Schweben zwischen Altmann und Kreuzberge


Publiziert von Zolliker , 30. Mai 2016 um 17:00.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:27 Mai 2016
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-AI   CH-SG 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:Talstation Gamplüt-Mustchensattel-Zwinglihütte-Wildhaus

Eigentlich wollten wir „nur“ von Urnäsch über die Hochalp zur Schwägalp laufen, doch dann wird die Sehnsucht nach Höherem zu gross. Zudem stelle ich Chris Tiererlebnisse in Aussicht. So fahren wir kurzum nach Wildhaus und wandern über die Teselalp zum noch winterlichen Mutschensattel, schweben über den breiten Gratrücken von der Roslenfirst zur Zwinglihütte, surfen über die Schneefelder der Chreialp hinunter und gelangen schliesslich durch das reizvolle Flürentobel wieder zurück an den Ausgangspunkt.

Wir parkieren bei der Talstation der Gamplütbahn und tauchen in die schmale Schlucht ein, die gleich hinter dem Gebäude beginnt. Innert Sekunden sind wir in Ferienstimmung, der Weg ist schön von Anfang an. Der Bach rauscht, die Vögel pfeiffen, die Böden sind mit Blumen übersät. Etwas weiter oben begrüssen uns fröhliche Kids und eine motivierte Lehrerin, die hier einen Waldschulmorgen gestaltet.

Nach einer guten halben Stunde erreichen wir die schöne, fast topfebene Teselalp und folgen dem Fahrsträsschen bis zu einem Bauernhof, wo sich die Wege trennen und wir uns entscheiden müssen, in welchem Uhrzeigersinn wir unsere Tour angehen. Wir entscheiden uns dafür, dem jetzt stetig ansteigenden Talverlauf in Richtung Mutschensattel zu folgen. Bald säumen erste Schneereste den Weg, daneben recken Krokusse und Soldanellen ihre Blüten an die warme Frühlingssonne. Ein erstes Murmeltier erspäht uns und pfeifft Alarm, seine Kollegen hoppeln erschreckt davon. Vor lauter Hinschauen stolpere ich fast über eine kleine Schlange, die dann auf der Flucht partout kein Loch im Boden finden will. Wir können das verängstigte Reptil in aller Ruhe fotografieren und filmen. Eine Rarität.

Bei „Gruebe“ wechselt die Szenerie komplett, grosse Schneefelder liegen vor uns, übersät mit einer Vielzahl Lawinenkegel. Der Frühling ist hier noch nicht angekommen. Bei der Kletterer-Unterkunft stärken wir uns mit einem Sandwich und diskutieren die weitere Wegführung. Die normale Bergtour wird ab hier zur Alpinwanderung, bis die Sonne den Pfad im Juli wieder freigelegt haben wird. Die Stöcke werden hervorgenommen, und so stapfen wir fortan durch Schnee. Kurz vor dem Mutschensattel steigen wir links die steile Flanke hoch, hie und da müssen die Hände zu Hilfe genommen werden.

Kurz vor dem kleinen Sattel am Roslenfirst erweitert sich schlagartig der Horizont, die Augen überwinden die steinigen Grenzen des engen Tälchens. Es erwartet uns dieser immer wieder so berührende Moment, wenn einem als Belohnung nach vollbrachter Anstrengung die Postkarten-Schweiz wie auf dem Serviertablett präsentiert wird. Wir steigen die letzten Meter über den von Väterchen Föhn schon komplett schneebefreiten Grasrücken hoch, und geben uns beim Gipfelsteinhaufen des Roslenfirsts dem vollen Genuss hin. Am Eindrücklichsten ist hier die Sicht hinunter auf die Kreuzberge im Osten – oder etwa auf das vom winterlichen Altmann und Säntis dominierte Panorama im Westen? Wir können uns kaum satt sehen und fotografieren, derweilen die wenig scheuen Dohlen ganz ungeduldig auf eine Fütterung warten.

In der nächsten Wanderstunde ist Surfen und Schweben angesagt: Wir schweben über die flache Chreialpfirst in Richtung Zwinglipass. Voll blühende Anemonenfelder wechseln sich ab mit riesigen Schneewächten, um uns herum geniessen wir dieses einzigartige Alpsteinfeeling, aus der Ferne grüsst der Alpenkranz vom Rätikon bis ins Urnerland. Wir surfen durch den weicher werdenden Schnee, es braucht Kraft und wir sind nass bis über die Knie. Auf der Terrasse der verlassenen Zwinglihütte pausieren wir kurz und leeren die letzten Reserven unseres Wasservorrats.

Jetzt surfen wir durch den Schnee zur eingeschneiten Siedlung auf der Chreialp hinunter, wo wir schliesslich wieder festen Boden unter die Füssen kriegen und den schön angelegten Wanderweg erreichen. Nicht weit von uns entfernt entdecke ich eine ganze Herde Gämse, die auf einem Schneefeld rasten. Chris meint ungläubig, das seien Steine. „Warte ab“, sage ich, und beginne laut zu Jodeln. Die Tiere erschrecken sich zu Tode und beenden die Siesta schlagartig. Ich schmunzle Chris zu: „glaubst Du es jetzt?“ Er lacht, aber vor allem weil er mein Gekrächze gefilmt hat…

Vergnügt steigen wir auf die Teselalp ab und schliessen damit den Kreis. Die letzte halbe Stunde ist gemütliches Auslaufen und Vorfreude auf das spätere Bier im geselligen Schäfli in Unterwasser.

Den vollständig bebilderten und mit interaktiver Karte versehenen Bericht findest du auf meinem Wanderblog: http://www.edwinwandert.com/2016/05/schweben-zwischen-altmann-und-kreuzberge/

Tourengänger: Zolliker


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