Hängende Gärten (140m, 4 SL, WI 6) mit Sturz im Vorstieg bei -17°C


Publiziert von pete85 , 26. Februar 2018 um 07:54.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum:22 Februar 2018
Eisklettern Schwierigkeit: WI6
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 250 m

Genau eine Woche zuvor starteten wir den ersten Versuch die Hängenden Gärten zu klettern. Leider mussten wir dann feststellen, dass sich schon eine Seilschaft am Einstieg befindet, sowie 2 weitere Seilschaften in der Easy Afternoon, so dass wir uns am Ende vernünftigerweise für eine Kletterei im Stubaital entscheiden mussten.
Unser Doppelseil existiert seit der Tour von vor 7 Tagen ja auch nicht mehr komplett und das bestellte ist noch nicht eingetroffen. So entschieden wir uns für ein 50 Meter Einfachseil und eine Rap Line von 50 Meter im Rucksack, damit wir später 50 Meter abseilen können.
Heute starteten wir noch ein paar Minuten früher um kurz nach 7 Uhr. Laut Wetterbericht sollte es keinen Neuschnee gegeben haben, der Himmel sollte klar sein und die Temperatur bei ca. -12 °C liegen.
Bereits am Auto hatten wir -14°C, an der Wand -17°C. Bei so unterirdischen Temperaturen war ich glaube noch nicht Eisklettern. Etliche Male bei -10°C oder leicht darunter, aber -17°C wohl bisher noch nicht.
Neuschnee hat es über Nacht natürlich auch noch gegeben. Nicht viel, aber ca. 2-3 cm.
Trotz Neuschnee war die breit getretene Spur zu den Eisfällen gut sicht- und gangbar.
Noch bevor wir den Einstieg erreichten, bemerkten wir das Zusteigen einer weiteren Seilschaft zu den Hängenden Gärten. Was für ein Unsinn! Da der Eisschlag aus dem oberen Routenteil sich über die komplette Route verteilt, würde ich (wie für die meisten Eisfälle üblich) keinem empfehlen als zweite Seilschaft einzusteigen. Durch den Neuschnee (der an den oberen Stellen im Eisfall durch fließendes Wasser noch mit Eis überzogen war) kam erst recht mehr runter, auch bei vorsichtiger Kletterei.
Und da über den Eisfall auch abgeseilt wird, haben meine Freundin und ich uns dann über den Eisschlag der beiden anderen freuen und so auch unsererseits ein paar blaue Flecken davontragen können.

