Überschreitung Kistenpass von Brigels nach Linthal als Tagestour und der spannende Abstieg übers Tor


Publiziert von dulac , 5. Juli 2018 um 21:02.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum:25 August 2017
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   CH-GR   Hausstockgruppe 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 2150 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bus ab RhB Tavanasa
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Linthal
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Auf meiner Projektliste hatte diese klassische Überschreitung schon einige Jahre gestanden. Und da wäre sie wohl auch noch länger geblieben, wäre ich nicht kurz zuvor bei der Mittagsrast auf dem Stätzerhorn mit einer Zufallsbekanntschaft ins Gespräch gekommen. Und hätte sie mir dabei nicht diese Tour so eindringlich empfohlen. Absolut zu recht – wie ich nachher feststellen konnte!

 

Doch der Reihe nach: Es sollte eine Tagestour ohne Zwischenübernachtung etwa auf der Muttseehütte werden. Doch die Überschreitung von Brigels bis nach Linthal ist lang, speziell wenn auf Hilfsmittel wie Seilbahnen oder den Tierfehd-Zubringer verzichtet werden soll.

 

Deshalb wollte ich zuvor testen, inwieweit mein Vorhaben überhaupt realistisch ist. Dazu war ich einige Tage zuvor zunächst mal von Brigels zum Kistenpass hoch- und wieder zurückgestiegen. Freilich nicht ohne dabei auch zum ersten Mal das Kistenstöckli zu besuchen und danach bis zum Umkehrpunkt am Kistenpass abseits der Steigspuren eine Route nahe der Abbruchkante zu suchen, von wo sich phantastische Tiefblicke auf den Limmeren-Stausee knapp tausend Meter tiefer boten.

 

Dieser Realitäts-Check war positiv ausgegangen. Nun konnte es also losgehen:

 

Nach Anreise mit der Rhätischen bis Tavanasa und kurzer Postbusfahrt nach Brigels konnte die Tour dort kurz nach 8 Uhr beginnen.

 

Zunächst über die Alpen Quader und Rubi Sura auf eine Geländestufe auf rund 2400 m hinauf. Hier hat es einen Abzweig nach links zur Bifertenhütte und zum Kistenstöckli. Geradeaus weiter zum Kistenpass ist es noch ein gutes Stück Weg, allerdings kaum noch ansteigend. Lohnend kann es hier sein, den markierten Weg zu verlassen und sich weiter westlich nahe der Abbruchkante eine eigene Route zu suchen. Die Tiefblicke zum Limmeren-Stausee hinab sind atemberaubend.

 

Danach wieder zurück auf die Normalspur. Die Tafel mit der Aufschrift Kisten“pass“ erweckt den Eindruck, die Passhöhe, also den Scheitelpunkt erreicht zu haben, tatsächlich geht es im Anschluss noch rund hundert Höhenmeter weiter hinauf - etwas irritierend.

 

Dabei werden dann die Kistenpasshütte und der höchste Punkt P2729 passiert. Bis dann im Anschluss auch die Muttseehütte erreicht ist geht es zunächst erst 300 hm gemächlich bergab nur um anschliessend wieder 100 hm anzusteigen.

 

Die Muttseehütte hätte eine längere Rast verdient gehabt. Doch da es ein wenig nach einer Wetterverschlechterung aussah (eine Befürchtung, die sich später als grundlos herausstellen sollte) machte ich mich bereits nach einer halben Stunde auf den Weiterweg, sprich in diesem Fall auf den Abstieg.

 

Dieser führt zunächst ein wenig höher zum Muttenwändli mit anschliessendem Abstieg ins obere Nüschentäli und zur Nüschenegg.

 

Hier hat es an einem Abzweig zu einem schmalen Steig nach rechts einen Wegweiser nach Linthal. Offensichtlich eine nur wenig begangene Variante, da die meisten offensichtlich die Seilbahn bevorzugen – wie es sich auch bei den hikr-Tourberichten zeigt.

