Schneeschuhwanderung auf die Notkarspitze


Publiziert von petro4213 , 31. Januar 2018 um 22:24.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum:28 Januar 2018
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT6 - Anspruchsvolle alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m
Strecke:15km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit dem Auto nach Ettal; Parken am kostenpflichtigen Parkplatz östlich der Friedhofsmauer (3.- Euro pro Tag).

Wer - wie ich - die Notkarspitze im Sommer schon einmal bestiegen hat, der kommt vielleicht auch auf die Idee, sie im Winter mit Schneeschuhen zu erklimmen. Doch Vorsicht! Der sonst so sanfte Berg ist bei winterlichen Bedingungen ganz schön grimmig. Deshalb sollte diese Tourenbeschreibung eher als Warnung verstanden werden.

Der Lawinenlagebericht war zum ersten Mal in diesem Winter an einem Wochenende so günstig, dass ich eine Schneeschuhtour wagte. Da ich die Notkarspitze aus einer sommerlichen Tour kannte, wählte ich diesen schönen Berg aus. Die Unbillen gingen aber schon vor der Tour los: Der Parkplatz am Ettaler Sattel war nicht geräumt und so musste ich die Tour im Ort vom Parkplatz an der Friedhofsmauer starten. Von dort geht der Weg ca. 100m an der Hauptstraße Richtung Osten und dann zwischen Häusern hinunter Richtung Langlaufloipe. Neben dieser ist meist auch für Wanderer der Schnee gewalzt. Hinter einem Bichl ging ich auf hartgefrorenem Schnee weiter Richtung Osten und dann bald hinauf zu der Wegkehre, wo der Gratweg zur Notkarspitze abzweigt.

Im Wald war der Schnee gar nicht gut. Teilweise war keiner vorhanden, dann wieder viel und sehr weich, sodass die ersten 200 Höhenmeter recht hässlich und mühsam zu gehen waren. Etwas weiter oben wurde es dann schöner und der Ochsensitz, der erste Vorgipfel, war bald erreicht (1515m). Nach kurzer Rast ging es auch relativ problemlos weiter zum nächsten Gipfel, dem Ziegelspitz (1719m).

Von dort kann man den Gipfel der Notkarspitze in etwa 1.5km Entfernung sehen. Bei soviel Schnee wie heute - ca. 1m - sollte man lieber umkehren. Der Grat war völlig überwechtet, sodass man auf dem normalen Weg nicht gehen konnte. Vor mir waren - wohl am Tag zuvor - zwei Wanderer trotzdem weitergegangen und ich folgte deren Spur, die notgedrungen in den sehr steilen Südhang auswich.

Der Schnee dort war knochenhart und die Steilheit und Ausgesetztheit nahm mehr und mehr zu. An manchen Stellen war die Hangneigung wohl an die 60 Grad. Da sich das über gut 1km hinzieht, kann das extrem kraftraubend sein. Mit den Schneeschuhen konnte ich keine Tritte in den harten Schnee stoßen und so ging ich auf der Spur. Einer meiner beiden Vorgänger war ohne Schneeschuhe gegangen und hatte deshalb oft tiefe Abdrücke hinterlassen, sodass ich aufpassen musste, dass die Zacken an meinem Schneeschuh nicht ins Leere griffen.
Kurz vor dem Gipfel ereilte mich dann in einer extrem steilen Stelle auch noch ein Krampf im Oberschenkel, den ich sozusagen "herausbetete". Völlig fertig kam ich am Gipfel an, und überlegte schon, ob mich heute der Hubschrauber holen muss.

Durch inständige Gebete bekam ich aber auf wundersame Weise soviel Kraft, dass ich den ganzen Weg über den Südgrat hinunter zum Hasenjöchl und durch die Gießenbachschlucht zurück nach Ettal schaffte.
Am Südgrat waren auch viele Wechten und zum Hasenjöchl hin wird es ganz schön steil, aber es ist nicht mehr absturzgefährdet. Vom Jöchl geht es auch gut in einer Rinne steil hinab. Dort konnte ich die Verwüstungen einer riesigen Lawine sehen.

Der Weg führt dann erst schön durch den Wald, aber die letzten 300m hinunter zum Gießenbach sind sehr steil, umgestürzte Bäume waren zu überklettern und am Schluß geht es einige Meter seilversichert zum Bach hinunter. Am und im Bach geht es dann weiter Richtung Ettal. Ich dachte: "Wenn ich aus dem Bach heraus bin, kann ich schön gemütlich auf dem Fahrweg den Rest nach Hause wandern!", doch auch das war weit gefehlt. Aus den Steilhängen links des Weges waren viele Lawinen abgegangen, die man teils mühevoll überklettern musste.

Schließlich habe ich es doch geschafft, Ettal wieder zu erreichen. Im Nachhinein betrachtet war es unverantwortlich, nicht schon am Ziegelspitz umgedreht zu sein. Die Notkarspitze ist bei so viel Schnee absolut nicht zu empfehlen - außer für ganz konditionsstarke oder lebensmüde Abenteurer...
Ich könnte nicht sagen, dass ich die Tour irgendwo genossen hätte; nur die glückliche Rückkehr zum Auto war schön!

