Vom Calfeisental ins wilde Weisstannental via Sardonahütte


Publiziert von Stevo47 , 2. Oktober 2016 um 22:14.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:13 August 2016
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG 
Zeitbedarf: 1 Tage
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:ca. 25 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Ab Zürich HB mit dem Zug nach Bad Ragaz, von da ab weiter mit dem Bus zum Staudamm Gigerwald
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Zurück mit dem Bus von Weisstannen nach Sargans. Von Sargans mit dem Zug zurück nach Zürich.
Unterkunftmöglichkeiten:Sardonahütte SAC
Kartennummer:Swisstopo 1:25000 Vättis, Nr. 1175

Es gibt Wochenenden da läuft ausser dem Wasserhahn und der Toilettenspülung nicht viel (was auch mal schön ist) und es gibt Wochenenden, die könnte man x-fach verplanen. Das Wochenende vom 13./14.08.2016 war so eines - perfekte Wetterbedingungen überall. Zum Glück hatte ich mir dieses Wochenende schon frühzeitig für unseren 1.Abteilungs-Wanderausflug reserviert und es sollte ein Wochenende voller Premieren werden:

a) das 1. Mal in der Tektonikarena Sardona (UNESCO-Welterbe) - dahin komme ich ganz sicher wieder
b) das 1. Mal in der Sardonahütte - da komme ich sicher auch wieder um den Piz Sardona und Piz Segnas in Angriff zu nehmen. Wer ist dabei? Chrichen, du bist schon gesetzt für die Tour. Werde dich beim Hüttenzustieg irgendwie wach halten ;o). 
c) das 1. Mal mit dem ÖV auf Bergtour - mach ich gern wieder, da man nach der Tour bedenkenlos seinen ausgemergelten Körper mit einem isotonischen Bier regenerieren kann
d) das 1. Mal mit Kollegen aus dem Geschäft auf Wandertour als Abteilungsausflug - machen wir vielleicht mal wieder
e) das 1. Mal mit einem Kollegen der so eine Tour noch nie gemacht hat - so eine macht er bestimmt nie wieder.

Letztendlich konnten wir für unsere Bergtour-Idee nur 3 weitere Kollegen begeistern. Mit 5 Teilnehmern war also der Abteilungs-Ausflug nur mit ca. einem Drittel aller Kollegen deutlich unterrepräsentiert.  


Einige Male haben Patrick und ich zusammen gesessen um eine Bergtour inklusive Hüttenübernachtung mit den Kollegen zu planen. Eigentlich wollte ich supermegahypergigagern auf den Piz Sardona. Aber gleich bei der 1.Tour eine Hochtour? Das wäre wohl ziemlich unvernünftig. Was kann man den Kollegen zumuten? Wie anspruchsvoll darf die Tour sein? Wieviele Höhen- und Streckenmeter sind für alle machbar? Letztendlich einigten wir uns auf die Sardonahütte, welche einen sehr einfachen Zustieg bietet (erst am Schluss T2, sonst T1) und mehrere interessante Abstiegsmöglichkeiten. Ein weiser Entschluss, wie sich später herausstellte. Kurz alle Teilnehmer interviewt - alle topfit, motiviert und schwindelfrei. Doch bei all der ganzen und guten Planung hatten wir etwas übersehen: die Definition des Begriffes Bergtour! Wie sich noch zeigen sollte, wäre das noch gut gewesen...

Am 13.08.16 starteten wir gemütlich um 12:12 Uhr ab Zürich HB mit dem Zug nach Bad Ragaz, von da aus weiter mit dem Postauto zum Staudamm Gigerwald, wo wir dann gegen 14:30 Uhr ankamen. Grosszügig hatten wir 4 Stunden für den Aufstieg zur Hütte geplant, was absolut problemlos zu erreichen ist. Der Weg zur Sardonaalp zieht sich etwas in die Lääääääääänge, vorallem um den Stausee herum gibt's keinen Höhengewinn. Hier muss man sich die Strasse mit den Autos teilen, die bis nach Sankt Martin fahren dürfen (ja, ich bin da etwas neidisch geworden). Die Schlüsselstellen der Tour sind da die Tunnel, die man durchqueren muss - wenn einem hier Autos begegnen wird's spannend. 

