Biwaktour Kiental - Lauterbrunnen über 8 Gipfel


Publiziert von Camox , 16. Oktober 2017 um 21:11.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum:14 Oktober 2017
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2080 m
Abstieg: 2227 m
Strecke:Kiental-Spiggengrund-Glütschnessli-Bärefäld-Hohchie-Pt. 2'523-Märe-Bire-Spaltehorn-Schwarze Schopf-Pt. 2'371-Chli Lobhorn-Gälbe Schopf-Sousegg-Schwarze Schopf-Ars-Gälbe Schopf-Sousegg-Suls-Sousläger-Pt. 1'542-Lauterbrunnen

An diesem Oktober-Wochenende war prächtiges Herbstwetter vorhergesagt. Das musste natürlich genutzt werden und ich entschied mich dazu, dieses Jahr eine weitere Biwaktour zu unternehmen. Auch wenn ich wegen des Schnees nicht die ursprünglich geplante Strecke laufen konnte, entstand eine hübsche Tour durch das verlassene „Hinterland“ der Schwalmere.

Zur Tour konnte ich erst später als geplant starten, da es beim Eurocity-Zug nicht so recht mit dem Öffnen und Schliessen der Türen klappen wollte. 14 Minuten Verspätung und ein nicht erreichbarer Anschlusszug waren die Folgen. Da der Bus um diese Zeit nur stündlich nach Kiental fährt, startete ich eine Stunde später um 09:50 Uhr in Kiental Ramslauenen.

Sogleich nahm ich den Aufstieg in den Spiggengrund in Angriff und lief später entlang dem Bach durch dieses Tal. In der Talsohle war es auch um diese Tageszeit noch recht düster, da die Sonne im Herbst lange hinter den hohen Bergen im Osten verborgen bleibt. Zum Gehen war das daraus resultierende Klima aber ideal. Alsbald führt der Weg vom Bach weg steil in die Höhe und vorbei an ein paar landwirtschaftlich genutzten Gebäuden, wo man auf einem Schotterweg wieder leicht absteigt. Wo im Sommer zahlreiche Kühe auf den Weiden bimmeln, war es an diesem Tag ruhig und einsam; nur eine Gämse nahm den Platz der Nutztiere auf der Grasfläche ein und liess sich durch meine Anwesenheit nicht vom äsen abhalten. Alsbald beginnt ein weiterer Aufstieg und ich lief vorbei am Glütschnessli und stieg den Alpweg hoch in Richtung Bärefeld. Der Weg war in einem guten Zustand, anders, als ich ihn in von einer früheren Begehung in Erinnerung hatte. Vorbei ging es an ein paar Bächen und Wasserfällen, wo sich offensichtlich auch Wasseramseln heimisch fühlten, durch die abwechslungsreiche Landschaft hoch.

Die Hochebene Hochie erreicht, tankte ich am Brunnen nochmals Wasser nach und folgte dem Weg in Richtung Chilchfluepass. Ich durchstieg noch die eindrückliche, mit Seilen gesicherte Steilstufe und verliess auf rund 2'200 müM den Wanderweg nach Norden, noch bevor der dortige Bach gequert war (etwas einfacher gelänge der folgende Aufstieg, wenn man diesen Bach noch queren würde und erst auf 2‘320 müM den Wanderweg auf dem gut markierten Pfad verliesse, vgl. Landeskarte).

Entlang diesem Bach stieg ich nun steil den zumeist grasigen Hang hoch. Das Gelände war gut gestuft, sodass man hier kräfteschonend vorankam. Alsbald wurde das Gelände flacher, man erreicht eine weite Mulde, und zu meinem Erstaunen gelangte ich hier in einen blau-weissen Wanderweg. Ein Stein war mit dem Wort „Schwalmere“ und einem Pfeil bepinselt (sind mir solche Beschriftungen im Gebiet nicht schon mal begegnet?). Solche Orientierungshilfen wurden natürlich genutzt und ich folgte den Markierungen auf undeutlichen Wegspuren zum Pt. 2'523 neben der Chienegg, wo ich ohnehin hinwollte.

Hier blickte ich erstmals ins Soustal runter und rüber zum Schwarzbirg. Mein einstiger Plan, im späteren Verlauf dieser Tour noch auf diesen Gipfel zu steigen, musste ich in Anbetracht des Schneefelds unterhalb der Birglücke begraben. Ohne schweres Gepäck hätte ich mir die Sache wohl noch genauer angeschaut, mit meinem grossen Rucksack hätte das bei fehlender Spur in diesem steilen Aufstieg aber recht mühsam werden können. So entschied ich mich, dieses Vorhaben auf ein anderes Mal zu verlegen*.

