Weisshorn, 4506m (Ostgrat)


Publiziert von Linard03 , 6. September 2016 um 05:32.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:29 August 2016
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 3100 m
Abstieg: 3100 m
Strecke:Randa - Weisshornhütte - Ostgrat - Weisshorn - Randa
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Randa

Das Weisshorn – viele Attribute schmücken den Berg. Für viele ist es aber schlicht der schönste Berg der Alpen. Auch auf mich übt der Berg seine Faszination aus; ich hatte jedoch grossen Respekt vor seinen langen Graten. Gemäss SAC-Führer gehört der Aufstieg „zu den anspruchsvollsten Normalrouten auf einen Viertausender im Gebiet“. Irgendwann reifte aber der Plan und der Termin fürs Weisshorn stand fest – aber wie immer weiss man nicht zum Voraus, ob zur geplanten Zeit dann auch alle Voraussetzungen (insbesondere Wetter- und örtliche Bedingungen) passen werden.
 
Nochmals also mit dem Bergführer meines Vertrauens unterwegs; U. war ebenfalls mit von der Partie (wir waren zusammen auf dem Finsteraarhorn und kannten uns bereits), somit hatten wir ein gutes Team zusammen.
 
Sonntag, 28.8.
Kurz vor 12 Uhr traf ich U. am Bahnhof Randa und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zur Weisshornhütte. Der Bergweg ist sehr schön und kurzweilig, an diesem Nachmittag jedoch ziemlich schweisstreibend …
Nach ca. 3 ¼ Std. erreichten wir schliesslich die Weisshornhütte (2932m); eine Hütte im noch eher älteren Stil. Der legendäre Hüttenwart bestreitet bereits seine 50. Saison und ist damit der dienstälteste Hüttenwart der Schweiz …
 
Während unser BF noch seinen verdienten Mittagsschlaf abhielt (er war bereits heute auf dem Weisshorn), installierten wir uns erst mal. War es gestern noch „full house“ (man musste offensichtlich zusätzliche Matratzen in die Gänge legen …), waren für heute lediglich 12 Personen gemeldet, sodass alles ziemlich gemütlich von statten ging. Für den Folgetag würden sich lediglich 4 Seilschaften aufmachen.
 
Für morgen war zwar mehrheitlich gutes Wetter angesagt, jedoch auch viel Bewölkung. Um ca. 20.15 ging dann doch noch ein kurzer, aber heftiger Regenschauer nieder.
 
Montag, 29.8.
02.30 Aufstehen, 03.03 Uhr Abmarsch. Wir starteten als erste Seilschaft und kamen schnell voran. Die Orientierung in der Dunkelheit ist nicht einfach und deshalb zahlte sich aus, dass sich unser BF bereits bestens auskannte und nirgends studieren musste.
 
Zunächst der Wasserleitung entlang, dann zum Schaligletscher. Dessen Überquerung ist zwar kurz, aber um diese Uhrzeit hart gefroren und entsprechend rutschig. Die Steigeisen anzuziehen lohnt sich also, auch wenn es nur für ca. 100m ist (nachmittags gings dann problemlos ohne Steigeisen). Der Wasserfall selbst war kein Thema, da kaum Wasser vorhanden war.
 
Nach dem Couloir über ein Firnfeld bis zu den Felsplatten. Auf den Grat und im Zick-Zack über Rippen empor bis zum Frühstücksplatz. Viel loses Material in dieser Passage; ich empfand das Ganze als relativ mühsam in der Dunkelheit. Kurz unterhalb des Frühstücksplatzes hatte ich dann auch eine erste Krise – wir waren bis dahin aber auch schon ca. 3 Std. quasi ohne Pause unterwegs (mal abgesehen von Steigeisen aus- und anziehen …).
 
Endlich eine Pause also am Frühstücksplatz, während uns hier eine Seilschaft überholte, ohne eine Pause einzulegen (die anderen Seilschaften hatten sich wohl allesamt im untersten Teil verstiegen, weshalb wir bis hierhin nicht überholt wurden).
Nun beginnt der eigentliche Felsgrat und damit eine genussvolle Kletterei in gutem Fels. Die Schlüsselstelle ist das Erklettern des „Lochmatterturm“, welche wir jedoch gut meisterten (ein Überhang, wo man sich hinaufschwingen muss). Die Kletterei im Fels ist relativ lang, in einem ständigen Auf- und Ab; machte jedoch Spass.
 
