Savuti im Chobe National Park


Publiziert von Delta Pro , 30. Juni 2017 um 18:28.

Region: Welt » Botswana
Tour Datum:15 Juni 2005
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: RB 
Zeitbedarf: 1:30
Aufstieg: 150 m

Ein Erlebnisbericht aus dem Chobe Nationalpark Botwanas  - ein sehr eindrückliches und abgeschiedenes Stück Erde inmitten der Wildnis

In stockdunkler Nacht verlassen wir den Zeltplatz und rollen zum Wasserloch. Als wir fast dort sind, scheint es uns, als hätten wir ganz kurz zwei reflektierende Augenpaare gesehen. Es war ein Augenblick, ein winziger. Ich sage nur: „Löwen!“ Vielleicht ist das eher ein frommer Wunsch, denn als wir uns genauer umschauen, ist nichts mehr zu erblicken. Wir nehmen den Feldstecher in die Hand und klettern aufs Autodach, um einen besseren Rundblick zu haben. Hätten wir in dem Moment gewusst, dass rund fünfzig Meter entfernt ein Löwenrudel im kühlen Sand liegt, dann hätten wir das wahrscheinlich nicht getan. Wir sind ganz alleine, die ersten am Wasserloch. Wir sitzen wieder ins Auto und warten geduldig auf das Erwachen des Tages. Und dann, mit dem ersten Licht der Dämmerung, sehen wir sie, die Löwen.

Vier von ihnen liegen am Wasser. Sie sind müde nach der langen Nacht. Ab und zu stehen sie auf, um zu trinken, lassen sich aber schnell wieder in den Sand fallen. Ein Elefant nähert sich. Sonst machen immer alle den grossen Tieren Platz. Jetzt allerdings halten die Löwen das Wasserloch besetzt. Eine junge Raubkatze springt auf und rennt auf den Elefanten zu. Erschrocken zuckt das riesige Grautier zusammen, als sich der Winzling auf ihn zu bewegt, wendet und sucht das Weite. Die Löwen haben wieder ihre Ruhe. Als wir unsere Blicke kurz vom Wasserloch lösen und auf die gegenüberliegende Seite schauen, trauen wir unseren Augen kaum. Dort liegen über ein Dutzend Raubkatzen. Insgesamt sind es 22 Tiere! Einer nach dem anderen erheben sich die Raubtiere und schleichen an unserem Auto vorbei zum Wasserloch und schauen uns tief in die Augen. Ein Löwe lässt sich gar direkt vor uns in den Sand fallen. Das beige Fell ist wunderschön und fein, die Augen intelligent und aufmerksam. Mit einer unbeschreiblichen Geschmeidigkeit setzen die Tiere ihre Pfoten in den Sand und bewegen sich flüssig und kraftsparend vorwärts. Sie sind wunderschön! Hinter den Raubkatzen geht die Sonne auf. Die Löwen kommen direkt vor dem rosaroten Sonnenball auf uns zu. Alle versammeln sich ums Wasser. Zuletzt folgt der Auftritt des Chefs. Ja, es ist ein richtiger Löwe, wie man ihn sich vorstellt, mit voller, buschiger Mähne und kräftigen Muskeln – der König der Tiere! Das Tier schleicht direkt auf uns zu, streicht mit seiner Mähne unserer Stossstange entlang und wandert dann gemächlich zum Wasser.  Mit den ersten Sonnenstrahlen kommt etwas Leben in die Gruppe. Die Jungtiere beginnen herumzutollen. Wie wild jagen sie einander nach, springen sich gegenseitig an und packen sich mit weit geöffnetem Rachen am Hals. Wir sind mitten in einem grossen Löwenrudel, dass sich so aufführt, als gäbe es uns nicht. Die verspielten Jungen, die ruhigen und besonnenen Mütter und der würdige König des Rudels, der Pascha... Als er fertig getrunken hat, gibt er den Befehl zum Aufbruch und die Löwen traben in lockerem Verband über die Ebene davon. Wir hatten eine ganze Stunde lang Zeit, um die Löwen zu beobachten!

Wir machen uns auf in den Süden. Mehrere Wasserlöcher am Weg sind trocken und deshalb ausgestorben. Dafür ist die Region landschaftlich sehr schön. Auf schmalen Sandpisten fahren wir in die Sumpfregion ein. Dort gibt es keine Mopane, dafür viel grünes Gras. Dazwischen erheben sich die abgestorbenen Stämme von Kameldornbäumen. Genüsslich und ohne Eile rollen wir durch den Park, entdecken immer wieder neue Kleinigkeiten, an denen wir uns freuen können. Auf einem Baum erblicken wir ein Dutzend grosse Vögel. Als wir näher kommen, bestätigt sich unser Verdacht. Ja, es sind Pelikane! Was haben die denn im Chobe Nationalpark, Tausende Kilometer entfernt vom Meer zu suchen? Ihr Gefieder hat die charakteristische, rosarote Färbung verloren, was bei dem Mangel an Plankton in Savuti nicht weiter verwunderlich ist. Schliesslich finden wir doch ein Wasserloch mit Tieren. Einige Elefanten teilen sich das Wasser mit einer grossen Herde Gnus.

Im Anschluss wagen wir doch noch eine kleine Bergtour auf einen der bewaldeten Hügel in der Savanne von Savuti. In der Hoffnung keinem Wildtier über den Weg zu laufen, nehmen wir die steilste Route auf den Gipfel, wo ab und zu etwas Kraxelei nötig ist. Endlich wieder ein Berg - die letzten Wochen waren schon eher durch Tiefbeobachtung, als durch Berge geprägt.

