La grande traversée de Combin


Publiziert von jfk , 26. Juni 2017 um 14:51.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Unterwallis
Tour Datum:24 Juni 2017
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: S
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 3200 m
Abstieg: 3000 m
Strecke:30 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Bourg-St-Pierre, Commune
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Mauvoisin
Unterkunftmöglichkeiten:Cab.de Valsorey SAC, Biv. Biaggio Musso CAI, Cab. de Chanrion SAC
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Es mag schlankere und es mag schönere Gipfel geben. Aber kaum ein anderer Schweizer 4000er vermag seine Umgebung so zu dominieren wie der Grand Combin. Seine klassische Ansicht von Norden wird von den weiten und schrofen Gletschern im Corbassière-Becken geprägt, welche in ihrer Dimension schon fast an ausseralpine Gebiete erinnern. Von den anderen Seiten beeindruckt sein komplizierter, massiger Aufbau mit seinen steilen Graten und Felswänden. 
Unbestrittene Königstour und zugleich auch die schönste Tour im Massiv ist die grosse West-Ost-Überschreitung über die drei 4000er und die Tour de Boussine. Obwohl nicht all zu oft ausgeführt und gemässigten, technischen Schwierigkeiten, gehört sie zu den grossen, klassischen Grattouren in den Walliseralpen und ist an Wildheit kaum zu überbieten! Traversiert man zur Einstimmung noch Les Botseresses und den Combin du Meitin, darf man sich zu den Wenigen aber Glücklichen zählen, die die genau und komplette Traverse gemacht haben.

Schon lange zählt die Überschreitung des Grand Combin zu meinen absoluten Traumtouren. Nach der glücklosen Tour am Wetterhorn NNW-Grat, bei der Wassereis auf dem berüchtigten, abwärts geschichteten Eigerkalk zur Umkehr zwang, passte nun immerhin die Akklimatisation und die aktuelle Hitzewelle versprach auch einigermassen stabiles Wetter. Nach einer schönen Biwaknacht etwas oberhalb von Bourg-St-Pierre geht es am Freitagmorgen über den hübschen Gneisgrat der Botseresses und den Combin de Meitin in das einmalig schön und für Sonnenuntergänge perfekt gelegene Bivacco Biagio Musso. Ich fühle mich allerdings nicht besonders fit und auch das Wetter bestärkt die Zuversicht für die grosse Überschreitung nicht gerade.

Statt einem frühen Start um 3 Uhr 30 am nächsten Morgen, geht es noch einmal unter die Bettdecken. Wolken und Wind lassen die Überschreitung nicht wirklich ratsam erscheinen. Ermutigt von den Stirnlampen einer Seilschaft, die von der Valsoreyhütte gegen den Westgrat zieht, wird um 5:30 doch noch ein Start gewagt. Mindestens der Meitingrat sollte doch eigentlich gehen. Das Wetter bessert langsam und trotz eines Verhauers im ersten Aufschwung geht es zügig höher. Ich bin normalerweise in dieser Höhe eher eine Schnecke aber heute passt die Form und und die Überschreitung wird wieder zur Option. Dank der guten Performance und den guten Verhältnissen, ist rund vier Stunden nach dem Start bereits der dritte und letzte 4000er erreicht und es geht an den langen und ernsthaften Abstieg über die Arete de Boussine. Vor dem dritten Stand seile ich 15 Meter zu weit auf ein Band ab, was einen etwas mühsamen Wiederaufstieg zur Folge hat. Es bleibt zum Glück das einzige, kleine Problem an diesem wilden und luftigen Grat. 
Knapp 11 Stunden nach dem Start ist Mauvoisin erreicht, wo nach dieser strengen Tour gar noch Zeit für eine gemütliche Pause bleibt, bis das letzte Poschi um 17 Uhr heimwärts fährt.


