist nun deutlich weniger begangen, aber zuverlässig mit roten Punkten markiert. Alpenrosen und blühender Goldregen hängen am Rand der Felsen vor Pianascio (di Lodrino). Hier halten Schafe die Weide frei. Der Weg über das Felsband nach Scengio di Vacche bietet einen Blick wie aus dem Flugzeug auf den glitzernden Ticino und den Flugplatz von Lodrino.
 
Das Rifugio Scengio di Vacche steht in einer nassen Wiese mit hübschem Wollgras, mit Sicht zur Cima di Negrös. Es hat alles, was es braucht: Vier breite Schlafplätze mit Matratzen, Wolldecken und Schlafsäcke im Fass, Kissen in Säcken aufgehängt, Tisch mit vier Stühlen, ein Gaskocher, Pfannen, Geschirr, Besteck, Abwaschbecken mit fliessendem Wasser und ein Cheminée, das wir sogleich anzünden, um die Feuchtigkeit zu vertreiben. Es hätte auch solar gespiesenes Licht, im Juni nicht nötig, Jasskarten und ein Sudokuheft. Unser Luxus ist das Wasserfass draussen, herrlich bei dieser klebrigen Hitze.
 
Der klare Morgen lockt zum Aufbruch. Auch der Weiterweg ist markiert, es hat nicht überall eine Spur. Die Alpe di Pianezzo ist noch freier gelegen als Scengio di Vacche. Der Höhenweg zur Alpe Visghed führt durch steilen, hellen Lärchenwald, eine Traumwanderung senkrecht über der Riviera. Beim ersten Haus auf Visghed begrüsst uns ein weissbärtiger Bewohner, beschäftigt mit Vorbereitungen für die 20 (!) Besucher aus dem Tal, die er heute erwartet. Trotzdem will er uns gleich zu einem Kaffee einladen. Wir haben aber noch ein längeres Programm. Er weist uns die Route direkt den Hang hoch, für ihn wohl ein Pappenstiel, für uns aber recht anstrengend steil durch die Alpenrosen überwucherten Blöcke bis zum grasigen Rücken. Die letzten grossen Blöcke links umgehend erreichen wir den einmaligen Aussichtspunkt beim Kreuz auf der Cima di Visghed(Ost).
Wir steigen über den Rücken und die Weide  zum Weg nach Sbordan ab. (Diese Route wäre auch für den Aufstieg bequemer). Dann setzt sich die Traum-Höhenwanderung fort. Auch Sbordan und Pianascio (di Moleno) sind sehr gepflegt, die Umgebung ausgemäht, Solarpanel, gehacktes Holz, Granittisch und Bänke, in den fliessenden Brunnen ein paar Bierbüchsen.

Auf Drosina di sopra arbeiten vier Männer aus Lodrino. Drei davon sind Jäger, aber noch viel mehr. Sie halten die ehemaligen Weiden frei. Heute morgen haben sie östlich der Alp Erlen gesägt. Jedes Jahr nehmen sie sich ein Stück Gelände vor, das sie entbuschen und roden. Der Älteste von ihnen tut das seit 30 Jahren. Schafe gebe es im ganzen Tal keine mehr. Es habe hier auch keine Wölfe. Sie halten auch die Wege im Stand. Mitte Juli mähen sie sie jeweils aus. Wir fragen, ob sie Unterstützung hätten vom Patriziato oder ob es eine Interessengemeinschaft gebe. Nein, die Alpen seien privat, jeder arbeite für sich und für das Tal. Touristen wie wir kämen ganz wenige vorbei. Auch hier wird uns sofort Bier oder Kaffee plus angeboten, den wir gerne annehmen (ohne plus).
 
Beim Abstieg ins Val Drosina sind wir froh um ihre Wegarbeit. Die steilen Granittreppen sind glitschig, aber bestens mit einem Kabel gesichert. Über die neue Holzbrücke erreichen wir Drosina di sotto. Auch hier: gepflegt ausgemäht, Solarpanel, Brunnen mit fliessend Wasser und Bier. An einem mit SBB-Plane abgedeckten Ställchen hängt ein Plakat: Drosina libera! Wir wollen uns sofort dieser Republik anschliessen. Den Presidente, Capo del Governo oder CEO, CFO und Emissario haben wir oben kennengelernt, wir wären i fedeli bzw. das Fussvolk.

Nun geht es das lange Tal hinaus. Die Abzweigung nach Vercasca ist gut markiert, diejenige nach Foch/Sbordan übersehen wir. Die Übergänge über die Sprügh da Sprüera und zwei weitere Bäche sind mit Drahtseilen gesichert, bei Vereisung kein Luxus. Es zieht sich bis Dureda. Die verrostete Vespa im Hüttchen am Weg darf nicht auf einen Fahrweg hoffen lassen. In Pönn begrüsst uns der Lärm aus dem Tal und zwei neugierig freundliche Esel. Der Fussabstieg wird wohl wenig benutzt. Die Treppe hinter Motto Contea ist von Farn überwuchert, Schnaken freuen sich über die seltene Beute. Kurz vor den letzten Treppen setzt sich der Riale noch mit einem letzten Fall in Szene. Dann sind es nur noch ein paar Schritte über die alte Brücke bis zum Beizlein in Lodrino.  
 

Tourengänger: Kik


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Kommentare (4)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 14. Juni 2018 um 07:02
eine schöne Tour - mit interessantem Bericht

Gesendet am 15. Juni 2018 um 14:29
Great!
nice trip, wild area, beatiful

Kik hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Juni 2018 um 21:23
Danke. Es ist erfreulich, zu sehen, wie sich die Leute um das Tal kümmern.

Kik hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Juni 2018 um 21:25
Grazie. We appreciated very much to see, how the people of the valley care for it.


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