Golfen 2493m - Über den Wolken

"Über den Tälern hält sich Hochnebel, auf den Bergen oberhalb von 1900-2400m scheint die Sonne." Das hört sich verlockend an, vor meinem geistigen Auge stehe ich schon am Golfen und lasse die Blicke über das Wolkenmeer schweifen. Ich lege eine extra Schicht Sonnencreme auf, packe zwei nette Mädels ins Auto und gemeinsam ziehen wir voller Vorfreude dem Hochpustertal entgegen.
Die Sicht auf der Fahrt ist überraschend gut, nur die Gipfel stecken seltsamerweise in Wolken, der Hochnebel ist für meinen Geschmack etwas zu hoch!? Doch mein Vertrauen in den Bozner Wetterdienst ist gewachsen in den letzten Jahren und auch der Nebel wird sich doch wohl an die Vorhersage halten ;-)
Wir lassen uns Zeit, genehmigen uns noch einen gemütlichen Kaffee in Toblach, stellen den Wagen am Kurterhof ab und steigen gemächlich auf und neben der Forststrasse in die wunderschönen Frondeigener Wälder. Der Nebel verzaubert den alten Lärchenbestand, doch noch mehr freuen wir uns auf den ersten Sonnenstrahl weiter oben.
Es sind erstaunlich wenig Tourengeher unterwegs, sie wissen anscheinend nicht von der erfreulichen Wettervorhersage und lassen sich das herrliche Spektakel entgehen. Wir stapfen weiter über den endlosen Rücken zum Golfen, er ist immer noch im Nichts verborgen. Es zieht sich enorm und ein erster Aspirant kommt uns entgegen. "Non si vede nulla!" Logisch, denn er ist ja viel zu früh abgefahren, die Kenner warten, bis der Nebel aufzieht und knipsen dann ihre Monsterfotos!
20 Meter vor dem Gipfel taucht das Kreuz aus der Suppe und über mir wähne ich schon zartes Blau schimmern, es wird Zeit, die Kamera passend einzustellen. Fast wäre mir dabei das mitleidige Lächeln meiner Begleiterinnen entgangen, diese pessimistischen Miesmacherinnen! Ich lasse mich nieder, packe mich warm ein und harre aus, es kann sich nur um Minuten handeln. Während ich entspannt meinen Tee schlürfe, stehen Manuela und Astrid schon abfahrtsbereit neben mir.
Was soll die Hetze, ich spüre schon den Wind, der die Wolken bald vertreiben wird. Aber ganz langsam beginne ich innerlich um Sonnenschein zu beten, meine Zuversicht geht in Hoffnung, Verzweiflung und schließlich in Wut über. Diese ignoranten Wetterfuzzys, versauen mir die Tour und mein ganzes Leben mit, die Depression zieht mit dem Nebel tief in mein Gemüt.
Die Damen sind ungerührt und nicht mehr zu halten, stürzen sich in die diffusen Hänge und ich muss hinterher. Manuela juchzt und plügt durch den Pulver. Wen intressiert der blöde Pulver, ich blicke zurück, immer noch könnte man auffellen und zurücksteigen in die Sonne. Doch weiter oben tut sich nichts, erst unter 2400m wird die Sicht besser und so schwimme auch ich mit durch den watteweichen Schnee und ergebe mich dem Schicksal.
Wir folgen dem breiten Rücken, hüpfen durch den Wald, weichen geschickt einigen harschigen Passagen aus und stehen bald wieder am Parkplatz. Ich blicke zurück, wenn es jetzt aufzieht, muss mir jemand in den Hintern beißen ;-)
Es bleibt zum Glück für alle Beteiligten trüb und so können wir entspannt zum gemütlichen Teil und Sachertorte in Toblach übergehen. Irgendwo weit über den Wolken scheint sicher die Sonne und mit viel frischem Koffein und Zucker im Blut lässt sich die Enttäuschung vorübergehend betäuben. Was bleibt, ist die Freude über die nette Begleitung und die viele gesunde, feuchte Luft, die ich heute atmen durfte.