Route
Karte, Übersichts Topo

  • Les Botseresses und Combin du Meitin, Biv. Biagio Musso (T5 WS+ III) Topo
    Von Bourg-St-Pierre auf dem Hüttenweg der Cab. de Valsorey bis Les Grands Plans (P.2529) (T4, 2.5h). Über steilen Rasen und Schrofen direkt hoch zu P. 2949, wo man den Höhenweg, der von der Cab. de Valsorey kommt kreuzt (T5, 1.5h). Nun über den Grat, der stetig ausgeprägter, felsiger und wilder wird. Im Oberen Drittel gilt es dabei zwei Stellen im III. Grad zu bewältigen. Der Gipfel (linker Turm), der aus grossen Blöcken aufgebaut ist, kann erstaunlich leicht direkt erklettert werden (II) (WS+ III, 1h).
    Vom Gipfel dem meist breiten Blockgrat folgen, bis in den höchsten der drei Cols des Bosteresses. Man hält sich dabei so gut als möglich an die Gratkannte, wo der Fels etwas fester ist (T5 I-II, 1.5h). Den Nächsten Turm umgeht man auf der Valsoreyseite und steigt, sich in der Nähe des Grates haltend die Südflanke des Combin de Meitin bis ca. 3440m hoch. Nun kann man entweder über Eis und Schutt auf die Route queren, die von der Cabane de Valsorey in den Col du Meitin führt und gelangt über den Leichten und kurzen E-Grat auf den Gipfel des Combin du Meitin oder man steigt direkt hoch und überwindet die steile Felswand auf einem Band, dass etwas näher beim Col als beim Gipfel auf den E-Grat führt (WS II, 1h).
    Das Biwak erreicht man nun, in dem man Vom Col du Meitin zuerst wieder etwas Absteigend, zum Plateau du Couloir  über, je nach Verhältnissen, Firn oder Schutt und eisige Couloirs, hinüberquert. (WS+ 40°-45°(kurz bis 50°), 0,5h).  Achtung: Mit zunehmender Ausaperung ist die Querung stark dem Steinschlag ausgesetzt. Bis am Mittag sollte der Aufstieg ins Biwak beendet sein! Der Ausstieg aufs Plateau du Couloir kann bei Vereisung oder wenn eine grosse Wächte den Ausstieg versperrt schwierig und zeitintensiv sein.
  • Meitin-Grat (ZS III) Topo
    Vom Biwak hinüber in den Col du Meitin. Der Meitin-Grat schwingt sich nun in drei eindrücklichen Aufschwüngen zum Combin de Valsorey empor.  Der erste ist etwa 350 Meter hoch und gleich der anspruchsvollste. Grundsätzlich sind auch hier, wie am gesamten Grat, verschiedene Varianten möglich und die Wegfindung ist nicht ganz einfach. Bis er aufsteilt, hält man sich am besten möglichst direkt an den Grat, wo der Fels recht fest ist. Das selbe gilt auch für den folgenden, steileren Abschnitt. Mehr als 15 Meter sollte man sich auch hier nie vom Grat entfernen (I-II+). So gelangt man unter die markanten Überhänge. Diese umgeht man am besten in der SW-Flanke, indem man einige dutzend Meter auf einem Band in die Wand hinausquert und über einen steilen Quergang und eine schwach ausgeprägte Verschneidung in gutem Fels zurück auf den Grat steigt (III).
    Über Schutt oder Firn leicht zum zweiten Aufschwung, der rund 120 Meter hoch ist. Man erklettert ihn entweder direkt (III+) oder umgeht ihn über ein durch teils weissliche Felsen gekennzeichnetes Couloir auf der rechten Gratseite (II). 
    Der Dritte, ca. 80 Meter hohe Aufschwung, kann ebenfalls direkt erklettert oder etwas leichter in der SW-Flanke umgangen werden (II). (3,5-4h).
  • Combin de Valsorey - Combin de Grafeneire - Combin de la Tsessette (WS+)
    Schöner Firnwackel (1,5h). Achtung: Die W-Flanke der Aiguille du Croissant und die oberen 40m der Mur de la Cote sind 45° steil. Bei Vereisung heikel und deutlich zeitintensiver.
     
  • Arete de Boussine (T6 S) Topo
    Klar der wildeste Abschnitt der Tour und wohl einer der wildesten Abstiege von einem Schweizer 4000er! Auf dem Combin de la Tsessette hatt man erst knapp die Hälfte der Tour geschaft. Ist man bis hier zu langsam unterwegs oder spielt das Wetter nicht mit, sollte man spätestens hier über die NW-Flanke zur Cab. de Panossière absteigen. Die Abseilstellen sind alle solid und neu eingerichtet, weshalb die Beschreibung hier im oberen Teil etwas vom Topo im Topo-Führer abweicht. Der Fels ist auf dem gesamten Grat sehr brüchig, erweist sich bei gebührender Vorsicht aber als weniger störend als man zuerst befürchtet.

    Vom Combin de la Tsessette zuerst auf Firn, dann über den für den restlichen Abstieg typischen, gelblich-schwarzen, gneisigen Schiefer zum Steinmann bei P.4088 und gut 15 Meter weiter absteigen, bis zur ersten Abseilstelle (I-II).

