Kurzbericht 

Aufriss an den Ruchenköpfen


Publiziert von ZvB , 13. Mai 2018 um 14:32.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum:12 Mai 2018
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:~19km
Unterkunftmöglichkeiten:Rotwandhaus
Kartennummer:DAV BY15

Vermutlich gehören die Ruchenköpfe zum alpinen Kindergarten der meisten Münchner Bergsteiger und Kletterer. Es lockt eine sonnige und trockene Südwand mit verschiedensten Routen. Der Zustieg ist meist schon früh im Jahr schneefrei.

Der Wolfgang und ich haben uns heute zunächst für die Zustiegsvariante zum Westgratansatz entschieden, um dann mal zu schauen, was wir versuchen wollen. Auswahl gibt es schließlich genug. Es wurde dann der Münchner Riss, ein Klassiker im oberen dritten Schwierigkeitsgrad.

Überblick Routenverlauf




Zustieg

Am Ende der Latschegasse trifft man auf ein kleines Geröllfeld. Dieser kurze Satz erschließt jedoch nicht annähernd, wie umständlich und zeitraubend wir hierher gelangt sind. Einfach unter den Felsen des Westgrates bleiben und schon steht man am Einstieg.

1. SL Westgratzustieg

Reichliche Bohrhaken weisen den Weg nach oben. Es geht gleich steil zur Sache (III+) bis man unter einem Bauch steht - rechts oberhalb eine Schlinge. An dieser Stelle kommt es darauf an sich oben fest einzukrallen und die spärlichen, kleinen Tritte auszunutzen (IV-). Dann folgt auch schon der erste Standplatz mit reicher Hakenauswahl auf einem komfortablen Absatz. Obacht, der äußerst rechte Bohrhaken sitzt locker!

2. SL Westgratzustieg

Wolfgang kommt nach und geht gleich weiter. Das Seil läuft flüssig. Viele Zwischensicherungen scheint es nicht zu geben. Beim Nachstieg kann ich mich davon überzeugen. Man folgt einem Riss (III) der sich nach oben hin öffnet. Zuletzt geht es über plattige Stufen (IV-/III+) zum Stand mit dem großen Bügel.

Das Südwandband

Nach kurzer Beratung entscheiden wir uns dafür, die Tour durch den Münchner Riss im rechten Wandteil fortzusetzen. Eigentlich muss man ja "nur" über das Südwandband ca. 40m spazieren und steht schon am Einstieg! Nun ganz so einfach ist es dann doch nicht. Zwischen dem Einstieg in die "Neue Südwand" und einem ca. 25m entfernten Stand ist Klettern nötig. Die Überquerung des "Dülfer Riss" erfordert doch zupacken (III/III+) und Sicherungsarbeit. Über zwei rostige Ringhaken, die aus der Zeit von Dülfer persönlich zu stammen scheinen, freue ich mich sehr. Der einzige Friend (0.75), den wir dabei haben, kommt zum Einsatz. Hat man den Abwärtsschritt geschafft, dann hangelt man sich schrofig und luftig (II) unter einer Platte bis zu einem Ringhaken über einem bequemen Absatz weiter. Nachkommen bitte! Ab hier kann man wieder gehen (I).

1. SL Münchner Riss

Ein großer, alter Ringhaken präsentiert sich als Ausgangspunkt so mancher Kletterroute im Oststeil der Südwand. Allerdings verschließt der Himmel die Sonne und wir erkennen diesen Startpunkt nicht sofort. Etwas später ist ein Standplatz unter grauem Himmel eingerichtet und ich steige vor in die ersten Meter der Wand. Das fehlende Sonnenlicht und die sehr, sehr seltenen Bohrhaken dieser ersten Seillänge drücken auf meine Stimmung. Dennoch findet man in diesem Riss immer brauchbare Griffe und Tritte. In einem Spalt kann ich den einzigen Friend bombenfest versenken, um mich an die letzte Schwierigkeit heranzuwagen. Der Riss präsentiert sich nun in jeder geometrischen Hinsicht senkrecht und biegt dann nach scharf nach rechts ab. Ein letzter Bohrhaken, ein ausgebauter Standplatz und ich kann endlich durchschnaufen. Das waren 20m anhaltend III+. Den Wolfgang kann ich vom waagerechten Standplatzriss aus schon gar nimmer sehen. Nachkommen!

