Voll krass schön, der Grassen (2946m)


Publiziert von Stevo47 , 11. November 2016 um 16:22. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:25 September 2016
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-OW   CH-UR 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem PW von der A2 (Richtung Gotthard) auf die Sustenpassstrasse in Richtung Gadmen, Parkplatz Sustlihütte
Unterkunftmöglichkeiten:Sustlihütte SAC, Biwak am Grassen SAC
Kartennummer:1211 Swisstopo Meiental

Krass, krasser, am G(K)rass(est)en oder ganz schön krass schön ist der Grassen...ach was mir nicht alles an Überschriften einfiel zu diesem tollen Berg. "Ej jo mann, voll krass geil der Grassen ej", wäre dann wohl schon des Guten zuviel gewesen, aus dem Alter bin ich raus. Allein schon gemessen an der Anzahl der Tourenberichte muss wohl nicht mehr darüber diskutiert werden ob der Grassen eine lohnende Hochtour ist. Über die Wegfindung via Normalweg muss ich hier auch nicht mehr viele Worte verlieren, da Bergamotte (leider damals unbekannterweise) zu fast gleicher Zeit, am gleichen Ort in der gleiche Route mit uns unterwegs war und dies schon im Bericht *Grassen 2946m sehr gut beschrieben hat. Die Inspiration zu dieser Tour lieferte uns aber Felix mit seinem wunderbaren Bericht *fantastisches Bergland Uri: Grassen via Stössenfirn.

Obwohl ich mit Chrichen dieses Jahr schon mehrere geniale Touren gemacht habe, war es dieses Mal eine Premiere: wir waren an einem Sonntag gemeinsam unterwegs. Als ich am Samstagabend darauf drängte pünktlich schlafen zu gehen (obwohl es zahlreiche Alternativen gegeben hätte) und den Wecker auf 04:15 Uhr stellte, wurde meine Frau dann doch stutzig und fragte ob ich nochmal weggehen würde (gewohnt aus ganz früheren Tagen kam es für sie nur in Betracht, dass das die Zeit sein müsste wo man an einem Sonntagmorgen wiederkommt). Als ich jedoch antwortete, dass ich um diese Zeit aufstehen werde murmelte sie etwas von "völlig verrückt", "bereits bergsüchtig" und anderen Worten, die ich durch ihr wildes Kopfschütteln nicht richtig verstehen konnte (oder wollte?). Eine Physiotherapeutin hat sich dann später um ihre Verkrampfung der Halsmuskulatur gekümmert (Überanstrengung durch Kopfschütteln) und mir wurde auch ein Therapeut empfohlen (keine Ahnung für was ich den brauche).

Nun denn, mit Chrichen traf ich mich um 05:30 Uhr in Zürich und ab ging's in Richtung Sustenpass. Gegen 07:15 Uhr starteten wir pünktlich vom Parkplatz los in Richtung Sustlihütte. Eilig hatten wir es nicht, schliesslich sind wir zum Vergnügen hier und nicht auf der Flucht. Trotzdem wurde für den Nachmittag eine aufkommende Wolkenfront vorhergesagt, welche wir möglichst vermeiden wollten. Wir vereinbarten vorher, dass wir spätestens 14:00 Uhr beim Abstieg vom Gletscher runter sein wollten, was uns problemlos gelang. Der Leiterliweg ist sehr kurzweilig und führt effizient in die Höhe (T3).   

Von der  Sustlihütte aus ist der Weg als Alpinwanderweg (wbw) bis zum Stössenfirn sehr gut markiert. Hin und wieder braucht es im vegetationslosen Gelände mal ein Kraxelmanöver, aber für halbwegs geübte Alpinwanderer keine schwierige Aufgabe (max. T4). Am Stössenfirn gingen wir die Schuttzunge ein Stück hinauf, seilten dann lehrbuchmässig an und liefen den Gletscher hoch Richtung Felsstufe. Der Weg zu dieser war durch vorhandene Trittspuren nicht zu verfehlen.
Als wir an der Felsstufe ankamen, welche zum Stössensattel hoch führt, waren wir dankbar über das herab hängende Fixseil. Da ich mich wirklich nicht zu den Menschen mit einer grossen Kletterbegabung zähle (es aber trotzdem gern mache), frage ich mich an solchen Stellen immer wieder "Wärst du da auch ohne Fixseil ungesichert hoch gekommen?". Antwort: physiologisch wahrscheinlich JA, psychologisch NEIN. Bin dann doch eher der Typ "Kronleuchter"...ich hänge gern irgendwo dran.

