4000er Sammeln am Il Naso & Co.


Publiziert von Kris , 7. August 2017 um 00:43.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:20 Juli 2016
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   I 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1250 m

Nach der Tour auf die Zwillinge am Vortag sollte es nun heute eigentlich auf den Lyskamm gehen. Die Verhältnisse dafür waren - wenn auch recht windig - fast optimal. Allerdings hatte mich bereits auf dem Castor uunser Guide darauf hingewiesen, dass er den Lyskamm bei mir (noch) nicht sieht und wir eine Ausweichlösung finden müssen, zumal bei 2 Gästen am Seil auf dieser äußerst scharfen Firnschneide.

Ich musste mich glücklicherweise um nichts kümmern und die andere Gruppe nahm mich netterweise anstandslos auf. Das Programm macht Gipfelsammler auf jeden Fall auch glücklich, 5x 4000er werden es (wie vor 2 Tagen über das Breithorn) heute wieder werden, und das bei AKW.

Früh ziehen wir aus der Sella Hütte von dannen und gehen fast immer nur mäßig steil den Gletscher hinauf und unter der beeindruckenden Lyskamm Südwand entlang (auch wenn die N-Wand einen noch mehr umhaut). Der Il Naso (oder auch: Schneedomspitze) ist das erste Ziel. Da dieser eigentlich nicht auf dem Plan stand, weiß ich nicht was auf mich zukommt. Die Flanke kommt näher und schaut relativ steil aus. Zuerst ein paar Meter in Firn nach oben queren, dann über Fels (I-II) ein paar weitere Dutzend Meter nach oben bis nun die Flanke direkt erklommen wird. Der Wind pfeift hier ganz vorzüglich (grobe Schätzung 50 km/h+), teils ist es etwas blank. So sichert der Guide uns Seillänge um Seillänge an Eisschrauben nach oben. 

Nun geht es meiner Erinnerung nach noch ein paar Kehren nach oben bis man kleinen Gipfel ankommt. Hier setzen wir uns etwas windgeschützt hin und machen die erste Pause, nach bis hierhin ca. 700hm. Ich puste schon ordentlich durch, und sehe dass wir noch einiges vor uns haben.. Augen zu und durch! Nun folgt der wohl heikelste Part des Tages, der steile und etwas exponierte Abstieg runter auf den Gletscher. Der Firn ist schon ordentlich weich sodass wir vorsichtig abwärts steigen. Auf jeden Fall zeigt der Guide hier den größten "Nervositätsfaktor" des Tages. Was danach folgt ist eine nicht enden wollende Hatsch über das große Gletscherplateau rüber zum Colle Zurbriggen zwischen Corno Nero und Ludwigshöhe.

Ich muss mich während der Hatsch zigfach daran erinnern, dass daheim mehr Konditionstraining angesagt ist - mit den anderen der Gruppe jedenfalls vermag ich nicht wirklich mitzuhalten. Der Guide wird schon etwas ungeduldig und so bin ich heilfroh als wir dann am Joch ankommen, die Rucksäcke fallen lassen können und nun die technisch anspruchsvollsten Meter des Tages auf uns warten. Der fast 45° steile Aufstieg auf den Corno Nero (WS(+)). Der Bergschrund ist für uns kein großes Problem und so schreiten wir gesichert nach oben bis an die Schulter. Geht auf die Wadeln, macht aber Spaß, gerne auch mal mit etwas Frontalzackenarbeit. An der Schulter angekommen queren wir über die letzten Gipfelfelsen bis zur Madonna (Stellen I, exponiert!) Der Gipfel an sich bietet nicht viel Platz und ordentlich Tiefblick in die jähen Ost-Abbrüche.

Der Abstieg ist dann nochmal spannend da wir Schritt für Schritt absteigen mit Gesicht zur Wand, die Schritte wollen in der Steilheit wohl gesetzt sein. Daher dauert der Abstieg auch eine ganze Weile, auch weil sich nicht alle aus der Gruppe beim Frontalzackeneinsatz wohlfühlen. Im Colle Zurbriggen angekommen, warten nun nur noch kleinere Herausforderungen. Der Aufstieg zur Ludwigshöhe ist schnell gemacht, nur mäßig steil und technisch ohne Schwierigkeiten (L), bietet aber abermals tolle Ausblicke, auch auf den Aufstiegsweg des Corno Nero von gerade eben. Wir hatten auch viel Glück da wir bis auf eine Seilschaft allein auf- und abstiegen - nach uns war der Teufel los! 


