SST Hochschober (1474 m): ein wegloses Neuschnee-Vergnügen in den Ammergauern


Publiziert von Vielhygler , 21. Februar 2018 um 23:04.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum:13 Februar 2018
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT2 - Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Aufstieg: 650 m
Abstieg: 650 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Griesen, südlicher Parkplatz
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Iglu ;-)
Kartennummer:DAV BY 6 Ammergebirge West und DAV Wetterstein Mitte 4/2 sowie BEV Österreich bei [https://www.bergfex.at/ Bergfex]

Im Nordosten des Danielkamms kennen wir uns leider noch gar nicht aus. Gibt es Wintersperrungen? Wo kann man hier weglose Schneeschuhwanderungen ansetzen? Welche Grate sind überhaupt begehbar? Ich berichte hier über ein paar Erkundungen von Griesen aus und über eine SST, die wir ein paar Tage später auf den Hochschober unternommen haben. 

Der Hochschober (1474 m)

ist der äußerste Vorposten im Nordosten des Ammmergauer Danielkamms. Der Hochschober gehört zu einer von der Loisach im Osten, der Naidernach im Norden, dem Neuweidtal im Westen und dem Prügeltal im Süden begrenzten viergipfligen Kleingruppe.
Chef im Ring ist hier der Spitzige Brand (1816 m). Im Nordwesten des Gebiets folgt der Höhe nach mit 1526 m der Mittelberg. Im Norden dann der bewaldete Hochschober (1474 m) und schließlich noch der Kleine Schoberberg (oder auch "Schöberle") (1454 m) im Südosten.

Das Gebiet ist besonders einsam und besonders viel lässt sich auch im Netz nicht finden. Einen anschaulich bebilderten Hikr-*Bericht von ZvB vom Mai 2017 auf Hochschober und Spitzigen Brand gibt es allerdings.
 ZvB verlinkt auch noch auf eine weitere *Tour von Mabon, dessen gesamte Berichte allerdings bei Hikr. nicht mehr auffindbar sind: es erscheint immer nur die Fehlermeldung: "Not found". Mabon, vom Winde (oder von Chemtrails) verweht? Schad' jedenfalls um seine romantischen Berichte!

Uns schien das ganze Gebiet, den Spitzigen Brand durchaus eingeschlossen, von den Karten und vom BEV Österreich Online her außerordentlich wintergeeignet! Auf der DAV-BY 6 (aber nur dort) ist allerdings eine Wintergebietssperre (15.11. bis 15. 4) für das Gebiet östlich des Hochschobers und westlich der Loisach eingetragen. Die Karte zeigt leider nicht das ganze Gebiet. ZvB bemängelt in seinem Bericht zu recht, daß die Sperre offenbar an den Forststraßen gar nicht ausgeschildert ist. Existiert die Sperre überhaupt (noch)? Wenn ja, wo endet die Sperre weiter südlich? Darf man also z.B. im Winter nördlich des Weißlehnbachs zum Schöberle gehen? Oder von Griesen auf der Forststraße in Richtung Hochschober?
Ich wollte mir die Forststraßen zum Schöberle, zum Hochschober und etwaige Verbotsschilder vor der Tourenplanung selber einmal an Ort und Stelle ansehen. Außerdem hat mich noch interessiert, wie der Mittelberg-Nordgrat von den Drei Wassern im Tal der Naidernach aus aussieht. Der geht vielleicht sogar im Winter?
Ich hatte am Freitag, 9.2,  halbtäglich frei, bin einfach nach Griesen gefahren, habe an der Grenze geparkt und bin erst einmal auf der Landstraße nach Süden spaziert..

Die Erkundung am Fr, 9.2.2018 ergab: Wintersperre am Schöberle ja, am Hochschober nein.

Zunächst hat mich der Zugang zum winterlich über dem Loisachtal recht attraktiv (und machbar) aussehenden Schöberle (1454 m) interessiert. Ein paar Schritte südlich von der Einmündung des Kotgrabens in die Loisach befindet sich ein eingezäuntes Motocross-Trainingsgelände mit einem betonierten Betankungsplatz. Die genau von dort ausgehende Forststraße nach Westen in Richtung Schöberle war ohne jegliches  Datum tatsächlich per Hinweisschild gesperrt: "Jagdlicher Wildschutz. Betreten verboten!". Hmm... ich hatte dann aber Glück, konnte einen sich nähernden Geländewagen anhalten und der freundliche Jäger hat auch gerne genauer Auskunft erteilt: Es stimme, das ganze Gebiet zwischen Weißlehnbach und Kotgraben westlich der Loisach sei gesperrt, aber natürlich nur im Winter. Etwas weiter oben gebe es eine Futterstelle, dorthin sei er gerade unterwegs. Speziell nördlich des Weißlehnbachs gebe es weiter oben viele Rotwildeinstände. Man möge bitte im Winter bis etwa Ende April nicht in dieses Gebiet gehen.
Natürlich habe ich auch noch nach dem in der AV-Karte verzeichneten Hochschober-Schutzbebiet gefragt. Nein, gleich 200 m weiter nördlich (jenseits des Kotgrabens) bei einem Marterl, gehe eine Straße zum Hochschober hinauf, diese sei im Winter nicht gesperrt. Von der Eintragung in der AV-Karte wisse er nichts. Ich könne zum Hochschober aber überall hinaufgehen. Schließlich hat er mich nett, aber schon auch etwas fassungslos angschaut und gefragt: "Ja sag amol, wos willscht denn du etz im Winter do oben?" Hmm, was sollte ich sagen? Ein begeisterter Winter- Hikr. und ein freundlicher Jäger: sie kommen sich nahe und bleiben sich doch fremd...
Natürlich habe ich mir dann etwas weiter nördlich am Marterl (siehe Karten) die Forststraße, die in die Nähe der von ZvB beschriebenen *Jagdhütte und letztlich (mit weiten Serpentinen) zum Hochschober-Nordostgrat hinaufführt, ebenfalls angesehen. Tatsächlich: keine Sperrung!