Ich habe die Schwierigkeit nach den Beschreibungen auf WT6 gesetzt, wegen der Länge, der extremen Steilheit im Südhang, die man weit über 1km durchstehen muss und der dort herrschenden großen Absturzgefahr, gepaart mit der - bei nicht ganz so kochenhartem Schnee - nicht zu unterschätzenden, immensen Lawinengefahr in so einem steilen Hang.

Tourengänger: petro4213


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Kommentare (7)


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scan hat gesagt:
Gesendet am 1. Februar 2018 um 13:13
Das Notkar als Scheeschuhtour habe ich mir auch schon mal überlegt, allerdings hat mich bisher die Tatsache abgehalten, das man von diesem im Sommer gnadenlos überrannten Berg so absolut nichts im Winter hört. Da ich zudem die Lawinenverhältnisse nicht abschätzen kann, hab ich um diesen Berg im Winter bisher einen Bogen gemacht. Dein Bericht hat mich darin bestätigt, danke für die offenen und ehrlichen Worte.

petro4213 hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Februar 2018 um 14:23
Ja, bei solchen Bedingungen würde ich den Berg lieber meiden. In der Nähe ist ja z.B. mit dem Heimgarten ein viel sanfterer Berg. Ich kann mir auch vorstellen, dass der Frieder (liegt ein wenig weiter südlich) auch gut zu machen ist. Dort war ich nach dem ersten Schnee mal von der Südseite mal aufgestiegen (nur mit Grödeln). Der ist deutlich leichter zu machen und bietet auch einen schönen Ausblick auf die Zugspitze...
Vor wenigen Jahren mussten mal Schneeschuhwanderer wegen Erschöpfung von der Notkarspitze mit dem Hubschrauber gerettet werden. In dem Bericht stand als Bemerkung der Bergretter: Die Notkarspitze ist nicht für Schneeschuhtouren geeignet. Jetzt hab ich es selbst gesehen...

Vielhygler hat gesagt: RE: Interessante Warnung
Gesendet am 1. Februar 2018 um 14:26
Die Tour ist in Winterwander- und Schneeschuhbüchern drin. Wir haben es (Lawinenlage günstig) vor Jahren probiert und sind in den Hängen vor der Notkar umgekehrt. Mir war schon etwas mulmig, doch meine Frau, die SKT-Erfahrung hat, hat klar gesagt: "das war' s mit dem Hang, kein Schritt weiter!"

Trage doch noch die Wegpunkte ein, sonst geht dein Bericht komplett unter.

VG Andreas

petro4213 hat gesagt: RE: Interessante Warnung
Gesendet am 1. Februar 2018 um 19:22
Hallo Andreas, vielen Dank für die Rückmeldung. Es hängt halt - wie immer in den Bergen - vieles von den Bedingungen ab. Auf jeden Fall ist es aber gefährlich, durch den Südhang zu gehen, denn wer weiß schon, ob bei solcher Steilheit die Schneedecke hält? Außerdem sind auch an vielen weiteren Stellen seitlich des Weges Steilhänge, wo leicht Lawinen rauskommen können.
Ich denke, man sollte die Notkarspitze im Winter nur bei sehr sicherer Schneelage machen und dann am besten von Süden her und nicht von Osten, um den steilen Hang zwischen Ziegelspitz und Notkar zu meiden.
Danke auch für den Hinweis mit den Wegpunkten - ich habe sie eingetragen.
Gruß, Gerhard

WolfgangM hat gesagt: Im Winter besser nur bis zum Ziegelspitz.
Gesendet am 16. Februar 2019 um 15:27
Ich war einen Monat danach auch dort (siehe *mein Bericht), bin aber von Ettal kommend nur bis zum Ziegelspitz gegangen. Der weitere Weg zur Notkarspitze erschien mir zu gefährlich, er war auch nicht gespurt, außerdem sprach bei mir die Zeitsituation und die Wetterlage dagegen. Aus deinem Bericht sehe ich, dass meine Entscheidung zur Umkehr richtig war. Vielen Dank für deinen warnenden Bericht!

petro4213 hat gesagt: RE:Im Winter besser nur bis zum Ziegelspitz.
Gesendet am 18. Februar 2019 um 10:16
Hallo Wolfgang, warst Du dieses Jahr oben? Mein Bericht ist vom letzten Jahr. Deinen Bildern nach zu urteilen sind die Bedingungen zur Zeit aber ähnlich. Wenn man nicht viel Erfahrung mit steilen Hängen hat und die Lawinenlage nicht super sicher ist, tut man gut daran, nicht durch den Südhang zur Notkarspitze zu queren. Die Aussicht ist ja auch auf dem Ziegelspitz herrlich. Weiterhin schöne Touren und sichere Heimkehr!

WolfgangM hat gesagt: RE:Im Winter besser nur bis zum Ziegelspitz.
Gesendet am 18. Februar 2019 um 18:18
Doch doch, das Datum stimmt schon, ich war am 01.03.2018 dort, einen Monat nach dir. Damals war gerade eine Kälteperiode mit tagsüber -15 °, bevor es dann durch Föhn oben wärmer wurde. Es war sogar so kalt, dass ich Probleme hatte, meine Teleskop-Drehverschluss-Stöcke auszuziehen und zu fixieren, wenn man dabei mit nackter Hand das ebenfalls -15 ° kalte Metall der Stöcke anfassen muss ...


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