Großer Judenkopf (2173m) - durch eine tiefe Scharte vom Hochplattig getrennt


Publiziert von gero , 15. Februar 2009 um 16:24.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum: 3 Juli 2006
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1540 m
Abstieg: 1540 m
Strecke:Wildermieming - Iversensteig - Judenkopf - Judentörl - Judenkopf - Oberer Steig - Ochsenbrünnl - Wildermieming
Kartennummer:AV-Karte 4/2 Wetterstein und Mieminger Gebirge

Einen Beitrag zu den Miemingern will ich noch verfassen und mich danach anderen Gebirgsgruppen zuwenden. Der nachfolgende Eintrag beschreibt wieder eine höchst einsame Unternehmung, die ich dem wahren Fan der Mieminger wärmstens empfehlen kann. Sie ist sozusagen als Ergänzung zu meinen bisherigen Einträgen, nämlich der Hochwand, dem Karkopf und dem Hochplattig zu sehen - führt sie doch von Süden über den Iversensteig auf die Judenköpfe, die zwar kein markiges Ziel darstellen, wo man jedoch den genannten höheren Gipfel in eindrucksvoller Weise unmittelbar gegenübersteht und die dortigen Anstiege sehr gut studieren kann.

Ich startete wieder am Waldparkplatz P5 nördlich von Wildermieming, um 5 Uhr morgens. Er liegt zwar mehr als einen Kilometer östlich vom Beginn des Iversensteiges, aber der Rückweg wird direkt dorthin führen. Zuerst geht es also gut 1km zurück an den nördlichen Ortsrand von Wildermieming, dann ansteigend nach Nordosten in den Wald hinein. Man folgt einer Forststraße, zunächst beschildert Richtung Grieslehn, später stand dann der Iversensteig mit roter Leuchtschrift auf einer Bretterwand. Auch die Neue Alplhütte und das Judentörl sind gelegentlich ausgeschildert.

Nach knapp einer Std. beginnt bei etwa 1020m der eigentliche Iversensteig. Er steigt in vielen kleinen Zick-Zack-Kehren steil durch den Wald an; gelegentliche rote Markierungen. Wiederum nach einer knappen Stunde führt dieser Weg an der privaten Iversenhütte, einem sehr kleinen Blockhaus, vorbei. Danach beginnt sich der Wald zusehends zu lichten; je höher man steigt, desto eindrucksvoll wird der Tiefblick in die wild zerfurchte Judenklamm (gemäß AV-Karte "In der Jude" genannt). Man befindet sich hier an der ostseitigen Begrenzung der Judenschlucht, dem Gachen Blick gegenüber (vgl. Toureneintrag Hochplattig). Auch in die Stöttlreise, zum Stöttltor und zur Wankspitze kann man bestens hinüberschauen. Und auch die ganze Wandflucht der uns überragenden Mieminger Berge wird umso eindrucksvoller, je höher wir steigen: Griesspitzen - Mitterspitzen - Hochplattig: ein langer, zerfurchter Grat mit vielen Scharten, Türmen, Karen; ein wilder, unzugänglicher  und gerade deshalb so ungemein beeindruckender Gebirgsstock!

Irgendwann hat man dann die Waldgrenze hinter sich gelassen und bewegt sich in dichtem Latschengelände - trotzdem auf gut markiertem, bestens begehbaren Steig. Nur Kondition brauchts, denn das Gelände ist steil!

Gegen 8 Uhr war ich an der Stelle angekommen, wo knapp unterhalb des Judenkopfes der "obere Steig" nach Osten abzweigt. Über ihn bin ich nachmittags dann abgestiegen. Jetzt ging es aber erst mal noch gar hinauf auf den Judenkopf (2021m, neben den Zwölferköpfen), auf dem ich dann gegen 8:30 rastete und die grandiose Aussicht ausgiebig auf mich wirken ließ. Besonders das Studium der Flanken von Hochplattig, der Hochwand (dazwischen die unzugängliche Alplscharte) und m.E. des Karkopfes ist von dieser Aussichtswarte sehr instruktiv - und wie immer der Tiefblick auf das Mieminger Plateau, das Inntal und die Zentralalpen.

Beim genauen Studium der AV-Karte staunt man nicht schlecht: da gibt es noch einen Judenkopf jenseits des Judentörls! Ihn wollte ich unbedingt auch noch erklimmen, denn er ist dem Oberplattig, jenem Schrofenband unter dem Hochplattig, unmittelbar gegenüber gelegen!

