Rossolino - Tafonissimo

1,5 Stunden Zustieg hin und aufgrund der Streckenlänge auch annähernd wieder zurück sind für eine Route von 5 Seillängen eigentlich fast schon zu viel. Doch angesichts der fantastischen Kletterei der "Tafonissimo" in der SL 1, 4 und 5 durchaus zu verschmerzen. Weitere Klettermöglichkeiten in unmittelbarer Nähe am türmereichen Rossolino-Massiv und herrliche Bade-Gumpen des Tavignanu nur wenige Minuten vom Einstieg - da gibt es keine weiteren Bedenken mehr!

Zustieg:
Man folgt dem ausgeschilderten Weg ins Tavignanu-Tal. Landschaftlich wunderschön und zu jeder Zeit mit herrlichen Ausblicken, aber bereits morgens schnell sehr heiß, erreicht man nach ca. 1 Stunde eine Bachüberquerung und danach eine Steinhütte. Nach ca. 1,5 Stunden kommt ein leichter Abstieg, dann eine flache gerade Strecke, bevor man einen großen Block an einer Wegkurve auf dem Weg "überquert". Unmittelbar danach ist links ein Steinmännchen und rechts zweigt ein undeutlicher Pfad direkt zum Turm ab (schwierig zu finden).

Route:
Eine nähere Beschreibung der Seillängen ist aufgrund der für korsische Verhältnisse üppigen Bohrhaken-Ausstattung eigentlich nicht notwendig, wenn man den plattigen Einstieg mit 2 sichtbaren Bohrhaken und den Tafoniüberhang darüber gefunden hat. Die Bohrhaken sind allein in  den schweren Passagen der SL 1, 4 und 5 zahlreich. In SL 3 (4b) gibt es auf 40 Meter lediglich 2 Bohrhaken, in SL 4 nach der schwierigen Anfangspassage keine Haken mehr auf den weiteren 15 Metern trotz einer 5er-Stelle am Ende der SL. Die (leider) brüchigen Passagen zum Ende der 2. SL und in der 2. Hälfte der 3. SL sowie 4. SL lassen sich nicht leicht zusätzlich absichern - sind aber jeweils nicht sonderlich schwer. Die brüchigen Zwischenpassagen (SL 2 und 3) können auch den Spaß an der Kletterei nicht verderben - diese ist nämlich teils fantastisch: Der fürchtig aussehende Überhang in der 1. SL lässt sich in überragend schöner Kletterei überraschend leicht erklimmen (5c), eine komplett überhängende 5a-Passage (durch Tafoni) zu Beginn von SL 2 findet man sonst wohl nur in der Kletterhalle. Der steile Quergang und Ausstieg hieraus zu Beginn der 4. SL ist ebenfalls deutlich einfacher als es aussieht (5c+/6a größenabhängig). Die 5. SL (6a) ist eine Wucht: Tafoni-Kaminverschneidung, steile Wandkletterei zu einer schwarzen Platte, Hangelquergang über gigantischem Tafoni-Dach und Ausstieg durch riesige "Tafoni-Wannen" (alles gut mit Bohrhaken abgesichert) bevor unter der einmaligen Tafoni-Krone des Gipfels Stand an einer Monstersanduhr gemacht werden kann - durchweg eindrücklich, außergewöhnlich und absolut empfehlenswert!

Abstieg:
In den ersten beiden Abseillängen (Stand 5 zu 4 und 4 zu 3) besteht erhebliche Verhängergefahr, weshalb es sich (dringend) empfiehlt mit einem Halbseil als Einfachseil (2mal 25m) abzuseilen. Die erste Abseillänge ist anspruchsvoll: Wer zu weit nach links pendelt, hängt unter dem großen Tafoni-Dach. Hier muss stark gependelt und einige Kletterzüge eingebaut werden, um zum Stand zurückzukommen. Ab dem 3. Stand gelangt man mit 2mal 40m abseilen (3 zu 2 und 2 zu 0) bis zum Boden: Die flache 3. Länge ist dabei etwas murksig (Bohrhaken einhängen!), danach kein Problem mehr.

Nach der Kletterei muss man sich entscheiden, ob man weitere Routen am Rossolino-Massiv anhängt oder ca. 10 Minuten dem Weg ins Tavignanu-Tal weiter folgt bis zu einer Holzbrücke über den Bach und dessen herrliche Bade-Gumpen. Ein herannahendes Gewitter verunmöglichte uns leider beides. Ein herrlicher Tag war es trotzdem.

Material:
50m Halbseile, Bandschlingen für Tafoni-Sanduhren, kleines Keilset und 1-3 Friends