Der Seekogel. Im Klier-Führer als "zerrissene Felsschneide" bezeichnet, die nach Süden und Norden mit steilen Wänden abstürzt und lange Grate nach Westen bzw Osten entsendet.
Da die Routenführungen des Normalweges (für uns) nicht so einfach nachvollziehbar waren, entschieden wir uns für einen der Grate. Vom Rostizkogel aus sah ich, dass der W-Grat einen irren Ausbruch hat (siehe Foto). Also blieb für uns als klare Route der O-Grat.
Vom Parkplatz der Gletscherbahn, steil über die Schipiste zum Rifflsee (ca 45min). Um den See herum und steil über Rasen und Geröllreste zum Wandfuss des O-Grates, Anfang Seekarlesferner. Der Einstieg (ca 2600) ist gut zu finden, eine Schlucht, die mit Geröll beginnt, enger wird und sich nach oben zum Grat mit großen Geröllblöcken wieder öffnet (siehe Foto).
Da laut Führer vom Grad III die Rede ist, stiegen wir seilfrei ein. Schon auf den ersten Metern kommt einem ein uraltes 40m Seil entgegen, das wohl von einem missglückten Rückzugmanöver stammt. Die Entscheidung seilfrei zu gehen, verwarfen wir sofort nach dem ersten Aufschwung: ein glatter, nasser, senkrechter Kamin. Den Kamin würde ich vorsichtig mit 4- oder 4 bewerten. Wir freuten uns am Kaminende über 3 Standhaken (oder Abseilhaken?), nichtwissend, dass das die ersten und letzten Zeugen menschlicher Zivilisation am O-Grat sind! Weiter über glatte Platten 3+ zu den Geröllblöcken und Aussteigsseillänge direkt auf den O-Grat. Ein toller Ausblick auf den Ferner. Blick erstmals auch auf den Gipfel, mit Signalstange, Luftlinie denke ich 1 km oder noch weiter! Fazit: WEIT!
Jetzt weiter wieder seilfrei am Grat, schöne Blöcke und Gratschneiden, über Türme und Scharten, meist II und III. Als Regel stellten wir fest, wenn Turm umgangen wird, dann fast immer nordseitig. Teilweise über längere Strecken in die N-Seite einsteigen und queren. Hier einige Stellen 3+ und erdig, rutschig, Schneereste aber überraschend fester Fels. Irgendwie hat man das Gefühl, man klettert wie irr, der Gipfel kommt aber kaum näher. Nach einem ausgesetzten Spreizschritt direkt am Grat dann in die S-Seite und zu der Stelle, wo der Normalweg von S auf den O-Grat trifft. Ein Steinmann und eine Abseilschlinge! Weiter in die N-Seite, queren, ansteigen auf den nächsten Turm. Inzwischen war die Zeit schon so weit fortgeschritten, dass wir uns spontan, 2 Türme vor dem Gipfel, den Abstieg im Hinterkopf, zum Abseilen entschieden. Von im Führer angegebenen 5-7 Stunden vom Rifflsee aus, konnten wir nur träumen, obwohl wir keine einzige Rast gemacht hatten. Das Ziel war, an den nächsten Tagen über die S-Wand wieder aufzusteigen und den Grat fertig zu gehen.
Bereits beim Abseilen über die S-Wand machten wir eine schnelle Aufstiegsroute aus, auf welcher wir 3 Wochen später zügig (III und IV-, brüchig) aufstiegen und den Grat beendeten. An diesem Tag waren wir dann problemlos (und stolz) mittags am Gipfel.
Nicht zu unterschätzen ist die Länge des Grates (Luftlinie über 1km und 700 HM) und die selbst zu bauenden Sicherungen (Friends, Schlingen und Klemmkeile mitnehmen). Es gibt am gesamten Berg kaum Spuren von Begehungen. Der 3. Grad in brüchigem Gestein ist die Regel. Echt viel Zeit geht für das Suchen der Route drauf. Auch für den Abstieg ist noch Zeit einzuplanen, da die Abseilstellen selbst gebaut werden müssen (mind. 2-3 x abseilen) und 1700 m Abstieg!
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