Zurück im Camp ist für Unterhaltung jederzeit gesorgt. Wir bekommen Besuch von allen möglichen Kleintieren. Der Toko ist ein richtiges Charaktertier für Botswana. Der Vogel hat einen zu gross geratenen, knallgelben Schnabel und sehr ernste Augen. Wenn er überlegt – und das tut er lange und meist wenig erfolgreich – neigt er den Kopf denkerhaft zur Seite. Unser Fahrzeug scheint eine ganz besondere Anziehungskraft auf die Tokos auszuüben. Sie versuchen sich immer ins geschlossene Augenfenster zu setzen. Dort steht es sich nicht so gut und die Tiere rutschen flatternd ab, aber kämpfen sich sofort von Neuem hoch. Falls sie das Gleichgewicht halten können, attackieren sie ihr Abbild im Seitenspiegel. Die Tokos sind nicht mit einer himmlischen Intelligenz gesegnet... Auch die Francolin-Hühner sind wohl nicht viel gescheiter, dafür hübsch. Ihr Federkleid ist braun-weiss, die Augen gelb-schwarz und der Schnabel rot. Zwei Arten von Nagetieren gehören auch zu unseren Besuchern. Die einen sehen aus wie Eichhörnchen, die anderen wie Marder. Sie sind herzig anzuschauen, wenn sie blitzschnell durch den Sand springen und mit ihrer Beute in den Pfoten genauso flink wieder verschwinden. Als es Käse gibt, werden die Winzlinge immer mutiger und stehlen uns den Happen sogar aus den Händen. Am kleinen, privaten Wasserloch in einer Plastikschüssel herrscht reger Betrieb. Hoffentlich locken wir damit keine grösseren Tiere an...

Gesagt, getan: Wir sitzen friedlich da, als plötzlich ein Elefant um die Ecke kommt. Er hat es wohl weniger auf das Wasser abgesehen, als auf unseren Kameldornbaum. Ohne einen Laut zu verursachen setzt er Fuss vor Fuss und trottet zehn Meter vor uns durch. Wir wagen uns nicht zu rühren. Sollen wir uns ins Auto flüchten? Nein, Angst haben wir vor dem friedlichen Grautier keine, doch etwas unheimlich ist es schon, so schutzlos Angesicht zu Angesicht mit ihm zu stehen. Sorgfältig checkt er ab, ob bei uns keine Nahrung zu finden sei, wirft uns einen Blick zu, steckt seinen Rüssel kurz in den Abfalleimer und entfernt sich dann genauso lautlos wie er aufgetaucht ist. Das ist Botswana: Man ist ganz nahe am Geschehen!

Gegen Abend begeben wir uns auf den obligaten Game Drive. Wir haben keine grossen Ansprüche mehr für heute. Das Wasserloch ist wieder mit Elefanten besetzt. Von denen haben wir schon mehr als genug gesehen. Trotzdem geniessen wir es auch heute Abend, die Bewegungen der alten Bekannten zu verfolgen, ihr Grollen, ihr Schnauben und ihr Trompeten zu hören. Diesmal achten wir darauf, den Wagen nicht mehr auf einer Elefantenautobahn abzustellen, da sie das offensichtlich gar nicht leiden können. Unsere Nachbarn, die südafrikanische Familie, die gestern mit dem Regen von Kameldornbaumfrüchten überdeckt wurde, macht genau diesen Fehler. Wir können uns vor Lachen kaum mehr halten, als wir ihre Gesichter sehen, während ein Elefant gerade auf sie zugeht und das Fahrzeug beschnüffelt. Werden sie wohl nach diesem Urlaub die netten Tiere mit dem langen Rüssel auch so lieben wie wir? Der Tag wird ein weiteres Mal mit einem Sonnenuntergang über den Rücken der Elefanten beschlossen.

Die böse Überraschung – der Preis für unser Glück heute morgen? – kommt im Camp. Blauäugig haben wir unsere Kisten nicht ins Auto geladen. Sie sind ja gut verschlossen. Welches Tier soll diesen Kisten denn etwas anhaben können? Die Paviane! Mit denen haben wir nicht gerechnet. Dieser Rechnungsfehler manifestiert sich jetzt mit einer unbeschreiblichen Sauerei. Alle unsere Sachen liegen verstreut im Sand. Die Esswaren sind regelmässig verteilt. Spaghetti, Reis und Papa bedeckt den Boden. Die Schokolade ist weg. Die Paviane haben ganze Arbeit geleistet. Alles, aber wirklich alles, ist zerrissen. Das einzige, was uns noch bleibt, sind die Konservenbüchsen. Aber selbst an diesen haben sich die Affen versucht und die Abdrücke ihrer scharfen Zähne hinterlassen. So schnell wird Unvorsichtigkeit bestraft! Da kann man nichts machen... Wir beginnen aufzuräumen. Unsere Haustiere – Hühner, Tokos und Nager – helfen uns liebend gerne dabei und picken Körner oder knabbern an Spaghettis. Schliesslich tauchen auch  noch zwei Elefanten aus dem Nichts. Direkt vor uns liefern sie sich einen Kampf. Ganz wohl ist einem bei der Sache schon nicht. Besonders als der Verlierer sich zu uns wendet. Der Elefant marschiert einen Meter an den Campingstühlen vorbei und ich befürchte schon, dass er sich darauf setzt. Das sind die Abenteuer von Savuti...


Tourengänger: Delta, Xinyca


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