Felskinn - Britanniahütte - Glacier Trail Mattmark


Publiziert von countryboy , 25. September 2016 um 19:30.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:22 September 2016
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 300 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:ca. 9.5km: Felskinn - Egginer Joch - Britanniahütte SAC - Glacier Trail - Schwarbergchopf - Schwarzbergalp - Mattmark Staudamm
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit Auto oder Postauto bis Bus-/Parkplatz-Terminal Saas-Fee, zu Fuss bis Talstation Alpin Express -> Bergstation Felskinn
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Postauto im Stundentakt ab Staudamm Mattmark
Kartennummer:Saas-Fee 1:25'000 (Wanderkarte)

Howdy! 

Hochgebirgsnovizen wie uns bietet der Glacier Trail Mattmark eine erlebnisbunte Wanderung. Dank der sehr regelmässig angebrachten Markierungen sind hier Gletscherüberquerungen ohne Profis oder Bergführer machbar. Trotzdem geniesst man unmittelbar die unbeschreibliche Atmosphäre dieser "ewigen" Eiswelten. Bevor man die Wanderung in Angriff nimmt, sollte man sich allerdings über die aktuellen Verhältnisse und die Begehbarkeit der Route informieren (z.B. bei der Britanniahütte).

Ein gutes Hotelangebot aus dem Wallis lockt uns wieder mal in den sonnigen Süden und da beginnen sich im zweiten Schritt natürlich sofort die Wanderzahnrädchen zu drehen, was denn wohl für eine Wanderung zu bewerkstelligen wäre... Auf der Webseite der Britanniahütte SAC werde ich auf den Glacier Trail Mattmark aufmerksam, auf der Webseite von Saas-Fee finde ich etwas mehr Details darüber und schliesslich erinnere ich mich, darüber auch auf Hikr.org schon etwas gelesen zu haben. Ein kurze Smartphone-Suche am Touren-Vorabend verhilft mir dann mit Hibiskus' Bericht und dulacs Bericht zu noch ein paar Details mehr, sodass ich glaube, dieses Abenteuer auch meiner besseren Hälfte zumuten zu können. 

Mit der Gondel geht's hoch zur Bergstation Felskinn. In den beiden Nächten zuvor hat es etwas geschneit und wir fragen uns, ob wir uns dadurch wohl die ganzen Bodenmarkierungen abschminken müssen. Angesichts der sehr guten Wettervorhersage glauben wir aber auch mit einer gelegentlichen Wegmarkierungsstange zurechtzukommen und brechen auf. Die Überquerung des Chessjengletschers verläuft relativ eben und der frische Schnee sorgt für griffige Tritte. Die mitgeführten Microspikes kommen deshalb weder hier noch bei den späteren Gletscherüberquerungen zum Einsatz.

Nach kurzem Abstieg beim Egginerjoch hört die Schneedecke abrupt auf und es folgt ein recht angenehmer und bestens markierter Wanderweg in Richtung Britanniahütte. Während des Gegenanstiegs zur Britanniahütte schreiten wir wieder über eine griffige Schneeunterlage, die sobald jenseits des Chessjengletschers (zum 2. Mal), wieder dünner wird. Nach etwas Aufstieg durch Geröll ist die Hütte dann auch schon erreicht und lädt zu einer gemütlichen Pause ein. Anstatt eines Besuchs auf dem Klein Allalin leiste ich - wie zuvor versprochen - meiner Gemahlin beim Mahle Gesellschaft. Eine sehr gute Minestrone als Tagessuppe, zusammen mit zwei Würstli, gefolgt von einem Stück Apfelkuchen genügen, um ein Tränchen ob des entgangenen, nahegelegenen Gipfels zu unterdrücken. Davon abgesehen befassen sich die Gedanken ohnehin eher mit der Machbarkeit der bevorstehenden Gletscherüberquerungen: von Süden drücken dichte Wolken gegen die Landesgrenze und drohen rüberzuschwappen. Wie gering resp. inexistent die Sicht in einer Wolke auf 3000m sein kann, haben wir Tags zuvor auf der Bergstation Mittelallalin erlebt. Solchen Verhältnissen möchten wir auf keinen Fall auf einem Gletscher begegnen. Wir haben die Wolken während der ganzen Mittagspause beobachtet und sie schienen zu bleiben wo sie waren. Ein Wanderer in Gegenrichtung berichtete zudem über regelmässige Markierungsstangen und guten Trittschnee auf dem Gletscher. Also los, zunächst mal mit dem Abstieg zunächst auf gutem Weg, dann durch etwas Blockgestein, und schliesslich betreten wir den Hohlaubgletscher, wo wir die uns zuvor beschriebenen Bedingungen vorfinden. Nach den ersten hundert Metern kommt auch zum ersten mal (und für uns zum allerersten Mal im Leben) so richtiges Gletscherfeeling auf. Trotz der Sicherheit vermittelnden Markierungen bleibt ein etwas komisches Bauchgefühl, das allfällige Abwege oder Leichtsinnigkeiten im Keim unterdrückt.

