Aiguille de Chambeyron (3412 m) - Normalweg (Südwand)


Publiziert von Stirml , 28. August 2017 um 21:35.

Region: Welt » Frankreich » Alpes de Haute Provence
Tour Datum:11 August 2017
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1550 m
Abstieg: 1550 m

So langsam "frisst" man sich als Bergsteiger durch die gesamten Alpen. Nach den nördlichen Kalkalpen, die Dreitausender Österreichs und die Dolomiten. Zwischendurch mal in den Osten Österreichs und in die Julischen. Dann die hohen Gebirgsgruppen der Schweiz und schließlich irgendwann das Montblancgebiet. Und jedesmal ergaben sich beim Blick von den Gipfeln neue Betätigungsfelder. Nach dem Montblanc kamen dann Vanoise, Dauphiné und Monviso an die Reihe. Danach das Queyras, dem vorläufigen Endpunkt in 2016. Von einem der höchsten Gipfel des Queyras, dem Pic de Rochebrune, erblickten wir im Süden wieder eine markante Berggestalt: die Aiguille de Chambeyron, eine dunkle von Ost nach West verlaufende Mauer. Sie ist der höchste Punkt in der Gruppe der Ubaye, manchmal sogar als der der Südalpen bezeichnet, zumindest aber der höchste Punkt südlich des Monviso.

Ein Jahr später im August 2017 haben wir diesen Gipfel (mal wieder wetterbedingt: je weiter im Süden, desto besser) dann angegriffen. Nur mit ein paar Informationen aus den französisch sprachigen Internet-Seiten (altituderando, camptocamp) und einer Wanderkarte ausgerüstet, haben wir uns auf dem Weg zum Ausgangspunkt, dem Weiler Fouillouse (1907 m), ca. 5 km abseits von Saint-Paul-sur-Ubaye, aufgemacht. Ausgesucht haben wir uns den Normalweg (Südwand), erstbegangen vom berühmten Grindelwalder Bergführer Christian Almer (Erstbesteiger von 5 Alpenviertausendern) sowie W.A.B. Coolidge, dem Erstbesteiger zahlloser Gipfel in der Dauphiné.

1. Tag:
Am Ortseingang von Fouillouse befindet sich ein großer Parkplatz. Von dort führt ein ausgeschilderter Weg durch die typisch trockenen Landschaften zum Refuge du Chambeyron (2626 m). Vom freundlichen, jungen Hüttenwirt haben wir uns den Gipfelanstieg erklären lassen und erfahren, dass insbesondere in der Gipfelflanke die Wegführung nicht eindeutig ist, aber die Schwierigkeiten gering sind (... you can go it everywhere ... there are many cairns everywhere ...). Am Gipfeltag haben wir uns von der Unsitte -dem wahllosen Errichten von Steinmännern- überzeugen können. Gegen Abend haben wir dann noch eine kleine Erkundung bis zum Einstieg unternommen.

2. Tag:
Da wir die einzigen Gäste im Refuge de Chambeyron waren, die die Aiguille de Chambeyron angehen wollten, haben wir am nächsten morgen lediglich ein Thermosfrühstück bekommen. Mit beginnenden Tag verließen wir die Hütte. Auf dem bereits vom Vortag bekannten Weg ging es zum Lac Long und weiter in Richtung Lac des Neuf Couleurs. Kurz vor dem Lac des Neuf Couleurs haben wir dann den Weg verlassen, um nunmehr weglos den Einstieg zum Couloir Gastaldi zu erreichen. Hierzu erklimmt man die Schuttreiße, die sich aus dem Couloir Gastaldi ergießt. Das Couloir Gastaldi wird solange erstiegen bis "es zumacht". Hier wendet man sich im Sinne des Aufstiegs nach rechts, um ein Band / Rampe (sogenanntes "3. Band") bis zur Brèche Nérot zu verfolgen. Bis hierhin gab es kaum Wegspuren, erst kurz vor der Brèche Nérot wurden diese deutlicher, davor zumeist sehr "bewegliches Gelände". Von der Brèche Nérot steigt man kurz kletternd (II) hoch, um nun auf der Nordseite ansteigend querend eine kleine Scharte rechts von einem markanten Gratturm zu erreichen. Der Gipfel ist jetzt sichtbar. Nun wieder auf der Südseite über Schutt  leicht absteigend zu einer überdachten Rampe unter einer glatten Wand queren. Die überdachte Rampe absteigen (man befindet sich nun am oberen Ende des Couloir Gastaldi) und über schmale, brüchige Bänder in die Gipfelflanke queren. Nun mehr oder minder nach Belieben -nach dem Motto: alle Steinmänner führen nach oben- zum Gipfel (Stellen II).