Ins Fixseil sind sogar liebevoll Handschlaufen geknotet wobei man eigentlich nur die 1.Schlaufe benötigt. Es sind nur die ersten 2-3 Meter der Felsstufe anspruchsvoll, da für eher ungeübte Kletterer kaum Tritte und Griffe vorhanden sind. Ohne Seil würde ich diese (kurze) Stelle mit einer gehobenen III bewerten. Danach kommt man mit einer lockeren II problemlos durch. Auf dem Stössensattel angekommen bietet sich bereits ein fantastisches Panorama, das einen über den gesamten Gratverlauf immer wieder zu einem kurzen Halt zum Geniessen dieser herrlichen Landschaft einlädt. Apropos Gratverlauf, der ist richtig schön und abwechslungsreich, für jeden was dabei, wie ein Kinderspielplatz. Wer bisschen ausgesetzt balancieren will, läuft direkt auf dem Grat entlang; wer's gemütlich will, weicht in die überfirnte Nordflanke aus; wer sich nicht so recht entscheiden kann, läuft etwas unterhalb des Grates - wir haben alles mal ausprobiert.

Auf dem geräumigen Gipfel erwartete uns selbstverständlich ein grandioser Ausblick, der ja kaum auszuhalten ist. Kurzzeitig kam ein gewisser Neid zu den Titlis-Besteigern auf, welche uns von gegenüber aus zuriefen und winkten. Sie stehen deutlich höher als wir und das mit deutlich weniger Anstrengung - ein Skandal ;o)! Die Welt kann so ungerecht sein.

Nach einem fast einstündigen Gipfelaufenthalt begaben wir uns auf den Abstieg wo wir ebenfalls wie Bergamotte das Schneecouloir bei P.2835m als Abstiegsweg wählten. An der toll gelegenen Sustlihütte genehmigten wir uns noch Speis & Trank und erfreuten uns an diesem perfekt genutzten Sonntag. Zufrieden konnte ich dann am Sonntagabend meinen Wecker auf 06:00 Uhr stellen - endlich ausschlafen!

Die Vorteile für eine Tour auf den Grassen liegen auf der Hand:

1. Der Parkplatz liegt bereits auf knapp 1900m so dass man ruckzuck (ca. 45 Min.) über den sehr effizienten Leiterliweg an der Sustlihütte ist und damit schon knapp ein Drittel der Höhenmeter vernichtet hat.
2. Das Ziel hat man von Beginn an die allermeiste Zeit stets vor Augen (wer das bei Nebel auch so sieht, hat verdammt gute Augen oder ein fantastisches Vorstellungsvermögen) - ein Verhauer sollte somit nur vorkommen wenn man sich bereits VOR der Tour ein starkes Tröpfchen in der Sustlihütte gegönnt hat
3. Der Weg bis zum Stössenfirn ist hervorragend markiert und die weitere Wegfindung logisch
4. Der Stössenfirn ist unproblematisch (jedoch nicht spaltenfrei), kurz und auch für Anfänger und Zweierseilschaften gut geeignet
5. Die Hochtour ist als Tagestour sehr gut machbar 
6. Die Aussicht ist fantastisch
7. Die Tour ist sehr abwechslungsreich (Wandern, Gletscher, kurz Klettern und etwas auf dem Grat herumturnen).

Herzlichen Dank  an meinen Tourenpartner Chrichen - das war wieder hammermässig genial!