Zwischen Hohlaub- und Allalingletscher liegt ein Blockfeld, das zwar zeitintensiv ist, aber schöne Abwechslung bietet. Eindrücklich sind auch die vom Gletscher geschaffenen Glattflächen im Gestein. Hier haben Urkräfte ihre Spuren hinterlassen.

Anschliessend folgt der etwas grössere Allalingletscher mit sehr ähnlichen Bedingungen. Dann wieder leicht schneebedecktes, steinigeres Gelände und ein letzter Anstieg im Zickzack auf den Schwarzbergchopf. Tolle Aussicht hier oben! Besonders die Sicht auf die beiden Gletscher sollte man nochmals tief in sich aufnehmen. Dann folgt der Abstieg, während dem man die Aussicht mit Ausnahme der Gletscher weiterhin in vollen Zügen geniessen kann. Ab Schwarzbergchopf steigen wir zusammen mit einem Wanderer aus dem Baselbiet ab, der sichergehen wollte, dass auch wir heil auf der anderen Seite ankommen. Sehr rücksichtsvoll. Wir unterhalten uns gut während des Abstiegs zum Mattmarksee und wir werden den Eindruck nicht los, dass er seine Rolle als "Bergführer und Wegbegleiter" sichtlich geniesst. ;-) Im Restaurant Mattmark besiegeln wir gemeinsam unsere heutige Tour bei einem erfrischenden Getränk bis es dann Zeit wird, ins Postauto zu steigen.

Exkurs 1:
Nach x Wanderungen ohne Zwischenfall habe ich es heute geschafft, mir eine handvoll schmerzender Schürfungen einzuhandeln. Auf dem geteerten Strässchen (ca. 50m vor Restaurant Mattmark) wähne ich mich in absoluter Sicherheit und fummle an meiner Kamera herum. Es bedarf nur eine kleinen Bodenwelle im leichten Strassengefälle, um mich ins Stolpern zu befördern. Nach einem ersten und zweiten Ausfallschritt entscheiden Hirn und Bewegungsapparat gemeinsam, dass ein Sturz nicht mehr zu vermeiden ist und bereiten eine weltmeisterliche Judorolle vor, um Schlimmstes zu verhindern. Erstaunlicherweise gelingt mir der kontrollierte Sturz einigermassen gut, sodass Kamera, Rucksack und diverse Hautpartien mit Schürfungen davonkommen. Wieviele Schürfungen es wirklich sind, verrät mir erst das Brennen an verschiedenen Hautstellen unter der Dusche am Abend. ;-)

Exkurs 2:
Nicht ganz überraschend laden die Gletscherüberquerungen zu ehrfürchtig fantastischen Hirngespinsten ein, dass z.B. eine von Schnee überdeckte, schwache Schneebrücke bricht, eine tiefe Spalte ihren Schlund öffnet, einen darin verschluckt und - "Klimawandel sei Dank" - nunmehr schon in ein paar Jahrzehnten als "Allalinötzi" wieder für künftige Untersuchungstische freigibt. Dort werden dann mittels modernster, forensischer Medizintechnik folgende Feststellungen gemacht: der Allalinötzi weist hohe Strahlenschäden auf, vermutlich eine Folge der damals verbreiteten Funktechnologie für Smartphones; Knochen- und Hautanalysen bringen zu hohen Fleisch- und viel zu tiefen Gemüse- und Früchtekonsum zu Tage. Schliesslich wird die Tatsache, dass der Allalinötzi Kathoola Microspikes im Rucksack und nicht an den Schuhen befestigt mit sich führte, zu Rätseln Anlass geben. Vielleicht haben die Menschen bis dann aber auch andere Sorgen als über Schutthaufen zu wandern, die geschmolzene Gletscher zurückgelassen haben. Der vom Gletscher freigegebene Körper wird dann weder gefunden noch wissenschaftlich untersucht, sondern geht einfach den üblichen Verwesungsgang des dannzumal vorherrschenden Klimas.