Aber zur Route:
Die erste Seillänge eignet sich sehr gut zum einklettern. Hooks und Tritte waren zwar durch den Neuschnee kaum sichtbar, konnten aber gut "erfühlt" werden, so dass selten geschlagen werden musste. Insgesamt ein sehr zügiges Vorwärtskommen bei gut eingepickelter erster Seillänge.
Hinter der Säule der Schlüsselseillänge befindet sich ein BH für den Stand (bei aktuellen Verhältnissen etwas hoch, man muss sich strecken). Dort wurde von uns Stand bezogen und ich startete in die zweite Seillänge. Zunächst geht man (im Aufstiegsinne betrachtet) links über gute Tritte und Hooks wenige Meter nach oben bis unter einen Überhang (siehe Bilder). Dann kann man nach rechts an einen Zapfen ausspreizen und schlägt seine Pickel in die Blumenkohle oberhalb, Queren an den Zapfen. Danach noch schnell rüber über die Blumenkohle und die eigentlich steilste (und so denkt man auch schwerste) Stelle ist geschafft. Bis hier hin waren meist gute Hooks und Tritte vorhanden, mit Schrauben konnte gut gesichert werden trotz Röhreneis.
Anschließend wird es kurz flacher, bevor noch ca. 30 Meter senkrechte Wand auf einen warten. So steige ich dann auch 10 Meter in der senkrechten Wand weiter nach oben. Bereits zu Beginn fragt man sich, ob und wo hier alle anderen durch sind. Gute Hooks (und erst recht Tritte) sucht man fast ausschließlich vergebens. Natürlich hatte auch hier der Neuschnee seine Finger im Spiel und hat alles bedeckt. Aber so sehr man auch suchte, nur selten ließ sich ein guter Hook oder Tritt finden. Sehr erschwerend kam hinzu, dass das Eis auf gut 20 Meter in dieser senkrechten Eiswand extrem hart und spröde war. Auch in diesem Jahr sind wir genug hartes, sprödes Eis geklettert, aber das hier schlug alles. Die Pickel bekam man (häufig genug schlagen) schon gesetzt. Aber bei den Steigeisen hatte man das Gefühl Spielzeug an den Füßen zu haben. Man glaubte eher sie würden jeden Moment kaputt gehen, jedenfalls drangen sie in keiner Weise ins Eis ein.
Nichts desto trotz waren die Verhältnisse nicht schlecht - es ließ sich ja klettern (wenn eben auch mit mehr Aufwand wegen des harten Eises) und Absichern ließ es sich auch fast überall, ohne groß Abstriche machen zu müssen.
Nach ca. 10 Meter in dieser harten senkrechten Wand legte ich eine Zwischensicherung, kletterte einen Meter, hookte mit dem rechten Eispickel in einem guten Hook, schlug den linken Pickel ein, stieg höher und rutschte mit beiden Füßen weg. Der rechte Pickel rutschte sofort aus dem Hook und der linke brach aus (sprödes Eis). Da ich gerade umgreifen wollte, hatte ich den linken Pickel nicht in der Hand - dieser kam (durch die Y-Schlinge) mit schöner Wucht meinem rechten Bizeps entgegen. Den Schlag spürte man deutlich. Meine Freundin vernahm unten noch ein kurzes "Fuck!", bevor sich das Seil straffte. Ich selbst fand mich 7 Meter unter meiner vorherigen Position wieder. Der Sturz selbst war weich (Gott sei Dank. Das letzte was man beim Eisklettern möchte ist stürzen), jedoch schmerzte der Bizeps deutlich. Und ich musste die 7 Meter in diesem harten Eis wieder hoch (das schmerzte fast noch mehr). Oben gönnte ich mir in der Zwischensicherung noch eine Pause, bevor ich mich noch 3 Meter weiterquälte und Stand bezog. Das erneute hochklettern und der schmerzende Bizeps verlangten einfach nach einer Pause.
An dem Punkt wollte ich auch schon abseilen - aber mit einem 50 Meter Einfachseil wär das 30 Meter über dem letzten Stand nicht so einfach möglich gewesen. Die 50 Meter Rap Line befand sich ja im Rucksack meiner Freundin. Aber kein Problem - sie konnte ja nachkommen, ich sehe wie es mir dann geht und dann entscheide ich. Geht es mir deutlich besser, steigen wir weiter. Geht es nicht, dann seilen wir eben ab.
Bis meine Freundin am Stand war, hatte sich das Ganze zumindest soweit erholt, das ich mir die folgenden 15 Meter gut vorstellen konnte. Die ersten 6 Meter waren nochmal extrem hart (ich meine das Eis), danach wurde es weicher, da von Wasser überflossen. hier saß seit langem auch mal wieder der erste Schlag.
Kurz bevor ich diesen Bereich erreichte, machte ich aber beim Einschlagen ins (da noch) spröde harte Eis eine unschöne Entdeckung. Ca. 30 Meter oberhalb des unteren (wieder zusammengewachsenen) Querrisses gibt es noch einen (von ca. 1 mm Dicke). Ich musste sehr genau hinsehen um diesen zu erkennen (meine Freundin hatte ihn im Nachstieg nicht bemerkt, erst beim Abseilen hat sie dann darauf geachtet). Da ich den Riss (beim Erkennen) vor der Nasenspitze hatte und die Picke bereits oberhalb eingeschlagen waren, kletterte ich vorsichtig weiter (und meine Freundin steigt von Haus aus vorsichtig nach).
Die nachfolgenden 2 Seillängen (WI 5  und WI 3- laut Topo) stellten kein Problem mehr dar. Das Eis in der vorletzten Seillänge war noch einmal sehr hart und spröde, in der letzten gab es hingegen viel morsches Eis und Schnee. Da wir nicht direkt nach links oben zum Stand geklettert sind, sondern die rechte Variante zu einem Stand weiter oben wählten, kam diese Seillänge auf 55 Meter.
Um die nachfolgende Seilschaft nicht unnötig zu stören seilten wir auf 5x ab (Wartezeit inklusive), mussten dann aber den Eisschlag ertragen den die beiden noch auslösten.  :(
Nach dem Abseilen ging es wieder zurück zum Auto. Dort angekommen hatte es immer noch -8°C, aber im Auto auch eine Klimaanlage und Sitzheizung.  :)

Hängende Gärten:
1.SL     40m, WI 3+
2.SL     45m, WI 6
3.SL     20m, WI 5
4.SL    
 35m, WI 3-




Fazit:
Sehr schöne Tour. Steht aktuell noch nicht so fett da wie im Eiskletterführer Tirol Ost (was wirklich selten der Fall sein dürfte), aber die Säule ist sehr gut ausgebildet. Wer später im Jahr kommt kann es unter Umständen durch gute Hooks und Tritte einfacher haben - oder eben auch nicht wenn das Eis zu hart ist und besagte Hooks und Tritte fehlen. Heute war es eine Mischung aus beidem - mal leichter, mal schwerer.
Ehrlicherweise muss man auch sagen, dass man bei so kalten Temperaturen Säulen und Vorhänge eher meiden sollte. Dadurch das das Eis sehr spröde ist und sich zusammenzieht können Risse entstehen - und das ist bei Säulen und Vorhängen nicht gerade der Gesundheit zuträglich.
Was das betrifft werden wir das nächste Mal also noch kritischer sein, wenn es darum geht die Verhältnisse zu hinterfragen und - wenn es denn nicht anders geht - die geplante Tour auf ein anderes Jahr verschieben.

Tourengänger: pete85


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Kommentare (3)


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simba hat gesagt:
Gesendet am 26. Februar 2018 um 15:04
Top! Wenn ich das Eis so schön hellblau "leuchten" sehe, reizt es mich gerade auch wieder - kommt Zeit :)
Beste Grüße, Si

pete85 hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. Februar 2018 um 15:55
Hi simba,
etwas Winter ist ja noch da. ;)
Und die Bilder aus "Metro" sind richtig stark - genau wie die Route!

Gruß,
pete.

simba hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. Februar 2018 um 16:18
Ich bin gespannt!


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