Zwei Weihnachtsbäume auf der Rigi Hochflue


Publiziert von Chrichen , 19. Juni 2016 um 16:44.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum:10 Juni 2016
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Rigigebiet   CH-SZ 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m
Strecke:ca. 11 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem PW bis Talstation Seilbahn Urmiberg / Seilbahn bis Obertimpel
Zufahrt zum Ankunftspunkt:(Gleicher Weg zurück)

Schon seit längerem wollten Stevo47 und ich der Rigi Hochflue einen Besuch abstatten. Für Stevo47 sollte es die erste Alpinwanderung im T5-Bereich werden, wozu sich die Hochflue eigentlich geradezu anbietet. Für mich war es der zweite Besuch dieses aussichtsreichen Voralpengipfels, was den Vorteil hatte, dass ich die Aufstiegsroute schon mehr oder weniger kannte.

In der letzten Zeit war das Wetter alles andere als ideal. Da es am Freitag aber endlich nach einem (einzigen) schönen Tag aussah, wollten wir die Gunst der Gelegenheit nutzen. Als Route planten wir den Aufstieg von Obertimpel via Ostgrat und den Abstieg in Richtung Zilistock, wobei wir via Chälenwald und Scharteggli zum Gätterlipass und anschliessend zurück nach Obertimpel gehen wollten. Eine direktere Variante derselben Rundtour würde sich anbieten, wenn man über die 25m lange Leiter zum Gätterlipass absteigt (T3+). Da ich dies bereits gemacht hatte, wollte ich den noch unbekannten Weg ausprobieren. Den Aufstieg via Ostgrat und den Abstieg über die Leiter habe ich in *diesem Bericht bereits beschrieben.

Sorgen bereitete uns indes die eventuelle Restfeuchtigkeit in den Nordflanken am Ostgrat nach all dem Regen der Vortage. Die erdigen Wege werden so schnell heikel bis gefährlich. Deshalb starteten wir lieber überausgerüstet mit einem leichten 30m Einfachseil, Gschtältli und Pickel im/am Rucksack. Im Nachhinein war das alles unnötig. Auf der kurzen Wanderung hat das Mehrgewicht jedoch nicht sonderlich gestört, und wir hatten irgendwie sogar unsere Freude daran.

Obertimpel - Gottertli - Egg (T2)
Wir starten ca. um 9 Uhr morgens bei der Bergstation der Seilbahn Urmiberg. Gleich zu Beginn auf dem Weg hinauf zum P.1198 (P. 1196 auf der 1:25000er Karte) kommen uns einige Zweifel am Vorhaben auf, denn der gut ausgebaute Pfad ist sehr matschig. Wie würde das in den noch bevorstehenden abschüssigen Nordflanken aussehen? Auf der Anhöhe angelangt, gehen wir über Wanderwege und einige Strässchen weiter hinauf zum Gottertli. Die 70 zusätzlichen Höhenmeter für diese Erhebung lohnen sich durchaus. Hat man vom Gottertli doch schon eine schöne Aussicht auf den Urnersee, die Mythen und vor allem auf das Ziel: die Rigi Hochflue. Vielleicht sogar von ihrer schönsten Seite zeigt sie sich von hier. Auf steiler aber einfacher Pfadspur geht es schliesslich hinunter zur Alp Egg.

Egg - Rigi Hochflue (T5-)
Ab Egg beginnt nun der Alpinwanderweg via Ostgrat zur Hochflue. Vor der ersten Kraxelpassage montieren wir vorsorglich das Gschtältli mit einigen Bandschlingen und einem Minumum an Karabinern und Expressen dran. Die ersten Kraxelpassagen versprechen bereits Genuss pur. Stevo47 macht den Vorstieg während ich seinen Hintern fotografiere. Die nordseitigen Passagen sind tatsächlich leicht feucht, aber insgesamt sind die Verhältnisse viel besser als erwartet, ja sogar besser als bei meiner letzten Begehung im Herbst. Schon jetzt wird klar, dass wir all das Zeugs wohl kaum brauchen werden und das Seil im Ruckasck bleibt. Dennoch lassen wir den Gurt an und schreiten verziert wie zwei wandelnde Weihnachtsbäume klimpernd dem Gipfel entgegen. Die Kraxelei macht grossen Spass. Hie und da begegnen wir einigen Wanderern, was uns bisweilen in Erklärungsnot bringt ob unserer Ausrüstung :-)

Meine moralische Schlüsselstelle (eine wenige Meter lange exponierte Traverse auf gutem Weg kurz vor Erreichen des oberen Endes der markanten Schuttrinne) geht dieses Mal ganz gut. Es scheint als hätte ich mich mittlerweile ein Stück weit an solches Gelände gewöhnen können. Dass der Weg bereits bekannt ist, hilft natürlich auch viel. Trotz allem bewegen wir uns konzentriert und mit grossem Respekt vor der Route.

