Öfelekopf SO-Grat – mit Varianten zu einem rassigen Bergabenteuer


Publiziert von algi , 30. September 2017 um 09:56.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum:29 September 2017
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Leutaschtal, Ahrn

OK, manche werden sagen, diese Varianten sind nur Verhauer ( mein Spezialgebiet ) und damit haben Sie vmtl. sogar recht, aber die sehr knappe Beschreibung des SO-Grates aus dem Jahre 1909 lässt eben auch sehr viel Interpretationsspielraum zu. Und da geduldiges „Suchen nach dem rechten Weg“ nicht zu meinen Stärken gehört, mache ich ggfs. eben mein eigenes Ding, und wenn das, was dabei rauskommt auch noch besser als das Original ist, soll es mir nur recht sein.

Aufgrund der unsicheren Wetterlage schaue ich um 03:00 Uhr früh nochmal nach dem aktuellen Wetterbericht im WEB.
„.at“ – unter „Heute“ finde ich den gestrigen Tag, daher muss ich auf Morgen klicken und demnach soll es ab Mittag regnen.
„.de“ – hier ist „Heute“ tatsächlich heute und nach dieser Vorhersage sind  Regenschauer erst nach 18:00 Uhr zu erwarten.
Ich denke mir, wenn die Ösis nicht zwischen Heute und Morgen unterscheiden können, wie soll ich dann erst ihrem Wetterbericht  vertrauen können ( kleiner Scherz am Rande ) und damit ist der SO-Grat gebongt.

Ich starte in Ahrn und der steile Weg bringt mich schnell hinauf ins Puitental, kurz nach 8 Uhr fängt es zu regnen an, na super, vielleicht sollte ich nächstes Mal „.ch“ aufrufen. Glücklicherweise ist es nur ein Schauer und ich hoffe inständigst, dass sich die dunklen Wolken hinterm Scharnitzjoch bald wieder verziehen.

Dort wo der Söllerpaßweg den Graben nach links verlässt beginnt das Abenteuer. Kurz oberhalb des Latschengürtels quere ich unter der Steilen Südwand nach Osten hinüber um das breite Schrofenband zu erreichen, dass zum Einstieg der Ost-Gipfel-Route führt. Da ich etwas zu weit oben entlang laufe, verpasse ich den Einstieg in das Schrofenband jedoch zunächst. Also nochmal 80 HM retour, beim Abstieg suche ich vorsichtig nach Möglichkeiten aufs Band zu gelangen, und werde bei einem ausgesetzten  Felsband das zwischen 2 markanten Bäumen bzw. Baumgruppen verläuft, fündig. Nach dessen Querung ( leicht fallend ) das Schrofenband  wellenförmig bis zu dessen Ende weiterverfolgen.

Man befindet sich nun am westlichsten Auslauf der mächtigen Rinne, die zwischen West-und Ostgipfel herabzieht. Rechts oberhalb zieht ein Felssporn herab, der die Rinne in einen tief eingeschnittenen rechten und flachen linken Teil trennt. Kurz vor Erreichen des Sporns, klettere ich in ausgewaschenem guten Fels ca. 60 m aufwärts, bis sich das Gelände so aufsteilt, dass ich nach rechts zur Kante abgedrängt werde. Glücklicherweise führt hinter der Kante lückenlos ein Riss-und Verschneidungssystem weiter nach oben. Die Kletterei macht richtig Spaß ( III bis IV ) weil die Felsqualität wirklich sehr gut ist ( bin ich hier am richtigen Berg ? ). Als es nach ca. 60 m noch steiler wird und ich nun weit rechts drüben auch den SO-Grat erblicken kann, steige ich rechts über ein Band kurz ab, und erreiche, in nun leichterer Kletterei, wenig später den großen Schrofengürtel unter den steilen Südabstürzen des Ostgipfels.

Nach Osten querend, an einer markanten Verschneidung vorbei, sehe ich am SO-Grat ein kleines Türmchen, dass dem Massiv vorgelagert und von ihm durch eine kleine Scharte getrennt ist. Dieses Türmchen strebe ich nun an, und hoffe, dass es hinter der Scharte nicht senkrecht runter geht. Alles Bestens, das Schrofenband findet hier seinen Fortsetzung.