 

Denn diese Variante wird bei hikr bis jetzt nur in einem *Bericht beschrieben, allerdings auch nur für den oberen Abschnitt von der Nüschenegg bis zum Unteren Baumgarten und nicht für die Fortsetzung von dort über den Tritt. Und dieser Abstieg von Baeremanni hatte damals unter keinem allzu günstigen Stern gestanden, weshalb sich seine Begeisterung verständlicherweise etwas in Grenzen hielt. Schade für ihn, denn dieser Abstieg kann durchaus Freude bereiten:

 

Zunächst führt die schmale Wegspur aussichtsreich und nur gemächlich absteigend durch steile Grasflanken unterhalb des Nüschenstocks bis nach rund einer halben Stunde der Tor/Torchopf auf 2059 m erreicht ist.

 

Auf diesem einladenden Logenplatz nicht zumindest kurz zu verweilen und das spezielle Flair aufzunehmen, wäre ein unverzeihlicher Fehler gewesen. Ganz abgesehen davon, dass vor den weiteren 1.400 hm Abstieg eine Verschnaufpause alles andere als ungelegen kam.

 

Mehr als eine reichliche Viertelstunde wollte ich mir aber dennoch nicht zugestehen, da ich nicht wusste was eventuell noch alles an Unvorgesehenen auf mich zukommen könnte.

 

Zunächst war dies nun ein steiler Abstieg auf schmalem, gelegentlich etwas undeutlichem Steig durch Grasflanken, zeitweise auch entlang von Felswänden bis zum Unteren Baumgarten (T3+ - bei Nässe nicht zu empfehlen).

 

Von hier hatte ich ursprünglich geplant, zur Pantenbrugg abzusteigen. Doch es erging mir hier wie zuvor Baeremanni: Die Kühe hatten hier alle Wegspuren derartig zertrampelt, dass ich mich erst auf Wegsuche hätte begeben müssen. In dieser Situation entdeckte ich dann den Wegweiser, der eine direktere Alternative nach Linthal bot. Auch hier hatte es allerdings den Zusatz „nur für schwindelfreie Berggänger“.

 

Und so ging es dann durch ähnlich geartetes Gelände wie zuvor, steil, gelegentlich auch ausgesetzt, schmale Wegspur, doch weiterhin spannend, nach unten. In diesem Abschnitt hatte es auch – anders als zuvor – auch einige Passagen, die durch Ketten entschärft waren.

 

Als auch dieser Abschnitt glücklich gemeistert und Obbort erreicht war, nun zum Abschluss nur noch rund 4 km bis nach Linthal zur Bahnstation. Anders als einige Jahre zuvor beim Abstieg vom Gemsfairenstock führte die Route aber nicht über die Fahrstrasse, was ich damals als elenden Hatsch empfunden hatte, sondern deutlich angenehmer auf kleinen Wegen etwas oberhalb.
 

 

In Summe also eine sehr lohnende und abwechslungsreiche Tour:

Zunächst in der weit und offen wirkenden Landschaft der Surselva über eher sanfte Grashänge hinauf, dann ein Hochplateau im Mittelteil mit zum Teil bizarren Felsstrukturen und einem Stausee weit unterhalb, und zum Schluss dann jähe Gras- und Felsflanken ringsum, die eher einen beengenden Eindruck vermitteln. Und nicht zu vergessen der ständige Perspektivwechsel auf die umgebenden Gipfel, und hier speziell auf Bifertenstock und Tödi.

Sehr eindrücklich alles!

 

Zur Schwierigkeitsbewertung ist noch anzumerken, dass sich das T3+ ausschliesslich auf die Schlusspassage zum Torchopf und den Abstieg bis kurz vor Obbort bezieht.


Tourengänger: dulac
Communities: ÖV Touren


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Kommentare (12)


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trainman hat gesagt:
Gesendet am 6. Juli 2018 um 00:36
unglaublich interessante Landschaftsstrukturen-offensichtlich eine 5*Tour und das bei bestem Wetter.
Da muss ich wohl auch mal hin.
Beste Grüsse
Emil

dulac hat gesagt: Besten Dank!
Gesendet am 6. Juli 2018 um 09:50
Hallo Emil,

wenn ein so Weitgereister wie Du diese Ecke tatsächlich noch nicht kennt, dann kann ich Dich in der Absicht das nachzuholen nur bestärken.

Und wenn Du Dich schon auf den Weg hierher machst, dann schau Dir doch gleich auch mal die nahegelegene Gegend um das Hochtal Bargis (oberhalb von Flims) an. Einige Stichworte noch hierzu: Piz Tschep, Val Maliens, Gletschermühlen. Landschaftlich großartig und trotz der Nähe zu Flims/Laax alles andere als überlaufen. Zählt zu meinen Favoriten.

