Kesselschneide (max. 1930 m) - unterwegs auf dem einsamen unteren Plafetschkamm


Publiziert von gero , 27. Mai 2018 um 10:44.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:25 Mai 2018
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 785 m
Abstieg: 785 m
Strecke:P Runggun - Plafetschalm - P 1930 - Kugelter Kopf - Kesselspitze - Abstieg Tschamintal - P Runggun (8,8 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Aus dem Eisacktal bei Blumau hinauf nach Tiers / St- Zyprian. Auf der Nigerpaßstraße bis nach der ersten Kehre, kurz danach scharf links abbiegen zum gebührenfreien P Runggun.
Kartennummer:Tabacco Nr. 029 (Schlern-Rosengarten-Latemar 1:25.000); Freytag & Berndt WKS 7 (Überetsch - Südtiroler Unterland 1:50.000)

Sie fehlte mir noch in meiner Sammlung südtiroler Frühlingstouren: die sogenannte Kesselschneide, nämlich der untere Teil des Plafetsch-Kammes. Nachdem ich die Rundtouren über dessen oberen Teil bereits begangen und beschrieben habe (Söllnspitze, Plafetschspitze Bericht_hier), wollte ich nun erkunden, was es mit dem Kugelten Kopf und der Kesselspitze auf sich hat.

Bereits bekannt ist mir der Aufstieg vom P Runggun (1220 m) zur Plafetsch-Alm (1570 m) aus dem letzten Jahr (Bericht_hier). Wieder marschiere ich vor Tau und Tag auf den prächtigen Schluß des Purgametschtales zu, der durch die Wände und Türme der Rosengartengruppe, speziell der Vajolet-Türme, gebildet wird. Nach der Plafetschalm geht es noch 10 Minuten bis zum Waldrand dahin, dann dort links (westwärts, keine Markierung) aufwärts, an einem auffallend langen Weidezaun und an Wiesen entlang. Er mündet oben auf eine kleine Forststraße, hier geht es rechts in zunächst sanfter Steigung bergan bis zu jener Stelle, an der es steil zum Plafetschkamm hinauf geht (keine Markierung; ca. 90 Min).

Für die nächste halbe Stunde heißt es nun kräftig anschieben: fast ohne Kehren führt der deutliche Steig mehr oder weniger direkt den sehr steilen Waldhang aufwärts zum kleinen namenlosen Sattel (ca. 1850 m) zwischen Söllnspitze und Kugeltem Kopf (ca. 2 Std ab P). Bis hierher ist mir das Gelände aus dem letzten Jahr bekannt, als ich hier, vom oberen Plafetschkamm kommend, abgestiegen bin; nun beginnt für mich Neuland.

An zwei Bäumen befinden sich, sehr auffällig, zwei gelbe Streifen und ein Blechschild "S4 / 50": ich halte dies für irgendwelche Forstkennzeichnungen, aber wie sich im folgenden herausstellt, stellen die gelben Streifen auf unerwartete Weise die Markierung des zwar dünnen, größtenteils aber deutlichen Steiges über den unteren Plafetschkamm dar. Sie führen zunächst auf dessen höchsten Punkt (namenlos, ich habe ihn hier Kote 1930 genannt entsprechend seiner ungefähren Höhe). Sehr eindrucksvoller Blick zur nahen Söllnspitze, die von hier aus als steiler Zahn erscheint.

Der Plafetschkamm macht seiner Bezeichnung - ebenfalls in unerwarteter Weise - durchaus alle Ehre: ich vermutete hier einem breiten Waldrücken zu folgen, aber dieser wird ab und an tatsächlich zu einem ziemlich schmalen Kamm (um nicht zu sagen: Grat), er ist gelegentlich sogar etwas ausgesetzt (aber nie schwierig oder gar heikel). Man darf nur nicht ausrutschen (in den letzten Tagen hat es viel geregnet, dementsprechend glitschig ist der Untergrund, ich muß mich durchaus konzentrieren), südseitig fallen Schrofenwände ins Purgametschtal ab, und nordseitig hat es steile Waldhänge hinab ins Tschamintal.

Immer wieder wird der bewaldete Kamm durch Aussichtspunkte aufgelockert: Schaustücke sind natürlich die westseitigen Wände der Rosengartengruppe, aber auch südseitig die Latemargruppe. Und auch der Blick über das steil eingeschnittene Tschamintal hinüber ins Schlerngebiet kann sich sehen lassen.

So wandere ich dahin, immer den gelben Streifen an den Bäumen folgend. sie sind geradezu auffallend häufig. einer nach dem anderen und lassen keinen Zweifel über die Richtigkeit des Weges aufkommen. Nach Kote 1930 geht es durch etwas unangenehmen Waldbruch abwärts (unangenehm insofern, als die gebrochenen Bäume kreuz und quer übereinander liegen und wegen der Nässe etwas mühsam zu überklettern sind). Dann geht es wieder hinauf zum Kugelten Kopf (1835 m): er stellt eine wunderschöne Aussichtsloge über dem Purgametschtal dar, so richtig mit weitem Blick über das sonnige Südtirol.

Danach geht es, ständig leicht fallend, über etliche Graterhebungen: eine davon muß der Kesselspitz (1698 m) sein, eine genau Zuordnung ist nicht möglich. Übrigens sind sich auch die Landkarten nicht so ganz einig, welche dieser Kuppen wie hoch ist, und welche wie heißt. Ein fast weißer Fleck im Rosengarten - wo gibt es denn so was! Letztlich ist dies wohl eine Folge der totalen Einsamkeit, in der ich mich hier bewege, abseits der übervölkerten Trampelpfade.

Wie wird mich dieser mit gelben Baumsteifen markierte Steig hinab ins Tal geleiten? Ein bißchen lastet dieser Gedanke wie ein Fragezeichen auf mir, denn vom Tal aus gesehen, endet der Plafetschkamm westseitig zuletzt mit Felsabbrüchen.  Schließlich liegt ein letzter bewaldeter Kopf vor mir, und hier endet besagter Steig plötzlich an einem 20m hohen Felsabbruch mitten im Wald. Ob es da hinunter geht? Für mich ein Ding der Unmöglichkeit, alles ist bemoost und glitschig, dabei vermutlich IIer-Gelände. Das Risiko, dort hinab zu klettern, kann ich nicht eingehen. Gelbe Ringe gibt es plötzlich auch keine mehr .... wie also weiter?

Der letzte gelbe Markierungsring, den ich passiere, trägt die Bezeichnung S3 (s. Foto). Ein Blick in die Lk sagt mir: an dieser Stelle sollte es möglich sein, nordwärts ins Tschamintal abzusteigen. Und so mache ich es dann auch ... steil und nun pfadlos geht es bergab, ich muß gut aufpassen, nicht auszurutschen - aber Schwierigkeiten gibt es keine. Ich erreiche schließlich die Forststraße, die ich im Mai 2016 zur Söllnspitze aufgestiegen bin, sie leitet mich bequem hinunter ins Tschamintal, und dann zurück zum P Runggun.

Fazit:
eine nette Rundtour in die absolute Einsamkeit, gut geeignet als Unternehmung bei  frühlingshaften Bedingungen, die aber einiges an pfadfinderischen Fähigkeiten verlangt. Eine gewisse Trittsicherheit ist wegen immer wieder kurzer, minimal exponierter Abschnitte erforderlich. Auf keinen Fall eine Ausweichtour für Schlechtwettertage !

Tourengänger: gero


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