Zinseler 2422m - Der Unsichtbare

Der Zinseler ist bekannt als fantastischer Aussichtsberg ins Eisack- und Wipptal, zu den Stubaiern und zu den Zillertalern, nur ihn selber sieht man nicht. Vor allem dann nicht, wenn man, wie wir, den Wetterbericht zu optimistisch interpretiert.
Es ist von Wolkenlücken und von Wetterbesserung im Laufe des Tages die Rede, also fahren wir voller Zuversicht der Sonne und dem Wieslhof entgegen. Das steile Sträßchen ist behelfsmäßig geräumt, mit Müh und Not erreichen wir die wenigen Abstellmöglichkeiten. Zwei Wagen stehen auch schon großzügig geparkt und wir suchen eine Lücke. Dabei rangiert der Verfasser so intelligent, dass der Wagen am Ende quer steht und nicht mehr zu bewegen zu sein scheint. Wie der Blitz stehen schon hilfreiche Kollegen mit der Schaufel bereit. Während ich die Situation gründlich analysiere, Einschlagwinkel und Abstände berechne, haben Manuela und ihre Helfer schon einen Kubikmeter Schnee und Eis entfernt. Ich setze mich wieder ans Steuer, schlage diesmal besser ein und während die anderen mit roher Kraft schieben, lenke ich geschickt und elegant den Wagen wieder aus meiner selbstgeschaffenen Sackgasse ;-)))
Das erste Abenteuer ist überstanden, es braucht eine Entspannungspause, bevor wir uns der ursprünglich geplanten Tagesaktivität widmen, dem Skitourengehen. Wir schnallen die Ski an, sprechen ein Dankgebet und ziehen dem Nebel entgegen. Manuela schaltet den Turbo ein und ich trotte hinterher. Immer wieder sehe ich nette Unterstände für Tee- und Zigarettenpausen, aber sie zieht fokusiert daran vorbei und bald haben wir unsere Vorgeher und Schneeschaufler eingeholt.
Kurz unter dem Gospeneider Jöchl halten wir eine gemeinsame Gruppenbesprechung, die Spuren verlieren sich, der Nordwind bläst und im diffusen Schleier tauchen zwei Steilhänge auf. Wir lassen die vier tapferen bayrischen Mitstreiter rechts voraussteigen und wählen dann zwecks Hangentlastung links ;-) Nach ein paar Spitzkehren stehen wir auf dem Kamm Richtung Zinseler und starren ins Nichts. Von früheren Exkursionen ist uns der Weg bekannt und so wagen wir uns weiter über den sanften Rücken, ohne Sicht und mit respektvollem Abstand zu den Wächten.
10 Meter vor dem Kreuz ist es auch als solches erkennbar, wir suchen Windschatten und halten Ausschau nach dem berühmten Panorama. Beides vergeblich, ohne Zögern fellen wir ab und schleichen uns zurück. Anstatt die Wolken zu vertreiben, bläst uns der eisige Wind in die Kleider und um die Nasen. Wir stolpern über Schneeverwehungen, queren vorsichtig den Steilhang und sind heilfroh unter dem Jöchl wieder geschütztere Zonen zu erreichen.
Über sanfte Mulden und durch lichte Wälder kommt zwischenzeitlich sogar ein Hauch von Freude auf, wir finden ein paar nette Pulverhänge und surfen dankbar durch den Schnee. Bald verengt sich der Weg allerdings wieder und wir bremsen uns vorsichtig zurück zum Wieslhof.
Unsere hilfsbereiten Mitparker sind leider schon verschwunden, wir bedanken uns hiermit nocheinmal in aller Form! Ohne sie wären wir wohl immer noch beim Rangieren und hätten den Unsichtbaren nie zu Gesicht bekommen ;-)