Beim König des Maderanertals bei Kaiserwetter: Oberalpstock (3328m)


Publiziert von Stevo47 , 10. August 2016 um 13:21.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum:29 Juli 2016
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   CH-UR 
Zeitbedarf: 1 Tage 4:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit der LSB (Bergbahnen Disentis3000, Via Acletta 2, 7180 Disentis, +41 81 920 30 40) zur Bergstation Caischavedra (1858m) über den wbw-markierten Wanderweg zur Cavardirashütte
Zufahrt zum Ankunftspunkt:A2 Richtung Gotthard - Abfahrt Andermatt auf Hauptstrasse 19 zum Oberalppass nach Disentis/Mustér
Unterkunftmöglichkeiten:Camona da Cavardiras SAC / Cavardirashütte
Kartennummer:Swisstopo 1 : 25000 Amsteg, Nr. 1212

Der Oberalpstock (3328m), höchster Berg und daher König des Maderanertals, ist schon von weit her eine imposante Erscheinung. Umso erstaunlicher ist es, dass dessen Besteigung keine allzu schwierige Sache darstellt. Im Winter wird er vorallem als Ziel für sehr lohnende Skitouren mit langen Abfahrten geschätzt und man kann ihm mit dem Skilift im Winter ziemlich nah ins "königliche Gemach" kommen. Für mich wurde ein kleiner Traum verwirklicht, da ich diesen Berg schon lange auf der Tourenliste hatte. 

Für unsere Sektionstour des DAV-Hochrhein sind wir zu acht nach Disentis zur Talstation der Caischavedra gefahren. Der Ticketpreis von 25 CHF hoch und zurück ist fair kalkuliert zumal man noch einen Gutschein i.H.v. 5 CHF mit dazu bekommt, so dass man sich in der aussichtsreichen Bergstation davon einen Start-Kaffee genehmigen kann.

So machten wir uns dann kurz vor 11:00 Uhr auf zur Hütte. Die angeschriebene Gehzeit von 3h netto ist - wie bei allen wbw markierten Pfaden - ohne Pausenzeit angegeben. Wir brauchten mit 1 grossen Pause schliesslich 3,5 Stunden.

Caischavedra (1858m) - Lag Serein (2073m) - T2

Der Weg zieht sich ziemlich lang (im Abstieg ewig) an den Hängen des Val d'Acletta entlang ohne das wirklich grossartig Höhenmeter gewonnen werden. Dieser Teil der Strecke ist mehr Fleissarbeit, da sich auch die Blickrichtung kaum ändert - rechts ein Hang nach oben, links der Hang nach unten, ab und an werden ein paar Bäche überquert was die Sache etwas belebt. Dennoch möchte ich die Strecke nicht als langweilig bezeichnen, denn es kommt immer drauf an was man daraus macht ;o) Sie eignet sich wunderbar als Familienpfad und man kann sich gut dabei unterhalten. Im Aufstieg rechterhand wird das Weglein paar Mal schmal und etwas ausgesetzt. Naturgemäss hätte hier ein Stolperer tragische Folgen. Ich habe mich hier zwei-drei Mal im Abstieg dabei erwischt (zum Glück nicht an heikleren Stellen), wie ich mit dem Schuh an dem einen oder anderen Stein vor lauter Müdigkeit mal kurz hängen geblieben bin - nix passiert, aber uffbasse! 

Lag Serein (2073m) - Einstieg Brunnipass (ca. 2700m) - T3

Ab dem Lag Serein gehts dann stetig bergauf und es werden zügiger Höhenmeter vernichtet. Man blickt dann stets hoch zum Brunnipass, der die südliche natürliche Begrenzung des Brunnifirns darstellt (sieht von oben wie der Beckenrand einer Badewanne aus). Die Vegetation wird karger, das Geröll immer gröber, ein Bachlauf wird zum Wanderweg und irgendwann kommen die ersten Schneefelder. Entweder schlängelt man sich über diese durch das Blockgelände oder man überklettert die Blöcke einfach. Das ist noch ganz witzig, denn einige Blöcke verlangen kurze Balanceakte, die man beherrschen sollte. Das Gelände ist hier jedoch nirgends ausgesetzt.

