Abenteuer am Zugspitzplatt


Publiziert von Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II , 19. Juli 2017 um 09:03.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Wetterstein-Gebirge
Tour Datum:17 Juli 2017
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 1 Tage 10:15
Strecke:Zugspitze - Schneefernerhaus - Schneefernerscharte - Zugspitzeck - Schneefernerscharte - Nördliche Wetterspitze - Südliche Wetterspitze - Unbenannter Gipfel - Östliche Wetterspitze - Wetterwandeck - Skistation - Knorrhütte
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Zug von Garmisch nach Ehrwald, Seilbahn auf die Zugspitze
Unterkunftmöglichkeiten:Knorrhütte

Die hier beschriebene Tour wollte ich eigentlich vor Mitte Juni machen, da ich annahm, zu dieser Zeit statt vieler Geröllpassagen am Platt Schnee vorzufinden, in dem es sich angenehmer gehen lässt. Ich zog dann andere Touren vor, was wohl letztendlich dazu führte, dass ich mir am Platt ein Loch in der Hose zuzog!

Als ich bei "hikr" nach Tourenberichten über die Gipfel am Platt südlich des Schneefernerkopfes schaute, stellte ich verwundert fest, dass noch keiner vorlag! Eigentlich könnte man denken, dass zahlreiche Leute (besonders Bewohner einer nicht weit entfernten Millionenstadt) diese Gipfel besteigen, da man mit der Zahnradbahn aufs Platt fahren u. sie von dort aus in Kürze erreichen kann! Die ausschließlich älteren Teilnehmer des freitagabendlichen Treffens der Bergfahrtengruppe der DAV-Sektion GAP waren ihrer Angabe nach niemals auf die Plattspitzen gestiegen u. nach meiner Ankündigung, diese sehr selten betretenen Gipfel zu erklimmen, nicht gerade von meiner Idee begeistert u. daher eher geneigt, mir von meinem Vorhaben abzuraten, als mir Zuspruch zu gewähren! (ich war ehrlich gesagt etwas einttäuscht!)

Am 17.07.17 war es für mich als Erstbeschreiber ihrer Besteigung dann soweit: um 08.04 Uhr fuhr ich in Garmisch mit dem Zug ab nach Ehrwald. Kurz darauf nahm ich einen Bus zur Zugspitzbahn Talstation. Um 09.00 Uhr brachte mich die Seilbahn auf den Zugspitzgipfel. Wie mit den Zugspitzbahnen in Garmisch u. am Eibsee wollte ich einmal im Leben mit der Ehrwalder Bahn auf den Gipfel fahren.

Ich war froh, an diesem sonnigen u.morgens klaren Tag dort hinaufgefahren zu sein, denn ich hatte einen einmaligen Fernblick! Ich konnte Piz Bernina u. Piz Palü am Horizont entdecken! Auch die Wildspitze war sehr schön zu sehen.

Ich stieg zum Schneefernerhaus ab. Seltsamerweise verlaufen unter dem Grat über eine gewisse Strecke zwei markierte Steige in unterschiedlicher Höhenlage. Links oberhalb u. auf dem Niveau des Schneefernerhauses findet man viele Wegspuren vor. Da weiß man gar nicht, wo man gehen soll!
Direkt unterhalb dieses Gebäudes begann ich, den Geröllhang Richtung Schneefernerscharte zu queren. Unter mir war auf dem inzwischen nur noch kläglichen Rest des Schneeferners ein anderer Wanderer unterwegs. So weit hinunter hatte ich nicht absteigen wollen. Da ich oben querte, kam ich eher auf der Scharte an. Dort erwartete mich ein atemberaubender Blick über eine Felswand hinab in die Tiefe. Diesmal war das Ziel nicht wie Anfang Oktober 1985 der Schneefernerkopf, sondern das Zugspitzeck, das man wohl nur als Gipfel bezeichnen kann, wenn man beide Augen zudrückt! Etwas unter dem Grat verläuft ein Drahtseil, an dem entlang ich aufstieg . Weiter oben, wo der Grat flach wird u. in eine Scharte unter einem Felsaufschwung übergeht, führt es auf diesen u. hängt dabei so hoch in der Luft, dass man es nicht mehr benutzen kann. Also ging ich unter dem Grat (Stellen II) weiter Richtung Zugspitzeck. Ich hätte bestimmt hinter dem Felsaufschwung schon auf den Grat klettern u. über diesen den Gipfel erreichen können. Ich querte aber weiter unter dem Grat u. gelangte kurz vor dem Gipfel auf den Grat. Von dort aus konnte ich gut sehen, dass ich von der Zugspitze her wenig schwierig (Stellen II) über den Grat den Gipfel hätte erreichen können. Wegen des Auf u. Ab wäre ich aber auch nicht viel früher hier angekommen.

