Fünfzehn-Burgen-Tour - Tag drei


Publiziert von Nik Brückner , 18. April 2017 um 16:57. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Frankreich » Alsace
Tour Datum:16 April 2017
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F   D 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 850 m
Abstieg: 820 m
Strecke:22km

Im Wasgau, gelegen im Deutsch-Französischen Grenzgebiet, genauer gesagt zwischen Pfalz und Bas-Rhin, befindet sich das außergewöhnlichste Ensemble großartiger Felsenburgen, das ich kenne. Einige davon, wie Fleckenstein oder Wasigenstein, genießen einen überregionalen Ruf, andere, oft noch viel wildere Felsennester stehen zu Unrecht in ihrem Schatten. In hohe Felswände wurden hier in mühevoller Handarbeit lange Gänge, tiefe Keller, ja ganze Raumfluchten geschlagen, auf schmalen Riffen hoch über dem Tal verwegene Bauten errichtet. Schon lange wollte ich einige dieser Burgen, die in einem kleinen Gebiet zwischen Nothweiler, Windstein, Neunhoffen und Petersbächel liegen, in einem Dreitager miteinander verbinden. Ostern 2017 war es endlich soweit!

Nachdem wir an Tag 1 fünf Burgen zwischen Nothweiler und Obersteinbach besucht hatten, an Tag 2 nicht weniger als sieben, ging es nun von Obersteinbach wieder zurück nach Nothweiler, mit immerhin noch zwei Burgen - eine davon, der Wasigenstein, ist sogar zu literarischer Berühmtheit gelangt!
 
Am Ostersonntag Morgen stiegen wir von Obersteinbach (240m) aus auf dem mit einem roten Balken markierten Weg hinauf zur Burgruine Wasigenstein (340m).

Obersteinbach - Wasigenstein: 30 Minuten

Das Château du Wasigenstein ist einer der beeindruckendsten Felsenburgen unserer Tour. Sie erhielt ihren Namen nach dem Felsen, auf dem sie steht. Diesen Namen hat sie auch gemein mit dem Wasgau (französisch "Vasgovie") und den Vogesen. Zugrunde liegt allen diesen Namen der keltischen Göttername "Vosegus". Dieser Name wurde im Französischen zu "Vosges", im Mittelhochdeutschen zu "Wasigen", welches sich zu "Wasgau" fortentwickelte (vgl. auch "Was(i)genwald").

Die Burg Wasigenstein steht auf zwei bis zu 20 Meter hohen und maximal acht Metern breiten, insgesamt 75 Meter langen Felsen. Wie bei fast allen Burgen unserer Tour sind auch diese Anlagen zum Teil direkt aus dem Fels heraus- bzw. in ihn hineingehauen, zum Teil bestehen sie aus gemauerten Bauten.

Wie viele andere unserer Burgen auch, wurde diese im 13. Jahrhundert gegründet. Bebaut wurde zunächst nur der größere, östliche Fels ("Alt-" oder "Groß-Wasigenstein"), ab 1299 wurde die Anlage dann erweitert und durch eine zweite Burg auf dem kleinere Westfelsen ("Neu-" oder "Klein-Wasigenstein") ergänzt. Bis Mitte des 14. Jahrhunderts gehörten die Anlagen Mitgliedern der verschiedenen Linien der Familie von Wasigenstein, als diese dann im Mannesstamm ausstarb, kam der Besitz an die Herren von Fleckenstein und von Hohenburg (zu deren Stammburgen siehe Tag 1). Diese Familien verkauften ihre Rechte an der Anlage später stückweise oder gaben Teile als Lehen weiter, so dass die Besitzrechte sich mit der Zeit ungewöhnlich stark aufspalteten: Für 1463/66 sind insgesamt 15 Burgbesitzer überliefert, zwölf auf Groß-, drei auf Klein-Wasigenstein. Die Burg wurde entsprechend häufig belagert und erobert, und wohl schon im 15. oder 16. Jahrhundert aufgegeben. Nachdem sie im Dreißigjährigen Krieg durch ein Feuer beschädigt worden war, wurde sie im Pfälzischen Erbfolgekrieg vollends zerstört.


Groß-Wasigenstein

Groß-Wasigenstein, auf dem Ostfelsen, besaß zwei Aufgänge, einen älteren, der aber nicht genügend gegen Klein-Wasigenstein geschützt war (das ist der heutige Aufgang) und einen jüngeren weiter westlich, der heute nicht mehr benutzt werden kann, weil er sowohl unten als auch oben nach ein paar Felsstufen endet (wir haben's probiert, dazwischen vermittelte einst wohl eine Holzleiter). Dieser ältere Treppenaufgang endet im westlichen Bereich der Felsplattform im Felsenkeller eines ehemaligen Wohnbaus. Dieser Wohnbau nahm die gesamte Breite des Felsens ein - wie hoch er ursprünglich gewesen sein mag, lässt sich heute allerdings nicht mehr sagen. Immerhin weiß man, dass sich in seinem Ostteil eine Burgkapelle befand. Zur Burg Klein-Wasigenstein war die Anlage durch eine fast fünf Meter dicke Schildmauer geschützt, in der sich noch heute eine Wendeltreppe befindet. Ganz im Osten steht ein etwa zehn Meter hoch aufragender Rest des fünfeckigen Bergfrieds, der die Burg zur Bergseite hin schützte.