Obwohl wir bereits um 9 Uhr den Gipfel erreicht hatten, war dieser bereits in Wolken. Das nahende Schlechtwetter war schneller als wir. Beim Abstieg zum Auto schauerte es bereits um uns herum.

Resumee:
Für uns Nordalpenbergsteiger mal wieder eine interessante und spannende Tour in den französischen Südalpen (keine deutsche Führerliteratur, keine weitere Seilschaft am Berg) auf einen Gruppenhöchsten. Zumeist wegloses, unmarkiertes und sehr schuttiges Gelände. Als Ausrüstung ist unbedingt ein Helm anzuraten. Das Seil haben wir nicht gebraucht.

Tourengänger: Stirml


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Kommentare (3)


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jiker hat gesagt: Situation 2023
Gesendet am 4. August 2023 um 11:06
Ein Paar Anmerkungen:
Die Steinmännchen leiten öfter in komplett falsche Richtungen (teils wirklich komplett falsch!) als in die richtige Richtung. Die beste Route ist mit weißen und weiß-roten Punkten markiert, der Ausstieg aus dem Couloir ist mit einem Punkt mit Pfeil markiert. Man sieht die Punkte aber nicht überall, unten in der Aufstiegrinne recht viele Punkte, später weniger, aber es gibt sie bis zum Gipfel.

Es ist wichtig in der Südflanke weit genug gen Osten zu gehen und wirklich in die Nordflanke zu queren, ein Steinmännchen-Weg leitet in der Südflanke zurück in's Nirvana. Bei der Querung in die Nordflanke direkt in die Nordflanke, nicht zunächst den Grat hoch. Der Gratzacken nachdem man wieder Richtung Süden quert ist sehr schmal/spitz/hoch.

Nach dem kurzen Abstieg in der Südflanke ist es wichtig, den richtigen Weg zu finden, sonst können es unnötig schwere/lange Passagen werden. An einer Stelle recht weit oben sieht man eine Seilschlaufe: Das ist eine schöne Abseilroute im Abstieg (ganz oben ist ein fester Haken im Fels) aber im Aufstieg unnötig schwer und lang, noch dazu mit ein paar überraschenden losen Felsstücken. Oben am Gipfel ist ein kleines Fixseil, was die Arbeit erleichtert.

Sorry, dass ich den Bericht kapere, wollte nur meine Erfahrungen anhängen.

jiker hat gesagt: RE:Situation 2023
Gesendet am 4. August 2023 um 11:13
P.S. Aufgestiegen bin ich im Couloir links (wie auch auf den Bildern) und erst bei Einstieg in das rechte Band gequert. Ging ganz gut, teilweise hat man Fels unter den Füßen, teilweise zumindest Griffe an der Wand. Das Geröllfeld unter dem Couloir ist recht stabil. Im Abstieg zunächst an der ödtlichen Seite des Coulois, mit teils stabilem Untergrund, dann wieder zu den markanten Felsen nach Westen gequert und dann über nette Abstiegs-Schuttrampen die von oben sichtbar sind am östlichen Ende des Geröllfelds.

Stirml hat gesagt: RE:Situation 2023
Gesendet am 5. August 2023 um 11:15
Gratulation zur Aiguille de Chambeyron! Deine Anmerkungen und Beschreibung des Routenverlaufs decken sich mit meinen Erinnerungen und kommen hoffentlich in meinem Text und den Bildern auch so rüber. Allerdings meine ich, damals noch keine weißen/roten Punkte gesehen zu haben. Steinmänner waren bis zur überdachten Rampe damals auch eher die Ausnahme, dafür gab es sie, wie du auch schreibst und der Hüttenwirt uns damals erzählte, nach oben hin immer häufiger und "wahllos in der Landschaft verteilt". Hilfreich waren die auf den von mir genannten Internetseiten vorhandenen Übersichtsfotos von der Südwand mit dem eingezeichneten Routenverlauf. Damit und etwas Gespür für Routenverläufe und alpines Gelände sollte der Anstieg eigentlich gut zu finden sein.

Viel Spaß bei weiteren einsamen Gipfeln
Stirml


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