BRÜGGLIGRÄTE EDELGRAT (1000m)


Publiziert von danueggel , 19. April 2009 um 21:47.

Region: Welt » Schweiz » Solothurn
Tour Datum:17 April 2009
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SO 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m
Strecke:Lommiswil-Chännelmoos-Edelgrat-Unteres Brüggli-Oberes Brüggli-Selzach
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV bis Lommiswil
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV bis Selzach
Kartennummer:Plaisir Jura

+++Weil's so schön war-Danueggel kehrt wieder in den Jura zurück +++

Bärlauch statt Cannabis

Gleich an erster Stelle möchte ich mich bei den Juraspezialisten auf Hikr für die Inspiration bedanken, der Jura ist einfach fantastisch! Da musste ich mir natürlich den Plaisir Jura aneignen, als Konsequenz davon darf ich nun von einem weitern Klassiker der Juragrate berichten, dem Edelgrat, der wahrscheinlich schönste aller Brüggligräte.

Nachdem ich den ganzen Morgen mehr oder weniger motiviert über meinen Lehrbüchern gebrütet hatte, hielt ich es je länger je weniger zu Hause aus. Der Wetterbericht hatte zwar wechselhaftes Wetter mit kurzen Regenschauern für den Nachmittag angekündigt, aber meine Sehnsucht war grösser und wer nicht wagt, kann ja bekanntlich nie gewinnen. Gegen 15:00 steige ich in Lommiswil aus, gleich begrüsst von einem kurzen Regenschauer. Das fängt ja gut an ! Ich versuche mich auf der 1:50'000 Karte zu orientieren, tappe aber gleich ins Fettnäpfchen. Ich bin nämlich nicht wie vermutet am oberen, sondern am unteren Bahnhof angekommen.

Ist die Lage einmal geklärt, gibt es verschieden Varianten, um zu den Brüggligräten zu gelangen, solange man am Chännelmoos (P. 616) und dem Süls und danach der Sandgrube vorbeikommt, ist man auf der sicheren Seite. Von der Sandgrube führt ein steiler Waldweg an einer Hütte vorbei, kurz danach erreicht man die Holzbrücke, welche sich auf gleicher Höhe mit dem Edelgrat befindet. Der Einstieg ist zudem auf einem Felsen mit einem roten Kreuz markiert, also nicht zu verfehlen. Für den Zustieg zum Edelgrat muss man vom Bahnhof Lommiswil aus zwischen 60-75min einkalkulieren, von Selzach aus dauert es noch länger.
Selzach empfiehlt sich jedoch für den Abstieg, da dort die Frequenzen der Verbindungen nach Biel und Solothurn besser als in Lommiswil sind.

Die Besonderheit des Edelgrates liegt darin, dass die schwierigsten Stellen gleich am Anfang sind, danach wird es immer einfacher. Auf dem Topos sah die Eingangsverschneidung noch ziemlich reizvoll aus, doch der Anblick in Natura haute mich um. Statt des erwarteten kleinen Plaisir-Aufschwünchens wartete eine zu Beginn brüchige, fast 20m hohe Steilstufe auf mich, laut Plaisir-Jura eine 5a. Ich schaute mir das ganze noch aus der Nähe an, brauchte aber nur Sekundenbruchteile, um mich für die Umgehung zu entscheiden, denn dies überbot meine psychische Leidensfähigkeit eindeutig.

WIE UMGEHE ICH DIE EINSTIEGSVERSCHNEIDUNG ?
Grundsätzlich gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Eingangsverschneidung zu umgehen. Der Plaisirführer beschreibt zwei Umgehungsmöglichkeiten, in der Tat gibt es noch mehr:

1. Gleich wenige Meter rechts von der Verschneidung kann man im weniger steilen Gelände direkt auf den Grat steigen (habe ich erst im Abstieg bemerkt, Schwierigkeit von Auge her zwischen III-IV ?)

2. Ca. 30m rechts vom Hauptgrat beginnt ein zweiter Felsgrat, der sich dann im ersten Drittel des Edelgrates im Wald verliert. Zwischen dem Edelgrat und diesem Nebengrat verläuft ein steiles, erdiges Couloir. Durch dieses hochstiegen und dann nach links wieder auf den Grat queren, je früher, desto schöner. Dies ist die offensichtlichste Variante.

3. Die dritte Möglichkeit besteht darin, auch den Nebengrat zu umgehen und erst danach auf den Edelgrat zu queren. Habe ich nicht ausprobiert, wäre auch schade, denn der Edelgrat ist schon so kurz genug.


Ich kann wärmstens empfehlen, so schnell als möglich wieder auf den Grat zu steigen. Optimal ist es, wenn man gleich über der Eingangsverschneidung wieder auf den Grat gelangt, dann kann man sich gleich den ersten  zwei der drei angegeben Stellen im IV. Grad widmen. Bereits
ossi hat in seinem Bericht erwähnt, dass er keine IVer Stelle ausmachen konnte, dem schliesse ich mich an, die Schwierigkeiten zu Beginn des Grates liegen im gehobenen IIIer Bereich, sind dafür aber teilweise ziemlich ausgesetzt. Man sollte sich auf jeden Fall gut überlegen, ob man überhaupt einsteigt, denn runter kommt man so schnell nicht wieder und wenn, dann unfreiwillig und in Einzelteilen.