Der Weg zur Sardonahütte ist bestens beschildert und ausgebaut. Falsch machen kann man da nichts. Das Gelände ist gutmütig und bietet keine Schwierigkeiten. 1 -2 kurze Hangquerungen sind leicht ausgesetzt - T1+. Kurz vor der Sardonahütte steilt der Weg dann auf und bietet noch ein hübsches, kleines Finale - T2. Einer der einfachsten Hüttenzustiege die ich bisher gemacht habe. Unterwegs konnte ich noch einen Schwatz halten mit 2 sympathischen Sardona-Aspiranten aus Walenstadt. Sie wollten nach einer kurzen Rast auf der Sardonahütte noch weiter aufsteigen und auf ca. 2500m biwakieren. Am nächsten Tag traf ich sie dann wieder vor dem Bahnhof in Sargans wo wir uns ein Bier genehmigten.

Kurz vor 18:00 Uhr trafen wir schon in der Hütte ein. Nach dem obligatorischen Hopfenblütentee und feinem Nachtessen wollten wir noch den Barfuss-Pfad oberhalb der Hütte testen. Der Barfuss-Pfad führt über verschiedene Untergründe und durch einen kleinen Tümpel mit uuuaaaahhh...ar***-kalten Wasser. Eine willkommene Erfrischung! 

Kurz noch zusammengesessen mit den Kollegen um den Abstiegsweg demokratisch abzustimmen. Die Wahl fiel auf den längsten und anspruchsvollsten Abstieg nach Weisstannen. Offensichtlich hatte das Bier (zu) mutig gestimmt... Meine Warnung, dass es aber 1500 Abstiegs-Höhenmeter sein werden, die bei Ungeübten lang anhaltende muskuläre Verstimmungen hervorrufen werden inklusive der dann bevorzugten Benutzung von Behindertentoiletten, hätte ich mir schenken können. Alle sind ja sportlich aktiv und absteigen kann ja nicht so schlimm sein... Ein klassischer Fall von "Denkste".

Nach dem Wanderfrühstück zogen wir gegen 08:30 Uhr los in Richtung Heubützlipass. Durch die Bärenfallen gelangten wir auf's Schafälpli wo uns unzählige Murmelis begrüssten. Es folgt eine lange Hangtraverse durch's Schafälpli welche mit vielen kleinen Gletscherbächen vom Sardonagletscher durchzogen ist. Auch hier alles bestens markiert und problemlos. Irgendwann auf Höhe des Sardonachrazeri ging's dann los mit dem Gebimmel der Kühe, die sich auf dem Wanderweg ziemlich anhänglich zeigten. Häufig meinte mindestens eine Kuh sich unserer Wandergruppe anschliessen zu müssen - aber Rindviecher können wir im Geschäft nun wirklich nicht gebrauchen! Und nein, wir haben auch nicht bereits genug davon. Ein gemeinsames Frühstück musste mehrfach verschoben werden, da sich stets ungebetene Gäste ankündigten.

Unterhalb des Heubützlipasses angekommen geht der Weg weiter zum Heidelpass. 2 Kollegen machten hier eine Kuh-freie Rast (endlich). Zu dritt marschierten wir rasch hoch, denn wer die Aussicht vom Heubützlipass geniessen will, muss den sehr steilen Weg ca. 70 - 80 Höhenmeter aufstiegen (T3). Der Heubützlipass ist der tiefste Punkt auf dem schmalen Verbindungsgrat zwischen Fahnenstock (2611m) und Plattenfirst (2537m) und bietet eine schöne Aussicht nach Norden wo die Flumserberge, die Churfirsten und der Alpstein herüber grüssten. Ein Abstecher auf den Fahnenstock (T4) hätte mich sehr gereizt, aber ich wollte die Kollegen nicht warten lassen. Schnell wieder runter und während die anderen rasteten nahm ich mir noch einen namenlosen Felsklotz (schön zu erkennen links in diesem Bild von CampoTencia) an der Wanderwegkreuzung vor, der wunderbare Tiefblicke bot (T3+, I).

