Gratwanderung vom Sabachjoch über den Kelleschrofen auf die Kellenspitze


Publiziert von frehel , 10. September 2016 um 13:22.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 9 September 2016
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:Sabachjoch - Bachschmidkamin - Kelleschrofen - Babylonischer Turm - Teufelsgrat - Kellespitze
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz in Nesselwängle
Kartennummer:Kompass Wanderkarte 04

Über den Ostgrat der Kellenspitze, den sogenannten Teufelsgrat, schreibt Marcus Lutz im AV-Führer Tannheimer Berge: "Viel begangene, landschaftlich einmalig schöne, teilweise imponierend ausgesetzte Gratkletterei". Bis auf das in den letzten Jahren eher unzutreffende "viel begangen" -- heuer war ich laut Gipfelbuch erst der dritte auf dem Kelleschrofen -- kann man den Grat wohl nicht treffender beschreiben. Zusammen mit dem Aufstieg über den Bachschmidkamin auf den Kelleschrofen, war diese Wanderung für mich sicherlich eines der landschaftlichen Highlights dieses Jahr. 

Von Nesselwängle geht es auf breitem Wanderweg zunächst aufs Sabachjoch. Von hier quert man weglos unten den sö Felsausläufern des Kelleschrofens, um dann zum Führerkamin (links, Normalweg) oder zum Bachschmidkamin (rechts) über Schrofen aufzusteigen. Da ich heute traditionell unterwegs bin, folge ich dem Weg der Erstbegeher, dem Bachschmidkamin. Aus der Rinne wird eine tiefe kesselartige Schlucht, die hinten durch einen schmierigen heute teils nassen etwa 20-25 Meter hohen Stemmkamin abgeschlossen wird. Die Erstbegeher konnten sich im Jahre 1897 die Hälfte der Stemmarbeit auf Grund von Schnee schenken, wie in ihrem Bericht nachzulesen ist.

Der Stemmkamin wird im AV-Führer mit III+ und im Kletterführer von Toni Freudig mit IV- und IV bewertet. Letzteres dürfte eher passen und für mich ungeübten Kaminkletterer wars das Maximum, was ich ungesichert machen würde. Den Rucksack habe ich aufgeseilt und mich dann zentimeterweise im Schneckentempo hochgestemmt. Beim Raufziehen hat sich der Rucksack natürlich wieder mal total verklemmt, so dass ich den aus drei Rostgurken bestehenden Absteilstand nachbessern musste und abseilend den Rucksack aus seiner misslichen Lage befreien musste. Die rostigen Normalhaken im Kamin kann man übrigens total vergessen und auch mobile Sicherungsgeräte ließen sich im glatten Fels nur schwer unterbringen. Wer den Kamin mit Seilsicherung gehen möchte, sollte neben einer soliden Stemmtechnik auch Normalhaken mitbringen. Der Fels im Kamin ist zum Glück fest, insgesamt ist der Fels am Kelleschrofen auch viel besser als sein Ruf.

Oberhalb vom Stemmkamin öffnet sich eine breite Rinne, die nach wenigen Metern links über ausgesetzte Gamsspuren querend auf einen Grasrücken verlassen wird. Dieser kann unschwierig bis zum Gipfel des Kelleschrofens verfolgt werden. Vom Gipfel geht es zunächst eben auf einem kurzen Grat nach Westen, der jäh in die Scharte vorm Babylonischen Turm abbricht. Dieser Abbruch muss nordseitig über Schrofen umgangen werden. Hier ist es leider komplett nass, so dass etwa 20 Meter Abseilen auf ein nordseitiges Band die sinnvollere Alternative ist (solider Ringhaken am Grat). Aus der Scharte vorm Babylonischen Turm lässt sich dieser leicht (Stelle II+) über festen, griffigen Fels erreichen. 

Den Teufelsgrat erreicht man aus der Scharte durch unschwierige nordseitige Querung des Babylonischen Turms. Das Abklettern am Grat vom ersten Gratturm ist die klettertechnische Schlüsselstelle, eine äußerst luftige III, die auch abgeseilt werden könnte. Den nächsten Gratturm muss man südseitig über ebenfalls sehr luftige Schrofen umgehen. Hier habe ich zur Sicherheit das Seil durch einen neuwertigen Klebehaken gezogen, da ich der Festigkeit der Schrofen zunächst nicht traute. Es ist aber gut machbar. Jetzt hat man die größten Schwierigkeiten überwunden und nach einigen weiteren kleinen zu überkletternden oder südseitig zu umgehenden Gratzacken steht man unvermittelt auf einem breiteren Grasrücken über den man schnell die Höhenmeter zur Kellenspitze gewinnt. Man muss nur einmal kurz in die steile Grasflanke nach rechts ausweichen, um einen felsigen Abbruch zu umgehen.


Fazit: Die Überschreitung ist landschaftlich großartig und sehr abwechslungsreich. Der Bachschmidkamin hat eher historische Bedeutung. Der Fels am Teufelsgrat ist fest, allerdings ist die Kletterei nur für schwindelfreie Alpinwanderer geeignet und Seilsicherung sollte in Betracht gezogen werden. Nordseitig hält sich am Kelleschrofen und Babylonischen Turm sowie an einigen Stellen kurz vor der Kellenspitze die Feuchtigkeit sehr lange, man sollte deswegen eine längere Trockenperiode abwarten.

Anmerkung: Einige Bemerkungen im Führer von Toni Freudig zum Teufelsgrat sind etwas verwirrend. Eine (III-)-Stelle in der nordseitigen Querung des Babylonischen Turms gibt es nicht wirklich und außerdem kam mir der Fels deutlich fester vor, als bei ihm beschrieben. Die Zeitangaben (3-4 Stunden) bei ihm und im AV-Führer passen auch nicht wirklich. Ich habe vom Kelleschrofen zur Kellenspitze etwa 1,5 Stunden gebraucht und ich bin wirklich ein langsamer Kletterer.

Tourengänger: frehel


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Kommentare (4)


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Gelöschter Kommentar

frehel hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. September 2016 um 10:07
Danke, Markus.

> Die Bezeichung "Gratwanderung" trifft's ja nicht ganz... ;-)

Na, echte Kletterer würden sich verächtlich abwenden, wenn man das als Klettertour bezeichnet. Der SAC lehrt uns ja folgende Inklusionsbeziehung:

Teufelsgrat -> T6 -> Alpinwandern -> Wandern ;)

Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 11. September 2016 um 09:32
Glückwunsch zur wirklich genialen Tour.
Freu mich schon richtig auf die gemeinsame Wiederholung ;-)
VG Andy

frehel hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. September 2016 um 10:09
Danke, ich freue mich auch schon auf die nächste Gratbegehung mit euch. Es gibt einfach Touren da weiß man sofort wenn man oben ist, dass man die bald wiederholen muss.

VG,
Moritz


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