Beim Erreichen des Firngrates muss man sich dann bewusst sein, dass jetzt noch ein ziemlich langes Stück vor einem liegt (so ca. 1.5 Std. …). Zu Beginn ist dieser Firngrat messerscharf, sehr ausgesetzt, wird dann später aber breiter. Zum Schluss steilt sich der Hang auf. Die letzten ca. 200Hm musste ich dann beissen; es wurde sehr zäh, ich benötigte ein paar „Kunstpausen“ ... Aber ok, in diesem Gipfelhang läuft keiner mehr locker …
 
Zum Schluss nochmal über Felsen; dann erreichten wir genau 6 Std. nach unserem Start um 09.03 Uhr den Gipfel des Weisshorn (4506m)! Ein schönes, erhabenes Gefühl; tiefe Zufriedenheit und Stolz, etwas Aussergewöhnliches erreicht zu haben. Nach Südwesten war das Panorama einwandfrei, wogegen es über dem Monte Rosa Gebiet quellte und die Gipfel im Norden gänzlich in Wolken gehüllt waren.
 
Nach den obligaten Gipfelfotos machten wir uns sofort wieder an den Abstieg, denn wir wussten, dieser würde seeehr lange werden … Der Firnhang wurde problemlos bewältigt, die Felskletterei benötigte hingegen wieder einiges an Zeit. Drei Mal wurde abgeseilt bzw. am Seil abgeklettert. In einer kurzen Pause haben wir (also die anderen) mal etwas gegessen – ich selbst brachte kaum einen Bissen runter; mir war etwas übel und hatte bloss Durst.
 
Ab dem Frühstücksplatz wollte der Abstieg durch das Rippensystem nicht enden. Immerhin sah man jetzt etwas ... Das Firnfeld runterrutschen und immer wieder mal der Blick zurück, denn beim Aufstieg lag ja alles im Dunkeln … Schliesslich erreichten wir die Weisshornhütte um ca. 13.50 Uhr, knapp 11 Std. nach unserem Aufbruch.
 
Während der BF und U. eine leckere Rösti verspeisten, konnte ich noch immer nichts essen und trank statt dessen ein Liter Cola ... Nach einer Pause und Umpacken nahmen wir die Schlussetappe unter die Füsse. Immer noch bei gutem Wetter stiegen wir nach Randa ab (es war mal Regen angesagt …); aber auch dieser Weg wollten nicht enden und das Dorf nicht näher kommen … Immerhin tat das Cola nun seine Wirkung und bei mir kehrten die Lebensgeister zurück. Auch der Hunger meldete sich plötzlich und jetzt wäre ich eigentlich für eine Rösti bereit gewesen … ;-).
 
Schliesslich erreichten wir um ca. 16.20 Uhr müde, aber glücklich den Bahnhof Randa. Für die Leser eine unbedeutende Randnotiz; für mich persönlich jedoch eine wichtige Erkenntnis, dass die Knie einigermassen gehalten haben. Länger hätte der Abstieg aber nicht mehr dauern dürfen; 3100m Abstieg waren für meine Knie doch ziemlich grenzwertig …
Wie immer gab mir die lange Heimfahrt im Zug die Gelegenheit, die Tour zu verdauen und nochmals Revue passieren zu lassen.
 
Fazit:
Eine sehr schöne, aber auch anspruchsvolle und laaange Tour – definitiv ein krönender Abschluss meiner diesjährigen Hochtouren-Saison!
 
Bemerkungen:
Die Orientierung in der Nacht im ersten Drittel der Tour ist nicht einfach; viele versteigen sich hier und verlieren viel Zeit. Es lohnt sich also, eine entsprechende Reko-Tour zu machen. Oder man hat (wie wir) einen BF, der sich tadellos auskennt …
 
Zeiten:
-        Randa – Weisshornhütte: 3 ¼ Std.
-        Weisshornhütte – Weisshorn: 6 Std.
-        Weisshorn – Weisshornhütte: 4 Std. 50 Min.
-        Weisshornhütte – Randa: 2 Std. 20 Min.

P.S. ... und wie ich gerade festgestellt habe, ist dies mein 250. Tourenbericht auf Hikr ... - wie passend ... ;-)

Tourengänger: Linard03


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Kommentare (14)


Kommentar hinzufügen

Lulubusi hat gesagt: Gratuliere
Gesendet am 6. September 2016 um 08:25
zum Weisshorn.
Durfte den Berg ein paar Tag später geniessen.