Beim Abstieg entdeckte ich etwas unter dem Gipfel ein dünnes Drahtseil die Flanke hinunterführen Ich konnte aber nicht sehen, wohin es leitet. Danach geriet ein dickeres Drahtseil in mein Blickfeld, das etwas weiter westlich in eine Felsrinne hinabführt. Ich war neugierig, wollte wissen, wohin es führt u. stieg ein kurzes Stück an ihm ab. Es geht westwärts durch die Flanke weiter. Ich war also richtig! Bald kam ich wieder zum Drahtseil, an dem ich anfangs aufgestiegen war u. erreichte in Kürze die Schneefernerscharte.

Ich stieg ein Stück zum Schneeferner ab, um ihn nach Süden zu queren. Unter den Felsen der Ostwand des Schneefernerkopfes querte ich im Geröll. Ich stieg ein steiles Schneefeld, was ohne Pickel noch machbar war, zum unteren Rand der Felsen auf. Die Felsen weichen südwärts nach oben über dem steilen Geröllhang zurück. Daneben stieg ich steil im Geröll auf, bis es mir zu mühsam wurde (Anfang Juni bei Schneelage wäre es günstiger gewesen!). Ich querte den Hang südwärts zu Schrofen, wo ich meinen Rucksack ablegte. Über diese, dann über eine plattige Felsfläche u. ein Schneefeld erreichte ich eine nur ein paar m hohe Felsstufe mit plattigen Felsen, die ich zum Grat hinaufkletterte (II). Auch hier erwartete mich ein beängstigender Blick in die Tiefe. Einen Felsturm am Grat umging ich östlich, dahinter waren es nur ein paar m unschwierig zum unscheinbaren, den Grat nur wenig überragenden Gipfel der Nördlichen Wetterspitze. Ihn hatte ich Ende September 2015 verfehlt. Ich war damals zu weit südlich aufgestiegen u. in der Scharte nördlich der Südlichen Wetterspitze gelandet u. hatte diese für die nördliche gehalten. Der Grat dahin hatte sich dann als zu schwierig erwiesen. Ich hatte meinen Irrtum nicht bemerkt, an diesem Tag aber auch keine richtige Motivation gehabt, Gipfel zu erklimmen u. war wieder zum Platt abgestiegen.

Nachdem ich ein paar Fotos geschossen hatte, stieg ich wieder zum Rucksack ab. Ich querte dann den Hang über dem Platt über Geröll u. plattige Felsen unter die Ostflanke der Südlichen Wetterspitze. Über mir sah ich die im Führer erwähnte gelbe Plattenlage, neben der man zum N-Grat des Gipfels hinaufklettern kann. Ich aber stieg zunächst nach links querend den Hang hinauf, um dann wieder die Aufstiegsrichtung zu ändern, um die Kletterpassage zu erreichen. Links neben ihr fällt die Flanke sehr steil ab. Mein Problem ist es, einen IIer, den ich ja sicher klettern kann, im ausgesetzten Gelände zu begehen. Ich zögerte u. begab mich zur Plattenlage. Die Felsplatte hat in diesem Bereich eine Furche mit einer Kante, an der man sich festhalten kann. Ansonsten ging ich auf Reibung. Ich bin dahingehend nicht routiniert, dachte, dass ich wohl nicht abrutschen würde. Rasch stieg ich die Platte (II+) hinauf, bis ein paar m weiter oben leichteres Gelände mich nahe des Gipfels auf den Grat führte. Dabei kam ich an einer Sicherungsschlinge vorbei. Der kleine Gipfelsteinmann steht direkt am scheußlichen Abgrund!