Bis zum Fuss des Kamins gilt es noch einige leicht feuchte Passagen auf erdiger Spur zu überwinden. An den relevanten Stellen helfen Fixseile, wobei die letzte Steilstufe mit dem dicken Seil bereits etwas Engagement fordert. Am Kamin treffen wir schliesslich auf ein wenig Stau. Wir lassen der Gruppe vor uns ein bisschen Vorsprung bevor wir selber einsteigen. Auch im Kamin ist es noch leicht feucht, was aber nicht sonderlich stört. Dennoch erscheint er mir anspruchsvoller als bei der letzten Begehung. Die Kletterei würde ich als oberes I oder unteres II einschätzen, je nachdem wie stark man die Aufstiegshilfen in Anspruch nimmt.

Viel zu schnell ist der Kamin bewältigt und wir befinden uns auf dem Gipfelplateau, wo wir auf gutem Weglein die letzten ca. 100 Höhenmeter bis zum Gipfelkreuz bewältigen. Auf dem recht stark bevölkerten Gipfel legen wir eine ausgedehnte Pause ein. Ab und zu werden wir auf unsere hübsche Dekoration angesprochen. Na ja, von allzu grossen Abendteuern wissen wir leider nicht zu berichten... :-)

Rigi Hochflue - Chälenwald - Scharteggli - Gätterlipass (T4)
Vom Gipfel steigen wir südseitig in Richtung Zilistock ab. Auch dieser Weg führt stellenweise durch exponiertes Gelände, ist aber mehr oder weniger durchgehend mit Ketten versichert (T4). Der landschaftliche Kontrast zum Ostgrat macht dieses Teilstück interessant. Besonders eindrücklich sind die plattigen Felsformationen. Auf der Höhe vom P.1564 (hat den schon mal jemand bestiegen?) sind die Schwierigkeiten bereits vorbei, und der restliche Weg bis zum Gätterlipass ist gemütliches T2-Wandern. Wir gehen auf guter Pfadspur der sich weiter unten befindlichen Alp entgegen. Dabei verpassen wir leider den richtigen Abzweiger nach rechts etwas oberhalb davon. Das ist rasch korrigiert, und wir finden problemlos den Übergang zum Chälenwald.

Wunderschön führt der weitere Weg durch den Chälenwald hinunter. Angenehm kühl ist es hier. Wir bestaunen die Felswände, die sich durch die Bäume hindurch zeigen. Ob es da wohl Routen für entsprechend versierte Kletterer gibt? Beim Scharteggli machen wir auf einem Bänklein eine kurze Pause, bevor es weiter hinab zum Gätterlipass geht. Das Gasthaus dort würde zu einem kühlen Bier einladen, wir gehen jedoch aus Zeitgründen weiter.

Gätterlipass - Egg - Obertimpel (T1)
Der letzte Teilstück vom Gätterlipass zurück zur Seilbahnstation Urmiberg ist nunmehr eher Fleissarbeit. Auf breiten Wegen und Strässchen geht es bis nach Egg und von dort unter dem Gottertli hindurch querend zurück auf den bereits am Morgen begangenen Weg bis zur Seilbahn.


Die Rigi Hochflue kann man guten Gewissens mehrmals besteigen. Die Alpinwanderwege bieten viel Abwechslung und schöne Kraxeleien. Dank mehrerer Zustiegsmöglichkeiten lassen sich verschiedene Varianten kombinieren. Der Gipfel ist eine wunderbare Aussichtsplattform über die Zentralschweiz. Vor allem zu Saisonbeginn bietet sich dieses vielbegangene Ziel aufgrund der verhältnismässig geringen Höhe an. Vorsicht geboten ist wegen eventueller Feuchtigkeit oder Restschnee, falls man nach Regenfällen oder in der Vorsaison unterwegs sein sollte. Da bieten sich eher die südseitigen Aufstiege an, wovon die Route von Egg via Hochflueplatten (T5, II mit kurzem Klettersteig) die anspruchsvollste Variante wäre.
Eine Gratulation an Stevo47, der alle schwierigen und ausgesetzten Passagen ohne eine Wimper zu zucken und voller Elan gemeistert hat. Das sah bei mir beim ersten Versuch etwas anders aus!

Tourengänger: Chrichen, Stevo47


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Kommentare (4)


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Flylu hat gesagt: Gratulation......
Gesendet am 19. Juni 2016 um 17:17
.... zu eurer gelungenen Tour und zu den schönen Fotos!

LG; Lucia

Stevo47 hat gesagt: Das war...
Gesendet am 19. Juni 2016 um 23:37
....wieder mal eine absolute Genuss-Tour mit dir. Herzlichen Dank für die super Idee & Wegführung! Natürlich jederzeit sehr gern wieder ;-).

LG, Steve

Bombo hat gesagt: Buddhapsitz
Gesendet am 2. April 2017 um 15:42
Hier noch die Antwort auf Deine Frage, ob P. 1564 jemals bestiegen wurde :-)

Gruss


Chrichen hat gesagt: RE:Buddhapsitz
Gesendet am 2. April 2017 um 19:08
Vielen Dank für die Beschreibung! Wir haben uns noch gewundert, wie schwierig eine Besteigung wohl sein würde. Sind von mindestens T6 ausgegangen, was für uns eine Nummer zu gross ist.
Viele Grüsse, Christian


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