Klein-Wasigenstein

Klein-Wasigenstein besteht aus einem etwa 20 × 8 Meter großen Wohnturm, dessen Grundriss genau dem Burgfelsen folgt. Erhalten sind drei in den Felsen gehauene Untergeschosse und zwei von ehemals fünf Stockwerken. Zur Alten Burg hin schützt den Bau eine bis zu vier Meter dicke Mauer, in der sich sich, ähnlich wie bei Groß-Wasigenstein, Reste einer Wendeltreppe befinden (diese führt einst wohl hinauf zu einem Wehrgang).

Die Burg Wasigenstein im Waltharilied

Der schmale Durchschlupf zwischen den beiden Burganlagen soll der Schauplatz im Waltharilied beschriebener Kämpfe sein. Das "Walthari-Lied" (auch einfach "Waltharius" genannt), ist eine lateinische Heldendichtung, die vermutlich aus dem 10. Jahrhundert stammt. Der unbekannte Dichter erzählt die germanische Walther-Sage: Sie berichtet vom Kampf des Walther von Aquitanien mit den zwölf Rittern des Königs Gunther (das ist derselbe Gunther wie im Nibelungenlied. Unter seinen Rittern ist natürlich auch der bekannte Sympath Hagen).

Also kurz: Walther von Aquitanien ruhte sich mit seiner geliebten Hildegunde bei der Burg Wasigenstein aus. Als sich Gunther mit seinen Mannen näherte, stellte sich Walther taktisch geschickt in den engen Felsspalt (eigentlich ist der zum Kämpfen viel zu eng, wir haben's ausprobiert, ist eh wahrscheinlicher, dass die Jungs oben zwischen den Maimont-Gipfeln gekämpft haben. Und schon gar nicht dürfte der Waltarifels am Donnersberg Schauplatz der Geschichte gewesen sein - auch wenn's da einen ebenso schönen Felsspalt gibt) und tötete allein elf Ritter Gunthers. Am nächsten Morgen kam es auf einer Lichtung weiter unten im Tal zum Showdown Walthers gegen Hagen und Gunther: Gunther verlor einen Schenkel (und damit ist nicht der seines halben Hahns gemeint), Hagen ein Auge (seines) und Walther seine rechte Hand (und das meint nicht seinen engsten Vertrauten). Hildegunde wusch die Wunden mit leckerem Rotwein aus und stiftete Frieden (hach, die Frauen!).Walther und Hildegunde zogen nach Aquitanien, heirateten und lebten dort glücklich bis ans Ende ihrer Tage.

Die entsprechende Stelle lautet:


Venerat in saltum iam tum Vosagum vocitatum.
Nam nemus est ingens, spatiosum, lustra ferarum
Plurima habens, suetum canibus resonare tubisque.
Sunt in secessu bini montesque propinqui,
Inter quos licet angustum specus extat amoenum,
Non tellure cava factum, sed vertice rupum:
Apta quidem statio latronibus illa cruentis.


Bei Viktor von Scheffel klingt das, nun ja, weniger lateinisch. Romantischer:

Walthari ritt indessen landeinwärts von dem Rhein,
In einem schattig finstern Forste ritt er ein.
Das war des Weidmanns Freude, der alte Wasichenwald,
Wo zu der Hunde Bellen das Jagdhorn lustig schallt.
Dort ragen dicht beisammen zwei Berge in die Luft,
Es spaltet sich dazwischen anmutig eine Schluft,
Umwölbt von zackigen Felsen, umschlungen von Geäst
Und grünem Strauch und Grase, ein rechtes Räubernest.


Vom Wasigenstein aus ging es dann, der rot-weiß-roten Markierung folgend, hinauf in den Col du Maimont (340m), und von dort aus auf den Gipfel des gleichnamigen Grenzbergs Maimont (515m).

Hier befinden sich Reste einer keltischen Befestigung (meist "Ringwall" genannt) aus der Eisenzeit und die sogenannte "Keltische Opferschale", in der man das Blut grausam dahingeschlachteter Jungfr.... - die wohl eher natürlichen Urspungs ist.

Nordwärts geht es dann hinunter in den nördlich anschließenden Sattel, von wo aus die Ruine Blumenstein (361m) ausgeschildert ist. Nicht zu verfehlen.

Wasigenstein - Maimont - Blumenstein: 45 Minuten

Burg Blumenstein ist eine kleine Felsenburg, die auf und an einem ca. 80 Meter breiten und sehr schmalen Felsen errichtet wurde. Sie besteht aus drei Teilen: Der obere und der mittlere Teil liegen auf dem schmalen Felsen und sind über Felsentreppen erreichbar. Vom unteren Teil der Burg ist wenig erhalten, nur eine kellerartig ausgehauene Grube ist noch zu sehen. Eine lange, schmale Felstreppe führt hinauf zum mittleren Teil. Dort befindet sich eine weitere Felskammer, in der unter anderem das Tretrad für eine Seilwinde untergebracht war. Von ehemaligen Wohnbau ist sind nur noch einige Mauerzüge vorhanden, die westliche Wand diente als Schildmauer gegen den Berg. Letzte Stufen führen dann zum höchsten Punkt der Anlage, der einst wohl einen Fachwerkturm getragen hat. Hier ist noch eine Zisterne zu sehen.