Also wieder hinunter vom "kleineren" Judenkopf, hinüber ins Judentörl (hier kann man nordseitig absteigen zur Alplhütte) und jenseits nach etlichem Auf und Ab steil und nahezu weglos, aber unschwierig über Wiesenhänge hinauf auf den "großen" Judenkopf (2713m, 10:40 Uhr). Und der ist wirklich sehr eindrucksvoll gestaltet! Man sitzt auf schmaler Gipfelschneide - gen Westen eine blumenübersäte Steilwiese, die allerdings in die Judenschlucht abbricht - und gen Osten das typische Mieminger Erosionsgelände, senkrecht ins Alpl abbrechend. Man ist bemüht, nicht allzulaut zu husten, damit nicht der Berg erosionsbedingt in sich zusammenfällt!

Vom Oberplattig, also dem Anstieg zum Hochplattig, ist man durch einen tiefen, nahezu ungangbaren Einschnitt getrennt, in dem der Judenfinger steht, ein spitzer, ebenfalls einsturzbereiter Felskonus. Da geht man freiwillig nicht hinüber!

Mein Rückweg führte zunächst wieder ins Judentörl hinab, dann weiter südseitig auf gutem, markierten Steig durch die Hänge der Zwölferköpfe. Inzwischen war es hochsommerlich warm, die Hitze brütete in den duftenden Latschen - nur war ausnahmsweise mein Getränkevorat bedenklich zur Neige gegangen. Mit nicht unerheblichem Durst sehnte ich das plätschernde Wasser des Ochsenbrünnls herbei, an dem ich mich endlich erfrischen konnte, bevor ich den restlichen Fußmarsch hinab zum Parkplatz bei Wildermieming hinter mich brachte.

Tourengänger: gero


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Kommentare (5)


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Saxifraga hat gesagt: Servus Gero!
Gesendet am 15. Februar 2009 um 19:29
Hast du eine Ahnung, wieso in dem Gebiet so viele Gipfel- und Flurnamen nach Juden benannt sind? Haben dort früher viele Juden gelebt?
Grüße Philipp

gero hat gesagt: RE:Servus Gero!
Gesendet am 16. Februar 2009 um 08:53
Hallo Philipp,

nein, ich weiß es leider auch nicht - war mir natürlich auch schon aufgefallen! Auch im DAV-Führer der Mieminger ist hierzu nichts gesagt. Man sollte sich direkt mal an die Gemeinde Mieming wenden ..... wahrscheinlich wissen die es auch nicht? Auch zum ominösen Thomas Durren (Anger) habe ich im Internet ausnahmsweise mal überhaupt nichts gefunden!

Na, sei's drum .... solange wir hinaufsteigen können! Liebe Grüße, Georg

gbh hat gesagt: RE:Servus Gero!
Gesendet am 2. Februar 2022 um 10:16
Auch wenn die Konversation schon lang her ist, interessiert es vielleicht den einen oder anderen, Aufklärung in dieser Sache zu erhalten. Man geht davon aus, dass sich der Flurname vom Althochdeutschen Jutta (= Milch) herleitet, wegen der milchigen Färbung des Judenbaches nach Niederschlägen. Es ist dann im Sprachwandel oft zu beobachten, dass Flurnamen, die aus dem Althochdeutschen oder auch Lateinischen stammen, quasi assimiliert werden und in der Volksetymologie einen scheinbaren Bedeutungswandel erleben. Gutes Beispiel dafür ist die Mondscheinspitze (kommt vermutlich von lateinisch Mons = Berg, Muntschen = Berglein, Muntschnspitz wurde dann zur Mondscheinspitze umgedeutet).

Creativist hat gesagt: Hochplattig Zustieg
Gesendet am 2. September 2012 um 01:06
Hallo Gero !
Hast Du zufällig vom Judenkopf auch ein Foto runter Richtung Judenfinger / Hochplattig gemacht ? Laut den alten Führern gibts dort ja einen "Ier"-Durchstieg zur Scharte zwischen Judenfinger und Hochplattig, welcher danach durch eine früher mal gesicherte Steilrinne hoch zum Plattig führt. Laut dem Wegwart des Gebiets ist dieser Zugang allerdings eher IV-V, es sollen Haken stecken...umpf! Dieser Wegwart hat mal die gesamte Mieminger Kette überschritten, vermutlich kennt der sich schon gut aus 8-).

gero hat gesagt: RE:Hochplattig Zustieg
Gesendet am 2. September 2012 um 07:05
Servus,

ich hab das von Dir gewünschte Foto als Bild Nr. 19 eingebaut. Es ist einerseits relativ nichtssagend, weil man frontal auf die Unterbrechungsstelle schaut und dadurch Scharten, Türmchen bzw. Abbrüche kaum wahrnimmt - andererseits sieht man auch so, daß das Gelände ziemlich unnahbar sein dürfte.


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