LG Wolfgang

PStraub hat gesagt: Weg nach Üeli
Gesendet am 6. Juli 2018 um 07:00
Schöne Tour in einer schönen Gegend!

Die Route Tor-Baumgarten-Üeli ist hier zumindest erwähnt.
Die Wegfindung auf Baumgarten ist einfach: Du siehst weiter unten den Masten der Seilbahn. Wer fahren will, kann dort einsteigen. Wer gehen will, nimmt den Weg, der dort vorbei führt.
Der Weg über den Tritt ist allerdings direkter und attraktiver.

dulac hat gesagt: RE:Weg nach Üeli
Gesendet am 6. Juli 2018 um 09:55
Besten Dank für Deinen Kommentar und den Hinweis!

Aber wie Du selber sagst, war meine Variante direkter und attraktiver. Also eigentlich eine glückliche Fügung, dass ich mir etwas schwer damit tat, den anderen zu finden.

LG Wolfgang


muellerto hat gesagt:
Gesendet am 6. Juli 2018 um 07:33
Hast Du mal die Länge gemessen? Das müssen ja laut Karte bald 25km sein. In zwei Tagen mit Übernachtung wäre das eine gemütliche Tour.

dulac hat gesagt:
Gesendet am 6. Juli 2018 um 09:59
Die Länge kann tatsächlich gut hinkommen. Ist für mich aber nicht so das Kriterium, da ich gerne Touren unternehme, die den Tag gut ausfüllen.

Entscheidender sind hier für mich eher die Höhenmeter im Aufstieg und die Art des Geländes. Und nicht zu vergessen, wann fährt der letzte Zug/Bus, und wieviel Spielraum bleibt mir damit für Unvorhergesehenes.

Flylu hat gesagt: RE: Gratulation
Gesendet am 6. Juli 2018 um 13:55
Lieber Wolfgang

Gratuliere dir zur dieser gewallt's Wanderung.

Wir waren ein Jahr zuvor auf der Muttseehütte als wir den Hausstock bestiegen.

Es ist eine schöne und wilde Gegend, trotz der menschlichen eingriffe.

Liebe Grüsse Lucia

dulac hat gesagt: RE: Gratulation
Gesendet am 6. Juli 2018 um 14:24
Liebe Lucia,

ganz herzlichen Dank für Deine Gratulation!

Wie ich bemerkt habe wart Ihr ja auch erst vor kurzem ganz in der Nähe unterwegs - möglicherweise war es ja sogar die Alp und der gut erkennbare Bergweg leicht links der Bildmitte auf diesem Foto vom Torchopf.

Liebe Grüsse

Wolfgang

Stijn hat gesagt: Torchopf gesperrt
Gesendet am 9. Juli 2018 um 10:44
Der Wanderweg Baumgarten - Torchopf - Nüschenegg ist seit Juni 2018 gesperrt ([www.glarnerwanderwege.ch/de/infoseiten/begehbarkeit-wanderwe...]). An den Verzweigungen gibt es Tafel die diese Sperrung bekannt machen. Ob wirklich eine Gefahr besteht, oder ob der Weg einfach nicht mehr aktiv unterhalten wird, ist mir nicht klar.

dulac hat gesagt: RE:Torchopf gesperrt
Gesendet am 9. Juli 2018 um 11:41
Besten Dank für die Info!

In der Mitteilung heisst es "bis auf Weiteres". Das lässt zumindest hoffen. Es wäre wirklich schade, wenn er zukünftig gar nicht mehr begehbar sein sollte.

LG Wolfgang

Bertrand hat gesagt:
Gesendet am 9. Juli 2018 um 12:19
Super Idee, Danke ! Habe ich mich gemerkt - vermutlich im Trailrun-Stil von Linthal bis Tavanasa (34km), evtl ohne Torchopf falls der gesperrt ist - der normale Weg über Tritt - Geisstritt - Kalchtrittli sieht aber auch recht schön aus. Als ÖV- Tagesstour von Bern wird der Tag sicher gut gefüllt !

dulac hat gesagt:
Gesendet am 9. Juli 2018 um 12:45
Gutes Gelingen und viel Spass dabei!!!


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