Ich folgte nun dem Alpinwanderweg und traversierte so den Hang unterhalb dem Drättehorn. Dann verliess ich den Weg (er mündet wohl später in den Schwalmere-Ostzustieg) und stieg rechterhand kurz und einfach über kompakten Schotter empor auf mein erstes Gipfelziel, die Mära. Der Gipfel weist einen Steinmann auf und er bietet mit seiner doch recht stattlichen Höhe eine gute Rundumsicht. Ab hier führte meine Tour weiter zum Spaltehorn rüber, wobei ich unterwegs noch die Bira, ein flacher Schotterhügel, überschritt – ein Gipfel, an welchem man definitiv nicht abstürzen kann. Den Westgrat des Spaltehorns erreicht, ging ich diesen direkt hoch (ab hier bis wieder zurück an diesen Punkt: Schwierigkeit T4+, alles andere übersteigt die T3-Marke nicht). Dabei gilt es eine kleine Felsstufe zu überwinden (kurz I), was aber dank nicht-gegebener Ausgesetztheit und guter Felsstruktur einfach gelingt. Alsbald erreicht man im Folgenden eine flache Wiese, über welche man einfach zum höchsten Punkt mit Gipfelsteinmann gelangt.

Von hier lohnt es sich für den Alpinwanderer einen Abstecher zum Schwarze Schopf einzuplanen, welcher mit eindrücklichen Tiefenblicken punkten kann. Dabei folgt man dem Grat über etwas anspruchsvolles Gelände weiter und umgeht danach einen ersten Zacken südlich in der Flanke (recht gut gestufter Untergrund). Nun weiter auf dem Kamm über einen weiteren, grasigen Höhepunkt. Dann wird der Grat alsbald schmaler und ausgesetzter und man erreicht den dritten Höhepunkt. Von diesem muss man noch etwas absteigen, um den eigentlichen Gipfel des Schopfs zu erreichen. Hier kreiste ein junger Steinadler über mir, den ich mit Vorsicht beobachten musste, denn hier oben sollte man keine falschen Tritte setzen. Es war ein eindrückliches Gefühl, auf diesem Punkt zu stehen.

Vorsichtig ging ich den gleichen Weg zurück zum Spaltehorn und wieder den Westgrat runter. Dann weiter, die Bira nördlich umgehend, durch überraschend weitläufiges und flaches Gelände in Richtung Schwalmere-Wanderweg, wo ich nochmals Wasser nachfüllte (zum Glück, denn bis zum Biwakplatz liesse sich keine Quelle mehr finden).

Bald war der Wanderweg erreicht und ich folgte diesem zuerst absteigend dem Chli Lobhorn entgegen. Dann stieg ich, am Schluss den Wanderweg verlassend, einfach auf diesen Gipfel über den Grashang hoch (wem bei diesem Aufstieg die technische Herausforderung fehlt, dem sei der gegenüberliegende Grat empfohlen, ca. T5). Auf dem Gipfel hat man einen tollen Ausblick ins Mittelland und rüber auf das Grosse Lobhorn, welches die Aussicht keineswegs stört. Hier legte ich einen kurzen Essensrast ein und tankte Kraft für den letzten Streckenteil, welcher mir noch bevorstand.

Ich setzte meine Tour mit dem Erreichen des Wanderwegs in dessen Richtung fort und umging so das Grosse Lobhorn in nächster Nähe, wobei in den Felsen über mir noch ein paar Kletterer in Aktion waren. Auf dem Grat führt der Weg über einen weiteren Gipfel mit dem Namen Schwarze Schopf runter zur Sousegg. Den Wanderweg verlassend ging ich ab hier einfach über Grashänge dem Grat folgend hoch zum Gälbe Schopf und in einem zweiten kurzen Gegenaufstieg auf den Ars. Hier richtete ich um halb fünf Uhr mein Biwak ein und genoss die tolle Abendstimmung. Nochmals gab es etwas Znacht, dazu ein herrliches Bier (alkoholfrei) und zum Dessert Pain d'épice aus Südfrankreich. Nun war also definitiv Geniessen angesagt.

Exakt um 18 Uhr war dann Lichterlöschen draussen (Sonnenuntergang) und eine Stunde später drinnen (Schlafengehen). Der Schlaf war tief, ich wachte nur einmal kurz auf.