Nachdem wir unser Zeug am Joch eingesammelt haben, queren wir nun unter den Westabbrüchen des Corno Nero hinweg zum nahen Balmenhorn, dass eigentlich nur eine Ansammlung kleiner Graterhebungen auf dem Gletscher ist. Hier geht der Aufstieg teils versichert nach oben - Leitersteigen mit Steigeisen macht mir nur bedingt Spaß, hakelig das Ganze. Direkt neben dem Gipfel befindet sich noch das Felice Giordano Biwak, wo wir aber nicht hereinschauten. Nach weiteren Gipfelfotos, geht es den (viel besuchten) versicherten Weg auf den Gletscher zurück zum letzten Gipfelziel für den heutigen Tag - die Vincentpyramide. 

Da ich schon auf dem Schlauch gehe, freue ich bedingt auf den Gegenanstieg, der Rucksack drückt, die Wadeln schmerzen - ich fühle mich wie eine Mimose. Und Durst habe ich auch - wie eine Bergziege. Irgendwann nach dem Colle Vincent muss ich dem Guide gestehen das ich so die letzten 100hm nicht mehr heraufkomme.. ich trinke ein letztes Mal und deponiere dann den Rucksack im Schnee. Federleicht fühle ich mich zwar nicht, aber es geht auf jeden Fall deutlich besser. Und letztendlich bin ich natürlich doch froh, dass wir diesen (leichten) Gipfel doch noch mitgenommen haben! Denn er hat eigentlich sogar die beste Aussicht. Das Wolkenspiel und die dahinter befindlichen viel niedrigeren Berge + Po Ebene geben mir mein bisher intensivstes "Flugzeug" Gefühl in den Bergen - toll!

Wir stapfen zu meinem Rucksackdepot zurück und dann geht es zum Glück quasi nur noch bergab, und das klappt immer noch flott. So dauert es nicht lange, dass wir den spaltenreichen Gletscher überqueren und an der Gnifetti Hütte ankommen. Der Guide weist mich - etwas unliebsam - darauf hin dass ich als zur Gruppe dazugekommener noch ein Trinkgeld für die anderen löhnen sollte, dass sie dann in der weiter unten liegenden Mantova Hütte vertrinken wollen. Naja, ich reiche ihm den 50er etwas knirschend rüber und treffe in der Hütte auf meine "eigentliche" Gruppe. Diese haben aus einer anderen Gruppe noch einen zweiten dazugenommen und sind super schnell über den Lyskamm gekommen (Respekt!) 

Mein "echter" Guide gibt mir zu verstehen, dass auch die Dufourspitze nicht im Rahmen liegt, wobei das Wetter ohnehin nach eine sehr langen AKW-Periode ins Verschlechtern geht. Er teilt mich der nächsten Gruppe zu, mit denen ich dann noch auf der Hütte meine ersten Genepis trinke und mich nett unterhalte (seitdem liebe ich das Zeug ;-)) Der neue Guide hatte gleich eine ganze Flasche erstanden und so musste ich gleich ein paar Schnäpse trinken die mich dann in der Nacht geruhsam einschlafen ließen. In der Nacht merke ich dann, das die Dufour nichts mehr wird für die anderen, da es draussen ungemütlich ist. Sie werden es etwas später noch versuchen aber nicht mehr erreichen. 

Eine wirklich tolle Tour zum Gipfelsammeln mit wahnsinnigen Ausblicken und technisch im Genussrahmen.. was will man mehr, bei bestem Wetter! Einziger Kritikpunkt: das haben eben auch viele andere Bergsteiger auf dem Schirm, es ist schon sehr überlaufen! Etwas wehmütig natürlich schaue ich dem Lyskamm hinterher, aber er wartet natürlich noch auf mich ..


KONDITION 4/5
ORIENTIERUNG 2/5
TECHNIK 3/5
EXPONIERTHEIT 3/5

Tourengänger: Kris


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