FREUDE HERRSCHT
Ich auf jeden Fall habe den Einstieg keine Sekunde lang bereut, der Grat ist eine Wucht ! Leider hat man bereits am Beginn bereits wieder das Ende in Form des Zuckerstocks vor Augen und es stellt sich die Frage, warum die schönen Momente  im Leben manchmal von so kurzer Dauer sind. Denn kaum ist man eingestiegen ist der Grat wieder zu Ende (250m Länge, 25-35min, je nachdem wo man einsteigt und wieviele Fotos man schiesst). Bereits von weitem lockt das letzte Schmankerl der Tour, der Zuckerstock, eine letzer 20-25m hoher Felsaufschwung, etwas links versetzt vom Edelgrat. Vom Ausstieg des Edelgrates erreicht man ihn über Wegspuren in 1-2min.

Leider beginnt es leicht zu regnen, als ich am Fusse des Zuckerstocks stehe, bisher war ich vom Regen weitestgehend verschont geblieben. Die Variante vom Routenbuch direkt hoch zur Kante (6a) hätte ich aber auch bei Trockenheit wie in der Sahara ausgelassen, ist sie doch beinahe senkrecht und mit Bergschuhen ungesichert nicht ganz ohne, selbst die einfachere Variante die Kante hoch ist noch ein 4c. Ich umgehe den Felsen linkerhand und gewinne die Spitze des Zuckerstocks durch ein ein grasige, brüchige Verschneidung (T5, II-III). Man könnte sich näher an der Kante orientieren (Bohrhaken), ist in
ossis Bericht beschrieben und mit IV+ bewertet. Der Edelgrat inklusive Zuckestock ist an den Schlüsselstellen mit Bohrhaken versehen, ich bin mir aber nicht sicher, ob dies bei der Einstiegsverschneidung auch der Fall ist. Auf jeden Fall gut machbar als Mehrseillängen-Klettertour für Einsteiger, Bäume für Zwischensicherung hat es genug. Der Fels ist mehrheitlich bombenfest und absolut vertrauenswürdig.

HILFE, WO HAT ES NOCH FELSEN ?
Nach dem Zuckerstock scheint die Kletterei definitiv vorbei zu sein, wer noch will kann gleich danach einen kleinen plattigen Felsaufschwung als Trostpflaster mitnehmen (II+), danach gibt es lediglich noch ein klitzekleines Felsstüfchen (T4, I) um sich auszutoben. Anstatt aber wie ich noch verzweifelt nach irgendwelchen Felsstufen Ausschau zu halten, empfiehlt es sich, die anderen Brüggligräte genauer unter die Lupe zu nehmen.
Hier werden diese eingehend geschildert, besonders der obere Felssporn wartet zu Beginn mit einem imposanten Aufschwung auf, vielleicht lässt sich da was machen...

Auf einem gut markierten Wanderweg (T2) läuft man in Richtung einer Hütte auf ca. 1100m, wofür diese ist, weiss ich selber auch nicht. Bald einmal verlässt man den Wald und bekommt ein herrliches Kontrastspiel geboten. War man vor 15min noch im besten Jurafelsen am herumkraxeln, geht es nun sanft über saftig-grüne und angenehm schneefreie Wiesen in Richtung Unteres Brüggli. Bei mir meldet sich Durst und Hunger, so entscheide ich mich noch Richtung Mittleres Brüggli zur Wirtschaft zu ziehen, die leider heute geschlossen hat.

BÄRLAUCH OHNE ENDE
Kurz bevor ich aus dem kleinen Waldstück auf der Strasse zwischen dem Unteren und dem Mittleren Brüggli lande, bietet sich mir ein prächtiger Anblick: Ein Meer von Bärlauchblättern, das nur so darauf wartet, von mir gefressen zu werden. Ich picke mich die schönsten Exemplare heraus, während mir der Speichel im Mund bereits die Vorfreude über ein deftiges Bärlauchpesto signalisiert. Immer wieder treffe ich auf solche Bärlauchplantagen, wer also noch will, es hat noch mehr als genug. Um mein Glück noch zu komplettieren, scheinen sich inmitten der Bärlauchplantage einige Hanfkräuter verirrt zu haben, doch (leider) trügt der Schein. Ich bin natürlich insgeheim froh darüber, nicht auszudenken, wenn die Kräuter echt gewesen wäre und ich diese entdeckt hätte, bevor ich in den Grat eingestiegen wäre...

Empfohlenes Klettermaterial für zwei Personen:

  • 50m Seil (30m sollte auch reichen)
  • 4-5 Expresse
  • 5-6 Bandschlingen (Für Stände und Zwischensicherungen an Bäumen)
  • 5-6 Karabiner (gewährt die Handlungsfreiheit beim Bauen der Stände)

Fazit: Ausgesetzte, herrliche Gratkletterei in bombenfestem Fels, leider viel zu kurz

Lessons learned:

  • Der Jura ist immer eine Reise wert
  • Ich habe beim Fach Pflanzenkunde offenbar gepennt

Wiederholungsfaktor
: 4-5 (alleine der Eingangsverschneidung wegen ;)

Tourengänger: danueggel


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