Um 05:30 Uhr fühlte ich mich dann genug ausgeschlafen und ich begann mit dem Zusammenpacken meines Biwaks. Da an diesem Tag noch weitere Verpflichtungen anstanden und auch wegen dem Erlebnis kam mir ein früher Start nicht ungünstig. Um viertelnach 6 Uhr zog ich  mit der Stirnlampe los. Noch war es gänzlich dunkel, der kleine Mondspickel vermochte kaum zu erhellen, doch der Weg liess sich gut finden. Zuerst lief ich zurück zur
Sousegg, dann stieg ich auf dem markierten Pfad runter nach Suls. Ab hier folgte ich dem Wanderweg zum Talgrund des Soustals. Unterwegs auf diesem Weg setzte die Dämmerung ein und die Lampe konnte wieder im Rucksack verstaut werden. Aber auch ohne Stirnlampe sah ich die zahlreichen Spinnfäden nicht, welche die Achtbeiner über Nacht über den Weg spannten und ich „sammelte“ sie unfreiwillig ein. Vom Talgrund des Soustals stieg ich kurz zu dem Häusern beim Sousläger auf und folge dem Wanderweg beim Flöschwaldsee vorbei runter in Richtung Grütschalp. Dieser Wanderweg wurde einst gut ausgebaut und man findet einige Sitzmöglichkeiten entlang des Pfades. Bei Pt. 1'542 nahm ich den direkten Pfad runter nach Lauterbrunnen. Dieser Abstieg wird wohl oft auch von mutigen Downhillern benutzt, wie ich dies aus den Spuren deutete. Der Weg führt in steilem Zigzag relativ direkt ins Dorf runter, wobei er zweimal von flacheren Abschnitten auf Fahrstrassen unterbrochen wird. Alsbald kam ich beim Runtergehen wieder in die Höhen der Bergahorne, wo ich genüsslich durch das Laub dieser Bäume schlurfte. Im gesamten Abstieg war ich eher gemütlich unterwegs, aber auch so liess sich ein Muskelkater nicht vermeiden. Nur am Schluss ergab sich ein kurzer Schlussspurt, um den Zug um halbzehn beim Bahnhof Lauterbrunnen noch zu erwischen.

In Interlaken fand ich mich dann in Scharen von Touristen wieder. Ich liess mich nicht aus der Ruhe bringen und schwelgte in Gedanken noch immer hoch über dem Tal. Schön wars..

 

Bemerkungen:

  • Die beschriebene Tour kann man natürlich auch in einem Tag begehen.
     
  • Im Gebiet der Mära liesse sich auch bestens Biwakieren (und Fussballspielen und Kegeln – so flach ist es dort oben). Und wer noch Kraft hat, dem sei das hier empfohlen.
     
  • Ich habe den Wegpunkt des Spaltehorns hier auf Hikr verschoben. Er war vorher südöstlich der Bira eingezeichnet. Aus meiner Sicht sollte der Punkt nun richtig platziert sein.

 

 

Tag 1: 19.45 km, 2027 m, 787 m, 6.75 h (inkl. Pausen)

Tag 2: 9.70 km, 53 m, 1‘440 m, 3.25 h (inkl. Pausen)

Tour im Alleingang


*Eine Woche später gelang es aber mit der Besteigung des Schwarzbirgs zusammen mit Mättenberg, Wyssbirg, Hüenderegg und Chienegg (Wander-Abstecher von einer Bike&Hike-Tour von Interlaken via Chilchfluepass nach Spiez).


Tourengänger: Camox


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Kommentare (4)


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amphibol hat gesagt: Schöne Sache!
Gesendet am 17. Oktober 2017 um 07:29
So eine Biwaktour kann einfach alles, vor allem in diesem Gebiet immer wieder lohnend!

Deine Durchgangszeiten mit dem ganzen Gepäck sind nicht von schlechten Eltern! :-)

Bester Gruss, Raphael

Camox hat gesagt: RE:Schöne Sache!
Gesendet am 18. Oktober 2017 um 21:09
Hey, Rahael,

Ja, da hast du recht, die Gegend lohnt sich wirklich sehr zum Biwakieren, das weisst du ja ;-)
Ja, ich dachte auf der Tour auch, dass ich, zumindest im Aufstieg, zügig unterwegs war. Durch den Spiggen ging's noch flott, allerdings habe ich gegen Ende des ersten Tages auch ordentlich an Tempo verloren und beim Aufstieg auf das Chli Lobhorn brannten die Beine schon gehörig.. 2.9 km/h im Schnitt ist jetzt auch nicht wirklich der Hammer, aber ein gutes Training war es allemal. Das tolles Erlebnis stand aber über allem und davon zehrt man jeweils noch länger.

Beschti Grüess und dir no schöni Herbschttoure!
Markus

cheeser96 hat gesagt: Interessante Tour
Gesendet am 17. Juni 2018 um 12:35
Hört sich toll an diese Tour :)
Du hast noch angegeben, dass die Kletterschwierigkeit I beträgt. Hast du die Kletterausrüstung auch dabei gehabt, oder war dies für diesen kurzen Abschnitt gar nicht nötig?
Freundliche Grüsse

Camox hat gesagt: RE:Interessante Tour
Gesendet am 21. Juni 2018 um 19:45
Hoi Cheeser,
Kann ich dir sehr empfehlen, die Tour!
Nein, Kletteausrüstung brauchts definitiv nicht. Schwierigkeit I heisst an sich nur, dass man beim Gehen zur Unterstützung kurz die Hände braucht. Diese Schwierigkeitsbewertung bezieht sich auch nur aufs Spaltenhorn (Westgrat und allenfalls Gipfelgrat; beides sehr kurze Abschnitte). Abschüssig ist davon nur der Gipfelgrat. Zum Sichern mit Klettermaterial dürfte sich wohl ohnehin keine fixe Einrichting finden, drum macht die Mitnahme von Klettermaterial wenig Sinn.
Ich hoffe, das hilft dir so weiter. Wünsche viel Spass!
Grüess, Markus


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