Schließlich bin ich noch auf der Landstraße über die Grenze nach Norden zum Süd- P. in Griesen weitergegangen. Hier gibt es natürlich Wanderschilder zu den Wanderwegen jenseits der Loisach, zum Eibsee und auf die Törlen.
Aber auch die bestimmt viel seltener touristisch erwanderte Forststraße auf der anderen (westlichen) Landstraßenseite, die im weiteren Verlauf knapp oberhalb und südlich der Naidernach die bewaldeten Abhänge des Hochschobers in westlicher Richtung entlangquert, ist in Griesen beschildert, allerdings ohne Angabe irgendeines Wanderziels. Hier das ganz normale Gesperrt-Schild und hier sogar noch ein Schild für etwaige Touristen. Wintersperrung? Fehlanzeige!

SST-Erkundungsspaziergang, ebenfalls noch am Fr, 9.2.2018, zu den "Drei Wassern" am Fuß des Mittelberg-Nordgrats

Ich habe mir anschließend diese Straße, die (vielversprechenden) Aufstiegsmöglichkeiten am Hochschober-Nordostgrat von ihr aus und den eventuell auch wintertauglichen Mittelberg-Nordgrat (über den Drei Wassern) viel weiter westlich auch angesehen.
Die Straße war vorbildlich geräumt, denn gleich oberhalb von Griesen ist eine große Kiesgrube im Entstehen begriffen. Diesen ganzen Winter (2018) wird Erde ausgehoben und mit LKW' s weiter oben in Straßennähe am Hang abgeladen. Ab dort, auf etwa der Hälfte der Strecke zu den Drei Wassern an der Naidernach, war dann natürlich nicht mehr geräumt und die Schneeschuhe kamen zum Einsatz. Kurz vor den Drei Wassern nimmt die Straße noch vor der Einmündung des Schoberbachs einen kurvigen Aufschwung nach Süden. Ich bin hier weglos in ein paar Schritten den Hang hinab, brückenlos über die Naidernach und auf der tief verschneiten Planseestraße noch bis kurz vor den Hügel "Keil"weitergegangen. Dort ging es noch einmal über den Bach zurück auf die südliche Naidernach-Seite zu einer Lichtung. Genau dort, schon westlich des Schobertalgrabens beginnt der Mittelberg-Nordgrat (siehe Foto). Eine Enttäuschung, denn der weglose Einstieg auf diesen Grat ist - zumindest für uns - im Winter zu steil und zu felsig! Auf der Karte hat das viel leichter ausgesehen. Damit ist für uns die winterliche Traumvariante: Griesen - Mittelberg-Nordgrat und (bei tragfähigem Harschdeckel) - Spitziger Brand abgeschrieben, schade. Zurück ging' s noch ein letztes Mal über den Bach und mit Schneeschuhen auf der größtenteils ungespurten Naidernachstraße vom Plansee nach Griesen.

Noch am Freitag Abend dieses Erkundungstags beschließen die Vielhyglerin und ich, am folgenden Dienstag weglos von der Forststraße über den Nordostgrat auf den Hochschober zu gehen. Alles weitere wird sich ergeben oder eben auch nicht.
Freitag Nacht dann begann es zu schneien: in homöopathischen Dosen, aber doch immer wieder Neuschnee, den ganzen Samstag, Sonntag, Montag ging es so weiter und als wir am Dienstag bei bester Wettervorhersage in aller Früh in Tölz aufgebrochen sind, schneite es noch immer leicht und erst kurz vor dem P. in Griesen zog es auf und wir konnten auf einmal die Sonne auf dem Ofenberg und den schneeüberzuckerten Ziegspitzen sehen. Per aspera ad astra: Winter, so sollst du sein!