Überquerung Brunnipass (2774m) - Brunnifirn (2700m) - T4+

Die Überquerung des Brunnipasses stellt zweifellos die Schlüsselstelle der Tour dar. Gemäss Hüttenpersonal kommt es noch häufiger vor, dass Berggänger von dieser Stelle aus die Hüttenübernachtung stornieren, da sie an dieser Stelle umkehren. Wer also auf Nummer sicher gehen will, geht besser den Weg via Bristen - Golzeren - Hinterbalm - Alp Brunni - Cavardirashütte, der ist zwar länger (7h) aber einfacher und landschaftlich reizvoller.

Der Aufstieg erfolgt in relativ einfacher Kletterei entlang der kettengesicherten Felsplatten. Man ist sehr froh über die angebrachten Ketten, da die Platten glatt und an einigen Stellen etwas griff- und trittarm sind.
Man kann die Kletterei umgehen wenn man ca. 2m daneben den steilen Trittspuren durch loses Geröll und Schutt folgt. Auf diesem Weglein gibt es jedoch keine Fixseile und man muss sehr aufpassen wo man hintritt und was man lostritt (aufpassen bei nachfolgenden oder vorausgehenden Berggängern!). Ein Helm schadet hier nicht.

Ist man einmal oben angekommen (P. 2774m), präsentiert sich der Oberalpstock mit seinem "Gefolge" in königlicher Manier. Der Blick auf den ca. 75m tiefer liegenden (derzeit überfirnten) Brunnifirn macht Lust auf mehr.
Der Brunnipass bildet oben einen Block-Grat auf dem man noch ein einige Meter (schätzungsweise 100 - 150m) auf und ab klettern muss (I) bis man dann zu einer Leiter kommt, die den Abstieg zum Brunnifirn einleitet. Der Gratweg ist ebenfalls fixseilgesichert, was man bei Nässe sicher gern in Anspruch nimmt. Die Abkletterei nach der Leiter ist ebenfalls fixseilgesichert, bietet aber viele Griffe und Tritte (II-) und ruckzuck steht man im Firn.


Brunnifirn (2700m) - Carvardirashütte (2649m) - T2

Der Weg über den Gletscher zur Hütte ist mit Hütchen markiert wenn die Hütte bewartet ist. Dieser ist zügig überwunden und man kommt dann in eine weitere Passage wo man Blockgelände durchqueren muss. Aus diesem Gelände entsteht allmählich ein Weg der einen zur Hütte führt (Gehzeit für diesen Teil ca. 20 Min.).

Die Carvardirashütte ist gemütlich eingerichtet und man wird sehr freundlich empfangen. Das Hüttenpersonal war stets sehr hilfsbereit und wartete mit tollen Empfehlungen auf. Besten Dank dafür und ich komme gern wieder! Prädikat: sehr empfehlenswert.
Einziges Manko was ich als Biertrinker nicht unerwähnt lassen möchte: das Calanda-Büchsenbier war leider im Mai 2016 abgelaufen, was dann doch dem Geschmack eine unschöne Note verlieh. 

Cavardirashütte (2649m) - Gwasmet (2875m) und retour -T3

Da offensichtlich noch Energiereserven vorhanden war, machten wir uns zu viert auf dem Weg zum Hausberg der Cavardirashütte, dem Gwasmet (2875m). Der Gipfel ist unschwierig in ca. 30 Min. zu erreichen und bietet einen tollen Ausblick gen Norden inklusive Handyempfang. Auf dem Weg müssen mehrere Schneefelder gequert werden, 2 davon sind ziemlich steil wo man ein Ausrutschen möglichst vermeiden sollte. Der Weg ist nicht offiziell markiert, jedoch über rote Punkte und Steinmänner problemlos zu finden. Abstieg wie Aufstieg.