Linard03 hat gesagt: RE:Gratuliere
Gesendet am 6. September 2016 um 18:56
Danke! - und Gratulation zurück; Du hast ja die anspruchsvollere Variante gewählt ...

garaventa hat gesagt: (m)einTraumberg,
Gesendet am 6. September 2016 um 12:10
der natürlich verdient werden möchte.

Aber ich Stimme Dir zu, das Weisshorn ist ein harter Brocken, der auch auf dem Ostgrat einige konditionelle Anforderungen an seine Besteiger stellt.

Der Abstieg zurück ins Mattertal am Gipfeltag fordert nochmals alle Reserven, aber Du hast es mit Bravour gemeistert.

Herzlichen Glückwunsch!!

Gruss garaventa

Linard03 hat gesagt: RE:(m)einTraumberg,
Gesendet am 6. September 2016 um 19:01
Danke Dir; Du kennst ja das alles bereits bestens ... ;-).

Aber ja, der Traumberg verlangt einem so einiges ab - er will tatsächlich verdient werden. Tags zuvor haben's zumindest nicht alle auf den Gipfel geschafft; ist also kein Selbstläufer ...

Gruss, Linard

roger_h hat gesagt:
Gesendet am 6. September 2016 um 13:56
Super Sache, Richard. Ich gratuliere dir zum Weisshorn, der auch mein Traumberg ist! Ich hoffe, nächstes Jahr ist es dann endlich soweit.

Du räumst gleich ordentlich ab diese Jahr! :-)

Gruss
Roger

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. September 2016 um 19:04
Danke Roger!

ich drücke Dir fest die Daumen, dass es nächste Saison bei Dir auch klappt!
Ich bin natürlich mehr als zufrieden mit den diesjährigen Touren, welche ich realisieren durfte ... ;-)

Gruss,
Richard


WoPo1961 hat gesagt:
Gesendet am 6. September 2016 um 18:55
Ich hätte im Zug garnix mehr Revue passieren lassen können.. höchstens in wilden Träumen, nach 3100 HöhenMeter Abstieg und zuvor dem Aufstieg zum Gipfel wäre ich schnarchend in den Tiefschlaf gefallen. Von daher gibt's den gezückt Schweizhut, samt (Schweiz)Käppi vom WoPo aus Flachlandhausen

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. September 2016 um 21:49
Danke für's Schweizhut-zücken ...

Also ganz so schlimm war's nicht, dass ich gleich hätte in den Tiefschlaf fallen müssen ... Obwohl die Tour (zumindest von der Länge her) mit dem Matterhorn zu vergleichen ist, ging es mir am Weisshorn ungleich besser ...

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 6. September 2016 um 19:07
Auch von meiner Seite ganz herzliche Gratulation! Toll, dass es geklappt hat. Ich sollte längst meinen Weisshorn-Bericht schreiben, komme momentan aber schlichteegs nicht dazu..

Gute Erholung und liebe Grüsse

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. September 2016 um 21:52
Danke!
Ja, eigentlich hatte ich gehofft, dass ich vor meiner Tour noch Deinen Bericht lesen kann, um so aktuelle Bilder und Beschreibungen mitzunehmen ...
Aber gut Ding will ja bekanntlich Weile haben ;-))

Nochmals Danke für Deine Rückmeldung & Gruess zrugg

pika8x14 hat gesagt:
Gesendet am 9. September 2016 um 03:56
Hallo Richard,

herzliche Gratulation auch von uns zum "schönsten Berg der Alpen".

Beste Grüße, Andrea + André.

PS: Melde Dich nächste Woche mal aus B. in B. auf dem B., wenn Du Deiner diesjährigen Sammlung von Traumbergen ein weiteres Highlight hinzufügst ;-).

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. September 2016 um 21:50
Danke Euch ...

... und ja, ich werde mich sicher mal melden ... ;-)

Gruss,
Richard

amphibol hat gesagt: herzliche Gratulation..
Gesendet am 10. September 2016 um 22:04
zum Traumberg und dieser Abstieg! Chapeau Richard!
Berggrüsse, Raphael

Linard03 hat gesagt: RE:herzliche Gratulation..
Gesendet am 11. September 2016 um 21:45
Danke Raphael!
Gruss zurück,
Richard


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