Im Führer steht nun, dass man den ersten Aufschwung auf der rechten nordöstl. Seite des Grates ersteigt. Ich laufe bestimmt 30 – 40 m weiter in nordöstl. Richtung ohne eine vernünftige Möglichkeit zu entdecken ( vmtl. war das zu kurz gedacht ), dann kehre ich zurück zu der Rissverschneidung die knapp rechts der Pfeilerkante zum Pfeilerkopf nach oben zieht. Schaut machbar aus, also steige ich ein. Ich schätze mal ein IVer, aber die Festigkeit des Gesteins lässt mit jedem Meter nach, so dass ich sehr froh bin, die letzten Meter des brüchigen Ausstiegsrisses, über ein unerwartet auftauchendes Gesims, auf der rechten Seite umgehen zu können.

Nun in mäßigem Schwierigkeitsgrad mit wechselnder Felsqualität immer am Grat entlang bis ich vor dem nächsten steilen Gratkopf stehe. Mit ein paar Hakerl wäre das sicherlich zu machen ( aber wohl eher im Bereich V bis VI ). So steige ich demütig zur Nordostseite des Klotzes ab. Hier soll sich ein 15 m hoher Kamin befinden, Fehlanzeige, ich sehe nur so eine Art „grasige Rinne“ oder eine wasserzerfressene Platte, die direkt hinter dem SO-seitigen  Abbruch auf den Kopf hinauf führt. Die Entscheidung fällt mir nicht schwer, die tolle Platte war ein Glücksgriff , eine solche Felsqualität kurz vor dem Gipfel des Öfelekopfes, eigentlich undenkbar.

Mittlerweile hat es ziemlich zugezogen und mir wird‘s etwas mulmig, ein Abstieg bei Nebel und Regen wäre eine sehr bittere Angelegenheit. Also gebe ich nochmal alles um die letzten Graterhebungen möglichst schnell hinter mich zu bringen.

Das Gipfelglück kann ich nun leider nicht genießen, da ich alle folgenden Kletterpassagen im Abstieg noch vor einem evt. einsetzenden Regen hinter mich bringen will. Nur schnell was zu trinken, ein Eintrag ins neue Gipfelbuch ( letzter Eintrag war 2015 ), und dann im Eiltempo hinab. So schnell ging‘s dann doch wieder nicht, denn bei der schneebedeckten Querung hinüber zum Westgipfel musste jeder Schritt mit Bedacht gesetzt werden.

Schnell hinauf zum Westgipfel und zuletzt noch die Westflanke hinabeilen. Als ich die grasige Senke kurz vor dem Söllerpaß erreiche, fällt mir ein Stein vom Herzen und ich kann die entfallene Gipfelpause endlich nachholen.

Der Steig hinunter ins Puitental ist dann schon fast entspannend und beim Abstieg nach Ahrn lasse ich diesen erlebnisreichen Tag am Berg etwas gemütlicher ausklingen.

Fazit:

-        Tolle alpine Klettertour, besonders interessant für Solche die weniger den Schwierigkeitsgrad, sondern vor allem das Erlebnis im Blick haben

-        Wegfindungsgespür erforderlich, habe keine einzige fixe Sicherung entdeckt

-        Reine Geh-/Kletterzeit: 7 ½ Stunden bei flottem Tempo

 

Viele Grüße

Albert


Tourengänger: algi


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Kommentare (9)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 30. September 2017 um 19:27
Klasse Tour! Gratulation! Wie würdest du die Rinne beurteilen, die in die Scharte zwischen Ost-und Westgipfel führt? Laut AVF ja nur ein "IIer"!?

VG Nico


algi hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. September 2017 um 21:17
Hallo Nico,

habe mich auch gefragt, wie man den unteren Abschnitt, in dem beide Touren lt. AVF identisch verlaufen, im Schwierigkeitsgrad II überwinden kann, ist mir aber nicht recht klar geworden. Ich will darüber jetzt auch keine wilden Spekulationen anstellen. Frage einfach mal bei ReinerD nach. Der kennt fast jeden Winkel im Wetterstein.