    1. Abseilstelle: 30m gerade hinunter auf den markanten und mit einem Steinmann markierten Felstisch, von dem im Topo-Führer abgeraten wird. An der südlichen Kante hinter dem Steinmann findet man die zweite Abseilstelle.

    2. Abseilstelle: 25m dem Grat entlang gegen Süden abseilen. Achtung: der Stand befindet sich etwas versteckt hinter der Kante auf der NO-Seite. Nicht auf das Band weiter unten Abseilen!

    3. Abseilstelle: Vom Stand gerade hinunter, teilweise überhängend auf den kurz breiten und flachen Grat und ein paar Meter auf diesem zum Stand, der sich einen Meter rechts unterhalb der Kante befindet (45m).

    4. Abseilstelle: Auf der Südseite entlang einer Verschneidung, über eine Platte und einen Überhang gerade hinunter auf ein Band und Querung auf diesem zum Grat zurück an den fünften Stand (40m). Bei dieser Länge ist besonders auf die Seilführung zu achten, damit das Seil direkt vom Stand ohne Klemmer und Steinschlag abgezogen werden kann!

    5. Abseilstelle:  40m gegen Süden auf den nun breiten und flachen Grat abseilen.

    Achtung auf Steinschlag, den man mit dem Abseilen leicht auslösen kann! Ein Seilklemmer ist hier oben ebenfalls recht unangenehm...

    Der weitere Grat zur Tour de Boussine weist keine grösseren, technischen Schwierigkeiten mehr auf, ist stellenweise aber immer noch ausgesetzt und heikel. Als Firngrat in einem normalen Frühsommer wohl recht schön, ist in ausgeapertem Zustand der schutterprobte Alpinwanderer klar im Vorteil. Auch dieser brüchige Abschnitt geht trotz dem schlechten Fels meist viel besser und schöner als es scheint. Der genaue Routenverlauf bis zum Sattel vor der Boussine ist auf dem Topo ersichtlich. Es kann kaum gesichert werden. Klassisches T5/T6 Gelände.

    Vom Sattel 3736m über das namenlose Gletscherchen auf der Nordseite (Spalten!) in das Sättelchen unter dem Gipfel und über den Grat oder leicht Südlich davon auf den Gipfel (WS II)
  • Abstieg von der Tour de Boussine (E-Grat) (T5+ I (WS)) Topo
    Der wohl höchste Schutthaufen der Schweiz! Als eigenständiges Ziel im Sommer lange, eintönig und mühsam. Und höchstens als anspruchsvolle Skitour im Frühjahr zu empfehlen. Nach der langen Überschreitung aber ein recht angenehmer Abstieg, bei dem teils knieschonend  über den feinen Schutt "abgesurft" werden kann.
    Mann folgt dem Grat oder leicht südlich davon bis in die Scharte vor P.3384 (T5 I). Am linken Rand des hier ansetztenden Couloirs und im unteren, etwas steileren Teil kurz im Couloir selbst, durch die Südflanke hinunter auf den kleinen, spaltenlosen Glacier de Boussine (ohne Namen auf der LK)(T5+). Über das Gletscherchen und durch das breite Gröll-Couloir nördlich von P.3008 hinunter zu P. 2552 und weiter über den Wanderweg, den man bei den Seelein von Tsè des Tsardons erreicht hinunter zu der Brücke bei P. 2042. Auf dem Fahrsträsschen dem See entlang nach Mauvoisin. Alternativ kann auch über die Seelein bei P. 2600 und die Brücke bei P. 2182 zur Cabane de Chanrion abgestiegen werden (T4).
Zeit: 11 Stunden vom Biwak nach Mauvoisin sind sicher eher zügig. Im Topo-Führer wird für die etwa gleich lange Strecke von der Valsorey Hütte bis zur Cabane de Chanrion 12-16 Stunden und bei gipfelbuch.ch ebenfalls 16 Stunden für die Überschreitung angegeben.

Schwierigkeit: Der Abstieg über die Arete de Boussine ist nicht ganz einfach zu bewerten, technisch schwierig ist das Ganze nicht, dafür aber recht wild und ernsthaft. Der Rest der Tour ist ein klassisches ZS in Eis und Fels. Für die Gesamtbewertung habe ich einmal die Bewertung aus dem Topo-Führer und von gipfelbuch.ch übernommen und mit T6 ergänzt: T6 S III 45° E5

Schlüssel zur Tour: Zügiges Vorwärtskommen (länge der Tour!), Abseilstellen finden, Vertrautheit mit brüchigem Gelände, Tour nur bei guten Verhältnissen und stabilem Wetter angehen.