Wann und von wem die Burg erbaut wurde, ist nicht bekannt. Die erhaltenen Reste lassen auf eine Errichtung um die Mitte des 13. Jahrhunderts schließen. Die älteste erhaltene urkundliche Erwähnung  stammt aus dem Jahr 1332, hier wird ein Ritter Anselm von Batzendorf zu Blumenstein erwähnt. 1347, nach einer Fehde mit den Herren von Fleckenstein (zu dieser Burg s. Tag 1), wurden die Ritter aus ihrer Burg vertrieben, kurz darauf erhielten die Grafen von Zweibrücken ein Viertel, die Herren von Dahn drei Viertel der Burg. Im Bauernkrieg wurde die Burg dann zerstört, die zugehörigen Ländereien teilten sich aber weiter Dahn und Zweibrücken-Bitsch. 1707 wurde der Blumenstein noch einmal notdürftig instand gesetzt und als Fliehburg genutzt, danach wurde die Anlage endgütltig aufgegeben.


Ein breiter Waldweg (blau-weiß) führt dann hinunter in den Sattel des Wengelsbacher Halses (309m) und weiter ins Tal des Wengelsbachs, Richtung Schönau. Bevor wir allerdings in den Ort hineinwanderten, ging es an einem Wanderparkplatz nochmal steil rechts hinauf, der Beschilderung des Sagenwegs folgend. Hier sieht man schon den Pfaffenfels, einen bekannten, mit einer Metallleiter erschlossenen Aussichtsfelsen. Zunächst wollten wir allerdings den Bruderfels besuchen. Kurz nachdem der Weg in einem Tobel endgültig nach Nordosten zum Pfaffenfels schwenkt, geht es einen vergessenen, und deshalb im unteren Teil kaum erkennbaren Serpentinenweg hinauf. gleich wird es besser, und man zickzackt für pfälzer Verhältnisse ziemlich zielstrebig den Hang hinauf.

Oben trifft man wieder auf die Beschilderung des Sagenwegs, dem wir nun die 600 Meter zum Bruderfels (370m) folgten. Der Fels wirkt zunächst unscheinbar, allerdings hat man von dort aus eine tolle Sicht zur Burg Fleckenstein (zu dieser Burg s., wiexakt, Tag 1). Außerdem sind in seine Südseite zwei Kammern eingeschlagen, eine davon eine Zisterne.

Blumenstein - Bruderfels - 1:15

Nun also zurück und endlich zum spektakulären Aussichtspunkt Pfaffenfels (300m). Von hier aus hat man die perfekte Sicht auf das schöne Tal um Schönau. Sollte man keinespfalz verpassen!

Bruderfels - Pfaffenfels: 15 Minuten

Vom Pfaffenfels aus sind es nur ein paar Minuten hinunter in das schön gelegene Örtchen Schönau (230m). Hier wollten wir eigentlich ein gemütliches Mittagspäuschen einlegen.

Pfaffenfels - Schönau: 10 Minuten

In Schönau gab es keinen Platz mehr für uns in der Herberge, also wanderten wir nach einer kurzen Pause am Osterbrunnen auf dem Burgenweg weiter. Dieser zieht sich in der Folge zunächst kurz und steil, dann in einer schier endlosen langsamen Steigung durch den langgestreckten Südhang des Schwobbergs hinauf zum Schlüsselfels (510m). Der schön, aber für den, der diesen Anstieg auslassen mag, auch kein allzu großer Verlust ist.

Will man den Schlüsselfels auslassen, muss man trotzdem weit hinauf: Erst der vorletzte (und der letzte) breite Waldweg bieten eine Abkürzung in den Sattel zwischen Kuhnenkopf und Wegelnburg, alle tiefer gelegenen wenden sich auf der anderen Talseite wieder zurück Richtung Schönau.

Schönau - Schlüsselfels: 45 Minuten

Dem ausgeschilderten Burgenweg folgend, geht es nun noch an ein paar tollen Felsen vorbei über den Gipfel des Kuhnenkopfs (531m), danach gelangt man in den besagten Sattel. Hier standen wir schon einmal: Am ersten Tag unserer 15-Burgen-Tour! Nun geht es, auf bekannten Wegen, in ein paar Minuten hinunter zum Wanderparkplatz Nothweiler (282m)...

Schlüsselfels - Wanderparkplatz Nothweiler: 45 Minuten

 
 
...- und dann ab in die Therme!


Fazit:

Wunderbare Mittelgebirgstour, die auch als Wanderung sehr schön ist. Nicht ganz so viele Burgen, aber die schönste Wanderung der drei Tage. Die Highlights der Tour sind:  

Wasigenstein
Blumenstein
Pfaffenfels

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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