In diesem Sinne weiterhin viel Spass in den Bergen!

countryboy (Tour mit countrygirl)


Route/Schwierigkeiten:
Felskinn - Britanniahütte, T2/T3-
Britanniahütte - Schwarzbergchopf (Glacier Trail), T4
Schwarzbergchopf - Schwarzbergalp, T3
Schwarzbergalp - Mattmark, T1
Zeit: 6h unterwegs, insgesamt rund 1 1/2h Pausen und 4 1/2h Gehzeit
Temperatur: 0°C bis +5°C

Tourengänger: countryboy, countrygirl


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Kommentare (10)


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churfirst hat gesagt:
Gesendet am 25. September 2016 um 20:03
Glückwunsch zur schönen Tour und dass der Status nicht über den von Allalinötzi-Aspiranten hinaus gegangen ist! Zudem: Gute Genesung :)

Gruß
Michael

countryboy hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. September 2016 um 22:52
Hallo Michael

In beider Hinsicht danke. :-)

Im Wort Aspirant steckt dann doch etwas mehr Wille und Absicht als es mir in Sachen Allalinötzi gut bekommen würde... :-D

Gruss, Yves

Krokus hat gesagt:
Gesendet am 25. September 2016 um 21:35
Herzliche Gratulation zu diesem wunderbar erfrischenden und informativen Tourenbericht. Hatte bis jetzt noch nie von dieser markierten Gletscherroute gehört.
Hoffentlich heilen die Lackschäden bald wieder aus
H.G. Ella

countryboy hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. September 2016 um 23:11
Danke Ella, ist wirklich eine lohnende Tour.
Glücklich ist der, der zahlt für einen Patzer
mit lediglich dem einen oder and'ren Kratzer. ;-)
Gruss, Yves

roger_h hat gesagt:
Gesendet am 26. September 2016 um 07:12
Coole Tour, willkommen in der Hochgebirgswelt! Ich habe mir die Tour vorgenommen, um meine Söhne einmal in die Welt der Gletscher einzuführen, das geht aber noch ein paar Jahre!

Gruss
Roger

countryboy hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. September 2016 um 12:14
Hallo Roger
Vielen Dank. Obwohl es eine super Wanderung war, wird die Hochgebirgswelt wohl eher Ausnahme als Regel bleiben... In ein paar Jahren werden die Markierungspflöcke wohl um Einiges weiter oben sein, Gletscherschmelze lässt grüssen, aber den Trail gibt's hoffentlich noch. Ein wirklich guter Einstieg in diese Welt!
LG, Yves

dulac hat gesagt:
Gesendet am 27. September 2016 um 01:44
Hallo Yves,

herzliche Gratulation zu der schönen Tour und dem amüsant zu lesenden Bericht!

Wenn ich mir Eure Bilder vom Gletscher so ansehe, so bin ich froh, dass es bei mir damals diese Schneeauflage nicht hatte, so konnte man die Spalten wenigstens deutlich erkennen. Ein etwas flaues Gefühl hat es aber auch so bei mir damals ausgelöst.

Ohne Kratzer geht es auch bei mir nicht ab – doch zumindest an den Händen finde ich Bike-Handschuhe (bei denen die Fingerspitzen frei bleiben) dagegen sehr nützlich – verhindert auch, dass die Handinnenflächen von den Stöcken aufgerieben werden.

Falls Ihr noch einmal an der Mattmark-Stausee kommt und es hat dann anders als bei Euch jetzt keine Wolken, dann kann ich Euch nur wärmstens den Aufstieg zum Monte Moro Pass empfehlen: Die Aussicht auf die Monte Rosa-Ostwand ist von dort einfach nur genial. Und nur wenig unterhalb des Passes bereits auf italienischen Gebiet hat es bei der Bergstation der Bahn von Macugnaga eine Beiz (mit Euro-Preisen). Den Blick von der Terrasse auf die Ostwand gibt’s dort obendrein als kostenlose Zugabe.

LG Wolfgang

countryboy hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. September 2016 um 16:31
Hallo Wolfgang
Danke für deinen ausführlichen und netten Kommentar. Sowohl ein Walliswanderbuch, das mir meine Frau mal geschenkt hat als auch unser Wanderbegleiter im Abstieg vom Schwarzbergchopf haben die Wanderung vom Mattmarksee zum Monte Moro Pass wärmstens empfohlen. Jetzt schlägst du noch ins selbe Kerbholz, sodass eigentlich nichts mehr anderes übrig bleibt, als wieder mal in jene Ecke zurückzukehren! Dem werd ich mich bestimmt nicht versperren, hab ich doch noch so manch anderes Wanderträumchen auf meiner "Wallisliste"...
LG, Yves

alpstein hat gesagt:
Gesendet am 27. September 2016 um 10:08
Hallo Yves,

wunderbar geschriebener Bericht und eindrückliche Fotos aus der tollen Walliser Bergwelt.

Deine Schrammen heilen hoffentlich bald ab.

Beste Grüße
Hanspeter

countryboy hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. September 2016 um 16:37
Vielen Dank, Hanspeter.

Ja, die Verkrustungen sind jetzt in jenem Stadium, wo sie sich gerne an was verfangen und etwas gar frühreif abgerissen werden... ;-) Aber grundsätzlich auf gutem Wege. LG, Yves


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