Tourengänger: Chrichen, Stevo47


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T4 WS- II
25 Sep 16
Grassen (2946m) · Chrichen

Kommentare (8)


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countryboy hat gesagt:
Gesendet am 11. November 2016 um 21:59
Hallo Steve! Dieses Wetter fördert doch allerhand schöne Berichte zu Tage. Hilft etwas, den Wanderentzug zu behandeln, hatte ich doch gehofft, im hoffentlich herbstlichen November noch 'was reissen zu können. Nix war's! Also wenn du und Chrichen noch mehr im Petto habt, munter in die Tasten greifen...
Was die Kopfschüttel-Reaktion deiner Frau angeht, könnten unsere Liebsten Zwillinge sein. ;-) Schönes Wochenende! Gruss, Yves

Stevo47 hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. November 2016 um 23:09
Hi Yves, schön von dir zu hören und vielen Dank für's Feedback! Ich habe leider nicht mehr viel in petto, aber Chrichen ist noch bisschen rumgekommen. Ja, du sprichst mir aus der Seele, hatte auch noch grosse Herbst-Hoffnungen. In der letzten Oktoberwoche war ich leider krank und nun ist's zu spät. Eigentlich wollten wir ne hübsche Herbstrunde im Wägital drehen. Ja nu, wenn das Wetter dann mal wieder passabel ist werden wir uns wohl bereits die Schneeschuhe anlegen - wer hätte das vor 2 Wochen gedacht? Viele Grüsse und ebenfalls schönes WE, Steve

Chrichen hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. November 2016 um 22:44
Hi Steve! Danke für den tollen Bericht und vor allem die Überzeugungsarbeit, den Grassen anzupacken! Es hat sich wirklich gelohnt. Ja, das Wägital ist jetzt leider in den Schnee gefallen, aber die Schneeschuhe sind startklar!! ;-)
Viele Grüsse, Christian

Stevo47 hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. November 2016 um 09:08
Ciao Christian,
hätte mir ja noch einige Herbsttouren in diesem Stil vorstellen können, aber nun stapfen wir halt durch den Schnee. Gibt ja kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung ;o). Dem Grassen werde ich aber definitiv auch mal wieder einen Besuch abstatten, mit Besuch des Biwaks am Grassen.

Viele Grüsse, Steve

WoPo1961 hat gesagt:
Gesendet am 12. November 2016 um 15:58
Hoi Kronleuchter :-)) wenn ich selbigen irgendwo mal wieder sehe, werde ich definitiv an deinen Bericht denken. Ein flachlandhausenes BRAVO und ein Händeklatschsymbol ist dir aber jetzt schon sicher.
Darüber hinaus wäre ich jetzt auch gerne in der Lage, schreiben zu können, bald mal wieder eine (Schnee) Tour zu machen.. das ist für uns noch eine gefühlte Ewigkeit hin :-(
Gruß aus dem hohen Norden
WoPo

Stevo47 hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. November 2016 um 08:56
Hi WoPo, vielen Dank für's Feedback und das verbale Emoticon ;o). Ja, jetzt gehts tatsächlich schon in den Schnee - freu mich aber drauf wie Bolle. Vielleicht lässt sich mal eine gemeinsame Schneeschuh-Tour arrangieren? Hatte da mit Chrichen im März / April was in höheren Gefilden im Sinn, z.B. ab Mönchsjochhütte oder Oberaarjochhütte. Viele Grüsse, Steve

Linard03 hat gesagt:
Gesendet am 12. November 2016 um 17:41
gefällt mir ausgezeichnet, Eure Tour!
Ist einfach ein Dilemma, wenn die Projektliste immer länger statt kürzer wird ... ;-)

Stevo47 hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. November 2016 um 08:58
Hoi Richard,

du sagst es! Kaum hat man einen Gipfel abgehakt, entdeckt man von dort oben weitere schöne Tourenziele. Ich werde daher nur noch bei Nebel in die Berge ziehen ;o). Besten Dank auch für dein Feedback und viele Grüsse, Steve


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