Beste Grüße, Albert

frehel hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Oktober 2017 um 14:54
Hallo Albert,

sehr schöner Bericht. Ich würde die Beschreibung zum Einstieg (AV 1213 "Südwand") so interpretieren, dass man weiter oben erst zur breiten Rinne hinüberquert. Vielleicht schauen Niko und ich uns das die kommenden Wochen mal an und berichten.

VG,
Moritz

algi hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Oktober 2017 um 20:10
Hallo Moritz,

ja, das ist eine gute Idee.
Ich freu mich drauf.

VG Albert

Westfale hat gesagt:
Gesendet am 2. Oktober 2017 um 18:35
Starke Nummer und packend geschrieben. Der Grat wird wohl auch nach Deiner Beschreibung nicht oft gemacht werden..
VG
Sebastian

swobi hat gesagt: hallo albert
Gesendet am 20. Oktober 2017 um 22:38
war heute aufm ostgipfel ,leider nicht nach buch gesucht. bin vom w-gipfel rüber .nodseitige querung mit steigeisen .vg peter

algi hat gesagt: RE:hallo albert
Gesendet am 21. Oktober 2017 um 14:05
Hallo Peter,

ja. die Verhältnisse auf der Nordseite sind momentan deutlich schlechter als vor 3 Wochen. Habe diese Erfahrung gestern auch an der Leutascher Dreitorspitze machen müssen. Da sind Steigeisen eine willkommene Unterstützung.

VG Albert

ReinerD hat gesagt: RE:hallo albert
Gesendet am 22. Oktober 2017 um 10:12
Hey swobi

willkommen bei Hikr.org ,

hab Deinen Eintrag am Westgipfel gestern (21.) gesehn
und dachte erst, Du hast Dich im Datum geirrt.
SMS hast ja bereits erhalten ;-)
Damit ist klar wessen Spuren im Schnee rüber zum Ostgipfel gingen.
Wir san diesmal übern Preußgrat hoch , allerdings
san wir erst gar ned, wie Algi ,auf das brüchige Gratstück mit dem brüchigen Überhang ganz hochgekraxelt sondern nach Osten in eine Rinne gequert und die hoch. (Details schreib ich hierzu noch im Algi-Preußgrat-Bericht)
Haben somit vergeblich nach Schwierigkeiten gesucht. Eigentlich wollt ich noch am direkten Gratübergang Westgipfel->Südrinnenscharte eine Abseilstelle einrichten aber da wir ja schon mal am Ostgipfel waren und ausnahmsweise mal bei Tageslicht wieder daheim sein wollten, haben wir nur noch, die für Kletterer
empfohlene, direkte Abstiegsrinne"Abstieg ins Puitental" (Einstieg ,Stelle III) ausprobiert.
Diese Südrinne ging mit etwas Vorsicht wegen Steinschlag und Schuttauflage, ganz gut und man spart sich den Wiedernanstieg und Umweg zum Söllerpass.

Hier noch der Link zum alten Picasa-Webalbum von unserer Südostgrattour im Oktober 2015 mit dem jetzt heiklen 15m-Kamin [Kaminausstieg, jetzt mind. V- ]
Leider hat Google die Alben eingestellt, sodass ich die Bilder nicht mehr aussortieren und beschriften kann.
Ostipfel Süd-Ost-Grat 2015

Gruß
ReinerD

P.S.:
Albert,eine gewagte Gratvariante hast da gemacht.
Den schmalen und brüchigen Grataufschwung
www.hikr.org/gallery/photo2499511.html?post_id=125688#1
wollten wir uns ned antun und sind dort
rechts zum "15m-Kamin" ausgewichen.
Im Nachhinein sind wohl beide Varianten nicht ganz ungefährlich.






algi hat gesagt: RE:hallo albert
Gesendet am 23. Oktober 2017 um 06:19
Hallo Reiner

speziell an diese Passage kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Die schwierigste Stelle war für mich die brüchige Verschneidung des ersten Steilaufschwungs. Diesen Abbruch umgeht man normalerweise wohl weiter nordöstlich, zumindest habe ich von oben gesehen, dass von dort Schrofengelände emporzieht.

Du hast ja eine tolle Kamera, gestochen scharfe Bilder, da macht das Anschauen gleich doppelt so viel Freude.

VG Albert


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