Dienstag, 13.2.2018: von Griesen über den frisch verschneiten Nordostgrat auf den Hochschober

Vom südlichen P. in Griesen geht es über die Straße zu einem Forstweg mit einem           Schild...und noch einem weiteren Schild. Anders als auf der AV-Karte verzeichnet, gibt es hier offensichtlich keine Wintersperre.
Nach wenigen Schritten erreichen wir das große Gelände der Kiesgrube in spe, die sich noch im Stadium des erschließenden Erst-Erd-Aushubs befindet. Ein triste Szenerie im grauenden Morgen. Die Baggerfahrer treten gerade ihre Zigaretten aus und beginnen den Tag. Wir müssen gleich zur Seite springen, denn ein Schneepflug räumt den frischen Schnee von der Straße, danke! Bald überholen uns auch schon die ersten, riesigen Kipper, die den Aushub der werdenden Kiesgrube zum Depotplatz viel weiter westlich transportieren. Wir folgen nun der Forststraße ansteigend in westlicher Richtung und ignorieren steilere Aufschwünge erdiger Karrenwege nach links (Süden).
Bald wird es flacher und wir erreichen auf unserer Straße eine auch in den Karten verzeichnete Brücke. Nach dieser Brücke folgt eine kleinräumige rechts-Links-Kurve und nach dieser Kurve queren wir noch genau einen weiteren Graben. Direkt nach diesem Graben setzen wir unseren weglosen Anstieg an, nicht nur, weil das Anstiegsgelände hier erstmals wirklich angenehm und nur wenig stachelig aussieht, sondern auch, weil wir so die Tour genau am Hochschober
-Nordostgrat ansetzen, den wir bis zum Gipfel weglos hinaufgehen wollen. Unsere Höhe beträgt jetzt etwa 900 m.
Gleich stellen wir fest, daß wir die Neuschneemenge etwas unterschätzt haben: 40 cm sind da schon dazugekommen in den letzten Tagen. Doch im Wald lässt es sich im Schnee mit Schuhen (ohne Grödeln) gut steigen und die Winterstimmungen sind einfach wunderbar. Wir gehen dann, immer rechts vom Graben, direkt über eine tief verschneite Forststraße hinweg weiter weglos den Gratrücken nach oben.
Der Graben linkerhalb flacht nun allmählich aus, doch unser Grat ist hier dennoch einigermassen gut "spürbar". Bald treffen wir ein zweites Mal auf die Straße und gehen auf ihr ein kurzes Stück nach rechts bis zu einer deutlichen Linkskurve und steigen von dort weiter auf. Laut Karte sind wir hier an der direkten nordöstlichen Gratschulter des Hochschobers.
Der Grat wird auf diesem Abschnitt zunächst noch einmal deutlicher. Dann erreichen wir einen flacheren Abschnitt und dort einen Hochsitz. Wir sind jetzt auf etwa 1150 m. Hier können wir die auch in der Karte ersichtliche, in der Natur allerdings etwas unübersichtliche, Steilstufe etwas weiter oben schon sehen. Nach kurzer Beratung (links oder rechts ausweichen?) entscheidet hier die Intuition der Vielhyglerin, wir gehen im Flachen noch etwas weiter und queren dann direkt unterhalb der steilen Abhänge nach rechts bis vor eine breite, verschneite (im Sommer wohl grasige) Rinne. Links von dieser Rinne steigen wir nun weiter an. Richtig steil ist es hier, aber für uns durchaus machbar. Bei jedem Schritt hauen wir die Schuhe fest in den Schnee, um für den nächsten Schritt sicher zu stehen. Die Steilheit strengt an und wir umarmen sogar noch zwei, drei, Bäume, denn an ein paar Stellen sollten wir wirklich nicht im Schnee abrutschen. Doch insgesamt geht es ganz gut und schließlich sehen wir sogar ein paar sehr zerstreute grüne und rote Markierungen an Bäumen und freuen uns über die offensichtlich gelungene Wahl unserer Route (bestimmt gibt es hier im Sommer Pfadspuren).
Auf etwa 1300 m Höhe endet das Steilstück. Der Schnee ist in flacherem Gelände jetzt wirklich sehr tief: das Sinkvergügen beginnt. Doch jetzt ("sink positiv") erinnern wir uns an unsere Schneeschuhe, die wir bisher ganz umsonst hinaufgeschleppt haben. Auf den letzten flachbuckligen 170 Hm sind sie uns dann eine große Erleichterung.
Der Weiterweg hat sich dann bis zum Gipfel durchaus noch in die Länge gezogen und es wurde immer kälter und windiger! Nach einigem Gestapfe erreichen wir schließlich fröstelnd den größtenteils bewaldeten Hochschobergipfel mit einem netten Aussichtsplatz zu den Miemingern hinüber.
Bei wärmeren Wetter wäre es sehr gemütlich hier, aber wir frieren und werden bei jedem Windstoß in die frisch verschneiten Bäume über uns von einem Schneeschauer berieselt. Den Grat zum Spitzigen Brand können wir in aufgewirbelten Schneefahnen nur erahnen. Aber die heutige 
Lawinenlage hatte uns, was diese Option angeht, da ohnehin schon sehr bedenklich gestimmt.
Und hat sich' s gelohnt? Mei, für uns immer, wir sind einfach gerne draußen, auch bzw. vor allem im Winter! Hinweg wie Rückweg, schön war' s wieder!

Tourengänger: Vielhygler, basthe


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