Absicherung: Meitin-Grat in den schwierigeren Passagen mit BHs ausgerüstet. Abseilstände an der Arete de Boussine eingerichtet. Die Abseilstände scheinen recht neu.

Ausrüstung: Übliche Hochtourenausrüstung, Seil(e) für bis zu 45 Meter Abseilstellen (Mit den neu gebohrten Abseilständen würde wohl auch ein 50m Einfachseil reichen?!? Empfehlen würde ich das aber nicht. auf dieser Abseilpiste ist man froh, wenn man das Seil nur so wenig als nötig abziehen muss.) 

Führerliteratur und Gipfelbuch: Sowohl  Silbernagel/Wulschlegers Topo-Führer als auch gipfelbuch.ch (hier) beschreiben die Tour ausgezeichnet. Für den Meitin-Grat ist auch der SAC-Führer gut.

Handy: Mit Swisscom auf den drei Combingipfeln und der Tour de Boussine guter Empfang. Der Rest (auch Arete de Boussine!) ein grosses Funkloch.

Verhältnisse: Erstaunlich gut, wenn auch erschreckend wie weit die Ausaperung für im Frühsommer schon fortgeschritten ist. Man könnte meinen, es sei Ende August! Meitin-Grat komplett aper, Zwischen Combin de Valsorey und Combin de la Tsessette meist guter Trittfirn, Arete de Boussine fast komplett (!) aper. Recht wenig Schnee auf den Gletschern und selbst auf 4000 Metern in der Nacht nur dürftig gefrohren.

Tourengänger: jfk


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Kommentare (10)


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xaendi hat gesagt:
Gesendet am 26. Juni 2017 um 19:46
Wieder einmal ganz grosses Kino, Jonas! Herzliche Gratulation. Hast du meinen Eintrag im Hüttenbuch auf dem Bivacco Musso gesehen? War Ende März dort mit den Skiern (aber leider ohne Grand Combin). Alex

jfk hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. Juni 2017 um 20:16
Merci! Natürlich. Wenn mich nicht alles täuscht, warst du mit leuti dort? Ist im Winter sicher auch interessant und der Auf- und Abstieg zur Valsoreyhütte bei guten Verhältnissen zu dieser Jahreszeit sicher auch schöner. Konntet ihr alles abfahren?

e Gruess

Jonas

alpensucht hat gesagt: Eine echte
Gesendet am 26. Juni 2017 um 20:42
Hammertour! Geniales Ding und Glückwunsch zum guten im Tal Ankommen ;)

LG

lorenzo hat gesagt: Locker...
Gesendet am 26. Juni 2017 um 21:20
...vom Hocker habt ihr dieses gigantische Eidechschen mit so vielen Gesichtern überlistet! Und dazu ein spannender Bericht und instruktive Fotos und Topos, herzliche Gratulation!

Weiterhin gute Touren und Grüsse

lorenzo



jfk hat gesagt: RE:Locker...
Gesendet am 29. Juni 2017 um 00:41
Merci! So locker wars zumindest für mich nicht. Das Eidechschen ist schon ein harter Brocken.

LG Jonas

Delta Pro hat gesagt:
Gesendet am 27. Juni 2017 um 15:57
Eindrücklich und mutig - herzliche Gratulation!
Schön, dass solche Touren auf Hikr dokumentiert werden.
Delta

jfk hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Juni 2017 um 00:45
Danke Delta! Ich hoffe immer, dass ich mit solchen Berichten andere User dazu ermutigen kann, ebenfalls solche Touren zu publizieren. Es gäbe ja durchaus, leider nicht all zu aktive Hikr, die auch anspruchsvollere Hochtouren unternehmen...

G. Jonas

WoPo1961 hat gesagt:
Gesendet am 28. Juni 2017 um 10:17
Hi Jonas,
ich hab es dir ja schon per PN geschrieben. Aber so eine eindrückliche Tour, die darüber hinaus echt gut geschrieben und bebildert wird, kann garnicht genug Kommentare bekommen, die der Bericht eigentlich verdient hätte. Mit viel Applaus und Hüte ziehen aus dem flachländischen Norden vom
WoPo

jfk hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Juni 2017 um 00:46
Merci WoPo!

Ein ganz lieber Gruss in den Norden

Jonas

Felix hat gesagt:
Gesendet am 28. Juni 2017 um 12:43
châpeau!


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