2. SL Münchner Riss

"Wolfgang, wie wäre es, wenn Du die nächste SL vorgehst!" Überschwengliche Freude kann ich leider gerade nicht in seinem Gesicht entdecken. Nach reichlichem Beratschlagen und bestem Zureden kann ich es mir dann doch endlich in der Standplatzschlinge bequem machen. "Ist das ein Geschleiche", kann man aus der Platte über mir vernehmen. Drei Ringhaken leiten trittarm und an speckigen Leisten nach schräg links oben (III+). Ich gebe meinem Kameraden kluge Ratschläge mit. Dann, jenseits des dritten Hakens, entschwindet Wolfgang aus meinem Blickfeld. "... leichter ...", schallt es um die Kante herum und das Seil gleitet flüssig durch meine Hände. Nun bin ich an der Reihe.



Die von mir zuvor als riesige Trittfläche angepriesenen Stellen, erweisen sich nun als strukturlose Dellen im grauen Fels. Respekt, Wolfgang. Im Nachstieg erkenne ich zumindest noch ein paar mehr günstige Griffe. Links um die Kante herum muss man einen Schritt nach unten machen. Das ist der ganze Trick. Sodann finde ich mich in einer Ausstiegsrinne wieder. Nochmal raus auf eine Rippe (III-) dann geht es leicht (II) und eher botanisch über die letzten Meter zum oberen Ende. Wie auf Kommando kommt die Sonne wieder heraus. Zeit und Hände hoch frei für Fotos.

Abstieg

Heute hat Wolfgang ein 60m-Zwillingsseil dabei. Die Abfahrt über die "ausgeschilderte" Westkantenabfahrt ("Ring") lässt sich damit in einem Zug bewältigen. Das mit dem verhedderungsfreien Auswerfen des Seils müssen wir dagegen noch üben...



Beim unteren Abseilhaken halte ich kurz auf dem kleinen Absatz inne. Das wäre ganz schön eierig, wenn wir jetzt hier zu zweit an der Selbstsicherung baumeln würden, um das Seil abzuziehen und erneut durch den zweiten Haken zu fädeln. Wie immer im Leben gewinnt der, der wo das Längere hat ...
Die zweite Abfahrt führt über den zuvor beschriebenen Zustieg.

Abstecher

Wir bouldern noch am Brotzeitfelsen und gehen dann weiter zum Auerspitz. Vielleicht kann man von dort einen schönen Blick auf die Südwand und das heutige Tagwerk erhaschen? Als wir oben sind, wird es heller. Nach dem Abstieg durch Latschengassen, gelangen wir in einen Sattel. Die Sonne strahlt für heute ein letztes Mal kurz mit voller Kraft.

Abschied

Als am Rotwandhaus die ersten Hagelkörner in das alkoholfreie Weißbier fallen, wird uns schnell bewusst, dass wir heute nicht ganz trocken zum Spitzingsee zurückkehren werden, dafür aber zufrieden und ein ganzes Stück schlauer. Wir werden gerade eine richtig gute Seilschaft.

Wie immer, Bilder

Es gibt natürlich, wie sollte es anders sein, auch Bilder. Ganz zufrieden bin ich persönlich mit denen jedoch nicht. Das Licht stimmte heute streckenweise überhaupt nicht. Und an so mancher Kletterstelle war ich einfach zu beschäftigt, um noch den Auslöser zu drücken. Schade, dann müssen wir wohl doch nochmal in die Südwand. Genug Routen gibt es ja ...

Hinweise & Tipps

Die angegebene Zeitdauer schließt Pausen, Herumtrödeln und Verhauer mit ein.
Die Wanderschwierigkeit bezieht sich lediglich auf die Wanderstrecken.
Die Ausrüstung sollte mind. ein 50m-Seil, 7 Expressen, ein paar mittlere Klemmkeile/Hexas und einen Friend 0.75 umfassen.

Tourengänger: ZvB


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