Mir graute schon vor dem Abstieg. Aber wo ich hinaufgeklettert bin, sagte ich mir, komme ich auch wieder runter! An der Platte angekommen, zögerte ich. Ich schaute mir die Felsen rechts davon an, die ich nicht hinaufzuklettern gewagt hatte. Ich hatte kein Problem damit. dort abzuklettern! (Obwohl man sagt, das Abklettern sei schwieriger, als das Hinaufklettern, habe ich es einige Male auch umgekehrt erlebt)

Nach dem Abstieg zum abgestellten Rucksack querte ich weiter Richtung Östlicher Wetterspitze. Östlich des Wetterwandecks befinden sich mehrere Graterhebungen, von denen ich nicht sagen konnte, welches die höchste ist. Ich vermutete, dass die rechte wohl der Gipfel der Östlichen Wetterspitze ist. Allerdings befindet sich zwischen dieser und der Südlichen Wetterspitze noch ein Gipfel, auf dem ein Mast des Skigebietes steht, der zur Absprengung von Lawinen dienen soll. Sollte dieser etwa die Östliche Wetterspitze sein? (später erwies sich dieser als die Östliche Wetterspitze). Der AV-Führer spricht von einer tiefen Scharte zwischen den benachbarten Wetterspitzen. Ich sah zwei ungefähr gleich tiefe Scharten. Von der Scharte soll man über mehrere Zacken auf den Gipfel steigen können (I). Auf den von meinem Standpunkt aus gesehen rechten Gipfel trifft das nicht zu ! Um keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen, den richtigen Gipfel betreten zu haben, entschied ich mich, beide Erhebungen zu erklimmen, falls möglich. Ich begab mich also über ein Schneefeld u. eine sehr kurze Felsrinne in die linke Scharte. Auf dem Weg dahin kam ich an Eisenklammern u. einem Seil vorbei, die zu einem kleinen Gebäude des Skigebietes in der Steilflanke des unbenannten Berges führen. An der Scharte hängen Kletterseile hinunter. Am Grat, unter dem das Gebäude liegt, ist ebenfalls ein Drahtseil angebracht. An ihm entlang stieg ich hinauf, bis der Grat in eine Scharte wenige Meter senkrecht abfällt. Von dort aus sah ich, dass dahinter unter der Fortsetzung des Grates ein Drahtseil u. darunter Eisenstifte angebracht sind. Ich kletterte zum Gebäude hinunter, neben dem ich über Eisenstifte die ca. 2m hohe Felsstufe hinunter zur Scharte absteigen konnte. Dahinter beging ich die genannte Steiganlage bis knapp unter den Gipfel, nahe dem ein Mast steht. Einige m kraxelte ich noch an leichten Felsen auf den höchsten Punkt.

Ich kehrte zur tiefen Scharte zurück u. kletterte von dort eine Felspassage (II) in die Nordflanke unter dem Westgrat des Wetterwandecks, wo ein Seil hinunterhing. Mit dessen hilfe kraxelte ich (I) auf den leicht zu begehenden Grat, über den ich rasch den höchsten Punkt erreichte. Ich schaute zum vorher bestiegenen Nachbargipfel hinüber u. sah, dass dieser etwas höher ist. Die Höhenangabe der Östlichen Wetterspitze wage ich zu bezweifeln. Ist mit 2668m etwa die Scharte zwischen beiden Wetterspitzen gemeint?

Der Westgrat des Wetterwandecks weist noch einige Erhebungen auf, die aber etwas niedriger als diese von mir betretene sind. Zum Wetterwandeck konnte ich über den Grat offensichtlich nicht gelangen (vermutlich gibt es da IIIer-Stellen). Ich stieg wieder über die Scharte in die N-Flanke ab u. querte ostwärts. Ich hätte weiter unten im flachen Gelände (auf dem früher noch der Schneeferner lag) queren sollen, denn oben war es etwas schwieriger u. so verlor ich eher etwas Zeit an diesem späten Nachmittag. Auf einem Geröllfeld rutschte ich aus u. begann, mich mitsamt  von Geröll abwärts zu bewegen! Als das Abrutschen nach ca. 10m beendet war, schaute ich den Hang hinauf u. entdeckte Eis! Es ist der Rest des vor Jahrzehnten viel größeren Schneeferners! Meine Hose hatte nun ein Loch. Dieses Missgeschick wäre mir bei Schneelage im Juni nicht passiert!