Am Plattenseeli machten wir eine Mittags-Rast die leider wieder aufgrund aufdringlicher Kühe ziemlich kurz ausfiel. Nun noch den letzten, steilen Weg hoch zum Heidelpass (T3) und der Abstieg ins Weisstannental kann beginnen. Da jedoch der Heidelspitz (2427m) so nah am Heidelpass liegt, entschieden Patrick und ich diesem hübschen Gipfel einen Besuch abzustatten während die Kollegen schon weiter liefen. Der 40m hohe Aufstieg ist eine schöne Gratkraxelei, welche auf den Gipfel des Heidelspitz (2427m) führt (nicht markiert - T3+, I) und danach praktisch senkrecht abbricht. Achtung: Zwischen Vorgipfel und Hauptgipfel muss in eine kleine Scharte ca. 3-4m abgeklettert und wieder hoch geklettert werden (I+ oder II-). Die Scharte ist zwar kurz aber sehr schmal und beidseitig ausgesetzt (keine Fixseile) - bei Nässe nicht zu empfehlen! 

Auf gleichen Weg zurück waren wir in 5 Min. wieder am Heidelpass und stiegen nun sehr steil (bei der Hitze hätte ich nicht da rauf wollen) nach Säss ab. Ab dort gings es ziemlich langgezogen ins wilde Weisstannental was sich ab der Alp Valtüsch mit wilder Vegetation und tollen Wasserfällen präsentiert. Nach fast 6 Stunden wurden nun bei einigen die Beine etwas müde, was dann zur etwas genervten Bemerkung eines Kollegen führte, dass er sich eine Bergtour so nicht vorgestellt habe. Auf meine Frage wie seine bisherigen Bergtouren denn waren, kam als Antwort "Na mit dem Bähnli hoch, oben bis zur nächsten Bahnstation wandern und dann wieder mit dem Bähnli runter". Uff, mit dieser Definition von Bergtour hatte ich tatsächlich nicht gerechnet! Hätte ich da mal vorher nachgefragt...

Nun lief uns so langsam die Zeit davon, wollten wir doch um 15:52 Uhr den Bus nach Sargans erwischen... Wenn der weg ist müssten wir 2 Stunden in Weisstannen warten, dann würde es aber spät am Sonntagabend. Gut, sagte ich mir "eine Beiz gibts überall" und ein Blick in die ermüdeten Gesicher sagte mir, dass Stressmachen in dieser Situation eher weniger angebracht wäre. Stattdessen verteilte ich einige Packungen Power-Gel, was zwar irgendwie fürchterlich schmeckte und die müden Gesichtzüge schlagartig veränderte aber den Marsch sichtlich beschleunigte. Um 15:50 erreichten wir Weisstannen Oberdorf und stiegen in den Bus...puuuuuh Glück gehabt!   

Fazit:

Wer meine Abstecher auf den Heubützlipass, den namenlosen Gipfel unterhalb des Heubützlipasses und den Heidelspitz weglässt, kommt mit einem gehobenen T2, maximal T3, gut durch. Die Knackpunkte der Tour liegen ganz klar im konditionellen Bereich (Sardonahütte - Weisstannen ca. 17km, knapp 1500 Höhenmeter Abstieg ab Heidelpass). Eine schöne, aber auch lange Tour mit vielen Höhenmetern im Abstieg was ordentlich in die Beine fährt. Nur ein Kollege musste am Montag den Dienst aufgrund abartigen Muskelkaters quittieren. Es hätte schlimmer kommen können... Künftig werde ich vorgängig erklären was ich unter einer Bergtour verstehe.

Ziemlich nervig: Viele Kuhherden waren auf der Sardonaalp auf den Wanderwegen unterwegs - und ich spreche wirklich von 4-beinigen Rindviechern! Einige Male hatten wir da gar kein gutes Gefühl und gingen einen grossen Bogen, da uns behörnte junge Tiere gierig anstarrten. Könnte aber auch daran liegen, dass wir eine Gruppe echt gut aussehender Typen waren ;o). 

Besten Dank an meine tapferen und ausdauernden Begleiter Patrick, Markus, Jan und Silvio - ein gemeinsamer Muskelkater ist Teambuilding und schweisst zusammen ;o)! Es war toll mit euch! 

Tourengänger: Stevo47


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Kommentare (2)


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Chrichen hat gesagt:
Gesendet am 3. Oktober 2016 um 08:09
Hallo Steve
Vielen Dank für den schönen Bericht!
Jetzt habe ich wohl keine Wahl mehr. Piz Sardona und Piz Segnas sind gebucht :-)
Viele Grüsse, Christian

Stevo47 hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. Oktober 2016 um 09:06
Hi Christian,

ja, das tut mir jetzt echt leid für dich ;o)).

Viele Grüsse, Steve


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