Cavardirashütte (2649m) - Oberalpstock (3328m) - WS

Nach einer recht ruhigen Nacht (Ohropax macht's möglich ;o)) war um 04:20 Uhr Tagwache, 04:30 Uhr Frühstück, 05:15 Uhr Abmarsch. Zuerst noch im Wachkoma über den flachen Brunnifirn, dann steil den Gletscher hoch zum Oberalpstock. Schlüsselstelle ist die sehr steile, rot gepulverte Firnflanke vor dem Einstieg in die Felsnase. Diese haben wir von rechts nach links traversiert und sind oben über die Kante in den rechtsseitigen Felsbereich eingestiegen (Weg in Form eines  "S"). Der Schrund machte wenig Probleme, ausser dass es zwei bis drei beherzte Schritte und Züge brauchte um auf den plattigen Übergang zu gelangen (II-). Bis man dann zum Gipfel in Falllinie aufsteigen kann müssen noch 2 steile Schneefelder gequert werden (im Zweifel die Steigeisen benutzen!), wo man keinesfalls ausrutschen sollte!

Danach gehts im Blockgelände (I) problemlos hoch zum Gipfel. Eine nachfolgende Seilschaft versuchte den Aufstieg über die steilen Schneefelder zum Gipfel, musste dann aber einsehen, dass es über das Blockgelände um einiges einfacher geht ;o). 

Nach etwas mehr als 3h Aufstiegszeit bot der Gipfel an diesem Samstagmorgen eine fantastische Aussicht in alle Richtungen bei perfekten Verhältnissen. Einzig das kühle Lüftchen trieb uns nach ca. 20-25 Min. wieder hinunter.

Der Gletscher präsentierte sich beinahe spaltenfrei. Grosse Spalten liessen sich gut ausmachen. 

Der Abstieg erfolgte wie der Aufstieg, nur ohne Umweg über die Cavardirashütte. 

Schlüsselstellen:

1. Brunnipass (sehr steil und schuttig --> Steinschlaggefahr, etwas ausgesetzter Grat, bei Nässe heikel)
2. letzte Firnflanke vor dem Einstieg in die Felsnase (sehr steil, bei fortgeschrittener Tageszeit nicht mehr zu empfehlen, so wie es leider Nicole s in dinin i in ihrem Bericht *Oberalpstock 3295 minus 135 HM erging  --> hohe Ausrutschgefahr)


Fazit:

Auch wenn der Hüttenwart sehr überrascht war über vorher umgekehrte Seilschaften am Oberalpstock und sagte "besser werden die Verhältnisse nicht mehr" ist die Tour nicht zu unterschätzen. Insbesondere der Hüttenzustieg über den Brunnipass ist nicht jedermann's Geschmack.

Insgesamt eine absolut wunderschöne Tour, die ich jederzeit wieder machen würde und in dieser Form gern empfehle. Der Besuch beim Monarchen war ein voller Erfolg und wir wurden königlich empfangen.
Beim nächsten Mal werde ich noch dem Piz Ault einen Besuch abstatten und zur Hinterbalmhütte absteigen damit eine schöne Rundtour daraus wird. 

Nicht zu vergessen ein ganz herzliches Dankeschön an das Hüttenteam der Cavardirashütte und unseren beiden Tourenführern Sonja und Robert, die das mit ihrer ganzen Erfahrung und Routine perfekt im Griff hatten!


 


Tourengänger: Stevo47


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Kommentare (3)


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Chrichen hat gesagt:
Gesendet am 10. August 2016 um 22:17
Hi Steve!
Gratulation zum König des Maderanertals! Da hat ja wirklich alles gestimmt! Das Wetter scheint Dir gut gesinnt zu sein :-)
Viele Grüsse, Christian

Stevo47 hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. August 2016 um 10:38
Hey Christian,

vielen Dank! Ja, Petrus meint es tatsächlich gut mit mir ;o)..Die Tour auf's Sustenhorn (Bericht folgt) war ebenfalls optimal. Bis bald zu unserer nächsten gemeinsamen Tour...freu mich schon. Viele Grüsse, Steve

Felix hat gesagt:
Gesendet am 8. November 2016 um 08:17
super - Bericht und Tour; so macht's Spass ... zum Lesen, Betrachten - und evtl. nachahmen ;-)

Danke - und lieber Gruss, Felix


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