Inzwischen hatten tiefe Wolken die Berge in Nebel eingehüllt.
Ich querte im Geröll bis unter den NO-Kamm des Wetterwandecks. Über diesen (Gehgelände, weiter oben auch I-er Stellen) stieg ich auf seinen Gipfel. 
Ich wollte anschließend noch zur Westlichen Plattspitze gehen, aber der Nebel verhinderte dieses Vorhaben. Es war auch schon ca. 18.00 Uhr. Ich stieg den Kamm wieder ab u. verfolgte diese Richtung weiter, bis ich mich an Liftmasten orientieren konnte. Diese führten mich vorbei an eine Talstation mit zwei Bahnen. Ich befand mich unter dem Nebel u. konnte so die Knorrhütte sehen. Im grasbewachsenen, steindurchsetzten Gelände langsam absteigend querte ich teilweise auf Schafpfaden Richtung Steig, der von der Knorrhütte zum Platt führt. Etwas oberhalb der Hütte erreichte ich ihn. Bei Ankunft war es schon gegen 20.00 Uhr. Ich trank ein Bier u. aß eine Gulaschsuppe. Dann bekam ich eine Matratze auf dem Gang zugewiesen, also eigentlich nur ein Notlager, musste aber den vollen Übernachtungspreis bezahlen! Da dauernd Nachtpinkler unterwegs waren u. eine Tür beim Schließen quietschte, konnte ich bis morgens nicht schlafen.

Fazit: während im Bereich der Bergstation der Zahnradbahn (von dort aus erreichte mich lärmendes Geschrei auf meiner Tour ) u. auf der Zugspitze Massenbetrieb herrscht, sieht man südlich davon keine Menschen. Die Gipfel über dem Platt sind schnell erreichbar, aber nur für geübte Bergsteiger. Günstig ist der Frühsommer, denn dann findet man in der Regel noch Schnee vor, der das Geröll bedeckt.




Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (5)


Kommentar hinzufügen

stefanl78 hat gesagt: Gesamtüberschreitung Zugspitze
Gesendet am 8. März 2021 um 02:38
bis Gatterl?
Erstmal dabke für diesen super Bericht, die Runde steht bei mir für heuer auf der Liste. Du hast ja bereits die Überschreitung der Gatterlköpfe bis zu den Plattspitzen gemacht: könnte man nicht die beiden Touren komninieren und die gesamte Plattumrahmung in einem Zug machen? Hast du evt. Erfahrungen diesbezüglich oder Informationen?
Gruß Stefan

Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung Zugspitze
Gesendet am 8. März 2021 um 16:23
Die Gesamtüberschreitung müsste schon möglich sein, wenn man am Platt biwakiert oder sehr schnell ist. Im Juni ist es ja am Tag 16h hell! Ein Tag ohne Gewittergefahr oder tiefhängenden Wolken sollte es natürlich schon sein. Infos habe ich keine.

stefanl78 hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung Zugspitze
Gesendet am 10. März 2021 um 20:04
Zeitlich sollte das kein Problem sein. Fraglich ist nur ob am Grat irgendwelche 4er Stellen etc. auftreten wenn man alles direkt überschreitet, also direkt von der Zugspitze zum Zugspitzeck zum Schneeferner und dann die von dir begangene Route. Aber das wird sich zeigen. Ich werde die Tour natürlich ohne Seilbahn machen ( Ehrwald bis Zugspitze 3h, Gatterl bis Ehrwald 1,5h), im Sommer geht das gut.

Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung Zugspitze
Gesendet am 20. März 2021 um 09:26
Ehrwald zur Zugspitze in 3h? Bist Du Bergläufer? Dann viel Erfolg!

stefanl78 hat gesagt: RE:Gesamtüberschreitung Zugspitze
Gesendet am 25. Juli 2021 um 23:41
Danke für den Bericht, war durchaus hilfreich. Ich habe die Runde in etwas abgespeckter Form gemacht weil ich sehr spät dran war; der Grat zwischen Zugspitzeck und Schneefernerkopf ist der Hammer! Video: https://youtu.be/FY4wxhJvsEQ


Kommentar hinzufügen»