Punta Argentera Sud (3297m) über Normalweg


Publiziert von Simon_B , 5. September 2017 um 11:37.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum: 3 September 2017
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m

Nach einigen Tagestouren in den einsamen italienischen Seealpen stand nun ein schon recht lange geplantes Ziel an – die Besteigung der Punta Argentera über den Normalweg. Die einschlägigen Tourenbücher machten mir klar – hier wird meine persönliche Schwachstelle besonders herausgefordert – mein hartnäckiger Höhenschwindel. Dabei zeigte sich auch wieder ein innerer Widerspruch besonders: So sehr ich auch mit Begeisterung solche Touren plane, so sehr nagen auch Zweifel in mir, wenn es dann konkret wird. Macht es Sinn, sich immer wieder den Ängsten zu stellen? Ist es vernünftig, mit solchen Ängsten solche Touren zu versuchen? Ist Das Urlaubserholung, oder brauche ich danach Urlaub vom Urlaub?
 

Trotz aller Bedenken kämpften wir uns gegen Mittag mit dem PKW ins hintere Valle Gesso – hier muss jeder selbst entscheiden, wie Viel PKW-Verschleiß es wert ist, sich Lauf-Meter zu sparen. Wir suchten uns in etwa auf der Hälfte der üblen Schotterpiste einen Stellplatz.
 

Durch den wunderschönen wilden Talschluss, begleitet von zahlreichen Murmeltieren, wanderten wir erst flach, später steil, aber auf gutem Weg in knapp zwei Stunden hinauf zum Rifugio Remondino. Die Kaltfront, welche in den Nordalpen für viel Neuschnee sorgte, brachte auch uns während des Aufstieges dunkle Wolken, Schneeschauer und einige gewittrige Donnerschläge. Da sich die Wolken aber hauptsächlich am benachbarten Grenzkamm entluden uns somit unser Ziel schneefrei blieb, sollten die Bedingungen für den nächsten Tag ideal bleiben. So verbrachten wir einen netten Hüttennachmittag bei drei Stunden (!) Livemusik einer auch der Hüttenwirtin unbekannten Band. Die kamen einfach am Vormittag hinauf- inklusive der Instrumente (Harfe, Cello, Gitarre,...) machten Musik und sind am Nachmittag wieder abgestiegen - Respekt!
 

Am nächsten Morgen überließen wir den zahlreichen anderen Gipfelstürmern das ganz frühe Aufstehen. Ein sicherer Wetterbericht und kalte Temperaturen sprach dafür, so dass wir erst gegen 08:00 von der Hütte aus starteten. Den roten Markierungen und zahlreichen Steinmännern folgend, durchquerten wir zwei Blockfelder und erreichten schließlich die steile Geröllrinne, welche zum „ Passo Dei Detriti" hinauf führt. Die Rinne ließ sich viel besser begehen, als es von der Ferne erscheint. Gegen 09:45 Uhr kamen wir am Pass an, welcher einen Einblick in die weitere Route durch die Ostwand hindurch ermöglicht. Dort soll es hinauf gehen? Eine echte Herausforderung für meine nicht vorhandene Schwindelfreiheit – dennoch nicht gruselig genug, umzukehren! Nach einer kurzen Pause machten wir uns an diesen spannensten Schlussteil des Aufstieges. Ohne größere Probleme wird über leichte Felsen zum Anfang des Bandes gequert, welches dann durch die Wand führt. Dieses lässt sich tatsächlich recht gut begehen. Eine Verwerfung und eine Engstelle werden mit einem Seil gesichert. Bald steilt das Band zunehmend auf. Nun muss zunehmend richtig geklettert werden (Stellen II), da man jedoch nun eher in einer Art Rinne aufsteigen kann und der Fels wunderbar fest ist, gab es hier nur einige kurze Stellen, wo ein Abrutschen richtig fatal geworden wäre... Am steilsten Stück helfen schließlich wieder Seile. Über diese waren wir dankbar, denn selbst mit Seil wird hier richtig Kraft und eine gewisse Klettergewandtheit gefordert – ohne Seile wäre man hier sicher im III Grad unterwegs. Die letzten Meter zum Gipfel werden schließlich über einfache Blockkletterei überwunden.
 

Geschafft! Trotz meiner Zweifel, trotz meiner Ängste! Und ja, es hat sich wieder Mal gelohnt! Die Kaltfront der letzten Tage hatte für eine unheimlich klare Sicht gesorgt. Im Norden waren klar und deutlich die verschneiten Gipfel der Walliser Alpen und des Mont Blanc- Massives zu erkennen. Und im Süden – kaum zu fassen – erblickten wir die Umrisse von Korsika. Dieses Geschenk, an einem solchen Tag hier auf diesem Berg sein zu dürfen – dies gesundheitlich – ja auch psychisch zu können und schließlich auch das Geschenk, eine Partnerin zu haben, die diese Strapazen auf sich nimmt und dabei auch Freude und Erfüllung empfindet – ich gebe zu – unter der verspiegelten Sonnenbrille standen für einem Moment Tränen der Freude in meinen Augen...
 

So genossen wir fast eine ganze Stunde die Aussicht mit den zahlreichen anderen Gipfelstürmern. Der Abstieg erfordert bis zum Pass noch mal erhöhte Konzentration – hier zeigt sich, dass das Absteigen oft schwieriger ist, als das Hinauf-Klettern. Der Abstieg vom Pass lies sich dann sehr gut gehen, so dass wir recht zügig die Hütte und nach einer leckeren Polenta schließlich am Nachmittag unser Auto erreichten, mit welchem wir dann zu unserem nächsten Urlaubsziel – der ligurischen Mittelmeerküste fuhren.
 

Fazit:
Tolle Bergtour in großartiger wilder Südalpen-Landschaft. Der Schlussteil des Aufstieges zum Gipfel dürfte in seiner „Architektur“ einmalig sein. Die Natur hat hier einen Weg geschaffen, welcher abgesehen von ein paar Seilen auf natürliche Art machbar durch eine steile Felswand zum Gipfel führt. Klar – es ist exponiert und man muss auch etwas klettern können, Kraft in den Armen haben und absolut trittsicher sein. Abgesehen davon ist der Fels jedoch fest und relativ oft klettert man recht sicher in Kaminen oder Rinnen hinauf, so dass es sich viel einfacher anfühlt, als es vom Pass aus aussieht. Deshalb für Freunde felslastiger Touren eine Traumroute!


Tourengänger: Simon_B


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