Rosablanche 1971


Publiziert von FJung , 7. Mai 2017 um 19:10.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 3 April 1971
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 1 Tage

Seit dem 1. Januar war ich Mitglied im Schweizer Alpenclub.
Anfang April waren die Verhältnisse gut für eine Skitour. Für den Sonntag war der Mont Fort oberhalb Verbier vorgesehen, aber als vier Kollegen schon für den Samstag die Rosablanche vorschlugen, war ich natürlich dabei. 

Verbier enttäuschte uns: Wo war der Schnee? Auch hier war die Saison schon fast zu Ende, es war fast nicht mehr möglich, bis zum Dorf hinabzufahren, und voller Wehmut dachte ich an den Winter 69/70, als es genug Schnee hatte und ich noch im Mai Ski fuhr.
Die Kabinenbahn brachte uns nach Les Attelas in 2727 m Höhe. Hier schnallten wir auf dem harten, plattgedrückten Schnee die Skier an und  traversierten in einer halben Stunde zur Cab.  Mont Fort, die wir schon von weitem  sahen. 
Inder Hütte leerten wir die Rucksäcke von Schlafzeug, überflüssigen Esswaren, denn jedes Gramm würde uns sehr auf den Schultern drücken, das wußten wir.
Endlich, es war schon 10.30 Uhr geworden, brachen wir auf in Richtung Col de la Chaux. Die Sonne brannte unbarmherzig auf uns herab, nirgends war 
Schatten, in dem wir uns hätten erholen können. Aber wir waren ja noch frohgemut, und so gelangten wir spielend zum Col in 2940 m Höhe. Nun stand uns eine kleine Abfahrt bevor. Es lohnte aber nicht, die Felle von den Skiern zu nehmen, und so rutschten wir den Hang hinunter, was mir gar nicht so leicht fiel. 
Linksk von uns ragten die Felsen vom Mont Fort in die Höhe, und wir waren nun mitten in dem großen Talkessel. Mir wurde langsam schlecht im Kopf, erste Anzeichen eines Sonnenstiches? Aber es  ging hinauf, zum Col de Momin (3015 m).
Vor uns lag noch der lange Gletscheraufstieg zum weit in der Ferne sichtbaren Gipfel. Meine Skier wurden immer schwerer, und langsam entfernten sich die beiden Claudes, Victo und Emile von mir. Ich wurde immer langsamer, blieb oft für kurze Augenblicke stehen, sog die klare Luft in meine gedrangsaleten Lungen, und als ich endlich bei meinen Kollegen ankam, hatten ie schon die Felle abgeschnallt und waren bei der leiblichen Stärkung angelangt. Der erste Schluck aus der angebotenen Weinflasche war ein Labsaal , ich konnte noch einige Bissen Käse hinunterschlucken, und dann gingen wir die wenigen Meter in Schnee und Fels zum eigentlichen Gipfel. Dabei wurde uns noch einmal klar, daß wir doch über 3000 m waren, denn im kalten Fels mußten wir die Handschuhe ausziehen, und uns fror erbärmlich trotz der Sonne, die weiterhin erbarmungslos schien.
Die Aussicht entschädigte uns aber für vieles: Der Montblanc, die Grand Jorasses, der Grand Combin, das Trientgebiet, der Mont Pleureur, die Pigne d'Arolla, das Matterhorn, die Mischabelgruppe, die Berner Alpen, alles sahen wir klar in den Himmel ragen, und nur zu früh mußten wir wieder die Skier anschnallen. Aber nun ging es wieder bergab. 
Au, die ersten Schwünge taten weh, der Aufstieg, der insgesamt doch nur 3 1/2 Stunden gedauert hatte, steckte noch in den Knochen, aber bald merkte auch ich, daß der Schnee ganz herrlich war. Er stob von den Skiern nach allen Seiten, denn in der Woche vorher hatte es noch geschneit, ideale Verhältnisse für die Abfahrt.
Keine Spur war vor uns im Schnee, wir fuhren, wir schwebten über Neuland. Hatte ich Kopfschmerzen und müde Beine beim Aufstieg? Davon wußte ich nun nichts mehr, ich genoß das Dahingleiten auf dem weißen Teppich, ich breitete die Arme aus und sang vor Freude Lieder. Aber die Gipfel wuchsen links und  rechts von uns immer höher, wir kamen immer tiefer. Nun lag vor uns schon der Stausee Cleuseon, und auf einem Pfad stießen wir die Skier voran, um zur Staumauer zu gelangen, die wir dann sofort überquerten, denn das Restaurant war leider schon geschlossen. 
Links von uns lag die Seilbahnstation von Tortin, die uns wieder nach Les Attelas führen sollte. Wir durchquerten einen Wald voller Hindernisse, mit querliegenden Ästen und Löchern unterm Schnee, aber um 16 Uhr waren wir bei der Station angekommen und fuhren hinauf zum Col de Chassoure, während unter uns die Skifahrer auf der sehr steilen Piste die letzte Möglichkeit nutzten, um in dieser Saison noch die Bretter und Skier zu strapazieren.
Wir aber schnallten die Skier wieder an und fuhren hinüber nach Les Attelas. Nicht weit von uns war das Restaurant. Sollten wir dort hingehen und ein Bier trinken? Aber nun war uns jeder Meter wertvoll, und auf dem nun wieder harten Schnee fuhren wir wieder zurück zur Cabane du Mont Fort, wo wir uns die Suppen kochten und ich bald müde auf mein Lager fiel. 

Tourengänger: FJung


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